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Paulas erster Frühling

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
250 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am02.07.2019Auflage
Die 54-jährige Paula war in ihrer Ehe zwar nie endlos glücklich, aber als ihr Mann sie plötzlich mit der Trennung konfrontiert, fällt sie aus allen Wolken. Seit Jahren arbeitet sie sich in der gemeinsamen Apotheke ab, und Tochter Katharina hat sie mehr oder weniger allein großgezogen. Und das ist nun der Dank? Paula begibt sich auf die Suche nach längst vergangenen Träumen und erlebt dabei vor allem in ihrer am Downsyndrom erkrankten Schwester Iris ein Beispiel an unbändiger Lebensfreude. Stück für Stück kann Paula sich von ihrem alten Leben verabschieden und entdeckt die Schauspielerei für sich. Dass ihr nebenbei auch noch Tierarzt Hendrik über den Weg läuft und ihr Herz höher schlagen lässt, war allerdings wirklich nicht geplant...

Susanne Lieder wurde 1963 in Ostwestfalen geboren. Sie ist verheiratet und hat drei erwachsene Söhne. Inzwischen lebt sie mit ihrem Mann auf einem kleinen Resthof in der Nähe von Bremen. Wenn sie könnte, würde sie sofort auf den Darß ziehen.
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Produkt

KlappentextDie 54-jährige Paula war in ihrer Ehe zwar nie endlos glücklich, aber als ihr Mann sie plötzlich mit der Trennung konfrontiert, fällt sie aus allen Wolken. Seit Jahren arbeitet sie sich in der gemeinsamen Apotheke ab, und Tochter Katharina hat sie mehr oder weniger allein großgezogen. Und das ist nun der Dank? Paula begibt sich auf die Suche nach längst vergangenen Träumen und erlebt dabei vor allem in ihrer am Downsyndrom erkrankten Schwester Iris ein Beispiel an unbändiger Lebensfreude. Stück für Stück kann Paula sich von ihrem alten Leben verabschieden und entdeckt die Schauspielerei für sich. Dass ihr nebenbei auch noch Tierarzt Hendrik über den Weg läuft und ihr Herz höher schlagen lässt, war allerdings wirklich nicht geplant...

Susanne Lieder wurde 1963 in Ostwestfalen geboren. Sie ist verheiratet und hat drei erwachsene Söhne. Inzwischen lebt sie mit ihrem Mann auf einem kleinen Resthof in der Nähe von Bremen. Wenn sie könnte, würde sie sofort auf den Darß ziehen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843720779
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum02.07.2019
AuflageAuflage
Seiten250 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2900 Kbytes
Artikel-Nr.4026844
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 1
25. Juni

Ich hatte Thilos Stimme noch im Ohr, als ich an diesem Samstagvormittag das Haus verließ und die Tür krachend hinter mir ins Schloss fiel. Nimm´s nicht persönlich, Paula.

Ich sollte seine Worte wirklich nicht persönlich nehmen. Er hatte das bestimmt nicht böse gemeint. Hatte er jemals etwas böse gemeint?

Wie sollst du in dem Rock schon aussehen, hatte er schulterzuckend gemeint, so wie immer eben.

Warum hatte ich ihn überhaupt gefragt? Wahrscheinlich fiel ihm nicht mal auf, ob ich in Rock oder Hose aus dem Haus ging. Und es war blöd von mir, mich darüber zu ärgern.

Ich stellte den Motor meines neuen Kleinwagens an und fädelte mich dann in den Verkehr ein. Die Sitze rochen scheußlich, ich ließ beide Seitenfenster herunter und atmete die frische, klare Morgenluft ein. Bei einem raschen Blick in den Rückspiegel stellte ich fest, dass ich noch eine Klemme im Haar hatte. Ich hatte vorn links einen kleinen Wirbel, den ich morgens häufig mit Wasser und mehreren Haarklemmen bändigen musste. Konstantin, mein langjähriger Friseur, hatte mir zu einem modernen Kurzhaarschnitt geraten, passend zu meinem widerspenstigen Wirbel, doch ich hatte mich bisher nicht getraut. Abenteuerlust und Wagemut waren ohnehin Eigenschaften, die mir inzwischen so fremd waren wie die Vorstellung, auf dem Mars zu leben. Stattdessen hatte ich mir angewöhnt, mich anzupassen.

Mit einer raschen Handbewegung zog ich die Klemme heraus und warf sie auf den Beifahrersitz.

Die Sonne schien warm und freundlich, es würde ein wunderbarer Frühsommertag werden. Ein Tag, wie ihn Iris, meine hinreißende kleine Schwester, liebte.

Meine Mutter öffnete mir die Tür, im Hintergrund hörte ich Iris singen. »Morgen, Paula! Du siehst müde aus.«

Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich hab furchtbar geschlafen.« Ich ging an ihr vorbei in die große Küche. Der Frühstückstisch war hübsch gedeckt, in der Mitte stand ein Strauß Frühlingsblumen, gleich daneben ein weißer Kerzenständer aus Porzellan mit einer dicken roten Kerze darin. Ich setzte mich und griff nach einem Sesamhörnchen.

»Hast du noch nicht gefrühstückt?«, fragte meine Mutter.

Ich legte das Hörnchen wieder zurück und seufzte kopfschüttelnd. »Doch, ich bin wohl ein bisschen durcheinander.«

Sie setzte sich neben mich, die Hand auf meiner Schulter. »Ist was passiert?«

Ich schüttelte erneut den Kopf. »Nein, alles gut, Mama.«

»Ich kenne dich, Paula, und ich weiß, wann du mich anflunkerst.«

»Und flunkern tut man nicht!«, rief meine Schwester hinter uns und stürmte auf mich zu. »Trara, Paula ist da!«

Ich stand auf und ließ mich von ihr umarmen. Sie konnte so fest umarmen, dass einem glatt die Luft wegblieb. »Guten Morgen, Iris! Gut geschlafen?«

Sie schaute mich an, den Kopf zur Seite geneigt, und schien über etwas nachzudenken. Dann huschte ein strahlendes Lächeln über ihr Gesicht. »Dein Haar ist ganz schief.«

Ich fasste an meinen Kopf. »Schief? Was meinst du mit schief?«

Unsere Mutter lachte. »Ich glaube, sie meint deinen Haarwirbel. Hübscher Rock übrigens.«

»Danke!« Mein Herz machte einen kleinen Satz. Ich war Komplimente gar nicht mehr gewohnt.

»Ja, du siehst sehr schön aus.« Meine Schwester gab mir einen laut schmatzenden Kuss. »Meine Schwester ist die Schönste im ganzen Land.«

Ich musste lachen. »Danke, Iris, was für eine Ehre.«

Sie nahm meine Hand und drückte sie, auch das mit verblüffender Kraft. Schon oft hatten wir uns darüber gewundert, wie viel Kraft sie hatte. »Fahren wir jetzt?«, fragte sie ungeduldig.

»Ich würde gerne noch einen Kaffee trinken.«

Sie zog einen Schmollmund. »Och.«

»Es geht ganz schnell«, versprach ich.

»Wenn du schnell trinkst, verschluckst du dich und bekommst Bauchweh. Dann mach ich dir eine Wärmflasche.« Sie ließ sich auf den Stuhl neben mir fallen. »Ich freue mich so.«

»Dass ich mich verschlucken werde?«, fragte ich und schenkte mir Kaffee ein.

Sie schüttelte den Kopf, wobei ihr glattes braunes Haar hin- und herschwang. »Wir gehen auf den Markt.«

»Wie fast jeden Samstag«, erwiderte ich und lächelte.

Sie breitete die Arme aus. »Es riecht dort immer so gut.«

Jedes Mal, wenn ich sie anschaute, wurde ich von einem warmen Glücksgefühl durchflutet, und mein Herz zog sich zusammen. Wie wäre mein Leben wohl verlaufen, wenn es sie nicht gäbe? Nein, darüber mochte ich nicht mal nachdenken. Ich war so froh und dankbar, dass es sie gab. Und ich wäre wohl nicht die Paula, die ich geworden war.

»Bist du jetzt fertig?«, fragte sie mich gespannt, nachdem ich zwei Schlucke genommen hatte.

Ich stand auf und trank meinen Kaffee im Stehen aus. »Fertig.«

Sie klatschte in die Hände und sprang auf. »Es geht los! Wo ist meine Jacke, Mama?«

»Was singst du da eigentlich?«, fragte ich sie, als wir wenig später Hand in Hand über den gut besuchten Wochenmarkt schlenderten. Es roch nach Schnittblumen und frischem Obst und Gemüse, und in den Straßencafés liefen die Kellner und Kellnerinnen geschäftig umher, um die Tische zu reinigen.

»Helene Fischer. Kennst du die nicht?«

»Doch, aber dieses Lied kenne ich nicht.«

»Das ist auf ihrer neuen CD. Wenn du willst, leihe ich sie dir.« Sie musterte mich und grinste. »Du findest sie doof, oder?«

»Nein, nein.«

Jetzt lachte sie. »Doch, du findest sie doof.« Sie zog mich weiter. »Komm, wir gucken uns die komischen Birnen an.«

»Die komischen Birnen sind Avocados.«

»Die hab ich noch nie gegessen. Wie schmecken die?«

»Ein bisschen süß und leicht nach Nuss. Hast du wirklich noch nie welche gegessen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ehrenwort.«

Ich musste lachen. »Schon gut, ich glaube dir«, erklärte ich. »Soll ich welche kaufen?«

»Au ja.«

Ich holte zwei reife Avocados, dazu eine Tüte Gemüsezwiebeln, Lauch, frischen Knoblauch und Basilikum. Bei allem, was ich in meinen Korb legte, beobachtete sie mich sehr genau. »Wie viel musst du bezahlen?«, fragte sie mich.

»Wahrscheinlich eine ganze Menge.« Ich hatte alles in meinen Korb gepackt und nahm einen Zwanzigeuroschein aus dem Portemonnaie.

»Ui, so viel?«

»Elf Euro dreißig.« Helga, die nette Marktfrau, bei der ich am liebsten einkaufte, zwinkerte Iris zu und nahm zwei Aprikosen aus der Kiste. »Magst du die, Iris?«

Meine Schwester nickte eifrig. »Die liebe ich.«

»Dann lass sie dir schmecken.« Helga schenkte ihr immer irgendetwas, meistens einen Apfel oder eine Birne. Wenn Ihre Schwester mich anlächelt, geht mir das Herz auf, hatte sie irgendwann einmal zu mir gesagt.

Iris gab mir eine Aprikose. »Hier, für dich.«

Sie teilte grundsätzlich alles. Sie würde auch ihre Schuhe hergeben, wenn sie auf jemanden träfe, der ohne unterwegs war. Was meins ist, ist auch deins, war einer ihrer Grundsätze. Es gab eigentlich nur eins, was sie ungern teilte oder abgab: Bilder oder Poster von Elvis Presley. Den verehrte sie, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, und seine Schallplatten hörte sie rauf und runter.

Die Aprikose war weich und süß, und ich kaufte spontan eine ganze Tüte.

Helga lachte. »Sehen Sie, so funktioniert das.«

»Ich glaube, jetzt hab ich´s durchschaut.« Ich legte die Aprikosen zu den anderen Sachen und blickte mich nach meiner Schwester um. Wo war sie hingelaufen?

»Da vorne.« Helga zeigte nach rechts, wo Iris fröhlich umherhüpfte und sich alles mit großen Augen anschaute. Egal, wie oft wir herkamen, für sie gab es immer irgendetwas Neues zu entdecken.

»Essen wir jetzt ein Eis?« Sie kam zu mir zurück und hakte sich bei mir ein.

Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Unsere Mutter hatte sie mir zum Vierzigsten geschenkt. »Um diese Uhrzeit?«, fragte ich ernst.

Sie blieb stehen und sah mich entgeistert an. »Na klar!«

Ich lachte. »Weiß ich doch, Iris, ich wollte dich nur ein bisschen ärgern.«

Sie kitzelte mich. »Ich möchte Schoko und Vanille. Und vielleicht Banane. Oder Zitrone.« Sie zeigte auf mein Haar. »Schon wieder ganz schief.«

Ich seufzte und strich mit einer Hand darüber. Es war hoffnungslos.

Wir steuerten die nächste Eisdiele an, wo ein junger Kellner ein paar gestreifte Kissen auf den Stühlen verteilte.

Wir suchten uns einen Platz, von dem aus man das Markttreiben gut sehen konnte, und studierten die Eiskarte.

Vergessen waren Thilos uncharmante Äußerung, mein widerspenstiger Haarwirbel und das leise Gefühl von Unmut, das mich heute Morgen wieder einmal beschlichen hatte.
23. Oktober 1975

»Ist das Baby endlich da?«, fragte Paula ihren Vater, der neben ihr auf dem...
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