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De Lege Artis

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
192 Seiten
Deutsch
Edition Lempertzerschienen am13.08.2018
Siegen um jeden Preis, ohne Rücksicht auf Moral und Ehre: Höchste Zeit für einen Anwalt, der seinen Zenit überschritten hat, sich zu ändern. Die Chance bietet ein ungewöhnliches Mandat. Ein junger Roma-Zigeuner ist querschnittsgelähmt, möglicherweise aufgrund eines ärztlichen Kunstfehlers. Er will gegen das verantwortliche Krankenhaus klagen. Der neue Klient lebt in einer Kumpanija mit eigenen Sitten und Regeln, die den Anwalt immer stärker in ihren Bann zieht. Bald bekommt auch er die Anfeindungen und den grenzenlosen Hass, den die Roma ausgesetzt sind, mit aller Brutalität zu spüren. Er wird durch einen fanatischen Zigeunerhasser lebensgefährlich verletzt und landet ausgerechnet im verklagten Krankenhaus ...

Ulrich M. Hambitzer, geboren am 10.10.1954 in Bonn-Beuel, Sternbild und Aszendent Waage, hat sich nach abgebrochenem Kunst- und Literaturstudium den Rechtswisschenschaften zugewandt. Er arbeitet seit 30 Jahren in eigener Anwaltskanzlei. Auch privat schätzt er Krimis, kulinarische Genüsse und - natürlich - Hunde.
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Produkt

KlappentextSiegen um jeden Preis, ohne Rücksicht auf Moral und Ehre: Höchste Zeit für einen Anwalt, der seinen Zenit überschritten hat, sich zu ändern. Die Chance bietet ein ungewöhnliches Mandat. Ein junger Roma-Zigeuner ist querschnittsgelähmt, möglicherweise aufgrund eines ärztlichen Kunstfehlers. Er will gegen das verantwortliche Krankenhaus klagen. Der neue Klient lebt in einer Kumpanija mit eigenen Sitten und Regeln, die den Anwalt immer stärker in ihren Bann zieht. Bald bekommt auch er die Anfeindungen und den grenzenlosen Hass, den die Roma ausgesetzt sind, mit aller Brutalität zu spüren. Er wird durch einen fanatischen Zigeunerhasser lebensgefährlich verletzt und landet ausgerechnet im verklagten Krankenhaus ...

Ulrich M. Hambitzer, geboren am 10.10.1954 in Bonn-Beuel, Sternbild und Aszendent Waage, hat sich nach abgebrochenem Kunst- und Literaturstudium den Rechtswisschenschaften zugewandt. Er arbeitet seit 30 Jahren in eigener Anwaltskanzlei. Auch privat schätzt er Krimis, kulinarische Genüsse und - natürlich - Hunde.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960582724
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum13.08.2018
Seiten192 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2264 Kbytes
Artikel-Nr.3834097
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1. Veränderungen

Da saß er vor mir, dieser Ausbund allen Kapitals. Mächtig, reich und gewohnt zu befehlen. Einer, der die Strippen am richtigen Ende zog. Mein alter Hund, der für gewöhnlich bei jedem neuen Mandanten eine freudige Erregung zeigte, blieb teilnahmslos auf seinem Stammplatz unter meinem Schreibtisch liegen.

Ich erwarte von Ihnen, Herr Rechtsanwalt, dass die Klage exakt am Gründonnerstag zugestellt wird und ihm das Osterfest gründlich versüßt , sagte er fast flüsternd. Sie haben also gute zwei Wochen Zeit. Zugleich schicken Sie ihm die Kündigung.

Auf eine Million sollte ich einen seiner Arbeitnehmer verklagen. Der Sachverhalt war einfach und die Klage völlig aussichtslos. Mein potenzieller Mandant betrieb ein sehr solventes, mittelständisches Unternehmen, das Spritzgussformen herstellte und als Zulieferer größter Firmen Werkteile aller Art in enormen Massen produzierte. Einer seiner Vorarbeiter, der den Plan hatte, einen Betriebsrat zu gründen und dessen Arbeit vornehmlich in der Überwachung, Bestückung und Pflege mehrerer weitgehend automatisch arbeitenden Maschinen bestand, hatte übersehen, dass ein Teil nicht ordnungsgemäß herausgeschleudert wurde, sondern sich in der Form verklemmt hatte und den Ablauf blockierte. Die Maschine lief heiß und stand schließlich still. Der Ausfall war beträchtlich. Die Reparatur dauerte über drei Tage. Aufgrund dessen konnte ein Auftrag nicht fristgerecht erledigt werden und der Kunde, der eine umfangreiche Auftragsvergabe avisiert hatte, sprang ab. Der entgangene Gewinn solle nach überschlägigen Berechnungen meines potenziellen Mandanten mehrere Millionen betragen, die Fahrlässigkeit des unliebsamen Arbeitnehmers läge auf der Hand.

Wenn er nicht sogar absichtlich gehandelt hat , presste er aus engen Lippen hasserfüllt hervor.

Für derartige Fälle hat eine differenzierte Rechtsprechung grundlegende Korrektive entwickelt. So kann ein Arbeiter bei einer Arbeit, die gewisse Gefährdungen mit sich bringt, nur unter engen Voraussetzungen haftbar gemacht werden. Ich sah wenig Chancen, einen Schadensersatzanspruch und eine Kündigung durchsetzen zu können und formulierte vorsichtig meine Einwände, die er souverän akzeptierte.

Es geht mir nicht um den Schadensersatz, ich will den Mann weghaben, egal, wie und mit welchen Mitteln.

Ich kannte diese Art von Mandanten und diese Art von Mandaten. Damit verdiente ich seit Jahren mein Geld. Keine Reichtümer, aber ein angenehmes, sorgloses Auskommen. Allerdings nahmen in letzter Zeit die Mandanten ab. Heute Morgen war mir aufgefallen, dass sich unter meinen Augen faltige Säcke bildeten und die Haut an meinem Hals unter dem Kinn traurig herunterzuhängen begann. In wenigen Monaten würde ich mein 49. Lebensjahr vollendet haben und mein Herbst sich langsam, stetig und unabwendbar meinem Winter nähern.

Weh mir, wo nehm ich, wenn

Es Winter ist, die Blumen, und wo

Den Sonnenschein

Und Schatten der Erde?

So hatte Hölderlin seine schonungslosen Fragen in der Hälfte des Lebens gestellt und war dabei an die Grenze dessen gegangen, was im dichterischen Wort gesagt werden kann. Heute Morgen beim alljährlichen routinemäßigen Arztbesuch musste ich das Belastungs-EKG wegen akuter Gefährdung abbrechen. Meine Blutdruckmessung hatte erschreckende Werte gezeigt.

Die Mauern stehn

Sprachlos und kalt, im Winde

Klirren die Fahnen.

Die Mitte des Lebens hatte ich längst überschritten.

Ich habe ganz erheblichen Beratungsbedarf, als Nächstes werden Sie meine sämtlichen Vertragsbedingungen überarbeiten , fuhr mein potenzieller Mandant fort.

Mir wurde schlagartig klar, dass ich so wie bisher nicht mehr weitermachen konnte, wenn ich den sonnen-, schatten- und blumenlosen Winter noch erleben wollte. Ich überschlug, dass er mir im ersten Jahr der Zusammenarbeit wahrscheinlich um die 50.000 Euro bringen würde, aber ich brauchte nicht mehr zu überschlagen, welchen Preis meine Seele hat.

Er wird vor Angst zittern, über die Ostertage ist er mit seinem Problem allein. Von der Gewerkschaft wird er keinen erreichen. Sie werden am Ostermontag bei ihm auftauchen und einen Aufhebungsvertrag mit einer kleinen symbolischen Abfindung und unter Verzicht aller gegenseitigen Ansprüche vereinbaren , triumphierte er mit einem kumpelhaften Lächeln. Ich kenne ihn, ich weiß, wie er funktioniert. Das Ganze wird ein Kinderspiel.

Ich dachte noch einige Sekunden nach, kam im Angesicht dieses Abgottes des Mammons zu dem Schluss, dass ich jetzt oder nie mein Leben ändern musste, und erwiderte leise: Raus. Als er mich entgeistert und errötend anstierte, fügte ich noch ein schnell, scheren Sie sich raus, ich möchte nicht für Sie arbeiten und will nichts mit Ihnen zu schaffen haben! hinzu.

Als er sich aus seiner Erstarrung gelöst hatte, stand er auf, schrie in meine Richtung: Wir passen wohl kaum zusammen!

Als er das Zimmer verließ, schlug er die Tür mit einer derartigen Wucht zu, dass der Staub von den Büchern hochwehte und ich fürchtete, sie würde aus den Angeln stürzen. Als meine Sekretärin die Tür öffnete und besorgt den Kopf hereinsteckte, hatte ich mir gerade eine Zigarette gedreht. Ich zog den Rauch des Halbschwarzen kräftig in meine Lungen und genoss ein Gefühl tiefer Befriedigung. Ein guter und vielleicht der letzte Zeitpunkt, dringend notwendige Änderungen vorzunehmen, dachte ich, während mir plötzlich auffiel, dass mir die Zigarette nicht schmeckte und der einzige Grund, warum ich rauchte, die Gewohnheit zu rauchen war. Daraufhin drückte ich die Zigarette aus und erklärte meiner Sekretärin, dass der Mandant unerträglich gewesen sei, es keinen Anlass zur Beunruhigung gäbe und eine Akte nicht anzulegen sei.

Aber das sind sie doch meistens, wer geht denn sonst schon zum Anwalt , sagte sie grinsend und ging zurück in ihr Zimmer im unteren Stock.

Mir war klar, dass dies der letzte Mandant dieser Art und diese Zigarette die letzte meiner langen Raucherkarriere war. Ich hatte schon zu lange Nikotin und mit jeder Zigarette circa 2000 nachgewiesene Schadstoffe inhaliert und Mandate geführt wie das mir eben angetragene. Das fehlgeschlagene, erschreckende EKG beunruhigte mich. Jetzt war es höchste Zeit, sich auf Wesentliches zu besinnen. Es gab Wichtigeres als Geld, Sicherheit und Luxus, dachte ich und wusste in diesem Moment nur schemenhaft, was das sein könnte. Schrill brach die Türklingel in meine Überlegungen.

Zu den Aufgaben meiner Sekretärin gehört es, Termine abzustimmen. Meistens geschieht dies telefonisch. Wenn Mandanten ohne Termin in meine Kanzlei kommen, darf sie frei entscheiden, ob sie einen Termin bekommen oder direkt vorgelassen werden. Nach welchen Prinzipien sie dabei vorgeht, ist mir bisher verborgen geblieben. Wahrscheinlich fragt sie nach der Dringlichkeit, ob Fristen laufen, oder sie entscheidet nach Sympathie.

Diesmal fragte sie durch die Sprechanlage nach, ob sie zwei Herren zu mir hinaufschicken dürfte. Ich bejahte und hörte kurz darauf schlurfende Schritte auf den hölzernen Treppenstufen. Dann klopfte es, und auf mein Herein betraten zwei ungewöhnliche Gestalten mein Empfangszimmer. Der eine mochte um die 80 Jahre oder älter sein. Er trug lange, volle, weiße Haare, die mit viel Pomade aus einem mageren Gesicht gehalten wurden, ein bunt gemustertes Hemd, eine Krawatte mit kleinem Blumenmuster und einen abgewetzten, ausgebeulten, dunkelblauen Nadelstreifenanzug, dessen rechtes Hosenbein unten kaum merklich auszufransen begann. In seinem zerfurchten Gesicht prangte ein Schnurrbart, der ebenso voll und weiß war wie sein Haupthaar. Sein Begleiter sah nicht weniger abenteuerlich aus. Er war etwa 40-jährig. Unter einer Halbglatze funkelten schwarze Augen. Auch er trug einen Schnurbart, dessen Enden gezwirbelt über die Mundwinkel hingen. Seine Kleidung war ähnlich vielgemustert und abgerissen. Trotz ihres Aufzugs, der erkennen ließ, dass sie sich für den Besuch bei mir besonders angezogen hatten, strahlten sie eine Würde aus, die meinem vorherigen Besucher in seinem Armani-Anzug abging und mir Respekt einflößte. Wir schüttelten uns die Hände. Ich lud sie mit einer Geste ein, auf den Besucherstühlen vor meinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Der Ältere setzte sich auf den Stuhl, der wahrscheinlich noch von dem millionenschweren Besucher vor ihm angewärmt war. Mein alter Hund erhob sich und ging schwanzwedelnd auf die beiden zu, schnüffelte an ihren Hosenbeinen, ließ sich streicheln und streckte sich wieder behaglich auf dem Boden in ihrer Nähe aus. Wir saßen uns einige Sekunden schweigend gegenüber. Der Jüngere, der seinen Filzhut zwischen den Händen drehte, fixierte mich.

Schließlich brach ich das Schweigen mit meiner üblichen...
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Autor

Ulrich M. Hambitzer, geboren am 10.10.1954 in Bonn-Beuel, Sternbild und Aszendent Waage, hat sich nach abgebrochenem Kunst- und Literaturstudium den Rechtswisschenschaften zugewandt. Er arbeitet seit 30 Jahren in eigener Anwaltskanzlei. Auch privat schätzt er Krimis, kulinarische Genüsse und - natürlich - Hunde.
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Hambitzer, Ulrich M.