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Für eine kurze Zeit waren wir glücklich

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am01.03.20191
Von der Freude und Traurigkeit des Erwachsenwerdens, vom Ende der Unschuld und von der Kraft der Anteilnahme Im Sommer des Jahres 1961 kommt der Tod in vielen Formen nach New Bremen. Als Unfall. Als Selbstmord. Und als Mord. Zusammen mit seinem kleinen Bruder Jake scheint der dreizehnjährige Frank immer am falschen Ort zu sein - oder am richtigen, schließlich liefert eine Leiche auch Stoff für gute Geschichten. Bis das Sterben auch Franks Familie heimsucht. Plötzlich tut sich vor den Brüdern die ganze Welt der Erwachsenen auf, und der Tod fordert von allen eine Entscheidung: für die Familie, die Freunde und das Leben. »Ein wundervoller Erzählton. Ich liebe dieses Buch.« Dennis Lehane

William Kent Krueger, 1950 in Wyoming geboren, arbeitete nach seinem Studium in Stanford als Bauarbeiter und Journalist. Einem großen Publikum wurde er mit seiner Krimireihe um den Ex-Sheriff Cork O'Connor bekannt. »Für eine kurze Zeit waren wir glücklich« ist Kruegers erster literarischer Roman, mit dem er zum achten Mal in Folge den Sprung auf die Bestsellerliste der New York Times schaffte.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextVon der Freude und Traurigkeit des Erwachsenwerdens, vom Ende der Unschuld und von der Kraft der Anteilnahme Im Sommer des Jahres 1961 kommt der Tod in vielen Formen nach New Bremen. Als Unfall. Als Selbstmord. Und als Mord. Zusammen mit seinem kleinen Bruder Jake scheint der dreizehnjährige Frank immer am falschen Ort zu sein - oder am richtigen, schließlich liefert eine Leiche auch Stoff für gute Geschichten. Bis das Sterben auch Franks Familie heimsucht. Plötzlich tut sich vor den Brüdern die ganze Welt der Erwachsenen auf, und der Tod fordert von allen eine Entscheidung: für die Familie, die Freunde und das Leben. »Ein wundervoller Erzählton. Ich liebe dieses Buch.« Dennis Lehane

William Kent Krueger, 1950 in Wyoming geboren, arbeitete nach seinem Studium in Stanford als Bauarbeiter und Journalist. Einem großen Publikum wurde er mit seiner Krimireihe um den Ex-Sheriff Cork O'Connor bekannt. »Für eine kurze Zeit waren wir glücklich« ist Kruegers erster literarischer Roman, mit dem er zum achten Mal in Folge den Sprung auf die Bestsellerliste der New York Times schaffte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492993340
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum01.03.2019
Auflage1
SpracheDeutsch
Dateigrösse5861 Kbytes
Artikel-Nr.4038019
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Mondlicht sammelte sich auf dem Boden des Zimmers. Draußen belebte das Zirpen der Grillen und anderen Nachtgetiers das Dunkel. Es war noch nicht einmal Juli und trotzdem schon brütend heiß. Vielleicht lag ich deswegen wach. 1961 besaßen nur die reichsten Bewohner von New Bremen eine Klimaanlage. Wir anderen bekämpften die Hitze, indem wir tagsüber die Vorhänge schlossen und die Sonne aussperrten, und nachts lockten Ventilatoren die Verheißung kühlerer Luft heran. In unserem Haus gab es nur zwei Ventilatoren, und keiner davon stand in dem Zimmer, das ich mir mit meinem Bruder teilte.

Während ich mich auf der Bettdecke hin und her warf und versuchte, trotz der Hitze eine bequeme Position zu finden, klingelte das Telefon.

Vater sagte oft, dass Anrufe mitten in der Nacht nie etwas Gutes bedeuten. Trotzdem nahm er immer ab. Ich vermutete, dass das auch zu seiner Arbeit gehörte, als eines von den vielen Dingen, die Mutter an seinem Beruf verabscheute. Das Telefon stand auf einem Tischchen draußen im Flur vor meinem Zimmer. Ich starrte zur Decke hinauf und lauschte dem blechernen Schrillen, bis das Licht im Flur anging.

»Hallo?«

Auf der anderen Zimmerseite regte sich Jake, ich hörte sein Bettgestell quietschen.

Vater fragte: »Sonst irgendwelche Schäden?« Dann sagte er, müde und höflich: »Ich bin in ein paar Minuten da. Danke, Cleve.«

Er hatte noch nicht aufgelegt, da war ich schon aus dem Bett und stand im Flur. Seine Haare waren wild und zerzaust vom Schlaf, auf den Wangen lag ein bläulicher Bartschatten. Er sah müde und traurig aus. Er trug ein T-Shirt und gestreifte Boxershorts.

»Geh wieder schlafen, Frank«, sagte er.

»Kann ich nicht«, sagte ich. »Es ist zu heiß, ich war sowieso schon wach. Wer war das?«

»Die Polizei.«

»Ist jemand verletzt?«

»Nein.« Er schloss die Augen und rieb sich die Lider. »Es ist wegen Gus.«

»Ist er betrunken?«

Vater nickte gähnend.

»Und im Gefängnis?«

»Geh wieder ins Bett.«

»Kann ich mitkommen?«

»Du sollst wieder ins Bett gehen.«

»Bitte. Ich störe bestimmt nicht. Und schlafen kann ich jetzt sowieso nicht mehr.«

»Sprich leiser. Du weckst ja alle auf.«

»Bitte, Dad.«

Er hatte genügend Energie gehabt, aufzustehen und seine Pflicht zu erfüllen, aber um das Drängeln eines Dreizehnjährigen abzuwehren, der mitten in einer drückenden Sommernacht ein Abenteuer wittert, reichten seine Kräfte nicht. Also sagte er: »Zieh dich an.«

Jake saß auf der Bettkante. Er trug bereits seine Shorts und streifte gerade die Socken über.

»Wo willst du denn hin?«, fragte ich.

»Ich fahre mit.« Er kniete sich hin und angelte in der Schwärze unter seinem Bett nach seinen Turnschuhen.

»Den Teufel tust du.«

»Du hast Teufel gesagt«, kommentierte er halb unter dem Bett hervor.

»Und du bleibst hier, Howdy Doody.«

Jake war zwei Jahre jünger als ich und zwei Köpfe kleiner. Wegen seiner roten Haare, der Sommersprossen und der Ohren, die abstanden wie die Henkel einer Zuckerdose, nannten die anderen ihn manchmal Howdy Doody, wie die Bauchrednerpuppe aus dem Fernsehen. Wenn ich sauer war, sagte auch ich Howdy Doody zu ihm.

»Du kannst mir gar nichts b-b-b-befehlen«, sagte er.

In der Öffentlichkeit stotterte Jake ständig, aber bei mir tat er es nur, wenn er wütend oder verängstigt war.

»Nein«, gab ich zurück, »aber ich kann dich zu B-B-B-Brei schlagen, wenn ich will.«

Er hatte seine Turnschuhe gefunden und zog sie an.

Die Nacht ist die Finsternis der Seele, und für mich lag ein lustvoller Reiz darin, zu einer Uhrzeit auf den Beinen zu sein, zu der die ganze Welt tief und fest schlief. Vater brach häufig zu diesen einsamen Missionen auf, aber ich hatte noch nie mitkommen dürfen. Das war etwas Besonderes, und ich wollte es nicht mit Jake teilen. Aber ich hatte schon genug kostbare Zeit verschwendet, also ließ ich den Streit ruhen und zog mich an.

Mein Bruder wartete schon im Flur, als ich aus dem Zimmer kam. Ich hätte gern noch weiter mit ihm gestritten, aber da trat Vater aus dem Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Er musterte Jake, als läge ihm eine scharfe Bemerkung auf der Zunge. Aber dann seufzte er nur und bedeutete uns, vor ihm die Treppe hinunterzugehen.

Draußen zirpten die Grillen wie wahnsinnig. Glühwürmchen hingen in der schwülen, schwarzen Nachtluft, blitzten auf und verloschen wie das träge Blinzeln träumender Augen. Als wir zur Garage gingen, glitten unsere Schatten vor uns her wie schwarze Boote auf einem silbrigen Meer aus Mondlicht.

»Ich sitz vorn!«, rief Jake.

»Ach, komm. Du hast hier doch eigentlich gar nichts verloren.«

»Aber ich hab s als Erster gesagt.«

So lautete die Regel. Und in New Bremen, einer Stadt, die von Deutschen erbaut und bevölkert worden war, hielt man sich an die Regeln. Trotzdem beklagte ich mich weiter, bis Vater sich einschaltete. »Jake hat es als Erster gesagt«, entschied er. »Keine Diskussionen, Frank.«

Wir stiegen in den Wagen, einen dosenerbsengrünen Packard Clipper, Baujahr 1955, den Mutter »Lizzie« getauft hatte. Sie gab jedem unserer Autos einen Namen. Den Studebaker nannte sie »Zelda«. Der Pontiac Star Chief hieß »Klein Lulu«, nach der gleichnamigen Zeichentrickfigur. Es hatte noch weitere gegeben, aber ihr Liebling - der Liebling der ganzen Familie, bis auf Vater - war dieser Packard. Er war gewaltig, leistungsstark und elegant. Und er war ein Geschenk von Großvater und ein ständiger Streitpunkt zwischen meinen Eltern. Obwohl Vater es nie klar äußerte, hatte es, glaube ich, seinen Stolz verletzt, ein so kostspieliges Geschenk von einem Mann anzunehmen, den er nicht sonderlich mochte und dessen Werte er offen kritisierte. Schon damals war mir klar, dass Großvater Vater für einen Versager hielt und fand, Mutter habe etwas Besseres verdient. Jedes Abendessen, bei dem die beiden an einem Tisch saßen, war wie ein dräuendes Gewitter.

Wir fuhren los und durchquerten die Ebene - so nannten wir das Viertel von New Bremen, in dem wir wohnten. Es erstreckte sich am Ufer des Minnesota River unterhalb des Hochlands, wo die wohlhabenden Familien residierten. Dort, hoch über uns, lebten durchaus auch Leute, die nicht reich waren, aber niemand mit Geld zog in die Ebene. Wir fuhren an Bobby Coles Haus vorbei. Wie alle anderen Häuser auf unserem Weg war es stockdunkel. Ich versuchte, mir seinen Tod zu vergegenwärtigen, der erst einen Tag zurücklag. Ich hatte noch nie erlebt, dass ein anderes Kind gestorben war, und es kam mir unnatürlich und schauerlich vor, als hätte ein Ungeheuer Bobby Cole geraubt.

»Hat G-G-Gus Ärger?«, fragte Jake.

»Ein bisschen«, antwortete Vater. »Aber es ist nicht so schlimm.«

»Hat er nichts kaputt gemacht?«

»Diesmal nicht. Er hat mit einem anderen Mann Streit angefangen.«

»Das macht er oft.«

»Aber nur, wenn er betrunken ist«, meldete ich mich vom Rücksitz. Normalerweise war Vater dafür zuständig, Rechtfertigungen für Gus zu finden, aber er blieb auffallend still.

»Dann ist er eben oft betrunken«, sagte Jake.

»Genug jetzt.« Vater hob die Hand, und wir hielten den Mund.

Wir fuhren die Tyler Street entlang und bogen auf die Main Street ab. Die ganze Stadt war dunkel und voll wunderbarer Verheißung. Ich kannte New Bremen so gut wie mein eigenes Spiegelbild, aber nachts änderten sich die Dinge. Dann trug die Stadt ein anderes Gesicht. Das Ortsgefängnis lag direkt am Marktplatz. Nach der ersten Evangelisch-Lutherischen Kirche war es das zweitälteste Gebäude von New Bremen. Beide waren aus dem gleichen Granit erbaut worden, der dem Steinbruch vor der Stadt entstammte. Vater parkte schräg vor dem Gefängnis.

»Ihr zwei bleibt hier«, sagte er.

»Ich muss auf die Toilette.«

Er warf mir einen vernichtenden Blick zu.

»Tut mir leid. Bis wir wieder zu Hause sind, kann ich nicht warten.«

Er musste wirklich todmüde sein, so schnell, wie er nachgab. »Gut, dann komm mit. Du auch, Jake.«

Ich hatte das Gefängnis noch nie von innen gesehen, aber es hatte meine Fantasie immer schon intensiv beschäftigt. Jetzt stand ich in einem kleinen, schmucklosen Raum, der von Neonröhren erleuchtet wurde und sich in vielerlei Hinsicht kaum vom Maklerbüro meines Großvaters unterschied. Zwei Schreibtische, ein Aktenschrank und ein Schwarzes Brett mit Aushängen. In die rechte Wand war eine vergitterte Zelle eingelassen, und in der Zelle saß ein Häftling.

»Danke für s Kommen, Mr Drum«, sagte der Polizist.

Sie gaben sich die Hand, und Vater stellte uns vor. Officer Cleve Blake sah jünger als Vater aus, er trug eine goldene Nickelbrille und blickte uns aus blauen, verstörend aufrichtigen Augen an. Trotz der späten Stunde und der schwülen Nacht wirkte er in seiner Uniform wie aus dem Ei gepellt.

»Ist es nicht schon ein bisschen spät für euch, Jungs?«

»Wir konnten nicht schlafen«, antwortete ich. »Es ist viel zu heiß.«

Jake schwieg. Das war seine übliche Strategie, wenn er befürchtete, vor anderen Leuten zu stottern.

Den Mann in der Zelle kannte ich. Morris Engdahl. Ein unangenehmer Zeitgenosse. Schwarzes Haar, mit Pomade zur Schmalztolle gekämmt, und eine Vorliebe für schwarze Lederjacken. Er war ein Jahr älter als meine Schwester, die gerade die Highschool abgeschlossen hatte. Engdahl hatte keinen Schulabschluss. Er war geflogen, weil er einem Mädchen, das nicht mit ihm ausgehen wollte, ins Schließfach gekackt hatte. Aber er besaß den heißesten fahrbaren Untersatz, den ich je gesehen...
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Autor

William Kent Krueger, 1950 in Wyoming geboren, arbeitete nach seinem Studium in Stanford als Bauarbeiter und Journalist. Einem großen Publikum wurde er mit seiner Krimireihe um den Ex-Sheriff Cork O'Connor bekannt. "Für eine kurze Zeit waren wir glücklich" ist Kruegers erster literarischer Roman, mit dem er zum achten Mal in Folge den Sprung auf die Bestsellerliste der New York Times schaffte.