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Der goldene Pfeil

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
390 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am06.06.20181. Auflage
Ein Abenteuerroman des Herzens, ein Buch einer Leidenschaft, die in Opfer und Verzicht endet. Ein junger, offener, kluger Seemann, der auszieht und sich in gewagte Beziehungen und Unternehmungen am Rande der hohen Politik und am Rande der Legalität verwickeln lässt. Und Dona Rita, die alle und alles beherrscht: Ziegenhirtin aus einem fernen spanischem Dorf, Gefährtin und Erbin eines signierten Pariser Malers, beinahe auch die Mätresse und ohne Zaudern die tatkräftige Helferin von Don Carlos. Stolz ist sie und gefährdend, fordernd und entsagend, femme fatale und selbstlos Liebende. Sie stehen im Zentrum dieser Geschichte einer Leidenschaft, die nach kurzer Erfüllung in Opfer und Verzicht endet. Joseph Conrad schloß seinen zehnten Roman 1918, in den letzten Phasen des Krieges, ab: das erste Buch, das er ?diktierte?, wird getragen von einer autobiographischen Glut und einem Erzählen wie ein Sehnsuchtsruf.

Joseph Conrad, geboren 1857, wuchs als Waise bei seinem Onkel in Krakau auf. 1874 ging er zunächst nach Frankreich, wurde 1886 britischer Staatsbürger und machte als Seemann seine Leidenschaft zum Beruf. Als er 1890 die Seefahrt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, verarbeitete er seine Reiseerlebnisse in seinen Erzählungen. ?Lord Jim? (1900) und ?Das Herz der Finsternis? (1902) gehören zu seinen berühmtesten Werken. Joseph Conrad starb 1924 in England.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin Abenteuerroman des Herzens, ein Buch einer Leidenschaft, die in Opfer und Verzicht endet. Ein junger, offener, kluger Seemann, der auszieht und sich in gewagte Beziehungen und Unternehmungen am Rande der hohen Politik und am Rande der Legalität verwickeln lässt. Und Dona Rita, die alle und alles beherrscht: Ziegenhirtin aus einem fernen spanischem Dorf, Gefährtin und Erbin eines signierten Pariser Malers, beinahe auch die Mätresse und ohne Zaudern die tatkräftige Helferin von Don Carlos. Stolz ist sie und gefährdend, fordernd und entsagend, femme fatale und selbstlos Liebende. Sie stehen im Zentrum dieser Geschichte einer Leidenschaft, die nach kurzer Erfüllung in Opfer und Verzicht endet. Joseph Conrad schloß seinen zehnten Roman 1918, in den letzten Phasen des Krieges, ab: das erste Buch, das er ?diktierte?, wird getragen von einer autobiographischen Glut und einem Erzählen wie ein Sehnsuchtsruf.

Joseph Conrad, geboren 1857, wuchs als Waise bei seinem Onkel in Krakau auf. 1874 ging er zunächst nach Frankreich, wurde 1886 britischer Staatsbürger und machte als Seemann seine Leidenschaft zum Beruf. Als er 1890 die Seefahrt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, verarbeitete er seine Reiseerlebnisse in seinen Erzählungen. ?Lord Jim? (1900) und ?Das Herz der Finsternis? (1902) gehören zu seinen berühmtesten Werken. Joseph Conrad starb 1924 in England.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104908540
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum06.06.2018
Auflage1. Auflage
Seiten390 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1355 Kbytes
Artikel-Nr.3431941
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erster Teil

I

Es gibt gewisse Straßen, die haben ihre eigene Atmosphäre und sind sozusagen weltberühmt; ihnen gehört die besondere Liebe ihrer Bürger. Eine dieser Straßen ist die Cannebière, und das Witzwort »Wenn Paris eine Cannebière hätte, wäre es ein Klein-Marseille« ist nur der scherzhafte Ausdruck städtischen Bürgerstolzes. Auch ich bin diesem Zauber erlegen. Für mich war das eine Straße, die ins Unbekannte führte.

Es gab da einen Abschnitt, in dem nicht weniger als fünf große Cafés in strahlender Reihe nebeneinander lagen. In eins davon schlenderte ich an jenem Abend hinein. Es war keineswegs nicht voll. Er sah recht eigentlich verlassen aus in seiner Festbeleuchtung, aber es wirkte freundlich. Die wundervolle Straße war empfindlich kalt (es war ein Abend im Karneval), ich hatte nicht das mindeste vor und fühlte mich etwas einsam. Also ging ich hinein und setzte mich an einen Tisch.

Die Karnevalszeit näherte sich ihrem Ende. Alle Welt, hoch und niedrig, war darauf aus, sich noch einmal auszutoben. Arm in Arm und mit einem wahren Indianergeheul streiften Gruppen Maskierter in wildem Gedränge durch die Straßen, während der kalte Mistral in Schauern die Gaslaternen, soweit das Auge reichte, hin und her schwenkte. All das hatte etwas von einem Tollhaus an sich.

Vielleicht fühlte ich mich gerade darum einsam, denn ich war weder maskiert, noch verkleidet, noch laut, noch sonstwie in Einklang mit dem tollhäuslerischen Einschlag des Lebens. Aber ich war nicht traurig. Ich war nur in einer nüchternen Verfassung. Ich war soeben von meiner zweiten westindischen Reise zurück. Meine Augen waren noch voll von der tropischen Pracht, meine Erinnerung war voll von meinen Erlebnissen, gesetzlichen und ungesetzlichen, die auch ihren Reiz und ihr Erregendes hatten, denn sie hatten mich ein wenig erschreckt und nicht wenig amüsiert. Aber sie hatten mich unberührt gelassen. Es waren die Abenteuer anderer Männer, nicht meine. Abgesehen von einem bißchen Verantwortungsgefühl, das ich mir erworben hatte, war ich durch sie nicht gereifter geworden. Ich war ebenso jung wie zuvor. Unbegreiflich jung - immer noch wunderbar gedankenlos - unendlich aufnahmefähig.

Natürlich wendete ich an Don Carlos und seinen Kampf um ein Königreich keinen Gedanken. Warum sollte ich auch? Man denkt nicht gern über Dinge nach, auf die man tagtäglich in den Zeitungen und Unterhaltungen stößt. Seit meiner Rückkehr hatte ich ein paar Besuche gemacht; die meisten meiner Bekannten waren Legitimisten und verfolgten gespannt die Ereignisse an der spanischen Grenze - aus politischen, religiösen oder romantischen Beweggründen. Aber mich interessierte das nicht. Offenbar war ich nicht romantisch genug. Oder war ich vielleicht romantischer als all diese guten Leute? Die Sache schien mir recht gewöhnlich. Nichts weiter als ein Mann, der seinem Beruf als Kronprätendent nachging.

Auf der Titelseite einer Illustrierten, die ich auf einem Nebentisch liegen sah, wirkte er recht malerisch, wie er da auf einem Felsblock saß, ein großer kräftiger Mann mit einem eckig geschnittenen Bart, die Hände auf dem Knauf eines Kavalleriesäbels - und rings um ihn eine wilde Berglandschaft. Er fesselte meinen Blick auf dem sinnig komponierten Holzschnitt. (In jener Zeit gab es noch keine Reproduktionen fader Schnappschüsse.) Das war offenbar die romantische Version für königstreue Gemüter, aber sie weckte meine Aufmerksamkeit.

Just da drangen einige Masken von draußen in das Café, tanzten Hand in Hand in einer Schlange, angeführt von einem dicken Mann mit einer Pappnase. Er machte wilde Hüpfschritte, und hinter ihm etwa zwanzig andere, meist Pierrots und Pierretten, die sich an den Händen hielten und sich zwischen Stühlen und Tischen hindurch herein- und wieder hinausschlängelten: glänzende Augen in den Löchern von Pappgesichtern, keuchender Atem, aber alle in geheimnisvollem Schweigen.

Es waren Leute der ärmeren Schichten (in Kostümen aus weißem Kaliko mit roten Tupfen), aber unter ihnen befand sich ein Mädchen, das ein schwarzes, mit goldenen Halbmonden besticktes Kleid trug, am Hals hochgeschlossen und mit sehr kurzem Röckchen. Die meisten der gewöhnlichen Cafébesucher blickten nicht einmal von ihrem Spiel oder ihren Zeitungen auf. Ich, allein und untätig, starrte zerstreut hin. Das als Nacht kostümierte Mädchen trug eine schwarze Samtmaske, die man auf französisch un loup nennt. Wie sie in ihrer Zierlichkeit unter diese offenbar rauhe Gesellschaft geraten war, weiß ich nicht. Ihr Mund und Kinn waren unbedeckt und ließen auf eine hübsche Gesichtsbildung schließen.

Sie zogen an meinem Tisch vorbei; die Nacht bemerkte vielleicht meinen starren Blick und streckte mir, indem sie ihren Körper aus der schlängelnden Kette vorreckte, eine schmale Zunge wie einen rosigen Stachel heraus. Ich war darauf nicht gefaßt und brachte nicht einmal ein beifälliges »Très joli« heraus, ehe sie sich vorbeiwand und davonhüpfte. Aber da ich auf diese Weise ausgezeichnet worden war, konnte ich nicht umhin, ihr mit den Augen zur Tür zu folgen, wo die Kette der Hände zerriß und alle Masken zugleich hinausstrebten. Zwei Herren, die gerade von der Straße hereinwollten, wurden durch das Gedränge aufgehalten. Die Nacht (es war wohl eine eigene Note von ihr) streckte auch ihnen die Zunge heraus. Der größere der beiden (er war im Abendanzug unter einem leichten, weit offenen Paletot) faßte sie leicht unters Kinn, wobei - für mich sichtbar - seine weißen Zähne in dem dunklen hageren Gesicht aufblitzten. Der andere Mann stach sehr von ihm ab; blond, mit glatten rötlichen Wangen und kräftigen Schultern. Er trug einen grauen Anzug, offenbar fertig gekauft, denn er schien zu eng für seinen mächtigen Körperbau.

Dieser Mann war mir keineswegs fremd. Seit einer Woche oder so hatte ich nach ihm geradezu an allen Orten, wo Männer in einer Provinzstadt damit rechnen können, einander zu treffen, Ausschau gehalten. Zum erstenmal erblickte ich ihn (in dem selben grauen Konfektionsanzug) in einem royalistischen Salon, wo er entschieden Aufsehen machte, besonders bei den Frauen. Ich hatte seinen Namen als Monsieur Mills verstanden. Die Dame, die ihn eingeführt hatte, ergriff die erste Gelegenheit, mir ins Ohr zu flüstern: »Ein Verwandter von Lord X.« (Un proche parent de Lord X.) Und dann fügte sie mit einem Augenaufschlag hinzu: »Ein guter Freund des Königs.« Womit sie natürlich Don Carlos meinte.

Ich sah mir den proche parent an; nicht wegen jener Verwandtschaft, sondern weil mich seine behagliche Haltung bei einem so schwerfälligen Körper und in solch enger Kleidung in Erstaunen setzte. Aber schon klärte mich dieselbe Dame weiter auf: »Er ist hier als un naufragé hereingeschneit.«

Da begann ich mich wirklich für ihn zu interessieren. Ich hatte noch nie einen Schiffbrüchigen gesehen. Meine ganze Jungenhaftigkeit regte sich. Ein Schiffbruch war für mich ein Ereignis, das mir unweigerlich früher oder später bevorstand.

Mittlerweile blickte der für mich so bemerkenswerte Mann ruhig umher und sprach nur, wenn er von einer der anwesenden Damen angeredet wurde. Es waren mehr als ein Dutzend Leute in dem Salon, überwiegend Frauen, die feines Gebäck aßen und sich lebhaft unterhielten. Es hätte gut eine - freilich besonders alberne - Zusammenkunft eines Carlistischen Komitees sein können. Das ging mir sogar in meiner jugendlichen Unerfahrenheit auf. Und ich war in diesem Zimmer bei weitem der jüngste. Dieser stille Monsieur Mills schüchterte mich durch sein Alter (vermutlich war er fünfunddreißig), durch seine monumentale Ruhe, seine klaren, wachsamen Augen etwas ein. Aber die Versuchung war zu groß - und impulsiv sprach ich ihn auf das Thema jenes Schiffbruchs an.

Er wandte mir sein großflächiges, angenehmes Gesicht und seinen durchdringenden Blick zu, der (als hätte er mich im Augenblick durchschaut und nichts Unsympathisches entdeckt) einen freundlichen Ausdruck annahm. Zu dem Schiffbruch selbst äußerte er sich nicht weiter. Er sagte mir nur, es sei nicht im Mittelmeer geschehen, sondern auf der anderen Seite von Südfrankreich - im Golf von Biskaya. »Aber dies ist nicht unbedingt der Ort, sich auf eine Geschichte dieser Art einzulassen«, bemerkte er mit einem Rundblick durch das Zimmer und einem feinen Lächeln, das ebenso anziehend wirkte wie alles andere an seiner schlichten, aber vornehmen Erscheinung.

Ich drückte mein Bedauern aus. Ich hätte gern alles darüber gehört. Darauf meinte er, das sei kein Geheimnis, und wenn wir uns vielleicht beim nächsten Mal träfen ...

»Aber wo könnten wir uns treffen«, rief ich aus. »Ich komme nicht oft in dieses Haus, müssen Sie wissen.«

»Wo? Nun, unfehlbar auf der Cannebière. Dort gegenüber der Bourse trifft sich alles mindestens einmal am Tag.«

Das stimmte durchaus. Aber obwohl ich an jedem der folgenden Tage nach ihm Ausschau hielt, ließ er sich zu den üblichen Stunden nirgends blicken. Die Gefährten meiner Mußestunden (und gerade damals war ich immer müßig) bemerkten meine Zerstreutheit und zogen mich mehr oder minder deutlich damit auf. Sie verlangten zu wissen, ob sie, die ich erwartete, dunkel oder blond sei; ob dieses faszinierende Wesen, das mich beim Wickel hatte, eine meiner Aristokratinnen oder eine meiner Marinebräute sei: denn sie wußten, daß ich zu diesen beiden - soll ich sagen: Kreisen? - Zugang hatte. Sie hingegen bildeten den Kreis der Boheme, keinen besonders großen - wir waren nur ein halbes Dutzend, angeführt von einem...

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Autor

Joseph Conrad, geboren 1857, wuchs als Waise bei seinem Onkel in Krakau auf. 1874 ging er zunächst nach Frankreich, wurde 1886 britischer Staatsbürger und machte als Seemann seine Leidenschaft zum Beruf. Als er 1890 die Seefahrt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, verarbeitete er seine Reiseerlebnisse in seinen Erzählungen. >Lord JimDas Herz der Finsternis