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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
186 Seiten
Deutsch
Leseratten Verlagerschienen am30.10.2016
Warum ist Backnang der bessere Ort, um am Heiligabend ein Kind zur Welt zu bringen? Weshalb sollte jemand nackt auf den Stifts-turm steigen? Seit wann können Weihnachtsbäume sprechen oder unliebsame Menschen verschwinden lassen? Wie kann es einem Ingeneur gelingen, Weihnachten in einer anderen Backnang-Dimension zu feiern? Würde man den Fund einer Tüte voller Geld kurz vor den Feiertagen anzeigen? Was denkt wohl ein Schaf über menschliche Weihnachtsbräuche? Und seit wann wohnt eigentlich Santa Claus in Backnang? Dieses Weihnachtsbüchlein schenkt Ihnen die zwanzig besten Geschichten des Backnang Stories Schreibwettbewerbs. Lesen Sie erhei-ternde, besinnliche, spannende, zukunftsweisende, aber auch märchenhafte Kurzgeschichten für Jung und Alt.

Bei den Backnang Stories handelt es sich um einen Schreibwettbewerb des Leseratten Verlages aus der Region rund um Backnang. Die Autoren sind in der Regel alles Newcomer, die hier ihre ersten Schreibversuche veröffentlichen. Die Altersspanne reicht von 11 bis 70 Jahren.
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Produkt

KlappentextWarum ist Backnang der bessere Ort, um am Heiligabend ein Kind zur Welt zu bringen? Weshalb sollte jemand nackt auf den Stifts-turm steigen? Seit wann können Weihnachtsbäume sprechen oder unliebsame Menschen verschwinden lassen? Wie kann es einem Ingeneur gelingen, Weihnachten in einer anderen Backnang-Dimension zu feiern? Würde man den Fund einer Tüte voller Geld kurz vor den Feiertagen anzeigen? Was denkt wohl ein Schaf über menschliche Weihnachtsbräuche? Und seit wann wohnt eigentlich Santa Claus in Backnang? Dieses Weihnachtsbüchlein schenkt Ihnen die zwanzig besten Geschichten des Backnang Stories Schreibwettbewerbs. Lesen Sie erhei-ternde, besinnliche, spannende, zukunftsweisende, aber auch märchenhafte Kurzgeschichten für Jung und Alt.

Bei den Backnang Stories handelt es sich um einen Schreibwettbewerb des Leseratten Verlages aus der Region rund um Backnang. Die Autoren sind in der Regel alles Newcomer, die hier ihre ersten Schreibversuche veröffentlichen. Die Altersspanne reicht von 11 bis 70 Jahren.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783945230213
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum30.10.2016
Seiten186 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse5162 Kbytes
Artikel-Nr.3276707
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

 
Geborgen

 

Es begab sich zu der Zeit, als Angela Merkel noch Kanzlerin von Deutschland war und Frank Nopper als Oberbürgermeister über Backnang herrschte. Wir schreiben den 24. Dezember 2016.

 

»Ihr müsst einfach dieser Straße folgen, an der zweiten Kreuzung rechts abbiegen und dann kommt ihr zur Unterkunft. Das Zelt ist nicht zu übersehen. Alles Gute mit dem Baby und frohe Weihnachten!«, hatte der Lastwagenfahrer noch gesagt, als er das junge Paar an der B14 aussteigen ließ.

Mariam und Ilias hatten ihr Glück bereits in der großen Unterkunft in München versucht, nachdem sie es über die österreichische Grenze geschafft hatten. Doch dort waren sie in die Landeserstaufnahmestelle, kurz LEA, nach Karlsruhe geschickt worden. Da hatte man sie nur noch verzweifelt fortgeschickt - kein Platz mehr. Es täte ihr sehr leid, hatte die Frau gesagt, aber man könne nichts tun.

Mutlos hatten sie sich an die Straße gestellt, in der Hoffnung, dass irgendjemand sie mitnehmen würde. Irgendjemand. Irgendwohin.

Dabei suchten sie doch nur einen sicheren Ort, wo ihr kleiner Sohn auf die Welt kommen konnte, denn es dauerte nicht mehr lange, das spürte Mariam ganz deutlich. Und Ilias konnte es aufgrund ihres regelmäßigen schmerzerfüllten Stöhnens erahnen.

Während sie auf das gelbe, eingeschneite Ortsschild mit der Aufschrift Große Kreisstadt Backnang, Rems-Murr-Kreis zugingen, sahen sie nichts von dem, was sie umgab. Nicht den Schnee, der in dichten Flocken vom Himmel fiel. Sie spürten nicht den eisigen Wind, der durch die Straßen wehte. Sie achteten auch nicht auf die Glocken, die den Beginn des Heiligabend-Gottesdienstes verkündeten. Die beiden waren ganz in ihre eigene Welt versunken, während Ilias seine schwache Frau stützte und die beiden sich die Straßen entlangschleppten.

 

In Gedanken sah Ilias wieder die fliegenden Trümmer vor sich. Und dann, wie er seine Frau weggezogen hatte. Weg von dem Haus ihrer Eltern, in dem ihre Familie war, als es in sich zusammenfiel. Es hatte einen lauten Knall gegeben und dort, wo er gestern noch mit dem kleinen Neffen gespielt hatte, blieb nichts als ein Schutthaufen.

Das war zu viel.

Zu diesem Zeitpunkt hatte er den Entschluss gefasst zu fliehen. Sie hatten alles zurückgelassen. Seine Familie, das neu gebautes Haus, ihre Freunde, die kleine christliche Gemeinde, die dort, mitten in Syrien, eine Botschaft der Hoffnung verbreitete, in all dem Leid. Was sie wohl morgen, zum syrischen Weihnachtsfest taten?

Er musste seine Frau schützen, deshalb waren sie gegangen. Er hatte das Leid nicht mehr ertragen können. Und jetzt, am Ziel ihrer Träume? Nichts als Ablehnung. Die Menschen sagten, es gäbe keinen Platz mehr in ihrem Land. Dabei besaßen doch viele von ihnen ein Haus oder zumindest eine Wohnung. So viel wollte er doch gar nicht. Nur einen sicheren Ort, an dem sie bleiben konnten.

Nun hatten sie die Straße erreicht, in die sie abbiegen sollten. Der Boden war vereist und Mariam stürzte fast.

Weit entfernt sah sie schon das Licht vom großen Zelt, das neben der Turnhalle, die ebenfalls als Flüchtlingsunterkunft diente, auf dem Gelände des beruflichen Schulzentrums stand.

Wird man uns dort helfen?, fragte sie sich. Warum Gott, warum? Wo soll unser kleiner Sohn nur geboren werden? Hilf uns!

Sie erinnerte sich an den Traum, den sie letzte Woche gehabt hatte. Sie hatte eine Stimme gehört, die sagte: »Lea wird euch helfen.« Sie war sich sicher gewesen, dass das ein Hoffnungszeichen von Gott gewesen war. Aber man hatte sie in Karlsruhe nicht aufgenommen.

Was wird morgen sein? Herr, wir brauchen deine Hilfe!, betete sie im Stillen. Sie wollte die Hoffnung nicht verlieren. Heute war doch Weihnachten. Die Menschen feierten überall, dass Jesus auf die Erde gekommen war, wenn er auch für sie gekommen war, dann musste er ihr doch helfen.

Noch bevor sie das Ende der Straße erreicht hatten, kam ihnen ein Mann entgegen.

»There s no place left! Go back! Go to a different place«, sagte er und wollte sie nicht durchlassen.

Doch so kurz vor dem Ziel wollte Ilias nicht aufgeben. Er nahm seine hochschwangere Frau auf die Arme und trug sie bis zum Eingang des Zeltes. Aber hier bestätigte sich, was der Mann gesagt hatte. Das Zelt war heillos überfüllt. Es gab keinen Platz mehr für sie. Verzweifelt gingen sie die Straße zurück und machten sich unbewusst auf den Weg in Richtung Innenstadt.

Mariam schrie leise auf, als eine Wehe ihren Körper durchfuhr.

Ilias liefen die Tränen übers Gesicht. Wie sollte er seiner Frau nur helfen? Sie waren beide schon völlig unterkühlt. Wenn nicht bald etwas geschah, würde ihr Kind hier draußen in der eisig kalten Nacht zur Welt kommen. Und Mariam würde wahrscheinlich sterben!

Mariam konnte kaum mehr sehen, wohin sie ging, sie war viel zu erschöpft. Das Zelt in Backnang, dieser fremden Stadt, so weit von ihrer Heimat entfernt, war ihre letzte Hoffnung gewesen, denn sie waren zu erschöpft, um es noch woanders hinzuschaffen. Sie fühlte sich so verloren. Sie sehnte sich nach Geborgenheit.

Als sie weiter die Straße entlanggingen, vorbei an Straßenlaternen, die helle Flecken auf den schneebedeckten Weg warfen, wurde sie plötzlich von einem unerklärlichen Frieden erfüllt.

Mittlerweile befanden sie sich nicht mehr weit von der Innenstadt entfernt. Sie waren der Straße gefolgt und irgendwann hatte diese einen Knick gemacht. Jetzt durchquerten sie einen Fußgängertunnel, der unter der S-Bahn-Linie hindurchführte, was die beiden natürlich nicht wussten. Sie zuckten zusammen, als ein Zug mit lautem Donnern über ihre Köpfe hinwegrumpelte. Als der Lärm des Zuges verstummt war, hörten sie den sanften Klang der Kirchenglocken. Dieses Mal war es die Vater-Unser- Glocke, die zu dem Gebet, kurz vor dem Ende des Gottesdienstes, geläutet wird. Mariams Herz machte einen Sprung. Nun wusste sie, dass Gott sie nicht vergessen hatte.

»Die Kirche«, brachte sie mit zitternden Lippen hervor.

»Was?«, fragte Ilias und beugte sich zu seiner Frau herunter, um ihre leisen Worte zu verstehen.

»Die Kirche!«, wiederholte sie lauter. Mit einem Mal wusste auch er, dass es noch Hoffnung gab. Natürlich, da musste man ihnen helfen. Gerade an einem Tag wie diesem.

Schnell gingen sie weiter. Sie mussten es noch vor Ende des Gottesdienstes dorthin schaffen. Der konnte jeden Moment enden. Seine Frau hing immer schwerer in seinem Arm, mit dem er sie stützte.

Auf einmal sah Mariam den glitzernden Schnee. Alles wurde immer weißer um sie herum. Und mit der Hoffnung im Herzen erschien ihr der deutsche Winter gar nicht mehr so kalt. In der Dunkelheit blinkten rot und grün, wie Weihnachtsschmuck, die Lichter der Fußgängerampel, als sie die Straße überquerten. Dort vorne glänzte hell und golden ein großer Stern der Weihnachtsbeleuchtung über einem Haus, fast wie der Stern von Bethlehem. Und dann war sie vollkommen von Licht und Wärme umgeben und sah von all dem gar nichts mehr.

Ilias erschrak, als seine Frau wie leblos zusammensackte.

»Mariam? Mariam. Es ist doch gleich geschafft. Gib nicht auf!«, sprach er leise, doch verzweifelt.

Das darf doch nicht wahr sein, Herr! Nicht so kurz vor dem Ziel, sprach er seit Langem sein erstes Gebet. Genauer gesagt, seit die Bombe detoniert war. Er hatte einfach nicht mehr mit ihm reden können, mit dem guten Gott, der so viel Schlimmes zuließ. Doch nun brauchte er ihn. Er war sonst ganz allein.

»Nicht meine Frau und mein Kind, Herr. Nicht meine Frau und mein Kind. Lass sie leben â¦ bitte«, betete er, während er sich weiter den Weg entlangschleppte, seine Frau auf seinen Armen. Er schaffte es bis zur nächsten Straßenecke und noch ein Stück die Straße hinunter. Da. Er konnte ihn schon sehen, den Kirchturm - der in Wahrheit der Stadtturm direkt neben der Stiftskirche war, doch das wusste Ilias zum Glück nicht, sonst hätte er wohl alle Hoffnung verloren - hell erleuchtet, mit Tausend Lichtern geschmückt. Kraftlos sank er zusammen.

 

Als der Gottesdienst zu Ende ging, konnte Tessie Weber es gar nicht mehr erwarten, dass das Orgelnachspiel endlich zu Ende war. Auch ihr zweijähriger Bruder Mattie rutschte ungeduldig auf der Kirchenbank hin und her. Er plapperte schon fröhlich von den Geschenken, die er sich vom Christkind gewünscht hatte. Als das ewige Gedüdeldü, wie Tessie es nannte, endlich verklungen war, mussten sie auch noch mindestens zehn Minuten auf ihre große Schwester Pauline warten. Die hatte nämlich beim Krippenspiel mitgemacht und musste nun noch ihr Kostüm ablegen.

»Pauline ist nämlich schon sieben«, erklärte Tessie gerade ihrer besten Freundin Mathilda, die ebenfalls noch in der Kirche stand und auf ihre Eltern wartete.

»Nächstes Jahr, wenn wir endlich in der Schule sind, dann dürfen wir da auch mitmachen, Mathilda. Ich will am liebsten einen Engel spielen.«

»Und ich will Maria sein«, sagte ihre Freundin.

»Au ja. Dann bist du die Maria mit dem kleinen Puppenbaby und ich bin der Engel und helfe dir und singe ein Loblied«, freute sich Tessie.

Als Tessies Schwester endlich kam, machte sich Familie Weber zu Fuß auf den Weg nach Hause. Sie hatten es nicht weit.

»Es ist aber so kalt hier draußen«, maulte Pauline.

»Mama, ich will jetzt meine Geschenke!«, rief der kleine Mattie, als sie den Stiftshof überquerten und sich vorsichtig, um auf dem glatten Gehweg nicht auszurutschen, auf den...
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