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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am10.12.2018
Du kannst dein Leben ändern, doch nicht die Vergangenheit
Die Zwillinge Robin und Sarah standen sich eigentlich nie sehr nah. Sie waren sich nicht einmal besonders ähnlich. Trotzdem liebten sie einander innig. Doch eine grausame Schicksalswendung zwang die Geschwister dazu, getrennte Wege zu gehen. Jetzt, mit Anfang 30, leidet Robin an Panikattacken und kann nicht einmal das Haus verlassen. Sarah hingegen führt das Leben ihrer Träume. Doch das alles droht zu zerbrechen, als sich Sarah dem denkbar schlimmsten aller Vorwürfe stellen muss. Um ihr Leben wiederzubekommen, muss sie tief in ihrer Vergangenheit graben. Und dafür braucht sie Robin dringender denn je.



Holly Seddon wuchs im Südwesten Englands auf und lebt mittlerweile mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Amsterdam. Sie arbeitete fünfzehn Jahre lang in verschiedenen Nachrichtenredaktionen. Als freie Journalistin schreibt sie für Magazine, Tageszeitungen und Onlinemedien.
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Produkt

KlappentextDu kannst dein Leben ändern, doch nicht die Vergangenheit
Die Zwillinge Robin und Sarah standen sich eigentlich nie sehr nah. Sie waren sich nicht einmal besonders ähnlich. Trotzdem liebten sie einander innig. Doch eine grausame Schicksalswendung zwang die Geschwister dazu, getrennte Wege zu gehen. Jetzt, mit Anfang 30, leidet Robin an Panikattacken und kann nicht einmal das Haus verlassen. Sarah hingegen führt das Leben ihrer Träume. Doch das alles droht zu zerbrechen, als sich Sarah dem denkbar schlimmsten aller Vorwürfe stellen muss. Um ihr Leben wiederzubekommen, muss sie tief in ihrer Vergangenheit graben. Und dafür braucht sie Robin dringender denn je.



Holly Seddon wuchs im Südwesten Englands auf und lebt mittlerweile mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Amsterdam. Sie arbeitete fünfzehn Jahre lang in verschiedenen Nachrichtenredaktionen. Als freie Journalistin schreibt sie für Magazine, Tageszeitungen und Onlinemedien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641216733
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum10.12.2018
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2955 Kbytes
Artikel-Nr.3399886
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Kapitel 2

1989

Robin

Robin schrammt mit den Spitzen ihrer Lackschuhe an der Mauer entlang. Bloß weil sie klein ist, heißt das noch lange nicht, dass sie herausgeputzt wie ein dämliches Püppchen herumlaufen muss. Sarah ist die, der adrettes Aussehen so wichtig ist. Sarah tanzt ständig vor dem Spiegel hin und her und bewundert wie Rapunzel ihr goldenes Haar. Ihren Eltern würde es natürlich gefallen, wenn Robin mehr wie Sarah wäre. Ein Gedanke, bei dem Robin ein säuerlicher Geschmack in den Mund steigt.

»Robin!«

»Ja?«

»Was soll denn das? Man spuckt doch nicht einfach so aus!«

Robin sieht mürrisch zu ihrer Mutter auf.

»Ich hatte so einen ekligen Geschmack im Mund«, sagt sie und fährt gedankenlos fort, mit ihren Schuhen die Mauer entlangzukratzen.

»Robin! Herrgott, was machst du da?«

Ups!

»Nichts.«

»Du ungezogenes Ding! Die Schuhe sind nagelneu.«

Die Mutter steht breitbeinig vor ihr, Hände in den Hüften. Im Gegenlicht der Sonne wirkt ihre Silhouette schärfer konturiert, als sie in Wahrheit ist. Eigentlich ist ihre Mutter eher weich.

»Sie glänzen so hässlich«, erklärt Robin, obwohl ihr schon klar ist, dass sie diese Diskussion nicht gewinnen kann.

Sarah hält sich dicht neben ihrer Mutter und trägt denselben Ausdruck besorgter Missbilligung zur Schau. Auch nach einem langen Tag in der Schule sitzen Sarahs Zöpfe noch perfekt. Das Sommerkleid mit den Vichy-Karos ist sauber, und unter keinem ihrer Fingernägel zeichnet sich diese unheilvolle schwarze Drecklinie ab.

Die dunklen Haare von Robin sind dagegen schon vor der ersten Pause aus dem Gummi geflutscht. Kein Haarband der Welt könnte diesen dichten Wust an Locken bändigen, der permanent seine Form zu ändern scheint. Ein paar Jahre später wird Robin ihn sich mit der Küchenschere in groben Büscheln abschneiden lassen, aber so weit ist es noch nicht.

Einstweilen werden Robin und Sarah noch in einen Topf geworfen, schließlich sind sie Zwillinge. Doch die Unterschiede könnten kaum größer sein: blond und brünett; groß und klein; immer korrekt und nie zu bändigen.

In der Anfangszeit hatte ihre Mutter Angela - genannt Angie - noch dieses ganze Zwillingszeug gemacht, also identische Mützen, Kleidchen und Schuhe gekauft. Doch fast vom ersten Tag an war Sarah so viel größer gewesen und hatte sich so viel älter benommen, dass die aufeinander abgestimmte Kleidung ihre Verschiedenheit bloß noch unterstrich. Bis heute zählen die Geschichten, wie wildfremde Leute unerschütterlich darauf beharrten, dass die Mädchen unmöglich Zwillinge sein können, zum festen Anekdotenschatz der Familie Marshall.

»Ich sollte es wissen«, versicherte Angie solchen Zweiflern stets mit gespieltem Seufzer. »Immerhin musste ich sie beide rauspressen.«

»Mein süßer Krümel«, so nennt sie ihr Vater Jack, wenn Robin neben ihm auf dem Sofa sitzt und die Füße baumeln lässt, die längst noch nicht den Boden erreichen. Oder wenn sie ihm sonntags in der Garage den ganzen Nachmittag lang unermüdlich Holzteile, Nägel oder Leim reicht, weil er wieder etwas repariert, das Angie viel lieber einfach ersetzen würde. »Ich bin doch keine wandelnde Bank, Ang«, erklärt er in diesen Fällen immer, worauf sie mit einem ihrer gekünstelten Seufzer bloß erwidert: »Wie wahr, wie wahr.«

Nach dem ersten Tag des neuen Schuljahres machen sich Robin und ihre Schwester auf den Heimweg. Die Köpfe baumeln kraftlos zur Seite, und in den Brotboxen klappern die Sandwichreste. Ihr Gespräch versiegt in Gähnen und Stöhnen. Nach sechs Wochen Spielen und Fernsehen ist der erste Tag zurück in der Schule immer schrecklich ermüdend. Für gewöhnlich holt ihre Mutter sie nicht mehr ab - schließlich sind sie inzwischen groß, werden nächsten Monat schon neun -, aber heute ist eine Erster-Schultag-Ausnahme. Robin ist bereits zweimal ermahnt worden und kann es kaum erwarten, morgen auf dem Heimweg endlich wieder nach Lust und Laune zu bummeln, auch wenn ihre Schwester dabei bestimmt wieder die Möchtegernerwachsene gibt. Schon erstaunlich, was sechzehn Minuten für einen Unterschied machen können. »Ich bin die Ältere«, betont Sarah ständig, woraufhin Robin die Augen verdreht und missmutig denkt: Wenn ich doch nur größer wäre, dann wäre alles anders.

Robin runzelt die Stirn. Vor ihnen steht halb auf dem Bürgersteig ein schwarz funkelnder BMW mit eingeschalteter Warnblinkanlage. Die Mütter mit kleineren Kindern murren unüberhörbar und tun sich betont schwer, ihre Buggys an dem Hindernis vorbeizumanövrieren. Die Fahrertür schwingt auf, und eine Frau in einem teuer aussehenden Mantel gleitet heraus. Das glänzende Haar wippt elastisch. »Es tut mir ja so leid«, flötet sie in Richtung der anderen Mütter. »Ich habe einfach keinen Parkplatz gefunden.«

Die anderen Frauen würdigen sie keines Blickes, doch die strahlend schwungvolle BMW-Mutter beginnt, ganz aufgeregt zu winken, weil sie jemanden entdeckt hat. Es ist der neue Junge in der Klasse von Sarah und Robin. Mit hüpfendem Rucksack rennt er auf sie zu. Seine Haare müssen gegelt sein, denn sie bewegen sich kein bisschen. Er klettert auf den Beifahrersitz, und der Wagen rollt vorsichtig vom Bürgersteig, bevor er fast lautlos davonrauscht. Robin ist unbeeindruckt.

Sarah

Wir haben einen neuen Jungen in unserer Klasse. Er sieht so gut aus wie Jordan Knight von New Kids on the Block und ist so still wie eine Maus. Er hat blonde Haare, dunkle Augen und Wangenknochen wie die Fotomodelle im Athena-Postershop. Unsere neue Lehrerin, eine elegante alte Lady mit langem Silberhaar, die Mrs. Howard heißt und die laut Robin bestimmt eine Hexe ist, ließ ihn nach vorne kommen und sich vorstellen. Prompt liefen seine Ohren rot an, und als er den Mund öffnete, kam kein einziger Ton heraus. Schließlich verzog Mrs. Howard kurz den Mund und sagte: »Das ist Callum Granger. Er ist neu auf unserer Schule. Ich hoffe, ihr nehmt ihn freundlich in eurer Mitte auf.«

Ich schrieb »Callum« in mein Übungsheft und malte ein Herz drumherum, damit ich seinen Namen besser behielt. Als ob ich den je vergessen würde.

In der Mittagspause sah ich ihn allein auf der Freundschaftsbank sitzen. Er hielt die Knie eng zusammengepresst, aß einen Apfel und las The Ghost of Thomas Kempe. Die anderen Jungs spielten mit einem Tennisball, den sie wild herumkickten, und sobald sie in die Nähe von Callum kamen, zog der einfach nur seine Beine aus dem Weg und las weiter.

»Hi«, sagte ich und lächelte ihn auf meine allerfreundlichste Art an. »Ich bin Sarah.«

»Hi«, sagte er. »Ich bin Callum.« Einen Moment lang rechnete ich schon damit, dass er mir zur Begrüßung die Hand reichen würde.

»Weißt du, dass das die Freundschaftsbank ist?«, fragte ich.

Seine Ohren liefen wieder rot an, und er sagte, das hätte er nicht gewusst.

»Darauf setzt man sich, wenn man sich allein fühlt und mit jemandem spielen möchte«, erklärte ich. Ich liebe es, anderen die Vorschriften und Gewohnheiten an unserer Schule zu erklären. Ich bin schon hier, seit ich vier bin, und kenne sie alle.

Ich bot Callum an, ihm die Schule zu zeigen. Er sah auf sein Buch, klemmte ein Lesezeichen zwischen die Seiten und klappte es zusammen. Dann kam er mit, und ich zeigte ihm den Sportplatz, wo unsere Spiele ausgetragen werden, das undichte Schwimmbad, das nicht mehr benutzt wird, den Hausmeisterschuppen, in dem es spukt, und - um ihn zum Lachen zu bringen - die Außentoiletten der Mädchen. Da wurde er wieder ganz rot.

Er erzählte, dass er hier in unseren Ort, Birch End, gezogen ist, weil sein Dad eine neue Stelle angenommen hat. Sein Dad muss in der Colafabrik in Reading irgendwas Wichtiges sein. Aber Freigetränke kann Callum nicht besorgen, weil sein Dad es nämlich nicht mag, wenn man ihn um Sachen bittet. Er scheint überhaupt alles sehr genau zu nehmen.

Jetzt ist die Schule aus, und schon hat Mum mit Robin schimpfen müssen. Erst schrappte sie mit ihren neuen Schuhen an der Mauer entlang, und ich hab sie extra nicht verraten, aber dann fing sie plötzlich völlig grundlos an herumzuspucken, und da hat Mum mit ihr geschimpft. Keine Ahnung, warum sie immer solche Sachen macht, denn erwischt wird sie jedes Mal. Manchmal habe ich fast das Gefühl, sie will Ärger bekommen. Ich weiß allerdings nicht, wie jemand sich wünschen kann, Ärger zu bekommen. Alles ist doch so viel angenehmer, wenn man sich anständig benimmt. Ich bemühe mich jedenfalls immer darum, alles richtig zu machen.

Dad nennt mich seine süße Streberin. Mum sagt, ich bin ihr Goldschatz.

Mum tut gern so, als hätte sie endgültig die Nase voll von Dad. Und er albert gerne herum und gibt Mum Namen wie »Mein Hausdrachen« oder macht Witze über keifende Frauen. Aber ich glaube trotzdem, dass sie einander noch immer sehr lieb haben. Wenn wir gemeinsam Stars in their Eyes oder Roseanne gucken, kuscheln sie sich auf dem Sofa aneinander, und die blonden Haare von Mum fallen über seine Brust, während seine Hand locker auf ihrem Bein liegt. Wenn wir im Auto sitzen, reden sie ununterbrochen miteinander, als hätten sie sich seit Wochen nicht gesehen, und Robin und ich versuchen schon gar nicht mehr, sie zu unterbrechen, um Nachschub an Opal Fruits oder anderen Süßigkeiten zu erbetteln. Wir spielen »Ich sehe was, was du nicht siehst« oder »Gelbes Auto«, wo diejenige, die zuerst ein gelbes Auto sieht, laut »Gelbes Auto!« ruft und der anderen auf den Arm boxen darf. Das Spiel endet zwar immer in Tränen,...

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Holly Seddon wuchs im Südwesten Englands auf und lebt mittlerweile mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Amsterdam. Sie arbeitete fünfzehn Jahre lang in verschiedenen Nachrichtenredaktionen. Als freie Journalistin schreibt sie für Magazine, Tageszeitungen und Onlinemedien.