Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
449 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am06.06.20181. Auflage
Inmitten der endlosen Weite der Südsee vollzieht sich auf einer Insel das Schicksal des Sonderlings Axel Heyst, der mit einer jungen Frau vor der Welt geflüchtet ist und dennoch von dieser Welt eingeholt und auf Leben und Tod gefordert wird. »Das letzte Wort dieses Romans wurde am 29. Mai 1914 niedergeschrieben. Und jenes letzte Wort war der Titel. Damals war Friedenszeit. Da nun der Augenblick der Veröffentlichung herannaht, habe ich erwogen, ob es nicht angebracht sei, das Titelblatt zu ändern. Das Wort ?Sieg?, jenes strahlende und tragische Ziel hohen Bemühens, schien zu groß, zu erhaben, um einem einfachen Roman voranstehen zu können. Was meine Entscheidung für diesen Titel vor allem beeinflußte, waren die dunklen Eingebungen jenes heidnischen Überbleibsels von Furcht und Wunderglauben, das immer noch in der Tiefe unserer alten Humanität lauert. ?Sieg? war das letzte Wort, das ich in Friedenszeiten geschrieben hatte. Es war mein letzter literarischer Einfall, bevor die Pforten des Janustempels tosend aufsprangen und überall auf der Welt Herz, Geist und Gewissen der Menschen erbeben ließen. Mit einer solchen Fügung durfte nicht leichtfertig umgegangen werden. Und so entschloß ich mich, das Wort stehenzulassen, in der gleichen Zuversicht, in der schlichte Bürger des alten Rom ?das Omen anzunehmen? pflegten.« Joseph Conrad schrieb diese Sätze in seinen Bemerkungen zur ersten Ausgabe des Romans.

Joseph Conrad, geboren 1857, wuchs als Waise bei seinem Onkel in Krakau auf. 1874 ging er zunächst nach Frankreich, wurde 1886 britischer Staatsbürger und machte als Seemann seine Leidenschaft zum Beruf. Als er 1890 die Seefahrt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, verarbeitete er seine Reiseerlebnisse in seinen Erzählungen. ?Lord Jim? (1900) und ?Das Herz der Finsternis? (1902) gehören zu seinen berühmtesten Werken. Joseph Conrad starb 1924 in England.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextInmitten der endlosen Weite der Südsee vollzieht sich auf einer Insel das Schicksal des Sonderlings Axel Heyst, der mit einer jungen Frau vor der Welt geflüchtet ist und dennoch von dieser Welt eingeholt und auf Leben und Tod gefordert wird. »Das letzte Wort dieses Romans wurde am 29. Mai 1914 niedergeschrieben. Und jenes letzte Wort war der Titel. Damals war Friedenszeit. Da nun der Augenblick der Veröffentlichung herannaht, habe ich erwogen, ob es nicht angebracht sei, das Titelblatt zu ändern. Das Wort ?Sieg?, jenes strahlende und tragische Ziel hohen Bemühens, schien zu groß, zu erhaben, um einem einfachen Roman voranstehen zu können. Was meine Entscheidung für diesen Titel vor allem beeinflußte, waren die dunklen Eingebungen jenes heidnischen Überbleibsels von Furcht und Wunderglauben, das immer noch in der Tiefe unserer alten Humanität lauert. ?Sieg? war das letzte Wort, das ich in Friedenszeiten geschrieben hatte. Es war mein letzter literarischer Einfall, bevor die Pforten des Janustempels tosend aufsprangen und überall auf der Welt Herz, Geist und Gewissen der Menschen erbeben ließen. Mit einer solchen Fügung durfte nicht leichtfertig umgegangen werden. Und so entschloß ich mich, das Wort stehenzulassen, in der gleichen Zuversicht, in der schlichte Bürger des alten Rom ?das Omen anzunehmen? pflegten.« Joseph Conrad schrieb diese Sätze in seinen Bemerkungen zur ersten Ausgabe des Romans.

Joseph Conrad, geboren 1857, wuchs als Waise bei seinem Onkel in Krakau auf. 1874 ging er zunächst nach Frankreich, wurde 1886 britischer Staatsbürger und machte als Seemann seine Leidenschaft zum Beruf. Als er 1890 die Seefahrt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, verarbeitete er seine Reiseerlebnisse in seinen Erzählungen. ?Lord Jim? (1900) und ?Das Herz der Finsternis? (1902) gehören zu seinen berühmtesten Werken. Joseph Conrad starb 1924 in England.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104908533
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum06.06.2018
Auflage1. Auflage
Seiten449 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1461 Kbytes
Artikel-Nr.3431942
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erster Teil

I

In unserem wissenschaftlichen Zeitalter besteht, wie jeder Schuljunge weiß, eine sehr enge chemische Verwandtschaft zwischen Kohle und Diamanten. Das ist, glaube ich, auch der Grund dafür, daß manche Leute von der Kohle als von schwarzen Diamanten sprechen. Beide Gebrauchsgüter stellen Reichtum dar; aber Kohle ist eine sehr viel unhandlichere Form von Besitz. Unter diesem Gesichtspunkt weist sie einen bedauerlichen Mangel an Dichte auf. Wenn man noch ein Kohlenflöz in die Westentasche stecken könnte - aber das kann man nicht! Gleichzeitig geht von der Kohle, dieser höchsten Errungenschaft des Zeitalters, in dem man uns abgesetzt hat wie verdutzte Reisende in einem unruhigen Grand-Hotel, etwas Faszinierendes aus. Und ich vermute, daß diese beiden Bedeutungen der Kohle, die praktische und die mystische, Heyst - Axel Heyst - davon abhielten, einfach wegzugehen.

Die Tropical Belt Coal Company ging in Liquidation. Die Welt der Finanzen ist eine rätselhafte Welt, in der, so unglaublich es scheinen mag, die Verdampfung der Verflüssigung vorangeht. Zuerst verdampft das Kapital, und dann verflüssigt sich die Firma. Das ist eine einigermaßen unnatürliche Physik, aber ihr war der anhaltende Müßiggang Heysts zuzuschreiben, über den wir dort draußen unsere Witze zu machen pflegten - wenn auch keine bösartigen. Ein untätiger Körper kann niemandem etwas zuleide tun, ruft keine feindlichen Gefühle hervor und lohnt kaum den Spott. Er mag immerhin manchmal im Wege sein, aber das konnte man von Axel Heyst nicht sagen. Er kam keinem Menschen ins Gehege, als säße er auf dem höchsten Gipfel des Himalaja, und genau so auffällig war er auch in mancher Beziehung. Jeder in dieser Weltecke wußte von ihm, der auf seiner kleinen Insel wohnte. Und eine Insel ist ja nichts weiter als der Gipfel eines Berges. Axel Heyst, der dort festsaß, war nicht von dem unabsehbaren, mit der Unendlichkeit verschmelzenden, stürmischen und glasklaren Luftmeer umgeben, sondern von einer lauen, flachen See; einem kümmerlichen Ableger der großen Wasser, die die Kontinente unserer Erdkugel umspülen. Seine häufigsten Besucher waren Schatten, Wolkenschatten, welche die Monotonie der dumpf brütenden Tropensonne ablösten. Sein nächster Nachbar - und damit komme ich auf vergleichsweise belebtere Dinge - war ein träger Vulkan, der den ganzen Tag über schwach rauchte und mit seiner Kuppe eben über den nördlichen Horizont ragte, aber bei Nacht aus den klaren Sternen ein seltsames rotes Glühen zu ihm herüberschickte, das sich sprunghaft ausbreitete und wieder zusammenfiel wie das Ende einer riesigen Zigarre, an der im Dunkel hin und wieder jemand pafft. Auch Axel Heyst war Raucher, und wenn er - als letztes vor dem Zubettgehen - mit seiner Zigarre müßig auf der Veranda saß, erzeugte er in der Nacht ein Glühen von gleicher Art und gleichem Umfang wie jener andere, der so viele Meilen entfernt war.

In gewissem Sinne leistete ihm der Vulkan Gesellschaft in der nächtlichen Dunkelheit, die oft - so meinte man - zu dicht war, um einen Lufthauch durchzulassen. Selten reichte der Wind aus, eine Feder fortzublasen. An den meisten Abenden des Jahres hätte Heyst mit einer bloßen Kerze draußen sitzen können, um in einem der Bücher zu lesen, die ihm sein Vater hinterlassen hatte. Der Vorrat war nicht gering. Aber das tat er nie. Aus Furcht vor Moskitos wahrscheinlich. Auch fühlte er sich durch die Stille nie versucht, irgendeine beiläufige Bemerkung an den gesellig aufglühenden Vulkan zu richten. Er war schließlich nicht geisteskrank. Ein komischer Kauz, ja - das hätte man von ihm sagen können, und das wurde auch gesagt; doch zwischen beidem ist ein gewaltiger Unterschied, das wird man mir zugeben.

In den Vollmondnächten war die Stille rings um Samburan - auf den Karten als Runde Insel verzeichnet - überwältigend, und in der Flut kalten Lichts konnte Heyst seine unmittelbare Umgebung wahrnehmen; sie bot den Anblick einer verlassenen Siedlung, in die der Dschungel eingebrochen ist: formlose Dächer über niederer Vegetation, gebrochene Schatten von Bambushecken gegen den leuchtenden Schein hoher Gräser, etwas wie ein überwachsenes Stückchen Weg, das sich zwischen zottigem Gesträuch zu der nur etwa hundert Meter entfernten Küste senkte, mit einem schwarzen Pier und einer Art Mole, die auf ihrer unbeleuchteten Seite ganz tintig war. Aber der auffälligste Gegenstand war eine riesige schwarze Tafel, auf zwei Pfosten erhöht, die Heyst, wenn das Mondlicht auf jene Seite fiel, die weißen Lettern T. B. C. Co. in einer mindestens halbmeterhohen Zeile entgegenhielt. Das waren die Initialen der Tropical Belt Coal Company, seiner Arbeitgeberin - seiner verflossenen Arbeitgeberin, um genau zu sein.

Entsprechend der widernatürlichen Geheimlehre der Finanzen ging die T. B. C. Company, nachdem ihr Kapital im Laufe von zwei Jahren verdampft war, in Liquidation - gezwungenermaßen, wie ich glaube, nicht freiwillig. Die Sache selbst indessen verlief ganz zwanglos. Sie schleppte sich hin; und während die Liquidation - in London und Amsterdam - ihren trägen Lauf nahm, blieb Axel Heyst, der im Prospekt als Betriebsleiter in den Tropen figurierte, auf seinem Posten in Samburan, der Kohlenstation Nr. 1 der Gesellschaft.

Und es war nicht nur eine Kohlenstation. Es gab dort auch eine Kohlenmine, die am Berghang, knapp fünfhundert Meter von der verfallenen Hafenanlage und der imposanten Tafel, zutage trat. Es war das Ziel der Gesellschaft gewesen, alle Kohlenvorkommen auf den tropischen Inseln in Besitz zu nehmen und sie an Ort und Stelle abzubauen. Und es gab, weiß Gott, jede Menge von Kohlenvorkommen. Heyst war es, der auf seinen ziemlich planlosen Wanderungen die meisten Kohlenvorkommen in diesem Teil des tropischen Landgürtels ausfindig gemacht hatte, und da er ein fixer Briefschreiber war, hatte er seitenlang darüber an seine Freunde in Europa geschrieben. So erzählte man wenigstens.

Wir glaubten nicht, daß sich irgendwelche Vorstellungen von Reichtum damit verbanden - jedenfalls nicht für ihn selbst. Anscheinend war seine Hauptsorge dabei der »Fortschritt«, wie er es nannte, offenbar in Richtung auf die allgemeine Ordnung des Universums. Einige hundert Leute auf den Inseln hatten ihn von einem »gewaltigen Fortschritt in diesen Regionen« sprechen hören. Die überzeugte Handbewegung, mit der er die Phrase begleitete, suggerierte von diesem Fortschritt zu erfassende tropische Weiten. Das hatte zusammen mit seinen vollendeten Manieren etwas Bezwingendes, ließ jedenfalls die Zuhörer, wenigstens eine Zeitlang, verstummen. Niemand machte sich die Mühe, mit ihm zu streiten, wenn er sich in dieser Tonart erging. Sein Eifer konnte keinem Menschen schaden. Es bestand auch keine Gefahr, daß irgend jemand seinen Traum von der tropischen Kohle ernst nahm, wozu sollte man also seine Gefühle verletzen?

So urteilten Männer in angesehenen Handelskontoren, bei denen er als einer, der mit Empfehlungsbriefen - und auch mit bescheidenen Kreditbriefen - in den Osten gekommen war, Besuch machte, einige Jahre bevor diese Kohlenminen in seinen höflich gedrechselten Reden aufzutauchen begannen. Von Anfang an bestand einige Schwierigkeit, seinen Aufenthaltsort auszumachen. Dabei war er kein Reisender. Ein Reisender kommt an und reist wieder ab, fährt irgendwohin weiter. Heyst fuhr nicht ab. Ich traf einmal einen Mann, den Filialleiter der Oriental Banking Corporation in Malakka, zu dem Heyst ohne irgendeinen besonderen Anlaß (es war im Billardzimmer des Klubs) in den Ruf ausgebrochen war:

»Ich bin von diesen Inseln verzaubert!«

Das stieß er plötzlich hervor, à propos des bottes, wie die Franzosen sagen, während er sein Queue kreidete. Und vielleicht war es wirklich eine Art von Verzauberung. Es gibt eben mehr Zauberkräfte, als unsere Allerweltsmagier sich je träumen lassen.

Der magische Zirkel in Heysts Fall war ungefähr ein Kreis mit einem Radius von achthundert Meilen, gezogen um einen bestimmten Punkt in Nord-Borneo. Er berührte eben noch Manila, dort war Heyst gesichtet worden. Er berührte noch Saigon, und auch dort hatte man ihn einmal gesehen. Das waren vielleicht seine Versuche auszubrechen. Wenn ja, so waren sie gescheitert. Es muß ein Zauber gewesen sein, der sich nicht brechen ließ. Der Filialleiter - der Mann, der den Ausruf gehört hatte - war von dem Ton, dem Nachdruck, der Verzückung, was auch immer es war, oder von der Ungereimtheit desselben so beeindruckt gewesen, daß er ihn mehr als einer Person berichtet hatte.

»Komischer Kauz, dieser Schwede«, bemerkte er nur dazu; aber daraus entstand der Name der verzauberte Heyst , den manche unserem Manne anhängten.

Er hatte noch andere Namen. In seinen früheren Jahren, lange bevor er so vorteilhaft kahl auf dem Kopfe wurde, führte er sich einmal mit einem Empfehlungsschreiben bei Mr. Tesman von Tesman Brothers, einer erstklassigen Firma in Surabaja, ein. Nun war Mr. Tesman ein netter, wohlwollender alter Herr. Er wußte nicht, was er mit dem Besucher anfangen sollte. Nachdem er ihm gesagt hatte, sie wünschten, ihm den Aufenthalt auf den Inseln so angenehm wie möglich zu machen, und seien bereit, ihn bei seinen Plänen zu unterstützen undsoweiter, und nachdem er Heysts Danksagung entgegengenommen hatte - man kennt ja diese Art von Konversation -, fragte er in gemütlichem väterlichem Ton:

»Und Sie...

mehr

Autor

Joseph Conrad, geboren 1857, wuchs als Waise bei seinem Onkel in Krakau auf. 1874 ging er zunächst nach Frankreich, wurde 1886 britischer Staatsbürger und machte als Seemann seine Leidenschaft zum Beruf. Als er 1890 die Seefahrt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, verarbeitete er seine Reiseerlebnisse in seinen Erzählungen. >Lord JimDas Herz der Finsternis