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Die schweigende Welt des Nicholas Quinn

E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
256 Seiten
Deutsch
Unionsverlagerschienen am23.07.2018
Der fast taube Nicholas Quinn wird überraschend zum Mitglied des Verbands für Auslandsprüfungen der Oxford-Universität berufen. Quinn lebt sich schnell ein in die Welt der angesehenen Professoren, der Nachmittagssitzungen mit gutem Rotwein und der bequemen Ledersessel. Nur hat er kaum Gelegenheit, sich an seinem neuen Job zu erfreuen: Schon kurz nach seiner Ernennung wird Quinn vergiftet in seiner Wohnung aufgefunden. Ein Mord ohne die geringsten Anhaltspunkte - wie geschaffen für den brillanten Inspector Morse.

Colin Dexter (1930-2017) studierte Klassische Altertumswissenschaft und war erst als Oberstufenlehrer und anschließend als Prüfer an der Oxford-Universität tätig. 1973 schrieb er Der letzte Bus nach Woodstock. Es folgten dreizehn weitere Fälle für Inspector Morse, die als Fernsehserie verfilmt wurden. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mehrmals mit dem CWA Gold Dagger. Für sein Lebenswerk wurde Dexter mit dem CWA Diamond Dagger und dem Order of the British Empire für Verdienste um die Literatur ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer fast taube Nicholas Quinn wird überraschend zum Mitglied des Verbands für Auslandsprüfungen der Oxford-Universität berufen. Quinn lebt sich schnell ein in die Welt der angesehenen Professoren, der Nachmittagssitzungen mit gutem Rotwein und der bequemen Ledersessel. Nur hat er kaum Gelegenheit, sich an seinem neuen Job zu erfreuen: Schon kurz nach seiner Ernennung wird Quinn vergiftet in seiner Wohnung aufgefunden. Ein Mord ohne die geringsten Anhaltspunkte - wie geschaffen für den brillanten Inspector Morse.

Colin Dexter (1930-2017) studierte Klassische Altertumswissenschaft und war erst als Oberstufenlehrer und anschließend als Prüfer an der Oxford-Universität tätig. 1973 schrieb er Der letzte Bus nach Woodstock. Es folgten dreizehn weitere Fälle für Inspector Morse, die als Fernsehserie verfilmt wurden. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mehrmals mit dem CWA Gold Dagger. Für sein Lebenswerk wurde Dexter mit dem CWA Diamond Dagger und dem Order of the British Empire für Verdienste um die Literatur ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783293310261
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisDRM Adobe
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum23.07.2018
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3679407
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Prolog


Tja, was meinen Sie?« Der Präsident des Verbandes für Auslandsprüfungen wandte sich mit seiner Frage direkt an Cedric Voss, den Vorsitzenden des Geschichtsausschusses.

»Nein, nein, lassen Sie erst mal hören, was unser Geschäftsführer meint. Schließlich sind es ja die Hauptamtlichen, die in erster Linie mit dem Mann leben müssen.« In nicht ganz so illustrer Gesellschaft hätte Voss hinzugefügt, dass es ihm herzlich egal war, welcher der Kandidaten den Job bekam. So aber rückte er sich nur in der für ihn typischen schläfrigen Pose wieder in dem bequemen blauen Ledersessel zurecht und hoffte von Herzen, dass man endlich zum Schluss kommen konnte. Die Sitzung dauerte schon fast drei Stunden.

Der Präsident wandte sich an seinen Nachbarn zur Linken, einen kleinen Mann von Mitte bis Ende fünfzig mit randloser Brille und einem knabenhaft verschmitzten Zwinkern. »Dann schießen Sie mal los, Dr. Bartlett.«

Bartlett, Geschäftsführer des Verbandes für Auslandsprüfungen, warf einen freundlichen Blick in die Runde, ehe er sich seinen sauber geschriebenen Notizen zuwandte. Er war solche Sachen gewohnt. »Mir scheint, wir gehen - ganz allgemein gesprochen, alles in allem« (der Präsident und etliche der älteren Kollegen zuckten merklich zusammen) »und generell - darin einig, dass uns eine sehr gute Auswahlliste vorgelegen hat. Die Bewerber machten alle einen recht kompetenten Eindruck, die meisten verfügten über ausreichende Erfahrung für den Posten. Aber ...« Er zog wieder seine Notizen zurate. »Ja, also ganz ehrlich gesagt - ich würde mich nicht für eine der Frauen entscheiden. Die Bewerberin aus Cambridge war etwas - wie soll ich sagen - etwas schrill ...« Er sah die Mitglieder der Auswahlkommission erwartungsvoll an, einige nickten lebhaft zustimmend. »Die andere schien mir doch eine Spur unerfahren, und einige ihrer Antworten haben mich - äh - innerlich nicht hundertprozentig überzeugt.« Auch jetzt war bei den schweigenden Zuhörern kein Zeichen von Widerspruch wahrzunehmen, und Bartlett streichelte recht zufrieden seinen runden Bauch.

»Kommen wir also zu den drei männlichen Bewerbern. Duckham? Ein bisschen vage, fand ich. Netter Junge, aber ich weiß nicht recht, ob er den Biss, das Durchsetzungsvermögen hat, das ich mir für unsere Geisteswissenschaften wünsche. Er steht in meiner Liste an dritter Stelle. Der Nächste wäre Quinn. Hat mir gefallen. Ehrlicher, intelligenter Bursche, entschiedene Ansichten, guter Kopf. Erfahrungen vielleicht nicht ganz ideal, und dann ... Ja, um ganz ehrlich zu sein: Meiner Ansicht nach wäre seine - äh - Behinderung doch etwas zu belastend bei uns. Telefongespräche, Sitzungen und dergleichen, Sie wissen schon ... Sehr bedauerlich, aber nicht wegzuleugnen. Ich habe ihn auf Platz zwei gesetzt. Bleibt Fielding. Vorbehaltlos mein Favorit. Verteufelt guter Lehrer, hervorragende Schülerleistungen, genau das richtige Alter, bescheiden, sympathisch. Historiker mit Einserexamen, Balliol. Glänzende Referenzen. Einen besseren Kandidaten könnten wir uns nicht wünschen, und ich spreche mich ohne Einschränkung für ihn aus, Herr Präsident.«

Der Präsident schloss recht ostentativ die Mappe mit den Bewerbungsunterlagen, nickte zustimmend und registrierte befriedigt weiteres Kopfnicken. Der Vorstand des Verbandes war vollständig vertreten, ein Dutzend angesehener Professoren aus Colleges der Universität Oxford, die sich zweimal im Semester im Hause des Verbandes einfanden, um die offiziellen Examensrichtlinien festzulegen. Keiner von ihnen arbeitete hauptamtlich für den Verband, keiner kassierte - bis auf die Reisekosten - einen Penny für die Teilnahme an den Sitzungen. Doch die meisten arbeiteten aktiv in den verschiedenen Fachausschüssen mit, stellten sich im Hinblick auf die profitablen Prozeduren der landesweit einheitlichen Prüfungen auf einen Standpunkt aufgeklärten Eigennutzes und betätigten sich im Juni und Juli, wenn ihre Studenten in den Semesterferien waren, als Prüfer bei den Examen an den staatlichen Schulen. Von den hauptamtlichen Mitarbeitern des Verbandes nahm nur Bartlett ex officio und ohne Stimmrecht an den Beratungen dieses Lenkungsgremiums teil, und mit Bartlett waren sie jetzt dreizehn. Doch der Präsident war nicht abergläubisch. Jetzt sah er sich wohlwollend um. Alles bewährte, vertrauenswürdige Kollegen, nur ein oder zwei der Jüngeren kannte er noch nicht näher. Etwas zu lange Haare. Und einer hatte einen Bart. Auch Quinn hatte einen Bart ... Ach was! Die Entscheidung musste jetzt sehr bald fallen, und wenn er Glück hatte, konnte er noch vor sechs wieder im Lonsdale College sein. Heute war das jährliche Galadinner der Collegemitglieder und ... Auf zum Endspurt.

»Wenn ich also davon ausgehen darf, dass der Ausschuss mit der Berufung von Fielding einverstanden ist, brauchen wir nur noch über sein Anfangsgehalt zu sprechen. Er ist - warten Sie -, ja, er ist vierunddreißig, da dürfte die unterste Gehaltsgruppe für die B-Dozenten -«

»Darf ich noch etwas sagen, Herr Präsident?« Es war einer der jüngeren Hochschullehrer. Einer der Langhaarigen. Der mit dem Bart. Ein Chemiker von Christ Church.

»Selbstverständlich, Mr Roope, ich wollte keinesfalls den Eindruck erwecken ...«

»Für Sie scheint festzustehen, dass wir alle die Ansicht des Geschäftsführers teilen. Für die anderen mag das ja zutreffen, aber nicht für mich, und ich dachte, der Sinn dieser Sitzung sei es gerade -«

»Aber natürlich, Mr Roope. Wie gesagt, es tut mir leid, wenn ich den Eindruck erweckt haben sollte, dass - äh - ja ... Das lag natürlich nicht in meiner Absicht. Ich persönlich hatte das Gefühl, wir hätten einen Konsens erreicht, aber wenn Sie meinen ...«

»Danke, Herr Präsident. Es tut mir leid, aber ich kann mich mit der Rangfolge, die unser Geschäftsführer aufgestellt hat, nicht einverstanden erklären. Mir ist Fielding, ehrlich gesagt, zu glatt, zu sehr ein Jasagertyp. Ich habe nichts gegen geschmeidige Persönlichkeiten, aber ein Mensch ganz ohne Ecken und Kanten ist auch nicht ganz das Wahre.« Ein belustigtes Gemurmel erhob sich, und die eben noch wahrnehmbare leichte Spannung ließ merklich nach. Einige der älteren Kollegen hörten sich Roopes Ausführungen jetzt mit entschieden mehr Interesse und Aufmerksamkeit an. »Was die anderen Bewerber betrifft, gehe ich mit dem Geschäftsführer - wenn auch nicht unbedingt mit seinen Begründungen - einig.«

»Sie würden also Quinn an die erste Stelle setzen?«

»Auf jeden Fall. Er hat vernünftige Ansichten zum Prüfungswesen, und er hat einen guten Kopf. Was aber noch wichtiger ist - er scheint ein anständiger Kerl zu sein, und heutzutage -«

»Diesen Eindruck hatten Sie bei Fielding nicht?«

»Nein.«

Der Präsident ignorierte das hörbar geflüsterte »Unfug!« des Geschäftsführers, dankte Roope für seine Bemerkungen und blickte sich vage auffordernd um. Doch zunächst kamen keine weiteren Äußerungen. »Möchte noch jemand - äh ...«

»Ich finde es reichlich unfair, wenn wir aufgrund einiger weniger Vorstellungsgespräche tiefschürfende Charakteranalysen erstellen«, sagte der Vorsitzende des Englisch-Ausschusses. »Gewiss, wir müssen uns alle unsere Meinung über die Bewerber bilden, nur deshalb sitzen wir ja hier zusammen. Aber ich bin, was die Rangfolge betrifft, derselben Ansicht wie unser Geschäftsführer.«

Roope lehnte sich zurück und blickte, einen gelben Bleistift zwischen den Zähnen balancierend, zur Decke.

»Noch jemand?«

Der Vizepräsident, der sich entsetzlich langweilte und es eilig hatte, hier herauszukommen, rutschte unruhig in seinem Sessel herum. Seine Aufzeichnungen bestanden aus einem kunstvoll komplizierten Schnörkelgebilde. Er bereicherte die schwungvolle Zeichnung um einen weiteren gekonnten Kringel, während er zu seinem ersten und letzten Diskussionsbeitrag ansetzte: »Beide sind offenbar gute Leute. Ich habe den Eindruck, dass es ziemlich egal ist, für welchen wir uns entscheiden. Wenn der Geschäftsführer Fielding haben will, bin ich für Fielding. Vielleicht könnten wir mal eben abstimmen?«

Etliche Ausschussmitglieder gaben gedämpft zustimmende Blöklaute von sich, und etwas missvergnügt schritt der Präsident zur Abstimmung. »Ich bitte um Handzeichen. Wer ist für Fielding?«

Sieben oder acht Hände hoben sich, doch dann ließ sich unvermittelt wieder Roope vernehmen, und die Hände senkten sich.

»Vor der Abstimmung hätte ich gern noch eine Auskunft von unserem Geschäftsführer. Bestimmt kann er mir auswendig sagen, was ich wissen will.«

Bartlett beäugte Roope mit frostiger Ablehnung, und einige Ausschussmitglieder hatten Mühe, Ärger und Ungeduld zu verbergen. Warum hatten sie nur Roope in dieses Gremium gewählt? Gewiss, er war ein glänzender Chemiker, und im Hinblick auf die Verpflichtungen des Verbandes, hatte man sich gesagt, war seine zweijährige Tätigkeit bei der Anglo-Arabian Oil Co. entschieden ein Plus. Aber er war zu jung, zu großspurig, zu laut und spektakulär. Wie ein ordinäres Schnellboot, das die ruhigen Gewässer der Verbandsregatta aufwühlte. Es war nicht sein erster Zusammenstoß mit dem Geschäftsführer. Und er arbeitete nicht einmal aktiv im Chemie-Ausschuss mit, machte keinen Finger für Prüfungen krumm. Er habe zu viel zu tun, behauptete er immer.
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Autor

Colin Dexter (1930-2017) studierte Klassische Altertumswissenschaft und war erst als Oberstufenlehrer und anschließend als Prüfer an der Oxford-Universität tätig. 1973 schrieb er Der letzte Bus nach Woodstock. Es folgten dreizehn weitere Fälle für Inspector Morse, die als Fernsehserie verfilmt wurden. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mehrmals mit dem CWA Gold Dagger. Für sein Lebenswerk wurde Dexter mit dem CWA Diamond Dagger und dem Order of the British Empire für Verdienste um die Literatur ausgezeichnet.

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