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Das andere Haus

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am20.08.2018
Als Caroline und Francis ein Angebot zum Haustausch erhalten, zögern sie nicht lange. Voller Vorfreude beziehen sie ihr Urlaubs-Domizil in der Nähe von London. Doch dort stößt Caroline auf Details, die sie zutiefst verstören: ein ganz spezieller Blumenstrauß, die eingelegte CD, ein vergessenes Rasierwasser; scheinbar harmlose Gegenstände, die in Wahrheit aber mit dem dunkelsten Kapitel ihres Lebens verbunden sind - und mit einem Menschen, den sie für immer vergessen wollte. Ist es möglich, dass er sie in eine Falle gelockt hat? Und wer ist nun in ihrer eigenen Wohnung? Es beginnt ein psychologisches Verwirrspiel, das sie und alle, die sie liebt, ins Verderben zu reißen droht ...

Rebecca Fleet lebt in London und arbeitet in der Marketingbranche. »Die Stiefmutter« ist ihr zweiter Roman.
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Produkt

KlappentextAls Caroline und Francis ein Angebot zum Haustausch erhalten, zögern sie nicht lange. Voller Vorfreude beziehen sie ihr Urlaubs-Domizil in der Nähe von London. Doch dort stößt Caroline auf Details, die sie zutiefst verstören: ein ganz spezieller Blumenstrauß, die eingelegte CD, ein vergessenes Rasierwasser; scheinbar harmlose Gegenstände, die in Wahrheit aber mit dem dunkelsten Kapitel ihres Lebens verbunden sind - und mit einem Menschen, den sie für immer vergessen wollte. Ist es möglich, dass er sie in eine Falle gelockt hat? Und wer ist nun in ihrer eigenen Wohnung? Es beginnt ein psychologisches Verwirrspiel, das sie und alle, die sie liebt, ins Verderben zu reißen droht ...

Rebecca Fleet lebt in London und arbeitet in der Marketingbranche. »Die Stiefmutter« ist ihr zweiter Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641225636
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum20.08.2018
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2206 Kbytes
Artikel-Nr.3399938
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Unterwegs

Caroline, Mai 2015

Als wir in die Straße einbiegen, ist mein erster Gedanke, dass in dieser Gegend alle Häuser gleich aussehen. Adrette getünchte Kästen mit fast quadratischen kleinen Fenstern und flach abfallenden Dächern. Und vor beinahe jedem Haus stehen Blumenkästen - ordentlich aufgereiht auf den unteren Fensterbänken und einheitlich mit weißen und violetten Stiefmütterchen bepflanzt, als würden sie einer Art Kleiderordnung unterliegen. Etwa dreißig dieser Häuser dürften hier stehen, alle schön vom gleichen Fließband gelaufen.

»Willkommen in der Vorstadt«, sagt Francis und blinzelt hinter dem Lenkrad in die untergehende Sonne, die auf die Windschutzscheibe knallt. »Hoffentlich bist du jetzt zufrieden.« Sein Ton ist gewollt grummelig und selbstironisch.

»So schlimm ist es doch nicht.« Die Antwort kommt automatisch, bevor ich überlegen kann, ob ich es auch so meine. In letzter Zeit führen wir immer wieder Gespräche im Schnelldurchlauf. Als Schlagabtausch, als Hin und Her. Gegeneinander, aber nicht bedrohlich, wie zwei Kinder, die sich auf dem Spielplatz harmlos zanken. Francis wirft mir einen schiefen Blick zu und verzieht das Gesicht.

Ich starre aus dem Fenster, während wir die schmale Straße entlangschleichen, und betrachte wieder die Häuserreihe. Als ich genauer hinsehe, entdecke ich die leisen individuellen Noten, die manche Eigentümer gesetzt haben. Hier ein auffällig gestrichenes Garagentor, da ein elegantes goldenes Schild mit der Hausnummer. Eines der Häuser, Nummer 14, ist etwas weniger schick als die anderen - die Wände sind leicht angeschmutzt, das Gras höher und mehr von Unkraut durchsetzt.

»Die blamieren die ganze Straße«, sage ich und zeige aus dem Fenster. »Bald steigt ihnen die Nachbarschaftswache aufs Dach.« Francis lächelt matt, ohne richtig zuzuhören.

»Einundzwanzig, richtig?«, fragt er, während er schon in die Auffahrt einbiegt. Ich mustere das Haus und suche nach Eigenheiten, aber es gibt keine. Der Rasen ist akkurat gemäht, und die kleinen, gerafften Gardinen an den Fenstern sind weiß und makellos. Im Haus brennt keine Lampe, und einen Moment lang sehe ich im hellen Scheinwerferlicht, wie sich unser Auto in den Erdgeschossfenstern spiegelt, mit uns Seite an Seite als dunkle Schatten. Ohne rechten Grund überläuft mich bei dem Anblick ein unbehaglicher Schauer - ein vager, irrationaler Impuls, der so schnell verfliegt, wie er gekommen ist.

»Sieht nicht schlecht aus.« Ich winde mich aus dem Sicherheitsgurt und stoße die Autotür auf. Draußen ist es kälter, als ich gedacht habe, der Wind fährt mir kribbelig über den Nacken. Francis steigt auf der Fahrerseite aus und zeigt demonstrativ, dass seine Beine schmerzen. Die Fahrt von Leeds hierher hat gute vier Stunden gedauert - was keine schlechte Zeit ist, aber lang genug für dieses eingerostete, lethargische Gefühl, wenn man Ewigkeiten eingeengt war und sich nicht bewegen konnte. Früher hätten wir uns beim Fahren abgewechselt, aber kurz, nachdem ich aufgehört habe, es anzubieten, hat er aufgehört zu fragen.

»Ja, so weit. Ein paar Stunden mehr, und wir hätten in Paris sein können.« Francis lächelt mich wehmütig an. »Romantische Spaziergänge auf den Champs-Élysées. Eine schöne Tasse Café au Lait und ein Croissant wären jetzt genau das Richtige.«

»Ich weiß«, gebe ich zu, »aber ich fand das einfach zu kompliziert und ein bisschen weit zu fahren, mit Eddie zu Hause und allem. Nimm es als Probelauf, um zu sehen, wie es funktioniert. Vielleicht nächstes Jahr.«

Das ist ein altes Thema. Von Anfang an hat Francis für diese Woche deutlich ambitioniertere Reisepläne geschmiedet als ich. Aber als ich zögerlich die Sache mit dem Haustausch vorgeschlagen habe, kam seine Begeisterung trotzdem wie aus heiterem Himmel, in Sekundenschnelle hat er von Apathie zu fieberhafter Energie umgeschaltet. Er war so dankbar, weil er dachte, ich hätte die Initiative ergriffen, dass ich ihm gar nicht die Wahrheit sagen wollte: Ich hatte mich vor Monaten aus einer trägen Laune heraus auf der Haustauschseite angemeldet und nicht mehr daran gedacht. Die Benachrichtigung hatte ich nur zufällig gesehen, als ich meinen Spamordner auf der Suche nach einer falsch einsortierten Mail von einer Freundin durchforstet hatte. Jemand möchte mit dir tauschen! Ein verlockender Köder, der mich sofort am Haken hatte. Ich klickte den Link an, und da war sie: eine höfliche, neutrale Nachricht von jemandem, der mit S. Kennedy unterschrieben hatte und an unserer Wohnung in der Innenstadt von Leeds interessiert war. Im Gegenzug bot er sein Haus in Chiswick an, falls wir einen passenden Zeitraum finden sollten.

Ich hatte die Fotos von der Everdene Avenue, Hausnummer 21, durchgescrollt - unaufdringliche Inneneinrichtung, kühle, blasse Wände, gepflegter Rasen vor dem Haus -, aber ehrlich gesagt hatte ich sie kaum wahrgenommen. Ich konnte nur daran denken, dass sich hier eine Gelegenheit zu einem äußerst günstigen Tapetenwechsel bot, zu einer Woche Urlaub nur für uns zwei, wenn meine Mutter Eddie nehmen könnte. So nahe an London, dass wir bei Tagesausflügen die Sehenswürdigkeiten abklappern konnten, aber weit genug draußen, um uns eine Pause vom Stadtleben zu gönnen. Vor Monaten hatten wir mit dem Gedanken gespielt, in Spanien Urlaub zu machen, und ihn wieder fallen lassen. Zu teuer und zu umständlich, zumindest hatten wir das beide gesagt. Vielleicht hatte auch Francis sich insgeheim von der Aussicht auf ein exotisch heißes Hotelzimmer und Abende auf der Terrasse bei Mimosenduft und Kerzenschein einschüchtern lassen.

Francis sucht unter den Blumentöpfen neben dem Haus nach dem Schlüssel und findet ihn. »Mach dich auf was gefasst«, sagt er und fuchtelt mit dem Schlüssel herum. »Gleich finden wir in der Küche einen Haufen verwesender Leichen.«

Ich verdrehe die Augen und ignoriere dabei den kräftigen Schauder, der mir plötzlich über den Rücken läuft. So albern sein Spruch auch ist, werde ich doch das Gefühl nicht los, dass es sehr seltsam ist, im Haus eines Fremden zu wohnen. Mir fällt eine Sendung ein, die ich vor ein paar Monaten gesehen habe: Ein durchgedrehter Hellseher lief durch ein Haus, in dem es angeblich spukte, und faselte etwas von früheren Tragödien, die ins Gemäuer gedrungen waren. Ich habe mich über ihn lustig gemacht, aber nachts habe ich geträumt, ich würde durch stille Zimmer und kühle, dunkle Flure laufen und ihre verpestete, schwere Luft atmen.

Nachdem Francis die Tür aufgeschlossen und geöffnet hat, bleiben wir stumm auf der Schwelle stehen. »Tja«, sagt er schließlich, »wir hätten uns keine Sorgen machen müssen. Die Polizei war schon da und hat das Haus leer geräumt.«

Ich lächle matt, lasse aber nur unsere Umgebung auf mich wirken. Ein so unbewohntes Haus habe ich noch nie gesehen. An den Wänden hängt nichts, nicht einmal ein Spiegel. Helle Kieferndielen, glatte, nackte Türen zu den angrenzenden, fast unmöblierten Zimmern. Ein Wohnzimmer mit einem schwarzen Ledersofa, klotzig und schnörkellos, und einem mager bestückten Bücherregal. Am Ende des Flurs sehe ich einen Teil der Küche - ein blanker Kieferntisch steht vor einem glänzenden Ofen, der aussieht, als wäre er gerade erst eingebaut worden.

»Ist das ... normal?«, fragt Francis. Er geht zögerlich durch den Flur und späht in ein Zimmer nach dem anderen, bevor er mir die Treppe nach oben folgt. »Ich meine, es ist nicht besonders ...«

»Gemütlich«, beende ich den Satz, als wir das Schlafzimmer erreichen. Es könnte ein Ausstellungsstück in einer modernen Kunstsammlung sein. Das Doppelbett mit einem dunkelbraunen Oberbett und zwei Kissen ist ordentlich gemacht, daneben steht ein Nachtschränkchen, in der Ecke ragt ein Kleiderschrank auf, aber persönliche Dinge findet man hier ebenso wenig wie in den anderen Zimmern.

Auf einem der Kissen liegt ein weißes Blatt Papier, präzise in der Mitte geknickt. Ich falte es auseinander; die Worte sind mit dem Computer geschrieben, in einer kleinen, zentrierten Schrift. Liebe Caroline, steht da, ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt. Infos in der Mappe in der Küche. Greifen Sie bei allem, was Sie sehen, ruhig zu. S.

Ich lese den Zettel Francis vor, der vor Lachen nach Luft schnappt, bevor ich fertig bin. »Was denn?«, frage ich gereizt. »Was ist daran so witzig?«

Francis braucht einen Moment, um sich zu sammeln. »Wo soll ich da anfangen?«, fragt er. »Dass sie nur dich anspricht und mich komplett ignoriert. Die Vorstellung, wie du bei irgendwas zugreifst, obwohl hier ein Dreck ist, soweit ich das sehen kann. Dass der Zettel auf dem Bett gelegen hat wie ein Liebesbrief und ich noch nie das Vergnügen hatte, etwas so Unromantisches aus zweiter Hand zu hören. Die ganze Sache ist ...«

»Schon gut. Ja?« Ich knülle den Zettel zusammen, werfe ihn nach Francis und muss dabei selbst lachen. »Es war doch bestimmt nett gemeint. Und das Haus ist vielleicht ein bisschen einfach, aber wir müssen nicht die ganze Zeit hierbleiben, oder? Wir können nach London fahren, abends essen gehen. Deshalb sind wir doch hier.«

Francis zuckt mit den Schultern. »Stimmt. Na ja, unter anderem.«

Ich schaue ihn quer durchs Zimmer hinweg an, und plötzlich verändert sich die Stimmung, sie kippt, unser Lachen wird von der Entfernung zwischen uns aufgesogen. Die Stille hält zu lange an, um den Moment zurückzuholen, und ich lasse zu, dass sie sich weiter dehnt. An die Schlafzimmerwand gelehnt blicke ich zum Dachfenster, das die Sonne in spröder Helligkeit...

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