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Vorbereitung auf das nächste Leben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
528 Seiten
Deutsch
Arche Literatur Verlagerschienen am23.10.20151. Auflage
Die uigurische Kriegswaise Zou Lei hat es allein und mittellos bis in die USA geschafft. Illegal eingewandert und stets auf der Hut vor den Behörden, schlägt sie sich in New York mit Küchenjobs durch. Der Soldat Brad Skinner ist gerade zum dritten Mal aus dem Irak zurückgekehrt. Traumatisiert und arbeitslos begegnet er eines Tages Zou Lei, und eine Liebe zwischen Verzweiflung und Hoffnung beginnt. Auf der Suche nach Gemeinsamkeit und Halt durchstreifen sie die Stadt, treiben Fitness bis an den Rand der Erschöpfung. Doch inmitten der vielen Kulturen, der Heimatlosen und Überlebenskünstler, der Reichen und Armen, der Verrohung und Versöhnung braut sich ein Unheil zusammen, das sie für immer auseinander zu reißen droht. Atemlos begleitet der Leser im mal harten, mal weichen Wechsel von Licht und Schatten die Liebenden durch die Straßen New Yorks und wird sie nie mehr vergessen. Atticus Lish hat den großen Roman über die verletzte Seele Amerikas geschrieben - eine Geschichte über Liebe und Krieg, über Urbanität und über das Leben an den Rändern der Gesellschaft.

ATTICUS LISH, geboren 1971, ist der Sohn des berühmten amerikanischen Lektors und Autors Gordon Lish. Er ist Übersetzer aus dem Chinesischen, hat in einer Styropor-Fabrik gearbeitet, auf dem Bau, als Personaltrainer, bei einem Umzugsunternehmen, als Wachmann, als Verkäufer in einem Fastfood-Restaurant sowie im Telefonmarketing. Vor 9/11 diente er kurz als Marine in der US-Armee. Später war er längere Zeit Englischlehrer in China, wo ihn seine Reisen u.a. nach Kashgar und Yili führten, in das Gebiet der Uiguren. Er lebt mit seiner Frau in New York City.
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Produkt

KlappentextDie uigurische Kriegswaise Zou Lei hat es allein und mittellos bis in die USA geschafft. Illegal eingewandert und stets auf der Hut vor den Behörden, schlägt sie sich in New York mit Küchenjobs durch. Der Soldat Brad Skinner ist gerade zum dritten Mal aus dem Irak zurückgekehrt. Traumatisiert und arbeitslos begegnet er eines Tages Zou Lei, und eine Liebe zwischen Verzweiflung und Hoffnung beginnt. Auf der Suche nach Gemeinsamkeit und Halt durchstreifen sie die Stadt, treiben Fitness bis an den Rand der Erschöpfung. Doch inmitten der vielen Kulturen, der Heimatlosen und Überlebenskünstler, der Reichen und Armen, der Verrohung und Versöhnung braut sich ein Unheil zusammen, das sie für immer auseinander zu reißen droht. Atemlos begleitet der Leser im mal harten, mal weichen Wechsel von Licht und Schatten die Liebenden durch die Straßen New Yorks und wird sie nie mehr vergessen. Atticus Lish hat den großen Roman über die verletzte Seele Amerikas geschrieben - eine Geschichte über Liebe und Krieg, über Urbanität und über das Leben an den Rändern der Gesellschaft.

ATTICUS LISH, geboren 1971, ist der Sohn des berühmten amerikanischen Lektors und Autors Gordon Lish. Er ist Übersetzer aus dem Chinesischen, hat in einer Styropor-Fabrik gearbeitet, auf dem Bau, als Personaltrainer, bei einem Umzugsunternehmen, als Wachmann, als Verkäufer in einem Fastfood-Restaurant sowie im Telefonmarketing. Vor 9/11 diente er kurz als Marine in der US-Armee. Später war er längere Zeit Englischlehrer in China, wo ihn seine Reisen u.a. nach Kashgar und Yili führten, in das Gebiet der Uiguren. Er lebt mit seiner Frau in New York City.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783037900857
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum23.10.2015
Auflage1. Auflage
Seiten528 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2090 Kbytes
Artikel-Nr.3202597
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 1

Sie kam durch Archer, Bridgeport, Nanuet, hatte in Jeans und Denimjacke entlang der 95 gearbeitet, trug eine Plastiktüte und Badelatschen, hatte eine Telefonnummer bei sich und wartete benommen in einer Unterführung, die Kartoffelchipstüte war längst leer.

Sie sammelten sie oben am Highway bei einem schlichten weißen Schuppen ein, ein Schild der Army-Navy, alte Reifen, die zum Schaukeln in den Bäumen hingen. Ein Minivan mit einem Affenkönig auf dem Armaturenbrett hielt an und sie stieg ein. Die Männer brachten sie zum Motel 8 und steckten sie in ein Zimmer mit einem halben Dutzend anderer Frauen aus Fujian und einem Liter Orangenlimo. Die ganze Nacht über hörte sie die Lastwagen ankommen und lauschte dem Summen der Klimaanlage.

Man gab ihr eine Bluse mit Firmenlogo und eine Schirmmütze, die nach verdampftem Fett rochen. Alle sagten ihr, Du musst schnell sein, Bossie beobachtet dich. Keine von ihnen verstand den Dialekt der anderen, also sprachen sie stattdessen Englisch. Am ersten Tag rutschte sie mit ihren verschlissenen Turnschuhen auf dem schmierigen Boden aus. Sie ließ eine Bestellung fallen, die Nudeln hüpften herum wie Würmer, und in dieser Nacht lag sie mit zusammengebissenen Zähnen im Bett und starrte die Wand an.

Die Amerikaner parkten draußen, ließen ihre Pick-ups in der Sonne laufen, kamen in Tanktops und Bandanas langsam hereingeschlendert. Sie lehnten sich mit dem Ellbogen auf den Tresen, deuteten mit dicken Fingern auf die Karte und sagten, Das hier. Die Schwarzen kamen herein und hatten in der Hand, was sie ausgeben wollten, das Kleingeld und die zusammengeknüllten Dollars.

Gibbs bei euch dafür so Flügel? Sachma, wassich dafür kriech.

Sie wusste, was okay hieß. Wenn sie auf die Karte zeigten, hatte sie keine Probleme. In Nanuet wollten sie All-you-can-eat. Das verstand sie. Sie wollten mehr hiervon und mehr davon. Okay. Sie wusste, dass sie schnell sein und etwas holen musste, arbeiten, weil sie arbeiten musste, jeden Tag vierzehn Stunden arbeiten, zehn oder elf Tage lang, bis sie einen Rauchertag bekamen, wie der Boss das nannte; alles war besser, als den Abfall auf der Mülldeponie südlich des Flusses zu durchwühlen.

Im Motel ließen sie den Fernseher laufen, um Englisch zu lernen. Sie kauerten sich auf den Teppich, bewegten den Mund im blauen Leuchten, schauten auf die Gänge der Lebensmittelmärkte und auf die schnellen Autos. Sagten, Unglaublich. Heute Dienstag auf Fox. Ein grausiger Tag im Irak. Sie beobachteten glotzende Soldaten und Funkantennen, die an den Lehmhäusern der Wüste vorbeifuhren, in denen sie gewohnt hatte.

Kamel, sie deutete mit dem Finger. Das Tier, sehr gut.

Zu schwierig, sagten sie. Kann man nicht behalten. Kopf ist Holzbrett.

Jemand gähnte.

Musst ihn das ganze Leben trainieren.

Wenn sie abends ihre Arbeit beendet hatten, gingen sie über den Parkplatz zu dem einzigen verbliebenen Auto; der Minivan wartete schon, um sie zurück ins Hotel zu bringen. Sie gaben dem Fahrer sein abgepacktes Essen und er stellte es auf eine aufgeschlagene Zeitung, deren Seiten von Hongkong berichteten. Auf dem Heimweg sah sie zu, wie die Nacht am Fenster vorbeifegte, die dunklen Waldgebiete und das Schiefergrau von Straße und Himmel. Der Mann hatte eine Goldkette und eine Greencard und fuhr mit ausgeschalteten Scheinwerfern, auf der Hut vor den Cops.

Die Frauen kamen aus Fest oder Ursprung, Vier Begegnungen, Verbundene Berge und Redlichkeit bewundert. Sie sagte, sie komme von südlich des Flusses.

Aber du kommst irgendwo anders her, meinten sie.

Ich bin Chinesin, wie ihr.

Du siehst anders aus.

In der Sonne konnte man erkennen, dass Zou Leis Haar braun und nicht schwarz war. Es war auch nicht glatt. Ihre Nase hatte einen kleinen Höcker; sibirische Augen.

Unser China ist ein großes Land, sagte sie.

Du klingst wie die aus dem Norden.

Sie ist eine Minderheit, sagte eine der Frauen.

Das bedeutet nichts. Es gibt Volksterrasse, Friedvoller Fluss, Stiller See, Südwende, Baumwollzaun, Zhangpu, Friedvolle Annäherung, Swatow, Allgemeine Gelassenheit, Vorsprung, Samyap, Jung-can, Ewiger Friede, Drei Länder, Gleich-neben-den-Zhangs und noch ein paar Hundert Dialekte. Welchen willst du lernen?

Zou Lei überlegte einen Augenblick. Wie sage ich, Der Himmel ist hoch? Sie lächelte und deutete an die fleckige Decke. Der Himmel ist hoch und die Erde ist groß.

Einige von ihnen nickten, ein paar lächelten und entblößten schlechte Zähne. Ganz richtig, ganz richtig, und eine der Frauen seufzte.

Stattdessen lernte sie, eine Bestellung aufzunehmen. Dass die Glückskekse in der Schachtel unter dem Jahr-der-Ziege-Kalender und dem kleinen Plastikschrein lagen. Die Servietten, Strohhalme und Essstäbchen lagen nebeneinander auf der Ablage. Gib jedem eine Plastikgabel, egal wofür. Wenn Kunde kommt, fragst du ihn, was er will haben. Dann brüllst du Bestellung nach hinten: Huhn-Brokk, Rind-Brokk, Rind-Schoten, Dreifach-Dampf, damit schnell geht.

Niemand musste ihr beibringen, wie man wischt und den Müll rausbringt und bei einem Sack voll Grünzeug alles nicht Essbare abzuschneiden. Sie sahen, dass sie hart arbeitete. Das meiste, was die anderen machten, kannte sie schon. Hockte sich vor die Badewanne, um ihre Kleidung zu waschen, wrang sie mit ihren rissigen, bäuerlichen, blaurot angelaufenen Händen aus. Hängte sie auf die Stange des Duschvorhangs neben die tropfende Wäsche der anderen, die nassen, paillettenbesetzten Jeans und verblassten Comicfiguren.

Am Tresen legte sie ein Stück Karton in eine Tüte, heftete die Verschlüsse eines Styroporbehälters zusammen und stellte ihn auf den Karton. Stapelte die anderen darauf. Heftete eine Speisekarte an die Tüte und schob sie über die Theke hinweg einem mageren Burschen mit langen blonden Haaren und einer Baseballmütze zu. Er bestellte eines der Extras und sagte, Du wirst immer besser. Ich hab´s gestoppt.

Der Boss sagte, die Frauen brauchten jemanden, der auf ihr Wohlergehen achtete, eine große Schwester, die ihm Bericht erstattete. Er gab ihnen einen Spruch zum Auswendiglernen - es ist keine Frage der Zeit, es ist eine Frage des Geldes. Er wollte, dass sie ihn so häufig und so schnell wie möglich vor sich hin sagten.

Und was heißt das?, fragte sie.

Das hat nichts zu bedeuten. Man weiß nicht, was das bedeutet.

Eine der Frauen war psychisch labil, sie schwieg tagelang und erzählte ihnen dann, dass die Polizei in Guangxi sie zu einer Abtreibung gezwungen hatte.

Als es kalt wurde, rückten ein paar von ihnen zum Schlafen zusammen. Sie kauerten sich vor den kleinen Heizofen, während ihre nasse Kleidung in der Dusche hing, alle waren krank, husteten und spuckten in den Papierkorb.

Im Fernsehen sah sie Mädchen, die Lastwagen fuhren, boxten und in der Hitze Marathon liefen. Wenn Lieferungen kamen, rannte sie hinaus und trug die Reissäcke auf der Schulter. Die Frauen waren dagegen und sagten, Überlass das den Männern, dem Koch und seinem Cousin. Zou Lei ließ sie wissen, dass sie gerne die Beine bewegte. Nachts machte sie Sit-ups. Sie nahm eine Zeitung aus dem Lieferwagen mit und las die Anzeigen für Jobs in anderen Bundesstaaten.

Sie fuhr nach Riverhead und arbeitete dort den Rest des Winters, wohnte in einem La-Quinta-Inn mit einer Gruppe von Frauen, die Drei Lichter und ein ländliches Mandarin sprachen. Sie hatten eine Kochplatte, die sie sich teilten.

Amerika ist ein gutes Land, sagte eine ältere Frau. Wir sind mit einem Fangschiff über das Meer. Die Meerpolizei fing uns und hat uns auf einer Insel bei San Francisco eingesperrt. Ich war auf der Reise sehr krank und das hat mir das Leben gerettet. Die anderen dreißig mussten wieder zurück nach Hause, aber ich nicht. Das war Glück. Mein Cousin hat für mich Asyl beantragt. Ein paar dieser anderen Schwestern sind schon mal ausgewiesen worden. Sie kamen zwar zurück, aber aus einmal wird zweimal, aus zweimal wird dreimal. Sie sind nach Yucatán gegangen, der Halbinsel hinter der Grenze von Arizona. Das ist schon hart, natürlich. Das ist die Wüste, nichts für Menschen wie uns, Flussmenschen. In meinem Dorf wird Hühnerhirse gesprochen. Wir sind fünfzig Kilometer von Alter Acker und die verstehen kein Wort von dem, was wir sagen.

Sie verbrachte ein Jahr in Archer und ein halbes in Riverhead. Die Schweinegrippesaison war vorbei und die »World News« brachte Geschichten über den Krieg gegen den Terror und wie schwierig es war, eine Greencard zu bekommen. Sie blätterte weiter und sah das Schwarz-Weiß-Foto eines nackten Gefangenen, der mit einem Sandsack über dem Kopf auf dem Boden lag. Sie blätterte noch einmal um und betrachtete aufmerksam die Wörter: Bau, Näherin, Restaurant, Schönheit, Bezahlung nach Können.

Sie fuhr nach Nanuet, bekam wieder eine Bluse und wieder eine Schirmmütze. Die Frauen wohnten in einem aufgebockten Wohnwagen, Schlackenbeton auf Kiefernnadeln, und hängten die Wäsche auf eine Leine. An ihrem Rauchertag lief sie hoch zur Shoppingmall, rannte über den Highway, sprang über den Betonteiler des Mittelstreifens und schaute sich die Sneakers Made in China in den Schaufenstern an.

Der Boss trug einen Jade-Armreif und fuhr einen verdreckten Astrovan. Er ließ ihn von Zou Lei waschen, hinten, wo es Laderampen und Müllcontainer gab, einen Zaun und dann Wälder. Sie arbeitete mit dem Wasserschlauch, starrte an den Müllcontainern vorbei und stellte sich vor, durch die Wälder zu laufen.

Im Jahr darauf war sie in einem anderen Bundesstaat in einem Motelzimmer mit acht Frauen, die selbst in ihrem eigenen Dialekt eine Art Code sprachen. Als sie fragte, aus...
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ATTICUS LISH, geboren 1971, ist der Sohn des berühmten amerikanischen Lektors und Autors Gordon Lish. Er ist Übersetzer aus dem Chinesischen, hat in einer Styropor-Fabrik gearbeitet, auf dem Bau, als Personaltrainer, bei einem Umzugsunternehmen, als Wachmann, als Verkäufer in einem Fastfood-Restaurant sowie im Telefonmarketing. Vor 9/11 diente er kurz als Marine in der US-Armee. Später war er längere Zeit Englischlehrer in China, wo ihn seine Reisen u.a. nach Kashgar und Yili führten, in das Gebiet der Uiguren. Er lebt mit seiner Frau in New York City.