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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
224 Seiten
Deutsch
Loewe Verlagerschienen am17.09.20181. Auflage
Kaum postet Isi auf Instagram das erste Selfie, flattern die Herzen nur so herein. Ohne Photoshop und Filter ist Isis Alltag bald viel zu langweilig und sie beginnt, immer mehr Zeit in ihren Kanal zu stecken - und in ihr Äußeres. Plötzlich interessiert sich sogar Kim, das It-Girl der Klasse, für Isi und lädt sie zu den richtig coolen Partys ein! Jetzt müssen natürlich richtig außergewöhnliche Selfie her - selbst, wenn sie sich dadurch in Lebensgefahr bringt. Die Geschichte zeigt auf einfühlsame und authentische Weise, wie die Nutzung von Social Media den Blick auf den eigenen Körper und das Selbstbild verändern kann.

Annette Mierswa war bereits für Film, Theater und Zeitung tätig und arbeitet heute als freie Autorin in Hamburg. Ihre Kinderbücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, mit diversen Preisen ausgezeichnet und 'Lola auf der Erbse' außerdem verfilmt. Annette Mierswa hat ein Stipendium des deutschen Literaturfonds erhalten und bietet Lesungen und Schreibworkshops an.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR6,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextKaum postet Isi auf Instagram das erste Selfie, flattern die Herzen nur so herein. Ohne Photoshop und Filter ist Isis Alltag bald viel zu langweilig und sie beginnt, immer mehr Zeit in ihren Kanal zu stecken - und in ihr Äußeres. Plötzlich interessiert sich sogar Kim, das It-Girl der Klasse, für Isi und lädt sie zu den richtig coolen Partys ein! Jetzt müssen natürlich richtig außergewöhnliche Selfie her - selbst, wenn sie sich dadurch in Lebensgefahr bringt. Die Geschichte zeigt auf einfühlsame und authentische Weise, wie die Nutzung von Social Media den Blick auf den eigenen Körper und das Selbstbild verändern kann.

Annette Mierswa war bereits für Film, Theater und Zeitung tätig und arbeitet heute als freie Autorin in Hamburg. Ihre Kinderbücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, mit diversen Preisen ausgezeichnet und 'Lola auf der Erbse' außerdem verfilmt. Annette Mierswa hat ein Stipendium des deutschen Literaturfonds erhalten und bietet Lesungen und Schreibworkshops an.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732012572
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum17.09.2018
Auflage1. Auflage
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1966 Kbytes
Artikel-Nr.3975080
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe

6

Den Samstag verbrachte ich mit Lilly. Wir lagen zusammen auf der Bettdecke und mümmelten Karotten. Ich machte ein paar Fotos von ihr für Instagram, war aber nicht zufrieden mit den Ergebnissen. Ich brauchte irgendetwas Neues und sah mir wahllos einige Tutorials auf YouTube an. Am Mittag kam Mama mit einem Teller Suppe herein.

»Bist du krank?«, fragte sie vorsichtig und setzte sich auf den Bettrand.

»Hm«, machte ich. Mama streichelte Lilly.

»Lilly auch?«

»Hm.«

»Ich weiß, dass das alles schwer für dich ist ...«, begann sie, schwieg aber gleich wieder und rührte mit dem Löffel in der Suppe herum. Sie sah heute auffällig hübsch aus, hatte die rotblonden Locken hochgesteckt, war dezent geschminkt und trug ein enges Kleid mit einem tiefen Ausschnitt. »Hör mal, Schätzchen, ich bleib zu Hause, wenn du mich brauchst.« Sie strich mir über das Haar. »Ich kann die Verabredung auch absagen.«

»Nein«, sagte ich grimmig, »das kannst du dem Paul doch nicht antun. Geh lieber zu ihm. Oder hast du schon wieder einen Neuen?« Mama sah mich entsetzt an und sofort tat es mir leid.

»Nein, Isabelle«, sagte sie streng, »ich habe keinen Neuen. Und dein Papa ist auch kein Heiliger, den du bis aufs Blut verteidigen musst. Die Dinge können sich ändern. Das ist nun mal so. Und es tut mir sehr leid.« Sie blickte mich traurig an. »Paul ist kein schlechter Mensch. Und ich auch nicht. Gib ihm eine Chance.« Es klang wie ein Satz aus einer dieser billigen Vorabendserien. Ich lachte bitter.

»Nachdem ihr mein Leben zerstört habt?«

»Dein Leben können wir nicht zerstören.« Mama liefen Tränen über die Wangen, die sie schnell wegwischte. Ich hasste mein schlechtes Gewissen, denn ich fand, dass es in diesem verdammten Fall nur mir zustand, traurig zu sein. »Dein Leben kannst nur du selbst zerstören.« Teil zwei der Vorabendserie. Mama stand auf und stellte die Suppe auf meinen Schreibtisch. Es klingelte an der Tür. »Ich hab das Handy dabei. Bitte melde dich, wenn du mich brauchst, ja?« Ich antwortete nicht. Ich brauchte niemanden, der mich deprimierte. Ich hörte, wie Mama die Tür öffnete und ein Mann mit pelziger Stimme sie freudig begrüßte. Kurz darauf fiel die Tür ins Schloss und eine unerträgliche Stille blieb zurück. Ich setzte die Kopfhörer auf und zog die Lautstärke hoch. 80 Dezibel. Die Dinge können sich ändern, hatte Mama gesagt. Die Dinge. War unsere Familie ein Ding? War ich ein Ding? War ich auch austauschbar, wie Papa? Wie irgendein Möbelstück? 90 Dezibel. Etwas donnerte in einem anderen Takt. Ich öffnete die Augen. Yara trommelte von außen auf die Dachluke und zog erleichtert die Augenbrauen hoch, als ich die Kopfhörer abnahm. Ich öffnete das Fenster.

»Na endlich!«, sagte Yara, »ich dachte schon, ich müsste hier übernachten.« Sie schüttelte ihre Hände aus. »Kommst du rauf oder soll ich reinkommen?«

»Ich komm schon.« Ich kletterte durch die Luke und setzte mich neben Yara auf die Dachziegel. »Luft.« Es tat wirklich gut. »Da unten wäre ich fast erstickt.«

»Hauptsache, du lässt den Gashahn zu.« Yara umarmte mich und gab mir ein Küsschen. »Du Huhn, rufst mich einfach nicht an.«

»Bog bog bog.« Ich flatterte mit angewinkelten Armen.

»Na, zum Glück geht es dir wieder besser.«

»Besser? Als Huhn?«

»Ich hab den Neuen von deiner Mutter gesehen. Sag mal, wie alt ist der eigentlich?«

»Warum?«

»Sieht aus wie so ein Typ aus dem Fitnessstudio, höchstens 30.«

»Die Dinge ändern sich eben.«

»Hä?«

»Hat meine Mutter gesagt: Die Dinge ändern sich.«

»Na, dann änderst du einfach auch die Dinge.« Arme Yara! Wenn sie gewusst hätte, was sie damit in Gang setzte.

»Wie meinst du das?«

»Eine Ehe ist doch so eine Art Abmachung, oder?«, fragte Yara. »Sie haben sich also nicht an die Abmachung gehalten. Dann musst du dich ja auch nicht an Abmachungen halten, oder?« Ich setzte mich auf.

»Hey, du hast recht.« Ich zog das Gummi aus meinen Haaren und verstrubbelte sie. »Weißt du, wie ich Montag in die Schule gehe? Ich werde mir die Haare toupieren, die superkurze Jeans mit den Strasssteinen anziehen und ich werde mich schminken wie Nadja Nice, die Nadja Nice.«

»Bist du verrückt? Musst es ja nicht gleich übertreiben.«

»Warum? Wennschon, dennschon.« Yara rollte mit den Augen.

»Ich weiß nicht. Das geht bestimmt nach hinten los. Und Matteo wird das auch nicht so toll finden. Der steht auf deinen natürlichen Look.«

»Hey, ich mach mich doch nicht für einen Kerl zurecht, der mich vielleicht irgendwann sitzen lässt. Außerdem will er eh nix von mir wissen.«

»Was für ein Quatsch ist das denn? Wir reden über Matteo, deinen Matteo, den Held deiner Träume, mit dem du ewig zusammen sein wirst. Das hast du doch selbst gesagt!«

»Die Dinge ändern sich«, beharrte ich. »Was ist schon sicher? Ich dachte auch, dass meine Eltern ewig zusammenbleiben würden. Und nun?« Ich klatschte in die Hände. »Alles vorbei.«

»Klar gibt es keine Sicherheit.« Yara rüttelte verzweifelt an meinem Arm. »Aber du kannst doch nicht einfach deinen Traum aufgeben, nur weil ...«

Ich unterbrach sie mit einem schrillen Lachen.

»Yara, du hast es nicht verstanden. Ich will meinen Traum bewahren. Ich will ihn nicht an eine Scheißrealität verlieren.«

»Aber mit der Ich-schmink-mich-wie-Nadja-Nice-Nummer verlierst du ihn garantiert. Wer steht denn auf so was?«

»Ich find´s eigentlich ganz cool. Mal was anderes. Und wenn Matteo ernsthaft an mir interessiert ist, dann dürfte ihn ein neuer Look nicht abschrecken, oder? Ist doch ein guter Test.«

»Na, ich weiß nicht. Ich hab gar kein gutes Gefühl dabei.«

»Du musst ja nicht mitmachen.«

»Nein, sicher nicht.« Yara wirkte plötzlich sehr niedergeschlagen, während ich ganz aufgekratzt war und auf meinem Handy das neueste Schmink-Tutorial von NadjaNice aufrief. »Isi«, versuchte sie es verzweifelt, »das bist du nicht.« Aber ich reagierte nicht und starrte verzückt auf das Display meines Handys, als könnte ich da die Lösung für alle meine Probleme finden.

»Das wird ein Schocker.«

»Ja«, sagte Yara betrübt, »das wird es sicher.« Und ehrlich gesagt, Nadja Nice sah tatsächlich nuttig aus. Aber auch verdammt cool. Und alles war besser, als einfach so weiterzumachen, als ob nichts geschehen wäre. Yara redete weiter auf mich ein, aber ich hörte nicht mehr zu, verfolgte gebannt, wie Nadja Nice sich das Make-up auftrug, wie sie ihre Lippen umrahmte und anschließend mit einem Pinsel knallrote Farbe auftrug. Wie sie glücklich in die Kamera strahlte, als sie fertig war, sich im hautengen Minirock um sich selbst drehte und sagte, dass sie sich wie neugeboren fühle. Ja, genau das wollte ich, eine Neugeburt. Und zwar eine aufsehenerregende, schockierende Neugeburt, die granatenmäßig in unsere Straße einschlagen und einen tiefen Krater sprengen sollte. Krawumm!

Bing! Wir blickten auf unsere Handys. Mein Herz schlug sofort gefühlte 30 Dezibel lauter. Ich konnte es nicht verhindern.

»Wow«, lachte Yara triumphierend, »das ist die Lösung, Isi, nicht Nadja Nice.« Ich starrte auf das Foto, das Lenny im Klassenchat gepostet hatte, von Matteo und mir, eng umschlungen tanzend wie ein Liebespaar und angestrahlt von Hunderten farbiger Reflexionen der Discokugel. Der Paillettenhimmel ... der trügerische Paillettenhimmel. »Wie auf einem Plakat zu ´nem Liebesfilm«, schwärmte Yara, »ein Traum, oder?« Sie schüttelte mich sanft. »Isi, er wird wahr.« Ich reagierte nicht. »Yara an Erde, biep, biep.« Yara pikste mir mit den Zeigefingern in den Bauch. »Schau es dir an!« Sie hielt ihr Handy nah vor meine Augen. »Siehst du, es ist wahr. Es ist wirklich passiert. Keine Einbildung. So sieht keiner aus, der dich sitzen lässt.«

»Yara, hör auf.« Ich schob ihre Hand weg. »Wirst du dafür bezahlt?« Yara sah mich entsetzt an.

»Du willst doch nicht etwa ...«

»Doch, genau.« Ich hielt mein Handy in die Höhe, sodass Yara das Display gut sehen konnte, und drückte auf Löschen. Das Foto verschwand geräuschlos ... wie der Boden unter meinen Füßen, wie alles, worauf ich gesetzt hatte. Yara stieß einen spitzen Schrei aus.

»Bist du irre?« Ich versuchte ihrem flehenden Blick standzuhalten. Es kostete mich all meine Kraft. Schließlich gab Yara auf und sah traurig auf ihr Handy, das pausenlos Geräusche von sich gab. »Alle liken es«, sagte sie matt, »Suri hat zwei Füchse gepostet, mit einem Herz dazwischen ... Und Josh eine Flamme ...«

Ich sagte nichts, presste meine Lippen aufeinander und starrte auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne, während Yara mir beschwörend die Kommentare vorlas und beschrieb wie einer Blinden.

Für einen dramatischen Smokey-Eyes-Look brauchst du folgende Produkte ... Nadja Nice lächelte von meinem Display.

»Ich geh jetzt«, sagte Yara traurig, »bitte überleg es dir noch mal. Mach nicht alles kaputt, was dir wichtig ist.« Sie umarmte mich und kletterte über den Rand des Dachs davon. Kaum war sie verschwunden, löste sich etwas Unkontrollierbares tief in mir drin und quoll mit aller Macht hervor. Ich schluchzte laut auf und drückte wie wild auf meinem Handy herum, aber das Foto war verloren. Ich verstand mich selbst nicht mehr.

»Yara«, brüllte ich ihr hinterher, »Yara.« Zu spät. Ich rief die Kontaktliste in...
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Autor

Annette Mierswa war bereits für Film, Theater und Zeitung tätig und arbeitet heute als freie Autorin in Hamburg. Ihre Kinderbücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, mit diversen Preisen ausgezeichnet und "Lola auf der Erbse" außerdem verfilmt. Annette Mierswa hat ein Stipendium des deutschen Literaturfonds erhalten und bietet Lesungen und Schreibworkshops an.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt