Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
364 Seiten
Deutsch
Kohlhammer Verlagerschienen am20.03.20141. Auflage
Die Zahl älterer Menschen mit einer geistigen Behinderung steigt stark an. Behindertenhilfe, Palliative Care und Hospizarbeit sind mit neuen Anforderungen konfrontiert, die bislang nicht umfassend aufgegriffen wurden. Dieses praxisorientierte Fachbuch gibt aus interprofessioneller Perspektive Anregungen für die Weiterentwicklung einer Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Im Fokus stehen dabei die medizinisch-pflegerische Betreuung, die psychosoziale und seelsorgerliche Begleitung und der Umgang mit schwerer Krankheit, Sterben, Tod und Trauer.

Ramona Bruhn ist Diplom Rehabilitations-Pädagogin. Sie leitet einen ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst und ist stellvertretende Gesamtleitung des Malteser Hospiz-Zentrums Hamburg. Benjamin Straßer ist Diplom-Sozialpädagoge (FH). Er arbeitet als Fachreferent für Hospizarbeit und Geschäftsführer des Ethikrates beim Caritasverband der Erzdiözese München und Freising.
mehr
Verfügbare Formate
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR52,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR52,99

Produkt

KlappentextDie Zahl älterer Menschen mit einer geistigen Behinderung steigt stark an. Behindertenhilfe, Palliative Care und Hospizarbeit sind mit neuen Anforderungen konfrontiert, die bislang nicht umfassend aufgegriffen wurden. Dieses praxisorientierte Fachbuch gibt aus interprofessioneller Perspektive Anregungen für die Weiterentwicklung einer Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Im Fokus stehen dabei die medizinisch-pflegerische Betreuung, die psychosoziale und seelsorgerliche Begleitung und der Umgang mit schwerer Krankheit, Sterben, Tod und Trauer.

Ramona Bruhn ist Diplom Rehabilitations-Pädagogin. Sie leitet einen ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst und ist stellvertretende Gesamtleitung des Malteser Hospiz-Zentrums Hamburg. Benjamin Straßer ist Diplom-Sozialpädagoge (FH). Er arbeitet als Fachreferent für Hospizarbeit und Geschäftsführer des Ethikrates beim Caritasverband der Erzdiözese München und Freising.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783170259027
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum20.03.2014
Auflage1. Auflage
Seiten364 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3254 Kbytes
Illustrationen5 Abbildungen, 18 Tabellen
Artikel-Nr.3413565
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1          Die Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung am Lebensende
1.1       Behinderung - Dimensionen der Stigmatisierung, Pädagogik und Historie
Ramona Bruhn

Menschen mit besonderen Hilfebedarfen, wie einer schweren körperlichen und geistigen Behinderung, altern und sterben zunehmend in Einrichtungen der ambulanten und stationären Behindertenhilfe (Jancar 1990 in Tuffrey-Wijne 2003, S. 55; Rapp und Strubel 1992; Wegleitner 2003, S. 22; Bleeksma 2009, S. 26; Kofoet und Dingerkus 2008, S. 7; Haveman und Stöppler 2010, S. 11). Dort wohnen und leben sie, verbringen ihre Freizeit, erhalten Unterstützung und Förderung für ein, soweit wie möglich, selbstbestimmtes Leben.

Zum Jahresende 2009 lebten in Deutschland 7.101.682 »schwerbehinderte Menschen« (Statistisches Bundesamt 2012, S. 8), davon 276.832 Menschen mit einer sogenannten »Störung der geistigen Entwicklung« (ebd.). Doch was meint eigentlich die Beschreibung bzw. der Begriff der Behinderung bzw. der geistigen Behinderung?

Bereits 1990 hieß es dazu im Grundsatzprogramm der Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V.: »Jeder Mensch ist einzigartig und unverwechselbar. Daher ist es normal, verschieden zu sein: Jeder hat seine eigenen Vorlieben und Abneigungen, Stärken und Schwächen. Niemand ist ausschließlich behindert oder nichtbehindert, wie auch niemand nur krank oder völlig gesund ist. So gesehen kann die Beschreibung »geistig behindert« nie dem eigentlichen Wesen eines Menschen gerecht werden« (Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V. 1990, S. 10).

Diese Perspektive ist mit den Jahren ergänzt, verändert und erweitert worden (vgl. Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V. 2011). Dennoch verdeutlichte das Zitat schon im Jahr 1990 sehr klar, dass der Behinderungsbegriff keine absolute Personenbeschreibung sein kann. Vielmehr bedarf es einer genauen Beobachtung der individuellen Ressourcen, Bedürfnisse und Unterstützungsmöglichkeiten jedes Einzelnen.

In der Betrachtung des Begriffes Behinderung zeigt sich eine Vielfalt an unterschiedlichen Positionen, Definitionen und kritischen Auseinandersetzungen durch verschiedene Fachbereiche und Institutionen (Behindertenpädagogik, Sozialgesetzbuch, Weltgesundheitsorganisation u. a.). Dabei ist zu erkennen, dass keine einheitliche Beschreibung des (geistig) behindert definierten Personenkreises (Greving und Gröschke 2000; Dederich und Jantzen 2009) besteht. Dennoch scheint der Begriff allgemein gängig, obgleich bei näherer Betrachtung deutlich wird, »dass es Behinderung nicht per se gibt« (Dederich 2009, S. 15), sondern eher als »Etikett« betrachtet werden muss (vgl. Theunissen 2005, S. 48), das Menschen mit einer sogenannten Behinderung auferlegt wird. »Vielmehr markiert der Begriff eine von Kriterien abhängige Differenz und somit eine an verschiedene Kontexte gebundene Kategorie, die eine Relation anzeigt« (Dederich 2009, S. 15), und wirft die Frage auf, ob Behinderung ein empirisch erfassbares Faktum (Dederich 2001, S. 9), ein Phänomen (vgl. Lindmeier 1993) oder gar ein Phantom ist (vgl. Greving und Gröschke 2000). Theunissen sieht den Begriff der geistigen Behinderung als ein soziales »Zuschreibungskriterium« (Theunissen 2005, S. 12), so wie es Klein bereits 1994 dargestellt hat: »Ein Mensch, der erwarteten Normen nicht entspricht, wird durch eine bequeme Eliminierungspraxis in seinem Entfaltungs-, Handlungs- und Bewegungsspielraum eingeengt und ins gesellschaftliche Ghetto gedrängt« (zit. nach Theunissen 2005, S. 12). Demnach wäre es eindeutiger, nicht » [â¦] von geistig behinderten Menschen zu sprechen, sondern von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen, die als geistig behindert bezeichnet (etikettiert) werden« (ebd.).

Die verschiedenen Positionen zeigen, dass der Begriff der Behinderung einerseits »Segregation, Aussonderung, Besonderung und Isolation« (Theunissen 2005, S. 12) fördert, andererseits scheint er in unserer Gesellschaft zur Feststellung des Hilfebedarfs und der Bereitstellung von Hilfen und Unterstützung notwendig zu sein. So beschreibt § 1 des SGB IX: »Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung getragen« (SGB IX § 1 Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft).

Allgemein ist der Behinderungsbegriff eine Bezeichnung für »Einschränkungen des Wahnehmungs-, Denk-, Sprach-, Lern- und Verhaltensvermögens« (Pschyrembel 1998, S. 182). Dabei kann folglich zwischen verschiedenen Behinderungsformen unterschieden werden: körperliche, geistige, Sprach- und Lernbehinderung, psychische oder seelische sowie weitere Sinnesbehinderungen (Schwerhörigkeit, Gehörlosigkeit, Sehbehinderung, Blindheit, Taubblindheit). Die jeweilige Behinderung kann erworben oder angeboren sein.

Gesetzlich verankert ist der Begriff der »Behinderung« in Deutschland im Sozialgesetzbuch IX. Dort wird er wie folgt definiert: » (1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist. (2) Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben« (SGB IX, § 2 Behinderung, Absatz 1 und 2).

In der von der Weltgesundheitsorganisation formulierten »Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit« (ICF) wird dazu wie folgt Stellung genommen: »Der Behinderungsbegriff der ICF ist der Oberbegriff zu jeder Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Menschen. Er ist damit umfassender als der Behinderungsbegriff des SGB IX. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte im Sozialbereich in Deutschland nur der Behinderungsbegriff des SGB IX verwendet werden« (ICF 2005, S. 4 f.).

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) differenzierte den Begriff 1980 in »Impairment« (Schädigung), »Disability« (Funktionsbeeinträchtigung) und »Handicap« (Benachteiligung, Behinderung). 2001 veränderte sie ihre vorherige defizitäre Klassifikation in eine ressourcenorientierte Sichtweise (WHO 1980; ebd. 2001). Dazu ersetzte sie die benannten Begriffe durch »Functioning« (Körperfunktionen), »Activity« (Aktivität) und »Participation« (Partizipation/Teilhabe). 2002 wurde die erste deutsche Übersetzung mit dem Titel »Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit« veröffentlicht (vgl. ICF 2005). Daraus entnommen ist der nachfolgende Vergleich der zwei WHO-Versionen (ICIDH, ICF; Tab. 1.1).

Tab. 1.1: Unterschiede zwischen ICIDH und ICF (WHO/DIMDI 2005, S. 5)

Es wird deutlich, dass in der ICF versucht wird, sich der Komplexität des Behinderungsbegriffes anhand des bio-psycho-sozialen Modells der Komponenten von Gesundheit anzunähern. Gleichwohl werden soziale Umweltfaktoren mit einbezogen. Wegleitner formuliert dazu zusammenfassend: »Dieses [Modell] versucht eine Synthese zwischen dem medizinischen und sozialen Konzept von Behinderung zu erreichen, die eine kohärente Sicht der verschiedenen Perspektiven von Gesundheit auf biologischer, individueller und sozialer Ebene ermöglicht. Behinderung ist demnach neben der Zuschreibung spezifischer physischer und intellektueller Defizite vor allem als ein sozialer Prozess zu verstehen« (Wegleitner 2003, S. 22 f.). Trotzdem ermöglich auch dieser Erklärungsansatz keine kritiklose Begriffsdefinition, doch kann er »gegenwärtig in der Behindertenpädagogik einen Minimalkonsens darstellen« (Dederich 2009, S. 16).
1.1.1     Geistige Behinderung: Nach der Weltgesundheitsorganisation

Nach der Weltgesundheitsorganisation lässt sich eine geistige Behinderung als Intelligenzstörung verstehen und wird wie folgt definiert: »Ein Zustand von verzögerter oder unvollständiger Entwicklung der geistigen Fähigkeiten; besonders beeinträchtigt sind...
mehr

Autor

Ramona Bruhn ist Diplom Rehabilitations-Pädagogin. Sie leitet einen ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst und ist stellvertretende Gesamtleitung des Malteser Hospiz-Zentrums Hamburg.Benjamin Straßer ist Diplom-Sozialpädagoge (FH). Er arbeitet als Fachreferent für Hospizarbeit und Geschäftsführer des Ethikrates beim Caritasverband der Erzdiözese München und Freising.
Weitere Artikel von
Bruhn, Ramona
Hrsg.