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Ein Haus in Bali

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Unionsverlagerschienen am10.10.20151. Auflage
Als Colin McPhee die Insel betrat, verfiel er ihr und wurde im Laufe der Jahre mit ihr und ihren Menschen auf einzigartige Weise vertraut. Er wurde zum größten Kenner balinesischer Musik und Kultur. Er erzählt vom Abenteuer, in Bali ein Haus bauen zu wollen. Dabei entsteht ein Bild von den Menschen und den Geistern, von Traditionen und Tanz, Spiritualität, Essen und Riten und natürlich der Musik. Dieser legendär gewordene Bericht ist nicht nur eine humorvolle, packende Lektüre. Bis heute ist es die wohl tiefgründigste Einführung in Balis Geheimnisse geblieben.

Colin McPhee (1900-1964) studierte Komposition und Klavier in Toronto, Baltimore und Paris, u.a. bei Edgard Varèse. Ende der 1920er Jahre war er in der New Yorker Musikszene aktiv. 1931 heiratete er die Anthropologin Jane Belo, eine Schülerin von Margaret Mead. Sie lebten von 1932 bis 1938 in Bali und Java. Nach der Scheidung von Belo und der Rückkehr in die USA lebte er wiederum in New York, bis er 1960 eine Professur für Musikwissenschaften an der University of California antrat.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextAls Colin McPhee die Insel betrat, verfiel er ihr und wurde im Laufe der Jahre mit ihr und ihren Menschen auf einzigartige Weise vertraut. Er wurde zum größten Kenner balinesischer Musik und Kultur. Er erzählt vom Abenteuer, in Bali ein Haus bauen zu wollen. Dabei entsteht ein Bild von den Menschen und den Geistern, von Traditionen und Tanz, Spiritualität, Essen und Riten und natürlich der Musik. Dieser legendär gewordene Bericht ist nicht nur eine humorvolle, packende Lektüre. Bis heute ist es die wohl tiefgründigste Einführung in Balis Geheimnisse geblieben.

Colin McPhee (1900-1964) studierte Komposition und Klavier in Toronto, Baltimore und Paris, u.a. bei Edgard Varèse. Ende der 1920er Jahre war er in der New Yorker Musikszene aktiv. 1931 heiratete er die Anthropologin Jane Belo, eine Schülerin von Margaret Mead. Sie lebten von 1932 bis 1938 in Bali und Java. Nach der Scheidung von Belo und der Rückkehr in die USA lebte er wiederum in New York, bis er 1960 eine Professur für Musikwissenschaften an der University of California antrat.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783293309029
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum10.10.2015
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6586 Kbytes
Artikel-Nr.3421000
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Der Hafen


Das Schiff war am späten Nachmittag von Surabaya nach Bali ausgelaufen.

Der Boy stolperte mit meinem Gepäck die Treppe hinunter zu den rund um den Salon angeordneten Kajüten und trug es zur Luxuskabine, die direkt über der Schiffsschraube lag. Ich öffnete die Tür und entdeckte einen stämmigen chinesischen Händler, der sich in der unteren Koje schon häuslich eingerichtet hatte. Er hatte das Oberteil seines weißen Seidenpyjamas abgestreift und lag da, entspannt wie ein ruhender Buddha, und rauchte seelenruhig eine Opiumpfeife. Auf der oberen Koje war sein beachtliches Gepäck ordentlich ausgebreitet, zu dem auch ein Vogelkäfig mit einem rastlosen Star gehörte. Das Bullauge war zugeklemmt, damit kein Lufthauch in dieses gemütliche Paradies eindringen konnte. Ich brachte es nicht übers Herz, ihn zu stören, und als der Boy mein Gepäck abgestellt hatte, schloss ich die Tür und ging die Treppe hinauf.

Ich verbrachte die Nacht auf Deck, beugte mich über die Reling und spähte in der Dunkelheit nach einem schwachen Lichtschimmer, der Land anzeigte. Unter der sanften Bewegung des Schiffes kräuselte sich das Wasser zu Schaumkronen, die sich mit einem leisen Zischen wieder auflösten. Die Maschinen wimmerten im Schlafe, vibrierten von Zeit zu Zeit im Schiffsinneren, sodass die kleinen Kaffeetassen, die der Deckboy auf den Tischen zurückgelassen hatte, auf ihren Untertellerchen klingelten.

Selbst wenn ich die Kabine für mich alleine gehabt hätte, wäre an Schlaf nicht zu denken gewesen, denn die Aufregung in meinem Innern hielt mich hellwach. Ich war den ganzen weiten Weg hergekommen auf der Suche nach einer Musik - um die Gamelans zu hören, die seltsam und lieblich klingenden Gongorchester, die anscheinend immer noch an den Fürstenhöfen von Java und in den Dörfern und Tempeln Balis musizierten. Als ich in die Nacht hinausschaute, konnte ich es kaum glauben, dass dieses musikalische Abenteuer jetzt beginnen sollte.

Ich war ein junger Komponist, unlängst von einem Studienaufenthalt in Paris nach New York zurückgekehrt. Die vergangenen zwei Jahre waren mit Komponieren und dem Auffinden von Aufführungsmöglichkeiten ausgefüllt gewesen. Ganz zufällig hatte ich die wenigen Grammofonaufnahmen gehört, die mein Leben vollkommen verändern sollten und mich auf der Suche nach etwas Undefinierbarem - Musik oder Lebenserfahrung, das wusste ich noch nicht genau - nun hierherführten. Die Aufnahmen stammten aus Bali. Die klaren metallischen Töne der Musik waren wie das Schwingen von tausend Glocken, zart, wirr, von sinnlichem Reiz, überwältigend und geheimnisvoll. Ich bat darum, die Schallplatten ein paar Tage behalten zu dürfen, und als ich sie wieder und wieder abspielte, verzauberte mich der Klang immer mehr. Wer waren diese Musiker, fragte ich mich. Wie war diese Musik zustande gekommen? Vor allem aber, wie konnte diese Musik bis zum heutigen Tag überleben?

Ich gab die Aufnahmen zurück, aber ich konnte sie nicht vergessen. Zu jener Zeit wusste ich wenig über östliche Musik. Ich glaubte immer noch, dass sich ein Künstler auf seine eigene unmittelbare Umgebung ausrichten müsse. Aber die Wirkung der Musik war tiefer als vermutet, denn als ich in den frühen Büchern von Crawfurd und Raffles die märchenhaften Erzählungen von diesen altehrwürdigen zeremoniellen Orchestern las, fing meine Fantasie Feuer, und eines Tages entschied ich mich, die Reise nach Osten anzutreten, um sie mit eigenen Augen zu sehen.

Ich lehnte mich an die Schiffsbrüstung und dachte über all das nach, während das phosphoreszierende Kielwasser im Dunkeln verschwand. Ich konnte mich an das veränderte Aussehen des Himmels nicht gewöhnen, eben noch flache Sterngebilde nahmen plötzliche neue Dimensionen an und enthüllten Ebenen, die sich weit in den Weltraum ausdehnten. Plötzlich hellte sich die Nacht auf, und überraschend nah zeichneten sich die Umrisse von Bergen am Horizont ab.

Bei Sonnenaufgang warfen die ins Tal hinablaufenden Bergkämme Schatten, an den Ausläufern der Gebirge glitzerten die Palmen im taufeuchten Morgenlicht. Aber am späteren Morgen verflachten sich die Berge wieder zu Kegeln, und eine Stunde später, als wir anlegten, strahlte die Sonne Licht und Hitze in alle Richtungen aus.

Die kleine Hafenstadt von Buleleng zog sich als weißes Band entlang des Meeres. Zu beiden Seiten der Hauptstraße befanden sich im Schatten ausladender Baumriesen die Läden, halb versteckt im Innern eines langen Säulengangs. Japaner verkauften hier Thermosflaschen, Taschenlampen und Puppen aus Kunststoff, Händler aus Bombay boten Batik- und Manchesterstoffe feil. Die chinesischen Läden waren vollgestopft mit Waren aus aller Welt, Eisenwaren, Porzellan, Schinken, Lackfarben, geräucherter Ente, Seidenstoffen und Feuerwerk. Araber, Chinesen und Balinesen in farbenfroh geblümten Batiktüchern schlenderten unter den Arkaden. Friedlich saßen sie in winzigen Restaurants, rauchten, tranken synthetischen Birnensaft in verlockendem Rosarot, das in Mexiko, Harlem, Neapel, Hongkong und Batavia typisch ist für Süßigkeiten. Die Stadt verströmte wie alle Städte des Ostens den feinen sinnlichen Duft von Muskatnuss und Kräuterzigaretten, Kokosöl, Gardenien und Trockenfisch. Von irgendwoher ertönte eine liebliche kristallklare Musik, ein Gong setzte ein, begleitet von einer glockenhellen leisen Melodie, verstummte, setzte wieder ein.

Ein Wagen wartete, um mich über die Berge an die Südküste zu bringen, aber ich hatte es nicht eilig abzureisen. Ich wandte mich von der Hauptstraße ab und stieg durch ein Labyrinth von Gassen hinab. Aus winzigen, auf einer Seite offenen Buden ergossen sich die Waren auf die Straße. Kopra- und Kaffeehändler drängten sich neben Fotografen und Zahnärzten. Letztere waren Japaner, deren Wirkungsstätten nichts vor den Passanten verheimlichten. Inmitten jeder Praxis thronte ein Plüschsessel auf wackligem Aufbau; die Wände waren bedeckt mit furchterregenden Schaubildern, und hinter Glaskästen prangten perlenfarbige Backenzähne und goldene Gebisse.

Die Musik hatte aufgehört, doch plötzlich erklang sie erneut, lauter und sehr nahe. Am Ende der Straße stand ein kleiner chinesischer Tempel, die Musik drang aus dem Inneren durch die geöffnete Tür. Jetzt aus der Nähe nahm ich wahr, dass sie gewiss nicht einstimmig, sondern stark und eindeutig aus vielen verschiedenen Arten von Tönen zusammengesetzt war. Es rasselte, schellte und echote, untermalt von stetigem Trommeln, das einmal wild anschwoll und sich im nächsten Moment in ein kaum hörbares Klopfen verwandelte.

Im Innern des Tempels war es kühl und dunkel. Auf dem Altar brannte Weihrauch. Den Wänden entlang reihten sich leere Spieltische, daneben auf dem Boden schliefen traumversunken ein paar Chinesen. Auf den Matten, die neben dem Eingang ausgebreitet waren, saßen in einem Durcheinander von Gongs und Instrumenten mit großen Metallplatten balinesische Musiker in einer Reihe. Im Schatten waren die riesigen, hinter dem Orchester aufgehängten Gongs fast nicht zu erkennen, aber durch die Tür spiegelte sich das Licht auf den kleinen, waagrecht vorne aufgereihten Gongs. Mit gemessenen aufeinander abgestimmten Bewegungen klopften die Männer mit Hämmerchen und Schlägeln auf die Gongs und Klanglatten. Die Männer neben den großen Gongs im Hintergrund benutzten Schlägel mit dick gepolsterten Köpfen. Nur selten und in langen Abständen schienen sie zum Leben zu erwachen, hoben ihre Hände, um unendlich behutsam auf den neben ihnen hängenden Gong zu schlagen.

Die Melodie entfaltete sich wie ein uralter Gesang, ernst und metallisch, umwoben von endlos kontrapunktierenden Tönen der kleinen Gongs im Vordergrund. Von Zeit zu Zeit erhob sich über den Trommeln der weiche widerhallende Ton eines großen Gongs, tief und durchdringend schien er den Tempel mit einem feinen Echo zu erfüllen.

Die Musik endete, und die Männer legten ihre Schlägel beiseite. Sie starrten mich an, doch ihr Blick war nicht unfreundlich. Ein junger Chinese kam zu mir und sprach ein paar höfliche Worte in Englisch. Ich begann, ihn auszufragen. Offenbar waren die Spieler für die Tempelzeremonien engagiert worden, da es in Buleleng keine chinesischen Musiker gab. Der Titel des soeben gespielten Stücks? Er beriet sich mit dem Trommler. »Das Honigmeer«.

Die Männer ergriffen wieder die Schlägel, um das lebhaftere »Schnappende Krokodil« anzustimmen. Völlig bezaubert stand ich da. Es war noch unglaublicher, als ich es mir vorgestellt hatte. Aber diesmal fingen die Musiker am Ende des Stückes nicht wieder an zu spielen. Einige erhoben sich und gingen hinaus. Ich wartete eine Weile und hoffte, sie würden zurückkommen. Doch dann sah ich auf meine Uhr und merkte, dass es Zeit war aufzubrechen, wenn ich Denpasar an der Südküste der Insel noch vor Sonnenuntergang erreichen wollte. Widerstrebend kehrte ich zurück durch die engen Gassen in die Richtung, aus der ich gekommen war.

Der Fahrer streifte seine Sandalen ab, umklammerte die Kupplung mit den Zehen und startete den Wagen. Schon bevor wir die Stadt verließen, stieg die Straße langsam an, wir passierten gepflegte Kolonialbungalows, das Haus des Statthalters mit weißen Säulenreihen und gusseisernen Verzierungen im Barockstil, weiter oben erstreckten sich die Reisfelder auf immer schmäleren Terrassen, je steiler die Straße anstieg. Unter uns dehnte sich die weite Fläche des Meeres in einem Blau, das durch eine scharfe dunkle Linie vom Himmel abgetrennt war. Das...



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Autor

Colin McPhee (1900-1964) studierte Komposition und Klavier in Toronto, Baltimore und Paris, u.a. bei Edgard Varèse. Ende der 1920er Jahre war er in der New Yorker Musikszene aktiv. 1931 heiratete er die Anthropologin Jane Belo, eine Schülerin von Margaret Mead. Sie lebten von 1932 bis 1938 in Bali und Java. Nach der Scheidung von Belo und der Rückkehr in die USA lebte er wiederum in New York, bis er 1960 eine Professur für Musikwissenschaften an der University of California antrat.

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