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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Residenz Verlagerschienen am25.09.20181. Auflage
Eine spannende Analyse der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Zukunft Chinas Niemals in der Geschichte der Menschheit hat sich das Leben für so viele Menschen in so kurzer Zeit so dramatisch verändert wie in China in den letzten 30 Jahren. Unter Staatspräsident und Parteichef Xi Jinping drängt China stürmisch in die erste Reihe der Weltmächte. Raimund Löw und Kerstin Witt-Löw haben den materiellen Aufstieg der chinesischen Mittelklasse und die strengen Grenzen von Zensur und politischer Bevormundung im Reich der Mitte erlebt. Raimund Löw hat für den ORF aus Peking und Hongkong über das politische Geschehen berichtet. Was bleibt von Mao? Wie will Peking mit Smog und der Vergiftung der Umwelt umgehen? Wie sieht China selbst seine Rolle in der Welt? Eine analytische Reportage über die aufsteigende Großmacht des 21. Jahrhunderts.

Raimund Löw, geboren in Wien, arbeitete zunächst acht Jahre als Historiker am Ludwig-Boltzmann-Institut und an verschiedenen Universitäten, u. a. in Wien, Salzburg, Innsbruck und Nottingham. Seit 1985 für den ORF als Korrespondent in Moskau, den USA sowie in Brüssel und als Auslandschef der ZIB2 tätig. Der promovierte Politikwissenschaftler leitete bis 2017 das ORF-Büro in Peking. Kerstin Witt-Löw, geboren in Hamburg, ist Psychologin, Sozialwissenschaftlerin und Lehrbeauftragte an der Universität Wien. Seit über 30 Jahren ist sie mit Raimund Löw verheiratet und hat ihn in Moskau, Washington, Brüssel und Peking begleitet oder pendelnd daran teilgenommen. Aus Moskau hat sie 1989/90 für das Nachrichtenmagazin 'profil' berichtet. 2015-2017 Aufenthalt in China und Asienreisen.
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Produkt

KlappentextEine spannende Analyse der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Zukunft Chinas Niemals in der Geschichte der Menschheit hat sich das Leben für so viele Menschen in so kurzer Zeit so dramatisch verändert wie in China in den letzten 30 Jahren. Unter Staatspräsident und Parteichef Xi Jinping drängt China stürmisch in die erste Reihe der Weltmächte. Raimund Löw und Kerstin Witt-Löw haben den materiellen Aufstieg der chinesischen Mittelklasse und die strengen Grenzen von Zensur und politischer Bevormundung im Reich der Mitte erlebt. Raimund Löw hat für den ORF aus Peking und Hongkong über das politische Geschehen berichtet. Was bleibt von Mao? Wie will Peking mit Smog und der Vergiftung der Umwelt umgehen? Wie sieht China selbst seine Rolle in der Welt? Eine analytische Reportage über die aufsteigende Großmacht des 21. Jahrhunderts.

Raimund Löw, geboren in Wien, arbeitete zunächst acht Jahre als Historiker am Ludwig-Boltzmann-Institut und an verschiedenen Universitäten, u. a. in Wien, Salzburg, Innsbruck und Nottingham. Seit 1985 für den ORF als Korrespondent in Moskau, den USA sowie in Brüssel und als Auslandschef der ZIB2 tätig. Der promovierte Politikwissenschaftler leitete bis 2017 das ORF-Büro in Peking. Kerstin Witt-Löw, geboren in Hamburg, ist Psychologin, Sozialwissenschaftlerin und Lehrbeauftragte an der Universität Wien. Seit über 30 Jahren ist sie mit Raimund Löw verheiratet und hat ihn in Moskau, Washington, Brüssel und Peking begleitet oder pendelnd daran teilgenommen. Aus Moskau hat sie 1989/90 für das Nachrichtenmagazin 'profil' berichtet. 2015-2017 Aufenthalt in China und Asienreisen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783701745890
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum25.09.2018
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse827 Kbytes
Artikel-Nr.3983562
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
2
Boom am Jangtsekiang

Die rasante Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat dem Land Hochgeschwindigkeitszüge, U-Bahnen und Wolkenkratzer beschert. Gleichzeitig wurden Hunderte Millionen Menschen entwurzelt. Sie sind vom verarmten Landesinneren in die Küstenregionen in den Osten ausgewandert, wo man ein ganz anderes Chinesisch spricht und wo andere Sitten herrschen, aber wo es Arbeit gibt. Ganze Dörfer und Wohnviertel wurden abgerissen, um lukrative neue Immobilien zu bauen. Im Maoismus waren alle arm, trotz der Allmacht der Parteifunktionäre gab es für niemanden die Möglichkeit, sich persönlich zu bereichern. Heute verfolgt man den Lebensstil der Reichen und Superreichen im Internet. Marktwirtschaft und soziale Unterschiede sind Teil der Entwicklung. Die sozialen Gegensätze in der Volksrepublik China sind nicht geringer als in Indien, Brasilien oder anderen Schwellenländern. Aber dass sich Menschen gegen Ungerechtigkeiten wehren, ist im Einparteiensystem nicht vorgesehen. Über die Widersprüche in der sich stürmisch entwickelnden chinesischen Gesellschaft dringt wenig nach außen.

Um herauszufinden, wie die Menschen den Sprung in die neue Phase erleben, wie sie mit den unvermeidlichen Widrigkeiten umgehen, wollen wir das bekannte Terrain in Peking verlassen. Die dramatischen Veränderungen sind nirgends so deutlich zu spüren wie im Landesinneren.
Die größte Stadt der Welt

Wir ergründen das chinesische Hinterland für das »Weltjournal« des ORF in der Stadt Chongqing im Südwesten des Landes. In der alten Schreibweise war die Stadt bei uns als Tschungking bekannt. Mehr als 30 Millionen Menschen leben in der Stadtgemeinde Chongqing, formal die größte Stadt der Welt, die außerhalb Chinas aber kaum jemand kennt. Chongqing erstreckt sich auf ein Gebiet, das so groß ist wie Österreich.

Auf dem Weg vom Flughafen in das Kerngebiet der Stadt passiert der Besucher ein nicht enden wollendes Meer von Wolkenkratzern. 20, 30, 40 Hochhäuser in Bau, halbfertig, dreiviertelfertig, knapp vor dem Einzug der neuen Bewohner. Nach der nächsten Autobahnbrücke wiederholt sich das Schauspiel, dann wieder und wieder. 25, 30, manchmal 35 Stockwerke sind die Gebäude hoch. Im Hintergrund ist die sanfte Berglandschaft an den Flüssen Jialing und Jangtsekiang zu sehen, die hier zusammenfließen. Die Stadt Chongqing ist auf unzähligen Hügeln gebaut, die sich vom Flussbett bis weit ins Hinterland erstrecken. Von den Flussufern geht es steile Straßen hoch hinauf, ganz ähnlich wie in dem ein paar Tausend Kilometer entfernten San Francisco. Die Stadtväter vergleichen die Silhouette der Wolkenkratzer am Fluss gerne mit der Skyline von Hongkong.

Das Symbol für die Arbeit der einfachen Leute sind die sogenannten Bangbang. Es sind die Träger, die tagaus, tagein auf langen Bambusstangen die Lasten vom Flussufer in die Geschäfte und Produktionsanlagen hinauf in die Stadt bringen. In keiner anderen Stadt Chinas gibt es so viele Träger. Die Motorisierung hätte den Bangbang eigentlich die Geschäftsgrundlage entziehen müssen. Die Zahl ist von 300 000 vor einem Vierteljahrhundert auf magere 10 000 gesunken. Aber die atemberaubende Verkehrsentwicklung hat einen Gegentrend ausgelöst: Die Straßen sind während der Stoßzeiten hoffnungslos verstopft. Jeden Morgen strömen nach wie vor Tausende Bangbang aus den Außenbezirken in die Geschäftszentren der Stadt. Über den Jialing-Fluss und den Jangtsekiang führen in Chongqing 57 Brücken. Zum Vergleich: In London gibt es 35 Brücken über die Themse, zehn Brücken führen in Wien über die Donau.

Von den alten Vierteln an den steilen Hügeln von Chongqing ist wenig geblieben. Wie in anderen chinesischen Städten auch, vernichtet die von den Stadtvätern befeuerte Immobilienspekulation Straßenzug um Straßenzug. An die Stelle der gedrungenen zweistöckigen Gebäude aus dem letzten Jahrhundert treten immer neue Hochhäuser. Das höchste Bauwerk der Stadt war in Maos Zeiten das Volksbefreiungsdenkmal zur Erinnerung an den chinesisch-japanischen Krieg. Der Turm ist 23 Meter hoch und wirkt putzig klein in der modernen Fußgängerzone zwischen den Wolkenkratzern des Stadtzentrums. Nichts soll bleiben von der alten Zeit, das ist nach wie vor die Devise von Chongqing. Die halbe Stadt ist Baustelle.

Am Flussufer von Chongqing erlaubt die Stadt den Bürgern, Gemüse zu pflanzen, auf eigene Rechnung - ein einträglicher Zusatzverdienst für die Bewohner, die oft selbst vom Dorf kommen. Angepflanzt werden Melanzani, Süßkartoffeln und grüne Bohnen, ganz biologisch, versichert uns eine Teilzeitbäuerin, die halbtags als Straßenkehrerin für die Stadt arbeitet. Die Brücke ist neu, sagt die 60-jährige Frau, all die Hochhäuser, die hat es früher nicht gegeben, das Leben sei jetzt viel besser.

Den Satz vom besseren Leben für alle hören wir in Chongqing immer wieder. Der Sprung in die Modernität, den Schanghai und Peking schon lange hinter sich haben, ist hier noch in seiner vollen Dynamik zu spüren. Mitsamt dem Optimismus, dass das Landesinnere demnächst aufholen wird zu den Erfolgsregionen an den Küsten im Osten.

Vom Lohan-Tempel in Chongqing, ein paar Straßenzüge vom Flussufer entfernt, ist nur mehr der kleine Kern übrig geblieben. Ursprünglich hat sich eine weiträumige Tempelanlage über einen ganzen Stadtteil erstreckt. Aber unablässig wachsen neue Wolkenkratzer in die Höhe in Chongqing. Der rasanten Entwicklung der Stadt müssen die Mönche weichen.

Der wichtigste Vorteil für den Standort Chongqing ist die Nachbarschaft zum Jangtsekiang. Der Jangtse ist der längste Fluss Asiens und nimmt seit Jahrtausenden einen zentralen Platz in der chinesischen Kultur ein. Für die Modernisierer der regierenden KP ist er vor allem ein Wirtschaftsfaktor. Eine Stunde vom Stadtzentrum entfernt entsteht ein riesiger Umschlaghafen für Container. Die Container kommen mit den Schiffen aus Schanghai über den Jangtse. Sie werden auf die Bahn verladen und treten dann die lange Reise nach Europa an. Züge sind schneller als Schiffe und billiger als Flugzeuge. Bereits 2017 haben 663 Frachtzüge mit Waren aus China die 11 000 Kilometer in den Westen zurückgelegt. Vor allem hochwertige Elektronikartikel aus chinesischer Produktion werden zunehmend per Bahn transportiert. Nach dem Ausbau der Bahn- und Schiffsverbindung benötigt ein voll beladener Güterzug aus Chongqing seit 2018 nur noch zwölf Tage bis ins Ruhrgebiet nach Duisburg und fährt dann, befrachtet mit deutschen Autos, den Weg zurück.

Die Handelsverbindung, von Schanghai zuerst auf dem Wasserweg über den Jangtsekiang und dann von Chongqing aus auf Bahngleisen quer über den eurasischen Kontinent nach Europa, verkörpert die Zukunftsvision der chinesischen Führung vom wirtschaftlichen Zusammenspiel mit Europa. Chinas mächtiger Staatspräsident Xi Jinping interessiert sich persönlich für das Projekt, er hat die Baustelle mit großer Begleitung inspiziert. Die Zentralregierung will Chongqing zur Brücke für die neue Seidenstraße machen, die China und Europa stärker verbinden soll. Für die neue Hafenanlage wurden die Bewohner der umliegenden Dörfer umgesiedelt. Sie bekamen neue Wohnungen in Hochhäusern ein paar Kilometer entfernt. Die Küstengegend des Jangtsekiang ist hier besonders hügelig. Wo Riesenkräne tonnenschwere Container bewegen, sind einmal Berge gestanden, erzählt man uns. Die mussten flach gemacht werden, um den Containerhafen zu bauen. Das Abtragen der Hügel war teuer, aber technisch keine große Hürde. Die dazu nötigen Genehmigungen zu erhalten, ist keine Schwierigkeit, wenn die Zentralregierung mit so viel Energie ihre Pläne vorantreibt wie beim Ausbau der Infrastruktur zu Wasser und zu Lande.
Punkrock im Dschungel der Städte

Der Konzertveranstalter Zhang Wei, ein junger Mann mit Tätowierungen, führt uns durch seinen Heimatbezirk Danzishi. Nur mehr eine einzige Straße ist übrig geblieben, in der es so aussieht wie früher: Friseurläden im Freien, Garküchen und Marktstände jeder Art säumen die Straße. Zhang Wei zeigt auf ein halb verfallenes Haus: »Früher habe ich hier oben gewohnt«, erzählt der Musikmanager. »Die ganze Familie hat in einem einzigen Zimmer gelebt. Immerhin: Fließendes Wasser haben wir gehabt.«

Die meisten Bewohner haben nichts dagegen, in die Hochhäuser zu übersiedeln, weil sich ihr Leben dadurch verbessert, erzählt der Kulturmanager. Aber alte Freundschaften gehen durch die Umsiedlungen verloren. Zhang Wei schüttelt etwas nostalgisch den Kopf: »Die Menschen werden einsamer. Früher haben alle gemeinsam mit den Nachbarn gegessen, auf der Straße, niemand blieb in seiner Wohnung. Es hat ja keine Klimaanlagen gegeben. In den Hochhäusern gibt es diese Nachbarschaft nicht mehr. Das Leben ist besser, aber eine ganze Lebensweise verschwindet.«

Im Parterre einer Shoppingmall betreibt Zhang Wei das Musiklokal »Nuts«...
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Raimund Löw, geboren in Wien, arbeitete zunächst acht Jahre als Historiker am Ludwig-Boltzmann-Institut und an verschiedenen Universitäten, u. a. in Wien, Salzburg, Innsbruck und Nottingham. Seit 1985 für den ORF als Korrespondent in Moskau, den USA sowie in Brüssel und als Auslandschef der ZIB2 tätig. Der promovierte Politikwissenschaftler leitete bis 2017 das ORF-Büro in Peking.
Kerstin Witt-Löw, geboren in Hamburg, ist Psychologin, Sozialwissenschaftlerin und Lehrbeauftragte an der Universität Wien. Seit über 30 Jahren ist sie mit Raimund Löw verheiratet und hat ihn in Moskau, Washington, Brüssel und Peking begleitet oder pendelnd daran teilgenommen. Aus Moskau hat sie 1989/90 für das Nachrichtenmagazin "profil" berichtet. 2015-2017 Aufenthalt in China und Asienreisen.