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Calypso

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am27.08.2018
#1-Bestseller der New York Times
Den betörend geheimnisvollen Namen Calypso teilen sich unter anderem eine griechische Meeresnymphe, ein afrikanisch-karibischer Tanzrhythmus und ein Saturnmond. Fragt man David Sedaris, ist Calypso ein besonders bescheuerter Name für eine Katze. Aber auch ein betörend geheimnisvoller Titel für die lang erwartete neue Geschichtensammlung eines der erfolgreichsten Humoristen unserer Zeit, der es wie kein anderer versteht, zarte Schönheit im Hässlichen zu entdecken und die banale Komik des schönen Scheins zu entlarven.
Die autobiografischen Geschichten in Calypso kreisen um das solare Zentrum der Familie. In den Ferien und an Feiertagen kommt der Sedaris-Clan zusammen, im elterlichen Strandhaus, später in David Sedaris' eigener Zuflucht mit Meerblick, und flickt am generationsübergreifenden Quilt aus gescheiterten Beziehungen, tragischen Toden, späten Einsichten - und hartnäckiger Liebe zu den Freunden, die man sich nicht aussuchen kann.

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt in England. Er schreibt u. a. für den New Yorker und BBC Radio 4. Mit seinen Büchern Naked, Fuselfieber, Ich ein Tag sprechen hübsch und Schöner wird's nicht wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschienen im Blessing Verlag Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln (2011), Sprechen wir über Eulen - und Diabetes (2013), Calypso (2018) und Bitte lächeln! (2023) sowie seine vielbeachteten Tagebücher Wer's findet, dem gehört's (2017) und Kleine Happen (2023).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

Klappentext#1-Bestseller der New York Times
Den betörend geheimnisvollen Namen Calypso teilen sich unter anderem eine griechische Meeresnymphe, ein afrikanisch-karibischer Tanzrhythmus und ein Saturnmond. Fragt man David Sedaris, ist Calypso ein besonders bescheuerter Name für eine Katze. Aber auch ein betörend geheimnisvoller Titel für die lang erwartete neue Geschichtensammlung eines der erfolgreichsten Humoristen unserer Zeit, der es wie kein anderer versteht, zarte Schönheit im Hässlichen zu entdecken und die banale Komik des schönen Scheins zu entlarven.
Die autobiografischen Geschichten in Calypso kreisen um das solare Zentrum der Familie. In den Ferien und an Feiertagen kommt der Sedaris-Clan zusammen, im elterlichen Strandhaus, später in David Sedaris' eigener Zuflucht mit Meerblick, und flickt am generationsübergreifenden Quilt aus gescheiterten Beziehungen, tragischen Toden, späten Einsichten - und hartnäckiger Liebe zu den Freunden, die man sich nicht aussuchen kann.

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt in England. Er schreibt u. a. für den New Yorker und BBC Radio 4. Mit seinen Büchern Naked, Fuselfieber, Ich ein Tag sprechen hübsch und Schöner wird's nicht wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschienen im Blessing Verlag Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln (2011), Sprechen wir über Eulen - und Diabetes (2013), Calypso (2018) und Bitte lächeln! (2023) sowie seine vielbeachteten Tagebücher Wer's findet, dem gehört's (2017) und Kleine Happen (2023).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641234058
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum27.08.2018
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1874 Kbytes
Artikel-Nr.3400213
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


IN BESTER GESELLSCHAFT

Obwohl eine ganze Branche einem das Gegenteil erzählt, bietet das mittlere Lebensalter nur wenige echte Freuden. Der einzige Lichtblick, der mir einfällt, ist, dass man mit etwas Glück ein Gästezimmer hinzugewinnt. Manche kommen automatisch in den Genuss, wenn ihre Kinder das Haus verlassen, andere, so wie ich, kaufen sich irgendwann ein größeres Haus. »Folgt mir«, sage ich jetzt und führe unsere Gäste zu einem Raum, der nicht auf die Schnelle für sie hergerichtet wurde. Er dient nicht gleichzeitig als Arbeitszimmer oder Webkammer, sondern hat nur einen einzigen Zweck. Ich habe das Zimmer mit einem Bett statt mit einer Ausklappcouch ausgestattet, und an der Wand befindet sich, genau wie im Hotel, ein Gepäckständer. Das Beste ist aber das eigene Bad.

»Wenn ihr lieber duscht statt badet, kann ich euch oben im zweiten Gästezimmer unterbringen«, sage ich. »Da gibt es auch einen Gepäckständer.« Ich höre die Worte, als kämen sie aus dem Mund einer Sprechpuppe, und erbebe mit der Zufriedenheit eines Mannes in den besten Jahren. Ja doch, mein Haar ist grau und ausgedünnt. Ja doch, das Ventil in meinem Penis ist undicht, und nach dem Pinkeln gehen immer ein paar Tropfen in die Hose. Aber ich habe zwei Gästezimmer.

Wenn man in Europa lebt, lockt man damit Gäste an, jede Menge Gäste. Die Leute zahlen ein Vermögen für ihren Flug aus den USA. Bei ihrer Ankunft sind sie pleite und erschöpft und würden vermutlich auch in unserem Auto schlafen, wenn wir sie darum bäten. In der Normandie hatten wir ein Haus auf dem Land und quartierten unsere Gäste auf dem Dachboden ein, der gleichzeitig Hughs Studio war und nach Ölfarben und verwesenden Mäusen roch. Er hatte einen rustikalen Spitzgiebel, aber keine Heizung, sodass es entweder zu kalt oder zu heiß war. Das Haus hatte nur ein Bad, eingezwängt zwischen Küche und unserem Schlafzimmer. Gäste mussten also auf die Privatsphäre verzichten, die man gelegentlich auf der Toilette braucht, sodass ich Hugh zweimal am Tag mit vor die Tür nahm und laut rief, als sei dies ganz normal: »Wir vertreten uns genau zwanzig Minuten lang die Beine. Braucht jemand irgendetwas vom Straßenrand?«

Ein anderes Problem in der Normandie war, dass unsere Gäste bloß im Haus herumsitzen konnten. In unserem Dorf gab es kein einziges Geschäft, und der Fußweg ins nächste Dorf war wenig angenehm. Was nicht heißen soll, dass unsere Besucher sich nicht amüsierten - man musste nur der richtige Typ dafür sein, ein Frischluftfanatiker mit genügend eigenem Antrieb. In West Sussex, wo wir zurzeit wohnen, ist es mit dem Besuch etwas leichter. Im Umkreis von fünfzehn Kilometern gibt es eine idyllische Kleinstadt mit einem Schloss und eine genauso malerische Stadt mit siebenunddreißig Antiquitätenläden. In den kalksteingesprenkelten Hügeln kann man wandern und Rad fahren. Mit dem Wagen sind es fünfzehn Minuten zum Strand, und der nächste Pub ist bequem zu Fuß zu erreichen.

Unsere Gäste reisen gewöhnlich von London mit dem Zug an, und bevor wir sie am Bahnhof abholen, erinnere ich Hugh daran, dass wir für die Dauer ihres Aufenthalts das perfekte Paar abgeben werden. Wenn ich am Küchentisch sitze und er hinter mir steht, muss er eine Hand auf meine Schulter legen, genau an der Stelle, wo ein Papagei säße, wenn ich statt des idealen Partners ein Pirat wäre. Wenn ich eine Geschichte erzähle, die er schon so oft gehört hat, dass er sie stumm mitsprechen könnte, muss er so tun, als höre er sie zum ersten Mal, und er muss mindestens so viel, wenn nicht gar noch mehr Begeisterung zeigen wie unsere Gäste. Für mich gilt das auch, und ich muss Entzücken heucheln, wenn er etwas kocht, das ich nicht ausstehen kann, zum Beispiel Fisch mit lauter winzigen Gräten. Vor einigen Jahren habe ich es in der Normandie einmal gründlich vermasselt, als seine Freundin Sue über Nacht blieb und er etwas auftischte, das aussah wie eine Haarbürste. Und zwar derart vermasselt, dass ich hinterher ernsthaft überlegte, sie umbringen zu lassen. »Sie weiß zu viel«, sagte ich zu Hugh. »Diese Frau stellt eine Gefahr dar, und wir müssen sie aus dem Weg schaffen.«

Seine Freundin Jane hat auch ein paar unschöne Dinge gesehen, und obwohl ich sie und Sue mag und beide seit zwanzig Jahren kenne, fallen sie doch unter die Kategorie von Hughs Gästen. Das bedeutet, dass ich zwar meine Rolle spiele, aber nicht für ihre Unterhaltung zuständig bin. Natürlich biete ich hin und wieder einen Drink an. Ich erscheine zu den Mahlzeiten, aber ansonsten kann ich kommen und gehen, wie es mir gerade passt, und auch schon mal mitten im Satz aufstehen. Mein Vater hat das sein Leben lang gemacht. Man redet mit ihm, und er verschwindet einfach, nicht, weil er wütend wäre, sondern weil das Gespräch für ihn beendet ist. Ich war etwa sechs, als mir das zum ersten Mal auffiel. Man sollte meinen, es hätte mich gekränkt, aber stattdessen sah ich nur auf seinen entschwindenden Rücken und dachte: Und damit kommt man durch? Einfach so? Yippie!

Letztes Jahr zu Weihnachten waren drei meiner Schwestern zu Besuch, wobei Gretchen und Amy die beiden Gästezimmer bekamen. Also überließen wir Lisa unser Schlafzimmer und zogen nach nebenan in den umgebauten Stall, in dem ich mein Arbeitszimmer habe. Eine Sache, die Hugh während ihres Aufenthalts auffiel, war, dass mit Ausnahme von Amy und mir niemand in meiner Familie je gute Nacht sagt. Die Leute gehen einfach aus dem Zimmer - manchmal mitten beim Essen - und tauchen erst am nächsten Morgen wieder auf. Meine Schwestern waren meine Gäste, aber weil sie zu dritt waren und sich miteinander unterhalten konnten, musste ich mich nicht die ganze Zeit um sie kümmern. Nicht, dass ich mich nicht mit ihnen abgegeben hätte. In unterschiedlichsten Konstellationen gingen wir wandern oder fuhren mit dem Rad herum. Aber ansonsten saßen sie im Wohnzimmer und plauderten oder versammelten sich in der Küche, um Hugh beim Kochen zuzusehen. Ich gesellte mich eine Weile dazu und sagte dann, ich hätte zu tun. Was nichts anderes bedeutete, als nach nebenan in den Stall zu gehen, den Computer anzuschalten und einem spontanen Einfall folgend zu googeln, was Russell Crowe denn gerade so machte.

Einer der Gründe, warum ich die drei eingeladen und ihnen sogar die Flugtickets bezahlt hatte, war das Gefühl, es könnte das letzte Mal sein. Bis auf meinen Bruder Paul, der keinen Pass hat, aber schwört, ein Elektriker auf dem Bau habe ihm versichert, man könne einen am Flughafen kaufen, sind wir inzwischen alle über fünfzig. Von schlimmeren Krankheiten sind wir bislang verschont geblieben, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis uns das Glück verlässt und einer von uns Krebs bekommt. Und dann wird es einen nach dem anderen treffen, wie Figuren in der Schießbude.

Ich hatte die Tage bis zu ihrer Ankunft gezählt, warum war ich also nicht nebenan und saß mit Hugh in unserer Küche aus dem sechzehnten Jahrhundert mit dem Steinboden und dem knisternden Kaminfeuer? Vielleicht machte ich mir Sorgen, meine Familie würde mir auf die Nerven gehen, wenn ich mich zwischendurch nicht entfernte, oder noch wahrscheinlicher, ich würde ihnen auf die Nerven gehen, und unsere gemeinsame Woche würde nicht so harmonisch verlaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Also verzog ich mich in mein Arbeitszimmer und schlug irgendwie die Zeit tot. Dann ging ich zurück ins Haus und hörte Dinge, bei denen ich wünschte, nie fortgegangen zu sein. Es war so, als würde man eine Stunde zu spät ins Kino kommen und sich fragen: Wie ist das Känguru nur an den Nunchaku gekommen?

Eine der Geschichten, deren Anfang ich verpasste hatte, drehte sich um Tabletten, die meine Schwester Gretchen seit eineinhalb Jahren nahm. Sie sagte nicht, warum der Arzt sie ihr verschrieben hatte, sondern nur, dass sie deswegen nachts schlafwandelte und im Schlaf aß. Ich selbst hatte es letztes Jahr an Thanksgiving, das wir in einem Haus auf Hawaii verbracht hatten, miterlebt. Wir hatten um sieben zu Abend gegessen, und gegen Mitternacht, etwa eine Stunde nachdem sie schlafen gegangen war, kam Gretchen aus ihrem Zimmer. Hugh und ich sahen von unseren Büchern auf und beobachteten, wie sie in die Küche ging. Dort nahm sie den Truthahn aus dem Kühlschrank und fing an, Fleischstücke mit den Fingern abzuzupfen. »Warum holst du dir keinen Teller?«, fragte ich, worauf sie mich ansah, nicht verächtlich, sondern ausdruckslos, als habe sie nur den Wind vor der Tür gehört. Dann streckte sie ihre Hand in das Tier und holte etwas von der Füllung heraus. Wählerisch pickte sie daran herum, bis sie beschloss, sie hätte genug, und in ihr Zimmer zurückging, ohne sich um die Schweinerei in der Küche zu kümmern.

»Was war das heute Nacht?«, fragte ich sie am nächsten Morgen.

Gretchens Gesicht stellte sich auf schlechte Nachrichten ein. »Was war was heute Nacht?«

Ich erzählte ihr, was passiert war, und sie sagte: »Verdammt. Ich habe mich schon gefragt, woher die braunen Flecken auf meinem Kopfkissen kommen.«

Nach der zur Hälfte verpassten Geschichte zu urteilen war Thanksgiving noch eine vergleichsweise harmlose Nacht für Gretchen gewesen. Einige Wochen nach der Episode mit dem Truthahn war sie in North Carolina morgens in die Küche gekommen und hatte auf der Anrichte ein offenes Marmeladenglas mit lauter Krümeln darin entdeckt. Zuerst hatte sie gedacht, es handele sich um Kekskrümel. Doch dann hatte sie den umgekippten Karton gesehen und bemerkt, dass sie einen der Futterriegel gegessen hatte, die sie normalerweise zerbröselt und an ihre Zierschildkröten verfüttert. Die Riegel sind etwa zehn Zentimeter lang und bestehen aus toten Fliegen, die wie...

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Autor

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt in England. Er schreibt u. a. für den New Yorker und BBC Radio 4. Mit seinen Büchern Naked, Fuselfieber, Ich ein Tag sprechen hübsch und Schöner wird's nicht wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschienen im Blessing Verlag Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln (2011), Sprechen wir über Eulen - und Diabetes (2013), Calypso (2018) und Bitte lächeln! (2023) sowie seine vielbeachteten Tagebücher Wer's findet, dem gehört's (2017) und Kleine Happen (2023).