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Einatmen, Ausatmen (eBook)

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
220 Seiten
Deutsch
ars vivendi Verlagerschienen am14.08.2017
Ein Krankenhaus in Hudson, New York. Giorgia liegt nach einem Autounfall im Koma. Unerwartet begegnen sich am Krankenbett der bekannten Jazz-Sängerin drei Männer: Ben, der Drummer ihrer Band und ihr Lebensgefährte, weicht nicht von Giorgias Seite. Überrascht wird er in der Klinik von Konrad, ihrem Ehemann, der sie nach acht Jahren zum ersten Mal wiedersieht. Nach dem Tod ihrer gemeinsamen Tochter hatte sich Giorgia von ihm getrennt. Als wäre das nicht genug, erscheint kurz darauf Césco, Bru?ckenbauer, Saxofonspieler und Giorgias virtueller Liebhaber. Nach langem Ringen hat er seine Frau verlassen und ist zu Giorgia geeilt. Sie wussten nicht voneinander, die drei Männer, doch notgedrungen nähern sie sich an. Zerrissen zwischen Eifersucht und Verstehen streiten und stu?tzen sie sich, offenbaren nach und nach ihre Lebens und Liebesgeschichte mit Giorgia. So gerät das Bangen um ihr Leben zugleich zur Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen Vergangenheit.

Nata?a Dragnic wurde 1965 in Split, Kroatien, geboren. Nach dem Germanistik und Romanistikstudium in Zagreb schloss sie eine Diplomatenausbildung ab. Seit 1994 lebt sie als freie Autorin in Erlangen und war viele Jahre als freiberufliche Fremdsprachen und Literaturdozentin tätig. Ihr Debu?troman 'Jeden Tag, jede Stunde' (2011) war national wie international ein Bestseller; das Buch wurde in rund 30 Sprachen u?bersetzt. Zuletzt erschienen 'Immer wieder das Meer' (2013), ebenfalls in mehreren Übersetzungen, und bei ars vivendi 'Der Wind war es' (2016).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextEin Krankenhaus in Hudson, New York. Giorgia liegt nach einem Autounfall im Koma. Unerwartet begegnen sich am Krankenbett der bekannten Jazz-Sängerin drei Männer: Ben, der Drummer ihrer Band und ihr Lebensgefährte, weicht nicht von Giorgias Seite. Überrascht wird er in der Klinik von Konrad, ihrem Ehemann, der sie nach acht Jahren zum ersten Mal wiedersieht. Nach dem Tod ihrer gemeinsamen Tochter hatte sich Giorgia von ihm getrennt. Als wäre das nicht genug, erscheint kurz darauf Césco, Bru?ckenbauer, Saxofonspieler und Giorgias virtueller Liebhaber. Nach langem Ringen hat er seine Frau verlassen und ist zu Giorgia geeilt. Sie wussten nicht voneinander, die drei Männer, doch notgedrungen nähern sie sich an. Zerrissen zwischen Eifersucht und Verstehen streiten und stu?tzen sie sich, offenbaren nach und nach ihre Lebens und Liebesgeschichte mit Giorgia. So gerät das Bangen um ihr Leben zugleich zur Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen Vergangenheit.

Nata?a Dragnic wurde 1965 in Split, Kroatien, geboren. Nach dem Germanistik und Romanistikstudium in Zagreb schloss sie eine Diplomatenausbildung ab. Seit 1994 lebt sie als freie Autorin in Erlangen und war viele Jahre als freiberufliche Fremdsprachen und Literaturdozentin tätig. Ihr Debu?troman 'Jeden Tag, jede Stunde' (2011) war national wie international ein Bestseller; das Buch wurde in rund 30 Sprachen u?bersetzt. Zuletzt erschienen 'Immer wieder das Meer' (2013), ebenfalls in mehreren Übersetzungen, und bei ars vivendi 'Der Wind war es' (2016).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783869138978
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum14.08.2017
Seiten220 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1293 Kbytes
Artikel-Nr.3326531
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


 

Piano & Schlagzeug

Smile

Ben trat ein, ohne anzuklopfen, und ging geradewegs zum Krankenbett. Er seufzte einmal, es hörte sich an wie ein kraftvoller Schlag, und legte die Hand auf Giorgias zugedeckten Bauch. Konrad sprang von seinem Stuhl neben der Tür, die Blicke der zwei Männer trafen sich, beide überrascht.

»Wer sind Sie?«

»Und wer sind Sie, verdammt noch mal?«

Sie musterten sich eine Weile, dann trat Konrad näher, streckte die Hand aus.

»Konrad Stern.«

»Ben Jones.«

Sie schüttelten einander die Hand, jeder mit dem Händedruck des anderen zufrieden. Konrad betrachtete Bens Gesicht, es war gezeichnet von frischen Wunden, sein Blick wanderte zu dem Verband auf der Stirn über der rechten Augenbraue, zum rechten Arm in einer Schlinge.

»Sie hat es aber erwischt.«

Ben sah Konrad verständislos an, blickte zu Giorgia hinunter, zuckte dann mit den Schultern.

»Was haben Sie denn gemacht?« Konrad wunderte sich über die eigene Small-Talk-Bereitschaft.

Ben schenkte ihm einen irritierten Blick.

»Wer sind Sie, Mann?«

»Ich bin ihr Ehemann.«

»Wer?!«

»Ihr Ehemann.«

»Giorgias?«

Konrad nickte.

»Giorgia ist verheiratet?«, flüsterte Ben.

Konrad nickte lediglich, senkte den Kopf und nickte leicht weiter, so, als würde er nachdenken.

»Das glaube ich nicht.«

Ben ging demonstrativ zum Fenster, lehnte die Stirn an das kühle Glas, es tat gut, die Hitze in ihm machte ihn unsicher auf den Beinen. Konrad setzte sich wieder, ließ Ben aber nicht aus den Augen.

»Das wusste ich nicht«, sagte Ben schließlich, und man hätte denken können, eine ganze Welt wäre zusammengebrochen. »Sie hat mir nie was gesagt. So ein Scheiß.« Und dieses »mir« füllte Bände. Konrad spürte es. Er spürte, wie es in Bens Körper trommelte, ein Vibrieren ging von ihm aus.

»Und wer sind Sie?« Er musste es fragen, es interessierte ihn nicht wahrhaftig, denn er, Konrad, war der Ehemann, alle anderen waren unwichtig. Aber dieses Pulsieren, das aus dem Körper des anderen Mannes kam, ließ sich nicht ignorieren.

»Ich bin Ben, ihr Drummer, ihr ...«

»Ihr Drummer ... Also hat sie es auch hier geschafft.«

»Ja, wir sind zusammen, eine Band, sie ist einmalig, wir sind ...«

»Es war immer ihr Wunsch.«

»Sie meinte, als wir uns kennengelernt haben, sie sagte ... so ein Scheiß.«

»Was denn?«

»Sie wäre nichts ohne die Musik.«

Darauf konnte man nichts erwidern.

»Sie wäre die Musik, die Lieder, die sie singt. Oh Mann.«

Der Drummer und der Ehemann dachten nach, es gab keinen Gewinner und keinen Verlierer, und Giorgia, die halb tot, halb lebendig dalag, spürte ihre Gefühle hin und her rasen, sie spürte die Melodie, die zwischen ihnen entstand, allmählich, widerwillig, die zwei Ströme suchten sich, die Töne konnten sich noch nicht einigen, der eine zu hart, der andere zu sensibel, verletzlich sogar - aber sie freute sich dennoch ein wenig, war erleichtert, hoffte auf eine Melodie, eine, die sie kannte, erkennen könnte. Sie lächelte, als hätte sie einen Plan und als liefe alles danach. Als würde sie den Ton angeben. Dass keiner etwas davon merkte, merken konnte - denn immerhin war sie für die Außenwelt lediglich ein lebloser Körper, unerreichbar - störte sie nicht im Geringsten.

»Es ist alles meine Schuld.«

 

I Talk To The Trees

Konrad kannte sich mit Schuldgefühlen sehr gut aus, er wusste, dass man sich in die anderer Menschen nicht einmischen sollte, also schwieg er. Ben wünschte sich, er hätte nichts gesagt. Als das Schweigen zu lang wurde, hatte er keine Wahl mehr - immerhin war er der Bandleader.

»Oh Mann, hätte ich mich nur durchgesetzt«, und dann nur noch ein Kopfschütteln.

Sie saßen sich gegenüber in der Cafeteria des Columbia Memorial Hospital in Hudson und starrten die Tischplatte an. Konrad fühlte sich verpflichtet zuzuhören, ein wenig neugierig war er aber auch. Alles so neu und unbekannt und unerklärlich, teilweise.

»Giorgia weiß, wie sie ihren Willen bekommt.«

»Ja, das tut sie, da haben Sie verdammt recht.«

»Aber sie war nicht immer so. Als ...«

»Ich kenne sie nur entschlossen und kompromisslos.«

»Merkwürdig.«

»Aber auch sanft und zärtlich und vor allem fürsorglich. So ein Mist.«

»Das hört sich vertraut an.«

»Und dann doch ... ich weiß nicht, Mann. Kalt ist nicht das richtige Wort. Selbstzerstörerisch vielleicht.«

Konrad sah Ben überrascht an, als könnte er es nicht glauben: Selbstzerstörung war doch sein Fachgebiet.

»Das Leben ist kompliziert.«

Ben wollte mit solchen Banalitäten nichts zu tun haben, er trommelte mit ausgestreckten Fingern auf dem Tisch. Nicht sofort wurde ihm klar, dass das Giorgias Lieblingsstück war, das er für sie komponiert hatte, damals, vor vielen Jahren, als sie - für ihn - noch nicht verheiratet war. Konrad, in sich zusammengesunken, ließ die Schultern hängen und versuchte, es zu ignorieren, das Trommeln und Bens Worte und seine eigenen Gedanken.

»Wir waren ein paar Tage in Montreal, wir hatten zwei Auftritte im House of Jazz. Mann, haben wir gegroovt! Als wir am letzten Abend fertig waren, als das Publikum sie endlich losließ, es ist immer das Gleiche, man lässt sie nicht gehen, man will immer noch einen Song und dann noch einen hören, und schließlich noch einen letzten, und sie lässt es zu, oh Mann, sie singt und singt und will nicht aufhören, vor Jahren ist sie einmal auf der Bühne in Ohnmacht gefallen, konnte nicht aufhören zu singen. Das war eine Scheiße, das können Sie mir glauben.«

Konrad fühlte plötzlich, er musste dagegenhalten: »Wir waren achtzehn Jahre zusammen. Dann ging sie weg.«

»Die Band wollte bleiben, wenigstens übernachten, und alle wollten fliegen, unseren Bus sollten die zwei Techniker nach New York bringen, keiner hatte Lust auf den verdammten Schnee auf den Straßen, aber sie wollte gleich los. Sie müsse weg, meinte sie, sie musste weg, sie wollte auf die Autobahn. Sie hat einen Wagen gemietet, einfach so. Ich konnte sie doch nicht allein fahren lassen, Mann, und sie ließ mich nicht fahren, ich fahre, hat sie gesagt, und schon saß sie hinter dem Steuer, und ich hatte keine Wahl, verdammt, ich setzte mich zu ihr ins Auto, und sie fuhr los, Mann, mitten in der Nacht, Scheißschneewolken dicht über uns. Sie fuhr los, und ich ließ es zu, und jetzt liegt sie hier, verdammt.«

»Ich verstehe, warum Sie glauben, es wäre Ihre Schuld. Das verstehe ich.« In Konrads Kopf: Giorgias lebloser Körper im Krankenhausbett, irgendwo in einem Zimmer über ihnen. ­Alles in Konrads Kopf schien surreal. Oberhalb des Nabels sah er sein Herz pochen. Die Haut zitterte und bewegte sich rhythmisch, aber dann auch wieder nicht. Als befänden sich in seiner Magengrube zwei schlagende Herzen.

»Ich hätte besser aufpassen müssen, nicht einnicken, verdammt noch mal, ich bin eingenickt, so ein Scheiß, aber ich war auch so erschöpft, alles was davor, vor Montreal passiert ist, mit der Band, mit uns, mit Giorgia und mir, alles war so überwältigend, in jeder Hinsicht, ich bin eingenickt, glaube ich, sonst hätte ich nicht zugelassen, dass sie es tut, verflucht, ich hätte sie wachhalten sollen, wenigstens das.«

»Giorgia fuhr nur, wenn sie unbedingt musste. Giorgia war autoscheu. So hat sie es genannt, ihr Gefühl. Sie fuhr nicht gerne. Sie fuhr so gut wie nie.«

»Das weiß ich, Mann! Das wusste ich. Sie wollte immer fliegen, wenn es möglich war zu fliegen, ist sie geflogen, in all diesen Jahren, sie liebte es zu fliegen, sie meinte, sie ist dem Himmel so nahe, dem Mond, ohne Scheiß, sie kann ihn berühren; einmal fragte sie die Stewardess, ob man nicht das Fenster öffnen könnte, sie will die Wolken berühren, das hat sie gesagt und gelacht und ihren Gin getrunken, und die Stewardess lächelte unsicher, wusste nicht, was sie sagen sollte, ob es ein Witz war oder nicht, ob sie den Piloten informieren sollte, ob die Frau, die die Wolken streicheln wollte, gefährlich war oder nicht, womöglich eine Terroristin, man konnte nie sicher sein nach den Türmen, so ein Scheiß. Aber Giorgia hat gelacht, so wie sie immer lacht, Mann, wenn man sie nicht versteht, wenn sie begreift, dass man sie nicht verstanden hat, sie hat gelacht und gesagt, dass alles in Ordnung wäre und sie sich keine Sorgen machen müsste, die Stewardess, und sie hat die Augen geschlossen und an ihrem Gin genippt. Und dann hat sie ein wenig geweint und wollte mir nicht sagen, warum, und ich dachte, das wäre der Alkohol. Und die Müdigkeit. Verdammt.«

»Giorgia liebte den offenen Himmel über sich.«

»Und den Mond und die Sterne, und sie ist nicht tot, Mann. Hören Sie auf, von ihr in der Vergangenheit zu reden, verdammt noch mal.«

»Nein, natürlich nicht. Es ist nur, ich habe sie so lange nicht gesehen. Wir hatten so lange keinen Kontakt mehr. Es war ein wenig, als wäre sie ... Ja. Ein wenig schon.«

Konrad hatte die Grenze der Erschöpfung schon überschritten, und jetzt spielte nichts mehr eine Rolle, und nur wenig war noch wichtig. Ben hatte Schmerzen. Ben hatte Wunden, einige waren sichtbar, einige nicht. Zu reden war unmöglich, zu schweigen unvorstellbar.

»Ihr Kopf hing aus dem Seitenfenster, lehnte an dem verfluchten Baumstamm, der sich uns in den Weg gestellt hatte. Sie...

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NataSa Dragnic wurde 1965 in Split, Kroatien, geboren. Nach dem Germanistik und Romanistikstudium in Zagreb schloss sie eine Diplomatenausbildung ab. Seit 1994 lebt sie als freie Autorin in Erlangen und war viele Jahre als freiberufliche Fremdsprachen und Literaturdozentin tätig. Ihr Debu?troman "Jeden Tag, jede Stunde" (2011) war national wie international ein Bestseller; das Buch wurde in rund 30 Sprachen u?bersetzt. Zuletzt erschienen "Immer wieder das Meer" (2013), ebenfalls in mehreren Übersetzungen, und bei ars vivendi "Der Wind war es" (2016).