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Frosch, Aszendent Tausendflüßler

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Querverlagerschienen am25.09.2014
Tina, erfolgreiche Chefredakteurin, ertappt ihren Freund Hartmut, einen frustrierten Programmierer, auf schwulen Irrwegen im Internet. Als Hartmut dann in flagranti mit einem Kollegen erwischt wird, wirft sein Chef ihn aus der Firma und Tina ihn aus der Wohnung. Doch Tina trauert der Beziehung nicht lange nach und findet zu ihrer Verwunderung Gefallen an der Hausgrafikerin. Bei ihren ersten Gehversuchen in der Münchner Lesbenszene wird sie u.a. mit Mondbluteimern, Hexenseminaren und Lederjacken-Einheitslook konfrontiert. Daß das Lesbenglück so kompliziert sein kann, hatte Tina nicht geahnt. Und auch Hartmut, der sich in der New Yorker Schwulenszene zum ersten Mal richtig austobt, erleidet so manchen Schicksalsschlag, bis er seinen Traummann findet. In witzigen Dialogen und mit paradox-verzwickter Situationskomik erzählt Ariane Rüdiger die lesbisch-schwule Version der altbewährten 'Kriegen sie sich? Kriegen sie sich nicht?'-Komödie. Frech, selbstironisch und gnadenlos komisch.

geboren 1958, viele Ausbildungen, z.B. als Beinahe-Juristin, Dolmetscherin, Journalistin, Umweltberaterin und Webdesignerin, ehe sie Belletristik zu schreiben begann. Sie lebt in München, wo sie auch als freiberufliche Fachjournalistin für Informationstechnik arbeitet.
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Produkt

KlappentextTina, erfolgreiche Chefredakteurin, ertappt ihren Freund Hartmut, einen frustrierten Programmierer, auf schwulen Irrwegen im Internet. Als Hartmut dann in flagranti mit einem Kollegen erwischt wird, wirft sein Chef ihn aus der Firma und Tina ihn aus der Wohnung. Doch Tina trauert der Beziehung nicht lange nach und findet zu ihrer Verwunderung Gefallen an der Hausgrafikerin. Bei ihren ersten Gehversuchen in der Münchner Lesbenszene wird sie u.a. mit Mondbluteimern, Hexenseminaren und Lederjacken-Einheitslook konfrontiert. Daß das Lesbenglück so kompliziert sein kann, hatte Tina nicht geahnt. Und auch Hartmut, der sich in der New Yorker Schwulenszene zum ersten Mal richtig austobt, erleidet so manchen Schicksalsschlag, bis er seinen Traummann findet. In witzigen Dialogen und mit paradox-verzwickter Situationskomik erzählt Ariane Rüdiger die lesbisch-schwule Version der altbewährten 'Kriegen sie sich? Kriegen sie sich nicht?'-Komödie. Frech, selbstironisch und gnadenlos komisch.

geboren 1958, viele Ausbildungen, z.B. als Beinahe-Juristin, Dolmetscherin, Journalistin, Umweltberaterin und Webdesignerin, ehe sie Belletristik zu schreiben begann. Sie lebt in München, wo sie auch als freiberufliche Fachjournalistin für Informationstechnik arbeitet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783896565426
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum25.09.2014
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3201814
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1
Eine folgenschwere Talkshow, Unbotmäßige Gelüste, Zweifelhafte Zukunftsprognosen
Es klirrte durchdringend, als Tina Weinbrenner den Teelöffel auf die Untertasse des Mokkagedecks fallen ließ. Auf dem Beistelltisch stand eine große, halbleere Schüssel Paprikachips. Ab und zu griff Tina geistesabwesend hinein und zermalmte krachend eine Handvoll der fettigen, dünnen Scheiben. Sie saß mit ausgestreckten Beinen auf dem Sofa und frönte ihrer aktuellen Lieblingsbeschäftigung: Sie sah eine Talkshow. Tina sah ständig Talkshows, und wenn sie keine im aktuellen Programm finden konnte, dann griff sie zu einer Konserve auf Video. Regelmäßig zeichnete sie all das, was ihr aufgrund ihrer beruflichen Verpflichtungen entging, auf.

Und es entging ihr vieles - schließlich saß sie Tag für Tag acht Stunden in einem Verlagsgebäude. Für Arabella Kiesbauer, die unglücklicherweise immer nachmittags kam, hatte Tina nervenaufreibende Stunden in Gesellschaft der Bedienungsanleitung des Videorecorders in Kauf genommen, bis sie das Gerät beherrschte. Sonntags arbeitete sie dann die Konserven der Woche durch. So wie heute. Auf dem Programm stand diesmal eine neue Show, ein Experiment, sozusagen, die neulich am frühen Nachmittag über die Bildschirme geflimmert war.

Der Moderator, ein penetrant fröhliches Bürschchen von höchstens fünfundzwanzig Jahren, redete schneller, als er dachte. Gottschalk-Verschnitt, dachte Tina. Der Torso des Talkers platzte vor Muskeln beinahe aus dem knallroten Jackett. Auf der Nase trug er eine jener filigranen Randlos-Brillen, die so aussehen, als würden sie jeden Moment zerbrechen. Wenn das passiert, spekulierte Tina, hat dein permanentes Grinsen ein Ende, und du wirst blind wie ein Maulwurf auf dem Studioboden kreuchen.

Die Sendung stand unter dem Motto Bis daß der Tod euch scheidet⦠. Um ein lächerlich kleines Cocktailtischchen saßen drei fossile Ehepaare. Sie versuchten, so gut es ging, frisch und jugendlich zu wirken. Alle waren seit unvorstellbaren Zeitspannen verheiratet.

Soeben hatte der Moderator die unvermeidliche Frage gestellt: Und was ist Ihr kleines Geheimnis? Warum sind Sie seit so vielen Jahren glücklich miteinander? Er setzte das einfach voraus: Daß sie glücklich miteinander waren. Und daß sie ein Geheimnis hatten. Wahrscheinlich kannte er es schon. Zu peinlich, wenn eine ergraute Gattin in der Sendung plötzlich sagen würde: Wissen Sie, ich bin eigentlich gar nicht glücklich mit ihm. Ich bin nur der Kinder wegen bei ihm geblieben, und jetzt ist es zu spät.

Aber diese Paare hatten tatsächlich alle ein Geheimnis, das sie brav preisgaben, und stets hatte es etwas mit dem Gewissen Etwas zu tun. Das Gewisse Etwas beflügele ihn bis heute, sagte zum Beispiel ein zittriger Greis mit Hörgerät. Dazu legte er die faltige Rechte auf den Oberschenkel seines vielleicht fünfzehn Jahre jüngeren Eheweibs, das ein makelloses 25.000-Mark-Gebiß zu einem Lächeln entblößte.

In diesem Moment fiel der Löffel. Es überraschte Tina nicht etwa, daß diese Alten Sex miteinander hatten. Ihre Bestürzung lag eher darin begründet, wie sie das darstellten. So unverschämt begeistert. So, als wäre es tatsächlich ihr Lebens­elixier.

Gegenüber, auf der anderen Seite des Tisches, saß Hartmut schweigend hinter einer Computerzeitschrift. Es gab viele davon, einfach viel zu viele. Für jeden Wochentag mehrere. Hartmut las sie alle. Er versenkte sich, sobald er die Schwelle überschritt, in das Wesen von Speicherbausteinen, labyrinthischen Programmschleifen und Geheimtricks zur Steigerung der Rechnergeschwindigkeit. Während Tina sämtliche Talkshows aller Programme aufsagen konnte.

Früher, da war es anders. Oder versüßte sie die Vergangenheit mit einem gnädigen Zuckerguß aus Beschönigungen? Hartmut war niemals ein Draufgänger. Sie, Tina, im übrigen auch nicht. Wie zwei verirrte Landeier sind wir im Großstadtdschungel ineinander gerannt, dachte Tina. Zu spießig, um Hasch zu rauchen oder mit einem Rucksack durch die Welt zu trampen. Ihr einziger Protest gegen die Ansprüche der Bürgerlichkeit war und blieb es, nicht zu heiraten.

Tina überlegte, was sie wohl erwidern würde, falls ein wahnwitziger Talkmaster auf die Idee käme, sie beide in seine Show einzuladen - vielleicht zum Thema Gemeinsam jung geblieben . Natürlich würde er die Gretchenfrage auch auf uns loslassen, und natürlich müßte ich antworten, dachte Tina. Aber was? Wie wäre es mit: Unser Geheimnis ist ganz sicher nicht ⦠nun ja, Sie wissen schon ⦠das Gewisse Etwas (leicht verächtlicher Unterton). Wir verdanken unsere Jugendlichkeit der Lektüre ganz erstklassiger Computerzeitschriften (Blick auf Hartmut), dem Betrachten so erfrischender Talkshows wie der Ihrigen (breites Lächeln) und dem Verzehr von Kartoffelchips.

Mit einem trockenen Knistern blätterte Hartmut um. Tina sah ihn weiter unverwandt an. Hatte dieser Mann jemals den Wunsch in ihr ausgelöst, ihn zu berühren? Erinnern konnte sie sich nur daran, wie er damals, bei dem großen Studentenfest in der Mensa der Technischen Universität, irgendwo allein am Rand der Tanzfläche gestanden hatte. Seine ganze Haltung - das Umklammern der Bierflasche, der leicht gesenkte Kopf, die andere Hand tief in der Tasche seiner ausgeblichenen Jeans vergraben. Dort steckte, wie sie später erfuhr, ein Taschenrechner, den er ständig mit sich herumtrug. Er studierte nämlich Informatik.

Sie, die verklemmt-strebsame Germanistin und Pfarrerstochter aus einer norddeutschen Kleinstadt, stand zufällig neben ihm und fühlte sich deplaziert. Sie war erst seit zwei Semestern in München, und in der Menge tobten ein paar Kommilitonen, die sie mit auf dieses Fest geschleppt hatten. Nun stand sie hier nutzlos herum, hölzern inmitten der johlenden, zur lauten Musik tobenden Massen.

Dann rempelte sie einer der Tanzenden heftig von der Seite an. Rüpel! schimpfte sie, konnte aber nicht verhindern, daß sie unsanft auf Hartmut prallte, der sein Bierglas fallen ließ und sie erschrocken ansah.

Entschuldigung , murmelte Tina. Ich hole dir ein neues!

Hartmut schüttelte den Kopf: Nein, nein, das ist doch nicht nötig. Er sah zu Boden, denn Frauen brachten ihn in Verlegenheit. Er wußte einfach nicht, was er mit ihnen anfangen sollte.

Seine Verdruckstheit ließ ihn Tina vertrauenswürdig erscheinen. Außerdem hatte sie es satt, allein herumzustehen. Und jetzt hatte sie jemanden kennengelernt. Sie beschloß, die Initiative zu ergreifen.

Weißt du was? Wir gehen hier weg und trinken beide was an der Bar! schlug sie vor, ganz erstaunt über ihren eigenen Mut.

Hartmut hob den Kopf. Zum ersten Mal betrachtete er Tina genauer. Ihre halblangen, glatten Haare hingen schmucklos bis zu den Schultern hinab. Sie war blond und ungeschminkt, was Hartmut für sie einnahm. Geschminkte Weiber mit sinnlichen roten Mündern machten ihm nur angst. Also sagte er ja, und so kamen sie ins Gespräch.

In der Bar im Keller war es etwas leiser. Bist du schon lange hier? fragte sie Hartmut.

Nein , sagte der. Sie fragte weiter und erfuhr, daß er ebenfalls vom Lande kam - aus einer Münsteraner Honoratiorenfamilie, deren einziger Sohn und große Enttäuschung er war. Denn eigentlich hatte Hartmut Rechtsanwalt werden und die Notariatskanzlei des Vaters übernehmen sollen. Leider interessierte er sich aber überhaupt nicht fürs juristische Geschäft und war ein menschenscheuer Einzelgänger. Tag für Tag verschwand Hartmut nach der Schule in seinem Zimmer, wo er einsam mit Elektrobaukästen spielte, statt wie die anderen Jungs seine Kräfte beim Fußball zu stärken. Schließlich entschloß er sich zum Informatikstudium, was seine Familie in Entsetzen stürzte. Computer, das war doch nichts Richtiges!

Aber ich habe mich nicht überreden lassen, und deshalb sitze ich jetzt hier. Und überhaupt, warum ich erzähle ich dir das eigentlich alles, wir kennen uns doch kaum! Hartmut seufzte und starrte zu Boden, als habe er ihr eine hochnotpeinliche Geschichte serviert.

Vielleicht weil du irgendwie gespürt hat, daß es mir so ähnlich geht! Diese Vorstellung einer geheimnisvollen Gemeinsamkeit versetzte Tina in seltsame Erregung, und sie begann, sich ernsthaft für Hartmut zu interessieren, zumal es endgültig an der Zeit war, sich einen Partner zuzulegen. Schließlich hatten fast alle Kommilitoninnen einen Freund; nur sie war allein. Ich sollte eigentlich Krankenschwester werden , sagte sie.

Ihr Vater, ein evangelischer Pfarrer alter Schule, duldete in seinem Haushalt weder Schundliteratur (worunter er so ziemlich alles außer dem Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt, der Tageszeitung, der Bibel und ausgewählten Werken deutscher Klassiker verstand) noch einen Fernseher. Tinas Ausgang mit Freunden war streng auf die Nachmittage begrenzt. Alle Energien seiner Lieben lenkte der Pfarrer sofort in karitative Richtung um. So kannte sich Tina, als sie die Schule nach dem Abitur verließ, zwar bestens aus mit Adventsbasaren, Vorlesestunden in Altenheimen, Nachhilfe für benachteiligte Jugendliche und Gemeindesammlungen gegen den Hunger in Afrika, dafür wußte sie aber kaum etwas über Männer im allgemeinen und Sex im besonderen.

Nicht, daß ihr die Tatsachen des Lebens unbekannt gewesen wären. Pflichtschuldigst hatte die Mutter der zehnjährigen Tina ein Buch mit dem Titel Das Wunder der Schöpfung - Ein Baby entsteht in die Hand gedrückt und dabei verlegen die Augen heruntergeschlagen. Darin war von Schmetterlingen und Blumen, von Eizellen und Samen die Rede,...

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