Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Wir, die wir jung sind

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
629 Seiten
Deutsch
Beck C. H.erschienen am14.02.20191. Auflage
Eine dramatische Familiengeschichte, die zugleich die Geschichte eines Firmenimperiums und eines Landes, die brutale, letztlich scheiternde Machtübergabe von den Alten zu den Jungen darstellt, von den Männern zu den Frauen - das erzählt Preti Taneja in ihrem preisgekrönten, spannenden und gewaltigen Debütroman.
Der alte Devraj, ehemaliger Maharadscha und Chef eines mächtigen indischen Mischkonzerns, der nur ehrfürchtig "The Company" genannt wird, ist alt geworden und will sein Erbe verteilen. Er hat drei Töchter, Ranjit Singh, sein Berater, Teilhaber und Wegbegleiter, hat zwei Söhne, die ebenfalls mit bedacht werden sollen.Wer wird sich durchsetzen in diesem umfassenden Machtkampf, der auch ein Geschlechterkampf ist?
Mit hoher Präzision und Intensität, nah an den Figuren entlang, erzählt Preti Taneja in diesem unerschrockenen, ergreifenden, aber auch sarkastischen Familienepos, dicht angelehnt an Shakespeares "King Lear", eine brisante und düstere, universelle Geschichte von Macht, Verrat, Untergang und Überleben.

Preti Taneja, aus einer indischen Familie stammend und in Großbritannien geboren und aufgewachsen, hat als Menschenrechtsaktivistin und Journalistin aus Krisengebieten berichtet, unterrichtet an der Warwick University, ist Mitbegründerin von ERA Films und Herausgeberin von VISUAL VERSE. Für ihre Novelle "Kumkum Malhotra" erhielt sie den Gatehouse Press New Fictions Prize 2014, für "We that are young" den wichtigen britischen Desmond Elliot Prize für das beste Romandebüt.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextEine dramatische Familiengeschichte, die zugleich die Geschichte eines Firmenimperiums und eines Landes, die brutale, letztlich scheiternde Machtübergabe von den Alten zu den Jungen darstellt, von den Männern zu den Frauen - das erzählt Preti Taneja in ihrem preisgekrönten, spannenden und gewaltigen Debütroman.
Der alte Devraj, ehemaliger Maharadscha und Chef eines mächtigen indischen Mischkonzerns, der nur ehrfürchtig "The Company" genannt wird, ist alt geworden und will sein Erbe verteilen. Er hat drei Töchter, Ranjit Singh, sein Berater, Teilhaber und Wegbegleiter, hat zwei Söhne, die ebenfalls mit bedacht werden sollen.Wer wird sich durchsetzen in diesem umfassenden Machtkampf, der auch ein Geschlechterkampf ist?
Mit hoher Präzision und Intensität, nah an den Figuren entlang, erzählt Preti Taneja in diesem unerschrockenen, ergreifenden, aber auch sarkastischen Familienepos, dicht angelehnt an Shakespeares "King Lear", eine brisante und düstere, universelle Geschichte von Macht, Verrat, Untergang und Überleben.

Preti Taneja, aus einer indischen Familie stammend und in Großbritannien geboren und aufgewachsen, hat als Menschenrechtsaktivistin und Journalistin aus Krisengebieten berichtet, unterrichtet an der Warwick University, ist Mitbegründerin von ERA Films und Herausgeberin von VISUAL VERSE. Für ihre Novelle "Kumkum Malhotra" erhielt sie den Gatehouse Press New Fictions Prize 2014, für "We that are young" den wichtigen britischen Desmond Elliot Prize für das beste Romandebüt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406734489
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum14.02.2019
Auflage1. Auflage
Seiten629 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4067034
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


I
Jivan


Eins


Es geht nicht um Land, es geht um Geld. Während die Welt ringsumher in Pendelschwüngen wegsackt, flüstert er sein Mantra. Das glitzernde Band der Themse, die offiziellen Stempel der königlichen Parks, eine kahle, weiße Kuppel mit gelber Kronenähre, verschluckt das tiefe Dämmerlicht des Sommers. Das Flugzeug hebt sich über die wattige Wolkendecke, unter der England behaglich eingepackt von besseren Zeiten träumen kann. Auf seiner Uhr ist es immer noch gestern. Er stellt die Uhr vor: Jetzt ist es morgen, nur noch acht Stunden Flug.

Er hat den Fensterplatz mit dem kaputten Touchscreen bekommen: Bordansagen oder Slumdog Millionaire, der letzte Film, den er mit Ma im Kino gesehen hat - an dem Wochenende, als Filmpremiere war. Die Leute, die Schlange standen, waren allesamt braun, daher duckte sich Ma ausnahmsweise nicht in seinem Schatten, so als könnten seine Jeans und sein Kamelhaarmantel sie beschützen und erklären. Stattdessen stritten sie wieder einmal über Iris, und als er Karamellpopcorn besorgen ging, fing sie an zu schniefen: Sie sagte, eine Erkältung sei im Anmarsch. Als der Abspann über die gesamte Besetzung lief, die in dichten Reihen auf einem indischen Bahnhof tanzte, schniefte sie immer noch. Als sie aus dem Kino kamen, dachte er, sie hätte geweint - er legte den Arm um sie: Ihr Kopf war für ihn die perfekte Kinnstütze. Auf seine Frage, ob ihr der Film gefallen habe, sagte sie, nein, kein bisschen. Abgesehen von den Songs sei das nicht das echte Indien gewesen.

Der Flug vom JFK bis zur Zwischenlandung in LHR hatte sich in die Länge gezogen. Er ist wohlig beschwipst vom Johnnie Walker, den er schätzt, auch wenn er weiß, dass es bessere Marken gibt. Er hat das Gefühl, dieser Whisky sei genau auf ihn zugeschnitten, so als hätte ein Kind in einem Geschenkartikelshop einen Becher mit seinem eigenen Namen gefunden. In Amerika hatte kein solcher Shop einen JIVAN-Becher, deshalb borgte er sich JON und war dabei geblieben, seit er dieselbe Reise in umgekehrter Richtung angetreten hatte. Als Dreizehnjähriger. Begeistert, aus Indien fortzugehen, weil man ihm den ersten Flug seines Lebens versprochen hatte.

Vorwärts, vorwärts, befiehlt er dem Flugzeug und trommelt dabei auf seinen Klapptisch, was ihm einen kurzen Seitenblick von seiner Nachbarin beschert, die neben ihm eingekeilt sitzt. Sie fotografiert die Rückseite des Bordmagazins mit ihrem iPhone (4): Ambika Gupta offeriert Ihnen das Wunder höherer Numerologie: eine Ziffer für Ihre Zukunft. Sie stößt den Mann an, der rechts neben ihr sitzt: ein Sardarji mit blauem Turban und farblich passendem Trikotpullover, der über seinem Bauch spannt und auf den in Weiß die Zahl 5 gestickt ist. Der Typ sieht aus, als erwarte er Fünflinge. Sie lächelt ihn an und lehnt sich wieder zurück. Ihre Hände sind über und über mit dünnen roten Linien in verblassendem Hochzeitshenna verziert, so als hätte man sie nach links gedreht: ein einziges Paisleymuster, von qualvoller Schönheit. Sie trägt einen Platinring mit einem viereckigen, weißen Brillanten und hat eine Handtasche von Longchamp wie alle wunderhübschen Mädchen; wasserfestes Marineblau mit Lederbesatz, aber klein, das billigste Modell. Weißt du denn nicht, hübsches Kind, dass keine Tasche besser ist als alles allzu Bemühte? Sie blättert das Magazin durch: Reklame für Marc Jacobs und Charlize Theron, blättert zu den technischen Schnickschnacks, den Filmen, klimper-klingeling machen die roten Glasreifen an ihren Handgelenken.

Es klingt wie das Vorspiel von Mas Übungsmusik. Wenn sie mit Akkuratesse Kathak tanzte und Jivan den Takt schlug. Erst auf seinem Handteller, Dha-din-din-dha. Seine Erinnerungen haben die Farbe ihrer letzten Monate: Ma, deren Braun zu Gelb verblasste, ein blauer Fleck, der vor dem Krankenhausweiß nicht heilen wollte. Dha-din-din-dha klopften ihre Finger sacht an seine Schläfen - und verrauschten gegen Ende mit ihrem Röcheln - dem Hintergrundbrummen der Flugzeugmotoren in seinen Ohren. Sie fliegen, wer weiß wo, hoch über den Bergen.

Er holt sein Bordmagazin heraus. Auf dem Titelbild ist eine Karikatur - ein kleiner, brauner Körper mit einem übergroßen Kopf. Unter einem weißen Haarkranz pusten zwei aufgeblähte Backen die Kerzen einer riesenhaften, euterförmigen Geburtstagstorte aus. Indien, aus dem die Türmchen der Heritage Hotels und Fabrikschornsteine wie Pilze aus dem Boden schießen. Autos rasen entlang, Stoffbündel öffnen sich, Tiger jagen Ziegen über spritzende Bohrinseln. Die orangefarbene Schlagzeile brüllt: Herzlichen Glückwunsch zum 75., Devraj Bapuji! Das Spotlight fällt auf ein gerissenes, altes Gesicht. Dieser Mann auf dem Titelblatt, auf diesem Flug - das hätte Ma als Zeichen erachtet.

- Etwas zu trinken, Sir?

Die Flugbegleiterin ist: Weißbrot mit Pflaumenmus und zum Anbeißen; ihr Lächeln verheißt Getränke, Upgrades, Händehalten, wenn das Flugzeug abstürzt. Jon will ihr das Bordmagazin zeigen und sagen: Hey, in Wirklichkeit heiße ich Jivan! Als Kind hab ich diesen Typen gekannt! Das ist Bapuji, der Pate meines Halbbruders. Er ist wie ein Onkel für mich, wenn auch nicht blutsverwandt, Sie wissen schon. Ich bin mit seinen Töchtern aufgewachsen, mit Gargi und Radha, und ich weiß noch, wie Sita, die Jüngste, auf die Welt kam. Er könnte sogar die verbotenen[1] Worte sagen: Haben Sie von Ranjit Singh gehört, Bapujis stellvertretendem Kommandeur? Der ist eigentlich mein Pa! Er sollte ihr einfach die gesamte Besetzung samt Stammbaum aufmalen.

«Nein danke», sagt er. «Ich möchte nichts.»

Das Flugzeug dreht nach Osten. Auf dem Monitor schiebt sich ein winziges Ebenbild langsam vorwärts und streicht die halbe Welt mit einer dünnen, roten Linie aus. Damit sein Hemd und sein Anzug nicht verknittern, wechselt er wieder die Stellung. Auf seiner Krawatte ist ein Streifen, der auf eine gewisse Universität verweist (Harvard); er trägt englische, maßgeschusterte Schuhe (Lobbs). Mit diesen Errungenschaften kehrt er zurück. Nach fünfzehn Jahren. Nach Delhi, der Stadt seiner Kindheit, auf der Karte eine Raute in einer Raute.

Die Kabinenlichter gehen aus. Die Passagiere lehnen sich zurück, steif wie Schaufensterpuppen, die Augen voreinander maskiert. Er schlägt das Magazin auf.

Geburtstagsgrüße, von Barun J. Bharat.

J. J. J. Vielleicht, überlegt Jivan, gehört Barun zu denen, die solche Zusatzinitialen nötig haben, so wie manche Männer Krawattennadeln brauchen, um sich sicher zu fühlen. Oder vielleicht hat er einen Bruder, der berühmter ist als er.

Das Zeitalter von Devraj, schreibt Barun. Wir salutieren vor ihm, dem Gründer der Devraj Company, einem der beliebtesten indischen Tycoons, der gerade sein fünfundsiebzigstes Lebensjahr vollendet hat.

Devraj. In Safarianzug und Safarihut grinst er von einer Doppelseite. Bis zu den Knien im Wasser der fragilen Sunderbans, ein Tigerbaby in den Armen. Geschäftsmann mit visionärem Weitblick, für Millionen ein Guru, Arbeitgeber für Tausende, Oberhaupt eines Hotelunternehmens mit hundert Häusern, Vater von Gargi, Radha und Sita, drei bezaubernden Töchtern, lautet die Bildunterschrift. Adoptivvater von Tipu Sultan, einem zweijährigen Tigerbaby, aufgezogen von Devraj Bapuji, dem Tierfreund und Umweltheroen, im Privatzoo der Company.

Und außerdem - außerdem - Pate eines Glückspilzbruders namens Jeet. Wie konnte Barun J. Bharat, der Bordmagazinjournalist, das auslassen? Und was ist mit den Textilfabriken, die vom Punjab bis Trivandrum Seide zu Gold spinnen? Oder mit den Ziegel-und-Zement-Bauten in echten Backwaters? Husten und prusten, sagte der große, böse Wolf, aré, natürlich wird das Haus nicht niedergepustet. Nicht zu vergessen die Transportbranche, die auf Fertigteile aus den Fabriken der Company angewiesen ist, die wiederum aus dem Stahl bestehen, der in Unternehmen der Company gewonnen und verhüttet wird. Barun braucht Nachhilfe in richtiger Recherche: jenes tiefschürfende Googlen, das man vielleicht betreibt, wenn man in sehr ferne Galaxien verbannt worden ist und im Exil wartend überleben will.

Es gibt ein paar Neuigkeiten: Die Company stellt jetzt auch Autos her. Sie wird im Namen von Devrajs jüngster, heiß geliebter Tochter Sita und in Anerkennung ihres vielfältigen Engagements, insbesondere dem für Mutter Natur, Indiens ersten Hybriden produzieren, das kleinste...
mehr

Autor

Preti Taneja, aus einer indischen Familie stammend und in Großbritannien geboren und aufgewachsen, hat als Menschenrechtsaktivistin und Journalistin aus Krisengebieten berichtet, unterrichtet an der Warwick University, ist Mitbegründerin von ERA Films und Herausgeberin von VISUAL VERSE. Für ihre Novelle "Kumkum Malhotra" erhielt sie den Gatehouse Press New Fictions Prize 2014, für "We that are young" den wichtigen britischen Desmond Elliot Prize für das beste Romandebüt.