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Die Wege, die wir kreuzen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am03.01.20191. Auflage
Die Geschichte zweier Paare über drei Jahrzehnte und ein hochemotionaler Roman über Beziehungen für die Leser von 'Zwei an einem Tag' - Familiengeschichte und Generationenroman Zwei Paare, drei Jahrzehnte: Immer wieder kreuzen sich in diesem Roman von Katy Mahood die Lebenswege von John und Stella mit denen von Charlie und Beth in den Straßen Londons, wo der Puls der Welt schlägt. Obwohl sie es nicht wissen, sich nicht einmal kennen, werden diese Begegnungen nicht ohne Folgen bleiben. Während manche Pläne gelingen und andere scheitern, während die Liebe sich wandelt, schwindet oder um so stärker zurückkehrt, zieht das Leben seine Kreise um die vier und ihre Kinder. Und immer bleibt die Frage, wie wir wurden, wer wir sind - und wie selbst scheinbar unbedeutende zufällige Begegnungen unser Leben und unsere Beziehungen beeinflussen.

Katy Mahood wurde 1978 geboren und studierte in Edinburgh und Oxford. Sie arbeitete zunächst im Verlag und dann im Marketing. Außerdem hat sie Beiträge für verschiedene Publikationen über Architektur und Gesundheitspolitik geschrieben und ist Verfasserin eines Blogs mit Gedichten und Kurzprosa.Katy Mahood lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Bristol.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR6,99

Produkt

KlappentextDie Geschichte zweier Paare über drei Jahrzehnte und ein hochemotionaler Roman über Beziehungen für die Leser von 'Zwei an einem Tag' - Familiengeschichte und Generationenroman Zwei Paare, drei Jahrzehnte: Immer wieder kreuzen sich in diesem Roman von Katy Mahood die Lebenswege von John und Stella mit denen von Charlie und Beth in den Straßen Londons, wo der Puls der Welt schlägt. Obwohl sie es nicht wissen, sich nicht einmal kennen, werden diese Begegnungen nicht ohne Folgen bleiben. Während manche Pläne gelingen und andere scheitern, während die Liebe sich wandelt, schwindet oder um so stärker zurückkehrt, zieht das Leben seine Kreise um die vier und ihre Kinder. Und immer bleibt die Frage, wie wir wurden, wer wir sind - und wie selbst scheinbar unbedeutende zufällige Begegnungen unser Leben und unsere Beziehungen beeinflussen.

Katy Mahood wurde 1978 geboren und studierte in Edinburgh und Oxford. Sie arbeitete zunächst im Verlag und dann im Marketing. Außerdem hat sie Beiträge für verschiedene Publikationen über Architektur und Gesundheitspolitik geschrieben und ist Verfasserin eines Blogs mit Gedichten und Kurzprosa.Katy Mahood lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Bristol.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426450888
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum03.01.2019
Auflage1. Auflage
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2631 Kbytes
Artikel-Nr.3389287
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1.1

Charlie lauschte kurz dem ärgerlichen Schnarren des Wähltons, ehe er den Hörer auf die Gabel knallte. Er stand auf, schob sich die Haare aus den Augen, holte eine Krawatte aus dem Schrank und nahm ein braunes Kordsamtsakko vom Haken hinter der Tür. Vor dem Hineinschlüpfen überprüfte er die Ellbogen auf Löcher. An einer Manschette haftete verkrustetes Eigelb. Er kratzte mit den Fingernägeln daran, aber die sture Masse klebte fest am Stoff. Also zündete er sich stattdessen eine Zigarette an.

Das Problem mit der stets gleichen Geschichte ist, dass man sie ein Mal zu oft gehört hat: ein Drama, das immer auf dem Boden einer Wodkaflasche endet. Er hatte gewusst, dass sie es war, als das Telefon kurz nach sieben Uhr geklingelt hatte. Kein anderer Mensch hätte am Hochzeitstag seiner Schwester R-Gespräche mit einem Schwall aus gelallten Unflätigkeiten und Tränen vergeudet. Man konnte es Annie nicht vorwerfen, dass sie die Frau nicht eingeladen hatte. Wut und Suff hatten deren Worte fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt, und als er versuchte, sie zu beruhigen, hatte sie ihr Gift gegen ihn verspritzt: noch mehr Flüche, noch mehr zusammenhangloses Wehklagen, irgendetwas in der Richtung, dass er genau wie sein Vater sei. Sie hatte aufgelegt, bevor er die Chance hatte, ihr das Wort abzuschneiden. Sein Finger verharrte über der Telefongabel, während er dem Echo des Freizeichens in seinem Ohr lauschte.

Staub flirrte im morgendlichen Licht des Wohnzimmers, das in schrägen Streifen hereinfiel. Draußen bahnte sich surrend ein Milchauto seinen von Alukannen gesäumten Weg die Straße entlang, Leergut klirrte, und bald, so vermutete Charlie, würde auch die Post kommen. Seit Beth sich in Frankreich aufhielt, war es die Post, die seinen Wochen Struktur verlieh: Der Anblick eines handgeschriebenen Umschlags, einer ausländischen Briefmarke besaß die Macht, einen Tag in andere Bahnen zu lenken. Beth´ Briefe hielten ihn am Leben, wie es ein Anruf nie vermochte. In der Tinte schien ein Teil von ihr zu stecken, so, als wären die flinken Striche auf der Seite untrennbar mit ihren schlanken Fingern verbunden, die sie hervorgebracht hatten. Sogar der Umschlag vermochte seine Sehnsucht zu wecken, wenn er sich vorstellte, wie ihre Zunge über den gummierten Rand leckte.

Von oben waren das Knarren von Fußbodendielen und das Röcheln einer Leitung zu hören. Ringsum regten sich Menschen, die ohne Hast und Probleme in diesen Oktobersamstag starteten. Sie waren nicht vom Telefon und dem Kreischen seiner Mutter geweckt worden. Sie hatten Glück.

Einen Moment lang verlor Charlie sich in der Vorstellung, was Beth in ihrer Wohnung über den sandfarbenen Straßen von Montpellier jetzt wohl gerade machte. Er sah sie vor sich, schlafend, die leicht gebräunten Gliedmaßen angewinkelt und aneinandergelegt, sah das dunkle Haar, das über die Rundung ihrer Wange fiel, während ihre Lippen halblaut Worte formten. Er schloss die Augen und versuchte, das Bild festzuhalten. Zwischen Herz und Magen machte sich ein Hohlraum breit, so voller schmerzlicher Sehnsucht, dass er sich vorstellte, es könnte tatsächlich ein Stück Fleisch aus ihm herausgeschnitten worden sein.

Das erste Mal, als Charlie Beth gesehen hatte, saß sie am Kanal in Camden und ließ die Beine über die Brüstung baumeln. Die frühe Abendsonne verlieh ihr die Aura blühenden Lebens und überzog ihre glatte Haut mit dem Glanz reifer Pflaumen. Als sie sich das dunkle Haar aus dem Gesicht strich, waren ihm ihre Augen aufgefallen: grün, mit einem goldenen Kranz um die dunklen Pupillen - zwei Sonnenblumen, die auf dem Meer treiben. Bei einem Bier im Garten eines Pubs in Haverstock Hill bezeichnete sie sich selbst lachend als jüdische Prinzessin und erzählte ihm von ihrer Kindheit in Hampstead, von ihrer Schulzeit in der Haberdashers´ School for Girls und den Feiertagen und Ferien im Kreis einer Großfamilie, über hundert an der Zahl. »Auch wenn wir nie alle gleichzeitig zusammenkamen«, fügte sie hinzu. Exotische Namen und fremde Feste mit exotischen Speisen. Süßer, klebriger Honigkuchen. Beißend scharfer Meerrettich, abgemildert durch die wässrige Süße überzuckerter Äpfel. Auch ihr Körper war von seltenem Luxus, wie er entdecken sollte - die feste Schwere ihrer Brüste, der seidige Bogen ihres Rückens, der salzige Geschmack ihrer weichen Schenkel.

 

An diesem ersten Abend hatte er sie nach Hause begleitet.

»Wie galant von dir«, hatte sie trocken bemerkt, als sie vor der Tür ihrer Wohnung standen, ihr Gesicht halb verborgen im Schatten, mit einem leichten Schweißfilm auf der Stirn. Sie hatte ihm in die Augen geblickt und seine Hände um ihre Taille gelegt. Charlie hätte gern etwas gesagt, das ihm nicht das Gefühl gab, so zu klingen, als imitiere er das Drehbuch schlechter Filme oder einen zweitklassigen Roman. Doch wie konnte er den Hunger, im Widerstreit mit Angst, dieses unstillbare Verlangen nach ihr in Worte kleiden? Die einzigen Wörter, die ihm auf der Zunge lagen, klangen leer und verdorben, waren eine billige Kopie der Reinheit seiner Gefühle. In diesen Augen und in diesem Körper sah er seine Welt verwandelt durch eine Kraft, elementar wie Feuer. Nachdem sie ihre Lippen auf die seinen gepresst hatte, hatte er den Duft von Kokosöl und Zigarettenrauch eingeatmet und gespürt, wie seine Hände zitterten, als er ihr über den Rücken strich. Sie hatte gelächelt. Ihr Gesicht glich einer Statue in dem schwachen Licht, als sie die Tür geöffnet und ihn in ihr Schlafzimmer geführt hatte, wo Charlie für eine lange Zeit jegliches Denken vollends eingestellt hatte.

 

Ein Scheppern ertönte aus der Küche. Hastig zog Charlie seine Hand aus der Hose, die er soeben wieder gerichtet hatte. In der Tür erschien ein hagerer Mann im offenen Bademantel, unter dem er nackt war. Eine Wolke aus braunen Haaren umgab seinen Kopf.

»Tut mir leid, Kumpel, ich habe einen Becher zerdeppert.«

»Limpet! Was soll das ...? Scheiße, Mann! Mach den blöden Bademantel zu!«

Limpet verknotete seinen Gürtel, schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen und wartete, den mageren Arm ausgestreckt, bis Charlie ihm ein Feuerzeug in die Hand drückte.

»Danke, Chaz.«

»Keine Ursache.«

Wie Charlie hatte Limpet drei Jahre zuvor sein Studium an der Universität von Edinburgh beendet. Doch im Gegensatz zu Charlie, der in den Hinterzimmern einer Literaturagentur schwer arbeitend niedere Dienste versah, schlief Limpet morgens lang aus, jobbte abends in dem Pub weiter unten in der Straße und beschäftigte sich ansonsten die meiste Zeit mit seiner Gitarre.

Sie setzten sich und rauchten. Nach einer Weile rieb Limpet sich die Augen und sah Charlie an.

»Wozu der Anzug?«

Charlie kratzte an dem Eigelbfleck. »Heute heiratet Annie. Du kommst doch, oder?«

Limpet zog an seiner Zigarette. »Soll ich dich hinfahren?«, fragte er, ohne aufzublicken.

Als Limpet im vergangenen Monat mit dem Hillman Imp seiner Mutter aufgetaucht war, hatte Charlie sich gefragt, wie es der alte Wagen überhaupt die M1 heruntergeschafft hatte. Bei dem Rost an Türrahmen und Stoßstangen hatte es ihn sehr gewundert, dass unterwegs kein Teil abgefallen war. Aber das Auto schien unzerstörbar, und zu Charlies Überraschung entpuppte Limpet sich als geschickter Mechaniker, der am Motor herumbastelte, wenn er nicht gerade auf seiner Gitarre spielte. Trotzdem war Charlie überzeugt, dass ein Unfall mit diesem Wagen nicht lang auf sich warten lassen würde.

»Hm, danke, Kumpel, aber ich nehme die U-Bahn.«

Charlie mochte die Tube. Ihm gefiel die Vorstellung, dass ganz London durch Tunnel strömte: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er liebte den Abstieg hinunter in ihre Wärme und die Möglichkeit, kurze Zeit später in irgendeinem anderen Teil der Stadt wieder herauszukommen. Er hatte Jahre gebraucht, um die oberirdische Ausbreitung der Stadt mit Harry Becks ambitioniertem, aber missverständlichem U-Bahn-Plan in Übereinstimmung zu bringen, und wie jeder erfahrene Londoner war er stolz auf sein Insiderwissen um Abkürzungen und einfachste Umsteigemöglichkeiten. Er liebte den Geruch und den Pulsschlag dieser Welt im Untergrund, den warmen Windstoß, wenn ein Zug einfuhr, und das schwindelerregende Tempo, mit dem die Wagen nur Zentimeter entfernt an seinem Gesicht vorbeiratterten. Dort unter Tage stieß Charlie überall auf Hinweise auf die Vergangenheit der Stadt: in Marylebone, wo noch immer »Great Central«, der alte Name der Haltestelle, auf den Fliesen entlang der Bahnsteigwand stand; in Charing Cross, wo zerfetzte Plakate an die Nationalausstellung Festival of Britain vor mehr als einem Vierteljahrhundert erinnerten. Für Charlie glich der ständige Fluss aus U-Bahn-Zügen und Pendlern einer Kaskade aus Leben, Zeiten, Typen: die schmallippige edwardianische Lady, der Metrolander samt Melone, der entlassene Soldat, die auf den Bahnsteigen Schutz suchenden East-End-Familien, die Mods und Rockers, die untereinander Schlägereien anzetteln, die Punks, die sich mit jedem prügeln. In Charlies Augen war die Londoner Tube die Bewahrerin der geheimen Stadtgeschichte, niedergeschrieben in den Spuren derer, die in ihr entlanglaufen.

Das Klingeln des Telefons ließ die beiden zusammenfahren. Kopfschüttelnd nahm Limpet den Hörer ab und reichte...
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Autor

Katy Mahood wurde 1978 geboren und studierte in Edinburgh und Oxford. Sie arbeitete zunächst im Verlag und dann im Marketing. Außerdem hat sie Beiträge für verschiedene Publikationen über Architektur und Gesundheitspolitik geschrieben und ist Verfasserin eines Blogs mit Gedichten und Kurzprosa.Katy Mahood lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Bristol.