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leben nebenbei

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Querverlagerschienen am27.08.2012
Das Leben nimmt keine Rücksicht auf Befindlichkeiten. Wer Schritt halten will, muss rennen - kann stolpern und wird fallen. Da hilft nur Humor, Staub abklopfen, und weiter. Die exaltierte Karrierefrau Johanna ist spurlos verschwunden. Als ihre Haushaltshilfe Frau Schäfer merkt, dass niemand ihre Arbeitgeberin vermisst, wirft sie jede Diskretion über Bord und sich selbst ins Geschehen. Auch die frischgebackene Mutter Marte wird von dem Strudel, den das Leben erzeugt, in unverhoffte Abgründe gezogen, und die besonnene Nicoletta kämpft mit Rollenerwartungen und der Frage, die auch die schöne Tekgül umtreibt: Kann ein Mensch sich willentlich entlieben? Berlin, Erkner, Island, Johannesburg und ein Dorf bei Ingolstadt - die Irrungen des Lebens würfeln den queeren Freundeskreis durch die Welt, und am Ende landen alle da, wo es am meisten wehtut: bei sich selbst. In leben nebenbei verzaubert die quirlig-queere Autorin Tania Witte ihre Leserinnen und Leser erneut durch ihre lebendige Sprachkunst - doch neben dem Stil sind es vor allem die Geschichten um Nicoletta und ihre Freundinnen, für die man das Buch lieben wird.

Tania Witte lebt und schreibt in Berlin. Die Schriftstellerin, Spoken-Word-Performerin und Journalistin schreibt u.a. für taz, Missy Magazine, Siegessäule und das ZEITmagazin, widmet sich in inspirierenden Kooperationen vielfältigen Kunstprojekten, gibt Schreib-, Spoken-Word- und Drag-King-Workshops und liebt die Bühne. 2011 veröffentlichte sie den Roman beziehungsweise liebe, 2012 leben nebenbei und 2014 den Schluss der "Berliner Stadtgeschichten"-Trilogie bestenfalls alles.
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Produkt

KlappentextDas Leben nimmt keine Rücksicht auf Befindlichkeiten. Wer Schritt halten will, muss rennen - kann stolpern und wird fallen. Da hilft nur Humor, Staub abklopfen, und weiter. Die exaltierte Karrierefrau Johanna ist spurlos verschwunden. Als ihre Haushaltshilfe Frau Schäfer merkt, dass niemand ihre Arbeitgeberin vermisst, wirft sie jede Diskretion über Bord und sich selbst ins Geschehen. Auch die frischgebackene Mutter Marte wird von dem Strudel, den das Leben erzeugt, in unverhoffte Abgründe gezogen, und die besonnene Nicoletta kämpft mit Rollenerwartungen und der Frage, die auch die schöne Tekgül umtreibt: Kann ein Mensch sich willentlich entlieben? Berlin, Erkner, Island, Johannesburg und ein Dorf bei Ingolstadt - die Irrungen des Lebens würfeln den queeren Freundeskreis durch die Welt, und am Ende landen alle da, wo es am meisten wehtut: bei sich selbst. In leben nebenbei verzaubert die quirlig-queere Autorin Tania Witte ihre Leserinnen und Leser erneut durch ihre lebendige Sprachkunst - doch neben dem Stil sind es vor allem die Geschichten um Nicoletta und ihre Freundinnen, für die man das Buch lieben wird.

Tania Witte lebt und schreibt in Berlin. Die Schriftstellerin, Spoken-Word-Performerin und Journalistin schreibt u.a. für taz, Missy Magazine, Siegessäule und das ZEITmagazin, widmet sich in inspirierenden Kooperationen vielfältigen Kunstprojekten, gibt Schreib-, Spoken-Word- und Drag-King-Workshops und liebt die Bühne. 2011 veröffentlichte sie den Roman beziehungsweise liebe, 2012 leben nebenbei und 2014 den Schluss der "Berliner Stadtgeschichten"-Trilogie bestenfalls alles.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783896565365
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum27.08.2012
SpracheDeutsch
Dateigrösse565 Kbytes
Artikel-Nr.3201993
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Juli

Es ist anstrengend, immer allein zu sein, denkt Manu. Nach immer zusammen fühlen sich anderthalb sandylose Monate nach immer allein an. Sie dreht sich um sich selbst. In all den Jahren als Grundschullehrerin hat sie sich Abwehrkräfte zugelegt, die ihresgleichen suchen. Sie war seit Eiwgkeiten nicht ernstlich krank. Und dann, ausgerechnet zwei Tage vor ihrer Abreise nach Island, kommt dieses bescheuerte Virus und wirft alle Pläne über den Haufen. Die romantische Vorstellung vom Heiratsantrag zwischen Trollfelsen und Geysiren - zunichtegemacht von einer Sommergrippe. Schüttelfrost, Gliederschmerzen und vier Tage lang über neununddreißig Fieber. Immerhin hat sich die Ärztin um die Reiserücktrittsversicherung gekümmert und Tekgül hat das geplante Haus- und Rutherford-Sitting auf Manu ausgeweitet. Aufopfernd machte sie Wadenwickel und Ingwertee, kochte Kraftsuppen und wechselte die Bettwäsche. Gestern, an Tag fünf, sank Manus Temperatur schlagartig unter achtunddreißig und mit dem aufklarenden Geist kam die Trauer.

Mit Tekgüls Hilfe schaffte sie es vom Bett aufs Sofa, wo ihr immer noch schlecht und obendrein langweilig war. Und vor allem bewusst wurde, dass sie jetzt in Island hätte sein sollen. Sie weinte sich noch tiefer in die Erschöpfung hinein. Geblieben ist ein weltumspannendes Gefühl von Ungerechtigkeit.

Das Gerät in ihrem Mund piepst.

Und? Tekgül, in den vergangenen Tagen auf das Signal des Thermometers trainiert wie ein Zirkustier, steht sofort in der Balkontür - hochgekrempelte Jeans und ein weißes Trägerhemd, die ordentlich manikürten Hände in dicken Arbeitshandschuhen, die gebräunten Arme zerkratzt von Brombeerranken.

Manu sieht auf das Display. Siebenunddreißig Komma sechs. Ich komm wieder auf Betriebstemperatur.

Sichtlich zufrieden stopft Tekgül eine zartbitterschokoladenfarbene Haarsträhne zurück in den Knoten, den sie auf der Mitte ihres Kopfes aufgetürmt hat. Manu sieht durch die Schönheit ihrer Freundin hindurch und findet, dass an Tekgüls Stelle Sandy stehen müsste. In ihrer Nase kribbeln schon wieder Tränen.

Von wegen: In guten wie in schlechten Tagen. Die nasale Stimme unterstreicht ihr internes Wellenmeer. Wo ist sie, wenn ich sie brauche? In Island! Scheiße, das sind doch bloß ein paar Flugstunden. Sie sollte hier sein und mich gesund pflegen, statt mich hier mutterseelenallein ⦠Manu übersieht den Fettnapf, in den sie sich unter Tekgüls gerunzelter Stirn stürzt. Wahrscheinlich ist sie sogar froh, dass ich nicht kommen konnte, dann kann sie mehr Zeit mit ihren wissenschaftlichen Hilfskräften und Elfen und dem ganzen Scheiß verbringen! Und ich kann sehen, wo ich bleibe.

Jetzt reicht s. Tekgül lässt die Handschuhe neben sich auf die Terrasse fallen. Seit Tagen jammerst du rund um die Uhr - es ist nicht zu ertragen! Hör endlich mit diesem Selbstmitleid auf, sonst lass ich dich hier sitzen und verbringe meinen Urlaub anderswo.

Aber ⦠, schluchzt Manu.

Nix aber. Ich hab mir das auch anders vorgestellt, das kannst du mir glauben. Dein Genöle geht mir so auf den Zeiger! Du würdest echt von Sandy erwarten, dass sie herfliegt, um dir das fiebernasse Händchen zu halten? Sie hat einen Job zu erledigen, Manu, und schreibt dir trotzdem seitenweise Mails. Du solltest dich freuen, eine so tolle Frau zu haben - und du solltest dich freuen, dass ich hier bin und mich um dich kümmere, statt in der Stadt zu sitzen und wegen Marte so viele Taschentücher vollzurotzen wie du oder am Meer zu sitzen und Frauen abzuschleppen.

Super, denkt Manu, nicht mal leidtun kann ich mir in Ruhe. Sie wirft einen Seitenblick auf den Stapel mit Sandys Liebes-Mails, den Tekgül für sie ausgedruckt hat, und zieht ihn zu sich herüber.

Ich mein das nicht so , rudert sie zurück. Sandy und ich ⦠Ich weiß, dass du das nicht verstehen kannst, aber wir gehören zusammen. Es ist alles sinnlos, wenn sie nicht da ist. Ich kann ohne sie gar nicht â¦

Oh, bitte! Hör auf, bevor ich mich übergebe. Tekgül erhebt fassungslos die Hände, lässt sie ebenso fassungslos wieder fallen, dreht sich um und verschwindet im Garten.

Eine halbe Stunde später sitzt Manu, trotz knappen dreißig Grad Außentemperatur in ihre Fjällräven-Fleecejacke gemummelt, in der Küche. Rutherford hat sich auf der Terrasse zu einer Kugel zusammengerollt und schläft. Tekgül wäscht Salat. Wie im Bilderbuch, denkt Manu. Nur, dass statt Tekgül Sandy â¦

Wie lange bleibt sie denn noch weg? , fragt Tekgül versöhnlich.

Noch über sechs Wochen. Der leidende Tonfall lässt sich nicht vollends unterdrücken. Aber das ist gar nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist das mit dem Heiratsantrag.

Das hast du also ernst gemeint? Tekgül ist sichtlich verdutzt. Ich dachte, das wären Geschichten im Fieberwahn!

Sehr witzig. Wieso sollte es? Sandy ist mein fehlendes Puzzleteil, wir sind untrennbar miteinander verbunden. Ich mein: Ihr nennt uns doch sogar Sandyunmanu.

Und erschreckenderweise stört euch das nicht mal. Tekgül legt ein Brett vor Manu und drückt ihr ein Messer in die Hand. Ich weiß, du bist matt, aber ein paar Tomaten scheiden schaffst du, oder? Sind die letzten, die ich finden konnte.

Manu nickt und viertelt gehorsam die Tomaten. Die hat Sandy dieses Jahr erst gepflanzt , fällt ihr ein. Und jetzt kann sie nicht mal probieren, wie toll die schmecken. Tekgül erstickt den wieder aufkeimenden Pathos im Keim. Du tust, als ob sie gestorben wäre, Manu! Sie ist für ein paar Monate im Ausland, daran wird doch eine Beziehung nicht scheitern. Erst recht nicht, wenn sie so eng ist wie eure.

Was weißt du schon?, denkt Manu. Du hast ja keine.

Warum willst du sie eigentlich heiraten?

Wie, warum?

Na, ihr habt offensichtlich eine Superbeziehung. Was soll da ein Blatt Papier ändern? Noch dazu, wenn es gar keine echte Heirat ist, sondern ein politisches Kompromissprodukt. Ihr könnt ja nicht mal die Steuern gemeinsam machen - was ein schlagkräftiges Argument wäre. Ihr könnt, selbst wenn ihr wolltet, nicht mal ein Kind adoptieren. Alles, was ihr könnt, ist, dem Staat Geld sparen, weil ihr von da an komplett füreinander verantwortlich seid. Bist du nicht immer eine feministische Vorreiterin gewesen? Und überhaupt, wo ist denn dein queeres Bewusstsein geblieben?

Feministische Vorreiterin? Ich?

Tekgül verwechselt Manu ganz offensichtlich mit Sandy. Es ist ihre Liebste, die für die Rechte der Frauen in die Bresche springt, aus Prinzip ausschließlich Autorinnen, weiblich, liest und bei jedem Radio- oder Fernsehbeitrag die Moderierenden beschimpft, weil die immer und ausschließlich die männliche Form benutzen. Ihr seid nicht bei RTL2, sondern beim Deutschlandradio Kultur! , schimpft Sandy dann - oder wahlweise beim rbb, der ARD, den Dritten oder ARTE. Ich bezahl eure Gehälter mit meinen verdammten Gebühren und ihr habt nicht mal den Anstand, mich mitzudenken! Vom Bildungsauftrag ganz zu schweigen! Ja, Sandy ist eine echte Kämpferin und verdient jeden Zoll der Bewunderung, den Manu ihr dafür entgegenbringt. Aber heißt das automatisch, dass sie nicht heiraten dürfen? Aus Solidarität? Wem gegenüber?

Wenn zu wenig Menschen die eingetragene Partnerschaft eingehen, dann sagt die Politik, dass kein Interesse daran besteht , argumentiert sie.

Und wenn viele es tun, sagen sie, es würde ja offensichtlich gut aufgenommen und akzeptiert und bedürfe keiner Änderungen. Tekgül legt eine Gurke auf Manus Brett. Die schiebt artig die Tomaten beiseite und schneidet weiter.

Kann sein. Einer politischen Grundsatzdiskussion ist sie heute nicht gewachsen. Aber wir lieben uns und ich finde es schön, das offiziell zu machen. Ich will Sandy zeigen, dass ich zu ihr stehe und mit ihr alt werden will.

Tekgül lacht. Du alte Romantikerin , stichelt sie und wird dann ernst. Ist ja nicht so, als würde ich mich nicht freuen. Schon alleine wegen des Festes, das dann ansteht. Wobei ich finde, dass wir auch eine tolle Party ohne Standesamt hätten feiern können.

Aber dann wären wir nicht abgesichert, wenn einer von uns was passiert oder wegen des Hauses.

Notar , sagt Tekgül.

Und ich könnte ihren Namen nicht annehmen , fährt Manu ungerührt fort.

Du willst �

Manu nutzt Tekgüls Sprachlosigkeit für einen Themenwechsel. Wie läuft es eigentlich zwischen dir und Marte?

Ganz okay. Tekgül, die die ganze Zeit tatenlos am Tisch gestanden und Manu beim Gurkeschneiden zugesehen hat, verschwindet mit dem Kopf im Küchenschrank. Sie reiht ein Gewürzglas neben dem anderen auf der Arbeitsplatte auf. Wobei - was soll da schon laufen? Sie ist ja rund um die Uhr mit Malachi beschäftigt.

Malachi , ächzt Manu. Das will ich dich ja schon ewig fragen: Wie konnte sie ihm diesen Namen antun? Hattest du keine Chance, das zu verhindern?

Tekgül grinst. Wenn zwei so unkonventionelle Charaktere wie Marte und Clemens einen Namen aussuchen - glaubst du, da kann irgendjemand Einfluss nehmen?

Aber sie sind doch beide pragmatisch genug, um zu wissen, was sie dem Kind damit antun.

Pragmatismus hin oder her - Marte lebt in ihren Computerspielen und Clemens hat einen Individualistenfimmel. Da war nichts zu retten.

Anders als Sandy, die alle Zutaten genau abmisst, lässt...


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Autor

Tania Witte lebt und schreibt in Berlin. Die Schriftstellerin, Spoken-Word-Performerin und Journalistin schreibt u.a. für taz, Missy Magazine, Siegessäule und das ZEITmagazin, widmet sich in inspirierenden Kooperationen vielfältigen Kunstprojekten, gibt Schreib-, Spoken-Word- und Drag-King-Workshops und liebt die Bühne. 2011 veröffentlichte sie den Roman beziehungsweise liebe, 2012 leben nebenbei und 2014 den Schluss der "Berliner Stadtgeschichten"-Trilogie bestenfalls alles.