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Radscha

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Unionsverlagerschienen am20.12.20151. Auflage
Indien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: eine Zeit mächtiger Fürsten und großer Kriegsherren, Schauplatz dramatischer Kämpfe und ein Land für Abenteurer aus aller Herren Länder. Als der irische Bauernsohn George Thomas - eine historische Figur - 1781 an Bord eines englischen Kriegsschiffs nach Madras gelangt, erliegt er sofort der geheimnisvollen Faszination dieses farbenprächtigen und betörenden Ortes. Verführt von der Schönheit des Landes und dessen Versprechen von Reichtum und Ruhm, beschließt George zu desertieren. Denn einst prophezeite ihm eine geheimnisvolle Frau in seiner Heimat unermesslichen Reichtum. Doch dann lernt er die gefährliche Seite der Macht kennen ...

Gisbert Haefs, geboren 1950 in Wachtendonk am Niederrhein, studierte Anglistik und Hispanistik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Als Übersetzer und Herausgeber veröffentlichte er unter anderem Werke von Ambrose Bierce, Rudyard Kipling, Jorge Luis Borges, Sir Arthur Conan Doyle, Georges Brassens und Bob Dylan. Er ist Autor von Funkfeatures, Hörspielen, Kriminalromanen und historischen Romanen, unter anderem von den Erfolgsromanen Alexander und Hannibal. Gisbert Haefs lebt und schreibt in Bonn.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextIndien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: eine Zeit mächtiger Fürsten und großer Kriegsherren, Schauplatz dramatischer Kämpfe und ein Land für Abenteurer aus aller Herren Länder. Als der irische Bauernsohn George Thomas - eine historische Figur - 1781 an Bord eines englischen Kriegsschiffs nach Madras gelangt, erliegt er sofort der geheimnisvollen Faszination dieses farbenprächtigen und betörenden Ortes. Verführt von der Schönheit des Landes und dessen Versprechen von Reichtum und Ruhm, beschließt George zu desertieren. Denn einst prophezeite ihm eine geheimnisvolle Frau in seiner Heimat unermesslichen Reichtum. Doch dann lernt er die gefährliche Seite der Macht kennen ...

Gisbert Haefs, geboren 1950 in Wachtendonk am Niederrhein, studierte Anglistik und Hispanistik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Als Übersetzer und Herausgeber veröffentlichte er unter anderem Werke von Ambrose Bierce, Rudyard Kipling, Jorge Luis Borges, Sir Arthur Conan Doyle, Georges Brassens und Bob Dylan. Er ist Autor von Funkfeatures, Hörspielen, Kriminalromanen und historischen Romanen, unter anderem von den Erfolgsromanen Alexander und Hannibal. Gisbert Haefs lebt und schreibt in Bonn.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783293308374
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum20.12.2015
Auflage1. Auflage
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3005 Kbytes
Artikel-Nr.3421209
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

Von Tipperary nach Madras



Besser drei Tage Mann sein als ewig Geist,

besser Tiger hetzen als Hühner hüten.

Lieber Kobras walken als Würmer kneten,

lieber Stahl für Stunden als jahrelang Leder,

lieber einmal Einer als immer Jeder.

Nicht gebissen - der sein, der beißt.

Lieber einmal schlüpfen als lange brüten.

Nicht zertrampelt werden, nein, selber treten.

So viel besser das Schwert als die Feder.

Nawaz Shah


Er war noch nicht fünfundzwanzig, hatte nach Indien gewollt und in Bristol keine Versuche unternommen, den Presskommandos der Flotte zu entgehen. Zuletzt jedenfalls, als die Schiffe, die auf der Reede lagen, nach zuverlässigen Gerüchten nicht Nordamerika anlaufen, sondern Frachter der Ostindien-Kompanie geleiten sollten. Amerika, wo aufmüpfige Kolonisten Tee in ein Hafenbecken geschüttet und einen eigenen Staat ausgerufen hatten, mochte andere locken, aber nicht ihn. George Thomas wollte nicht für einen wahnsinnigen König kämpfen, sondern reich werden, selber König sein: ein Radscha.

Radscha: Dieses Wort war für ihn ähnlich magisch wie der sagenhafte Pagoda-Baum, der in Indien wuchs und an dem ein kluger und starker Mann nur rütteln musste, wenn er die pagoda genannten Goldmünzen haben wollte. Klug musste der Mann sein, um den richtigen Baum zu finden und von Geisterbäumen zu unterscheiden, die ähnlich aussahen, aber Schlangen regnen ließen; stark musste er sein, um kräftig genug rütteln und andere Rüttler niederhalten zu können. Glück brauchte er auch, um nicht vom goldenen Regen erschlagen zu werden.

Aber das Risiko wollte er gern eingehen; gäbe es denn einen köstlicheren Tod als diesen? In den Armen einer schönen fremden Frau liegend, unter Palmen, gekühlt vom Fächer, den ein Elefant mit dem Rüssel schwenkt, als ruhmreicher Krieger und König von Goldmünzen erschlagen zu werden? Den Tod gewissermaßen als endlosen Feiertag zu verbringen? Blut, Schweiß, Schnaps, Ruhm und Reichtum zuvor, statt elender Plackerei?

Er wusste, dass indische Fürsten viel Geld für europäische Offiziere ausgaben. Geld und die Möglichkeit, es mit dem Schwert oder mit Kanonen zu mehren. Seeleute und Händler hatten es ihm erzählt, schon im Hafen von Youghal, wenn einmal schlechte Winde einen von Gold und Gewürzen stinkenden East Indiaman an die irische Südküste verschlugen. Aber ein einfacher Ire konnte nicht Offizier werden, nicht in England. Soldat, ja, und dann vielleicht, mit der Zeit, Sergeant; und die Sultane und Radschas und Mirs brauchten europäische Sergeanten. Aber die Ostindien-Kompanie konnte in diesen Jahren kaum Soldaten anwerben, da die Krone Männer brauchte, um die Kolonisten in Amerika zu bekämpfen und die Franzosen, die ihnen halfen.

Der beste Weg zu Ruhm und Reichtum schied also aus, und wenn der einzige andere Weg bei den Presskommandos der Flotte begann, bitte sehr. So angenehm war die Arbeit als Stauer nicht, und viel schlimmer konnte es an Bord der Kriegsschiffe auch nicht sein.

Hatte er gedacht. Aber er war Ire, also Dreck, sobald sie auf See waren; und bei den zahlreichen Übungen, bei denen jene, die irgendetwas konnten, aus der Masse der Dumpfen herausgesucht wurden, hatte er ein paar Tage zu einer Geschützbesatzung gehört, seine Liebe zu Kanonen und sein Talent für sie entdeckt, bis jemand sich daran erinnerte, dass seit den Tagen von Guy Fawkes Katholiken nicht in die Nähe von Schießpulver kommen durften.

Was auch immer dort drüben, an Land, in der wilden Fremdheit warten mochte, konnte kaum schlimmer sein als die Zeit an Bord, und ohne jeden Zweifel wäre es aufregender. Natürlich hatten sie in den Mannschaftspferchen darüber geredet - wenn nicht gerade einer der Unteroffiziere an den Hängematten entlangstrich und »Bein zeigen« brüllte, um Frauen zu begrapschen und Männer mit einem Tauende zur Arbeit zu treiben. Alle wollten desertieren, vielleicht würden zwei oder drei es tatsächlich wagen. Sobald sie an Land waren, unbeobachtet von Offizieren, nicht bewacht von den steifbeinigen Seesoldaten.

Die Landbrise war heiß und schwer von Gerüchen. Irgendwo unter Deck krakeelten ein paar Frauen, die auch nach oben wollten, um etwas zu sehen. Die Männer, sofern nicht zu Arbeiten eingeteilt, lehnten an der Bordwand und starrten hinüber zu den blendend weißen Gebäuden des Orts und den dunklen Wällen der Festung. Monate auf See, eingepfercht in einem Schiff der Flotte; Monate mit madigem Hartbrot, Pökelfleisch, wimmelndem Wasser und der täglichen Schnapsration. Hängematten in stinkenden Zwischendecks, die neunschwänzige Katze als einziges Schoßtier, Drill und Plackerei an glühenden Tagen und in eisigen Nächten.

Und dort drüben gab es Dinge, die nach Wildheit dufteten, nach Hitze, schäumenden Pflanzen, Üppigkeit und Lust - Gerüche, die keiner beschreiben konnte; Düfte wie ein betäubender Hieb und auch wie ein sengendes Bohren. Die älteren Seeleute, die früher schon einmal hier oder weiter nordöstlich gewesen waren, am Hugli, wo die Kompanie einen Ort namens Kalkutta besaß, hatten immer wieder davon erzählt, aber da es nicht zu vermitteln war, war es auch nicht zu glauben. Gold und Juwelen, Elefanten und Schlangen, weise Männer, die sich nur in ihren Bart und schmierige Tücher wickelten, und schwellende Frauen, die dies nicht taten, wie man hörte. Goldene und silberne Münzen für die Tapferen, die Rückfahrt im Schiff für die Feigen, für alle einen anderen und letztlich gleichen Tod, und vielleicht vorher etwas Besseres als Hartbrot und Peitsche.

Noch jetzt, einundzwanzig Jahre später, erinnerte er sich an diese Stunden, das Fieber: warten auf die Entscheidung des Kapitäns, wie viele Seeleute an Land würden gehen dürfen. Alle wussten: Sobald der Erste verschwand, war das Spiel für die anderen beendet. Oder hatte sich die Lage entspannt? Waren vielleicht gar keine französischen Schiffe in der Nähe, sodass bis auf eine Bordwache alle zum Landgang verschwinden konnten?

Warten, warten, warten. Flaggsignale wurden gewechselt zwischen dem Schiff und dem Fort Saint George. Die Gig des Kapitäns wurde bereitgemacht, abgelassen; es sah nach noch mehr Warten aus. Dann, endlich, die erlösende Mitteilung: keine französischen Schiffe in der Nähe, drei Tage und Nächte Landgang. Der Kapitän stieg in die Gig, um sich zum Kommandanten der Festung zu begeben. Und musste umsteigen in eines der von einheimischen bemannten Boote, die aussahen wie geflochtene Hobel und als Einzige die gefährliche Brandung vor Madras überwinden konnten.

Der Zahlmeister hatte die erwartete Anweisung erhalten: keinem Matrosen mehr als ein Viertel der Löhnung auszuhändigen. Angeblich war nicht genug Geld an Bord; angeblich werde der Kapitän vom Fort mehr Münzen mitbringen. Einige Männer murrten, einige lachten, die meisten nahmen es gleichmütig hin. Man wusste Bescheid; die Kapitäne wollten verhindern, dass die Männer auf dumme oder kluge Gedanken kamen. Ein Viertel des Solds war mehr als genug, um drei Tage lang zu saufen und zu huren, bis der restliche Verstand nicht einmal in den Beutel zwischen den Beinen passte. Der ganze Sold - karg, aber über Monate sammelt sich dennoch einiges an - hätte den einen oder anderen dazu bringen können, im Land zu verschwinden, in der nächsten Stadt ein Geschäft aufzumachen. Es hieß, so etwas sei schon versucht worden und bis jetzt habe niemand überlebt. Es sei denn als Söldner eines indischen Fürsten. Aber der nächste Fürst war weit, und bis man ihn gefunden hatte, musste man von etwas leben. Ein Viertel war dafür zu wenig.

George Thomas hatte all dies nicht gekümmert. Und der Entschluss des vierundzwanzigjährigen Seemanns anno 1781 erschien dem General anno 1802 immer noch als beste und wichtigste Entscheidung seines Lebens. Seltsam, die Zufälligkeiten, dachte er. Nun ritt er in den Sonnenaufgang, mit einem britischen Offizier namens Francklin, der ihn ein paar Tage bewirtet und tausend Fragen gestellt hatte, der ihn nach Bengalen begleiten würde; damals hatte ein Franklin, zweiter Offizier des Schiffs, die Wache gehabt, und die Biografie des verrückten Iren wäre ihm keine Kauri-Muschel wert gewesen.

Er brauchte nur die Augen zu schließen, um wieder mitten im damaligen Gedränge zu sein. Die überfüllten Flechtboote mit johlenden Männern. Die Hitze, die zuzunehmen schien, als sie sich dem Strand näherten. Die Gerüche, die dichter wurden, unterfüttert vom Dunst der schwitzenden, ungewaschenen Körper. Die Stadt, von den Briten Fort Saint George genannt ... Er wusste, dass sie Madras hieß und dass der Name vielleicht daher kam, dass hier einmal eine bedeutende madrasa der Mogulherrscher gestanden hatte, Schule oder vielleicht sogar Universität. Und er wusste, dass es einen alten Iren gab, aus Tipperary, der eine Schänke betrieb und Landsleuten half. Vor allem, wenn sie ebenfalls aus der Nähe von Tipperary kamen. Und wie eine Woge schlugen die Eindrücke über ihm zusammen, damals: die nackten Kinder, Frauen mit erregendem Gang - aber welche Gangart welcher Frau wäre nach den Monaten an Bord nicht erregend gewesen; den Monaten schmierigen flüchtigen Kopulierens unter Deck, wo ein paar Frauen tatsächlich mit irgendwem verheiratet und die anderen für alle waren? -, helle Häuser, darunter viele Schänken und Bordelle, Kaufläden, die...


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Autor

Gisbert Haefs, geboren 1950 in Wachtendonk am Niederrhein, studierte Anglistik und Hispanistik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Als Übersetzer und Herausgeber veröffentlichte er unter anderem Werke von Ambrose Bierce, Rudyard Kipling, Jorge Luis Borges, Sir Arthur Conan Doyle, Georges Brassens und Bob Dylan. Er ist Autor von Funkfeatures, Hörspielen, Kriminalromanen und historischen Romanen, unter anderem von den Erfolgsromanen Alexander und Hannibal. Gisbert Haefs lebt und schreibt in Bonn.

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