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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am27.02.20191. Auflage
Die unglaubliche Entdeckung, dass die eigene Mutter eine Spionin war Nach dem Tod der Mutter erhält András Forgách Akten vom Geheimdienst, die sein Leben auf den Kopf stellen. Er hing zärtlich an seiner Mutter und hatte ihre Lebensgeschichte rekonstruiert: eine ungarische Jüdin, die aus Tel Aviv nach Budapest zurückkehrte, weil sie Lenin über alles liebte und dem Werben eines Journalisten erlag. Sie lebten in London, Paris, in Budapest. Stets war sie der Mittelpunkt des turbulenten Freundeskreises, der Anker der Familie. Und doch hatte sie alle, sogar die Söhne, bespitzelt und verraten. So steht es in den Akten. Wohin jetzt mit der Liebe, wo nichts im Leben mehr stimmt? Verrat ist die Signatur des letzten Jahrhunderts, und selten wurde von ihr mit so viel Empathie und psychologischer Klugheit, mit Witz und Charme erzählt - die Geschichte einer unmöglichen Liebe und eines verlorenen Lebens.

András Forgách, geboren 1952, gehört zu den prägenden Gestalten des kulturellen Lebens in Ungarn. Der mehrfach preisgekrönte, vielseitige Autor verfasste zahlreiche Theaterstücke, inszenierte an verschiedenen Theatern, schrieb die Drehbücher zu mehreren Filmen, und ist Übersetzer literarischer Werke aus dem Englischen, Französischen und Deutschen. András Forgách lebt in Budapest.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextDie unglaubliche Entdeckung, dass die eigene Mutter eine Spionin war Nach dem Tod der Mutter erhält András Forgách Akten vom Geheimdienst, die sein Leben auf den Kopf stellen. Er hing zärtlich an seiner Mutter und hatte ihre Lebensgeschichte rekonstruiert: eine ungarische Jüdin, die aus Tel Aviv nach Budapest zurückkehrte, weil sie Lenin über alles liebte und dem Werben eines Journalisten erlag. Sie lebten in London, Paris, in Budapest. Stets war sie der Mittelpunkt des turbulenten Freundeskreises, der Anker der Familie. Und doch hatte sie alle, sogar die Söhne, bespitzelt und verraten. So steht es in den Akten. Wohin jetzt mit der Liebe, wo nichts im Leben mehr stimmt? Verrat ist die Signatur des letzten Jahrhunderts, und selten wurde von ihr mit so viel Empathie und psychologischer Klugheit, mit Witz und Charme erzählt - die Geschichte einer unmöglichen Liebe und eines verlorenen Lebens.

András Forgách, geboren 1952, gehört zu den prägenden Gestalten des kulturellen Lebens in Ungarn. Der mehrfach preisgekrönte, vielseitige Autor verfasste zahlreiche Theaterstücke, inszenierte an verschiedenen Theatern, schrieb die Drehbücher zu mehreren Filmen, und ist Übersetzer literarischer Werke aus dem Englischen, Französischen und Deutschen. András Forgách lebt in Budapest.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104903576
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum27.02.2019
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3544 Kbytes
Artikel-Nr.4168953
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Der Versuch

Die beiden Jungs saßen schon seit gut einer halben Stunde draußen im Flur herum. Sie waren mit dem Lift in die dritte Etage gefahren. Hinter den gepolsterten Türen hörte man das emsige Klopfen von Schreibmaschinen, offenbar fand ein reges Büroleben statt, Sekretärinnen huschten über den holzverkleideten Flur, auf unvermeidlichen Pfennigabsätzen, mit zu unterschreibenden Papieren in der Hand, ab und zu trabte auch der eine oder andere schlechtgekleidete Mann mit Plauze, in Anzug und Krawatte an ihnen vorbei, dicke Dossiers unterm Arm, und von Zeit zu Zeit tauchte auch jemand in Militäruniform mit einer Pistolentasche an der Seite auf - sie alle kamen und gingen, taten ihre Arbeit, als würden sie die beiden Jungs gar nicht bemerken. Niemand sonst wartete auf diesem vermutlich nicht für´s Warten ausgelegten, holzverkleideten Flur, was ziemlich merkwürdig war, und sie hatten unabhängig von allem das möglicherweise unbegründete Gefühl, dass sie beobachtet wurden, dass dieses Gewusel nur ein für sie inszeniertes Theaterstück war und die lange Wartezeit nur dazu diente, sie zu beobachten, auch wenn sie diesen Gedanken vertrieben und sogar darüber lachten, denn Warten war ja schließlich der normale Gang der Dinge, dafür ist ein Amt schließlich ein Amt. Dennoch erwachte in ihnen dieser leise Verdacht, als ein stark erkahlender junger Mann schon das zweite Mal an ihnen vorbeiging, und während sie so taten, als würden sie außerhalb und über diesem Ganzen stehen, schlug das, auf Ungarisch gibt es kein gutes Wort dafür, unheimliche Gefühl in ihnen Wurzeln, dass das ganze Gebäude sie beobachtete. Aber vielleicht beobachtete man sie auch gar nicht, sondern wollte bloß, dass sie sich so fühlten, als würden sie beobachtet. Schließlich waren sie, obwohl sie getrennt voneinander angekommen waren, pünktlich, und man kann zwar von einem Beamten, der Tag für Tag so viel Arbeit zu erledigen hat, Unmengen an administrativen Aufgaben, nicht erwarten, dass er einen jeden sofort empfängt, der von der Straße hereinkommt, aber wenn dies ein Amt war, in das sie zu einem konkreten Zeitpunkt einbestellt worden waren, wozu dann die Warterei?

 

Das grau verputzte oder vielleicht doch nur infolge der Verwahrlosung grau gewordene Eckgebäude löste eine undefinierbare Angst in ihnen aus, vor allem der Haupteingang, wo ein uniformierter Kerl sie nach ihrem Ausweis gefragt und ihre Daten in ein großes Portiersbuch eingetragen hatte, er hatte auch irgendwo angerufen und ihre Ankunft angekündigt. Im Eckgebäude befand sich, laut der neben dem Eingang an die Wand befestigten schwarzen Glastafel mit goldenen Buchstaben die Passabteilung des Ministeriums des Inneren, in der Rudas-László-Straße 45, in diesem abweisenden Gebäude, das wegen seiner Proportionen für einen Moment doch unerwartet schön erschien. Obwohl die besondere Symmetrie ihnen gar nicht auffiel: von der Straße, wenn man zu Fuß vom Lenin-Ring kam, war davon nichts zu sehen, nur das Grau, genauer gesagt, das Stahlgrau. Vielleicht war nur so viel geschehen in diesem Juni 1978, an einem nicht besonders heißen Sommertag. Es war ein Vorkriegsgebäude, das war sicher, die Proportionen zeigten es an, die Fenster, die beiden Rosetten über dem Haupteingang, die halb von einer Glaskonstruktion mit schmiedeeisernen Trägern über dem Tor verdeckt wurden. Auch dieses Gebäude war übertüncht von der für sämtliche Häuser der Gegend typischen verwahrlosten, schmutzigen Bedeutungslosigkeit, dennoch, wenn die beiden Jungs das Gebäude im Ganzen gesehen hätten, hätten sie vielleicht wahrgenommen, dass es aussah, als hätte man eine Kirche mit einem Amtsgebäude verschmolzen: links vom Eingang wurde der Risalit auf der Stirnseite als unerwartetes Element durch Säulen und Rundbogenfenster verziert, oben deutete ein Tympanon die Vielschichtigkeit der Innenräume an, und damit die Bedeutung des Risalits noch geheimnisvoller wurde, war unter dem Tympanon ein noch kleinerer Tympanon zu sehen. Die Sphinx auf dem Hausdach mit ihrem regungslosen Gesicht konnte endgültig nicht mehr ins Auge fallen, denn wer käme schon auf die Idee, auf die andere Seite der Rudas-László-Straße zu gehen, um von dort aus die Hauptstirnseite der Passabteilung des Ministeriums des Inneren sorgfältig zu betrachten? Vielleicht hätte man das Gebäude von jenseits der Bahnschienen, aus der Ferne, aus dem fünften Stock eines dortigen Hauses in seiner ganzen Pracht sehen können. So konnte man insbesondere die in den Tympanon geschriebene Jahreszahl MDCCCLXXXXVI nicht erkennen, die stolz verkündete, dass das Haus nicht einen, sondern zwei Kriege zuvor gebaut worden war, im Jahre des großen Aufschwungs und des tausendjährigen Bestehens des ungarischen Staates. Sorgsame Hände - oder Bomben oder eine gut gezielte Maschinengewehrsalve - hatten die halbnackten weiblichen Hermen heruntergeschlagen, die auf den Schlusssteinen des mit Bossenwerk versehenen Erdgeschosses zu sehen gewesen waren, schmucklose Romben nahmen jetzt ihre Plätze ein. Aber es gab auch Fehlstellen, die der listige Architekt eingeplant hatte: An der Ecke Rudas-László und Vörösmarty sah es so aus, als hätte man mit einem Tortenmesser ein Stück aus dem Haus herausgeschnitten, ein längliches, dreieckiges Stück, wodurch das Haus eigentlich gar keine Ecke mehr hatte. Als würde es eine Behauptung aufstellen und als hätte das Gebäude mit dieser kleinen Fläche die gesamte Einwohnerschaft der Stadt ansprechen wollen, gab es im zweiten Stock eine schmale, leer gebliebene Skulpturennische, wie ein Rednerpult, überdacht vom unerwarteten Schmuckelement eines durchbrochenen Baldachins, darüber ein absichtlich leer gelassenes Wappenschild - all das war in den Wirren des Weltkrieges abgefallen, und nichts verriet, dass die Jungs an diesem Freitagvormittag ein wenig schüchtern, von der durch die Junisonne beschienenen Straße aus, das ehemalige Gebäude der Symbolischen Großloge Ungarns betraten, das ehemalige Palais der Freimaurer. Es war ein klassisches kommunistisches Amt, wegen der Holzverkleidung vielleicht ein wenig eleganter als der Durchschnitt, und auch von der maßgeschneiderten ursprünglichen Möblierung war noch das eine oder andere Stück in den Büros verblieben. Laut der Wunschliste an den Architekten wurden im Gebäude drei Schreine und zwei Werkstätten geplant. Während früher die einzelnen Logen über ihre eigenen Räume verfügt hatten, wirkten hier der damaligen Gepflogenheit entsprechend mehrere Logen entlang eines bestimmten Zeit- und Raumplans. Es gab noch einen Speisesaal im Gebäude, wo man die launigen Unterhaltungen nach der Arbeit abhielt, sowie einen mietbaren Saal, eine Bibliothek, einen Gesellschaftsraum und ein Spielzimmer sowie die Amtsräume. Die wichtigsten Freimaurersymbole hatte man diskret an weniger sichtbaren Stellen des Gebäudes eingeplant. In den kleinen Tympanon, unter dem großen gelegen, kamen Blumensträuße, die Aedicula der Fenster in der Beletage waren von Rocaille geschmückt, die an den Wänden verstreuten Stuckverzierungen hatten keinerlei symbolische Bedeutung. Die Erklärung für das Fehlen von Inhalten konnte sein, dass die Freimaurer immer eine sehr große Zurückhaltung beim Vorzeigen ihrer Symbole pflegten. Nur die aufmerksamsten Passanten entdeckten die Dachverzierungen hinter den die Urnen und die Kegelbalustraden schmückenden Brüstungen. Neben der sich auf eine Erdkugel stützenden Sphinx war ein anderes Hauptzierelement des Gebäudes eine von vier Eulen gehaltene Himmelskugel, rundherum ausgestattet mit den Zeichen des Zodiaks. Auf dem Podest desselben befand sich das wichtigste Freimaurerzeichen, der übereinandergelegte Zirkel und der Winkel, gekrönt von dem die Gottheit symbolisierenden strahlenden Dreieck.

Der jüngere Junge betrat mit leichtem Magenflattern ein Amtszimmer mit unregelmäßigem Grundriss und einer recht niedrigen Decke. In der Mitte des Zimmers thronte ein riesiger Tisch, und der kleingewachsene Mann mit dem doppelten Doppelkinn, der die Uniform eines Oberstleutnants und eine Brille mit Goldrahmen trug und ihm herzlich einen Platz anbot, verschwand, als er sich selbst hinsetzte, für einen Moment fast hinter diesem Tisch. Wegen der unregelmäßigen Form - als hätte man es aus mehreren Räumen zusammengefügt - wirkte das Büro gleichzeitig überraschend groß, weitläufiger als gewohnt, aber durch den schmalen Schnitt auch eng und unbequem. Auf der linken Seite, neben der hinteren Wand, war eine kleine Einbuchtung zu sehen, deren Tiefe man nicht abschätzen konnte, vielleicht war es ein Durchgang, und es hätte sich ganz ruhig jemand dort aufhalten können, um das Gespräch, das im Zimmer geführt wurde, zu belauschen, denn wer das Zimmer vom Flur her betrat und mehrere Schritte in den Raum hinein gemacht hatte, könnte einen Lauscher nicht erkennen. Wegen der niedrigen abgehangenen Decke und besonders wegen der ungeschickt verdeckten Rundbogenfenster, die offensichtlich für einen viel größeren Innenraum geplant worden waren und die kaum Licht von der Straße hereinließen, musste man hier drinnen auch tagsüber das Licht brennen lassen, sonst hätte Halbdunkel geherrscht, so dass der Raum in manchen Augenblicken, entsprechend der Seelenlage der sich in ihm Aufhaltenden, ganz winzig und finster erschien. Noch seltsamer war, dass der Boden vor den Rundbogenfenstern, aus irgendeiner sonderbaren Überlegung heraus oder gezwungenermaßen, über eine Fläche von anderthalb Metern hinweg etwa zwanzig Zentimeter tiefer war als der Rest, und wenn jemand dort entlanggehen wollte, musste er unentwegt eine Stufe hoch- oder runtersteigen, als würde er hinken:...
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Autor

András Forgách, geboren 1952, gehört zu den prägenden Gestalten des kulturellen Lebens in Ungarn. Der mehrfach preisgekrönte, vielseitige Autor verfasste zahlreiche Theaterstücke, inszenierte an verschiedenen Theatern, schrieb die Drehbücher zu mehreren Filmen, und ist Übersetzer literarischer Werke aus dem Englischen, Französischen und Deutschen. András Forgách lebt in Budapest.Terézia Mora wurde 1971 in Sopron, Ungarn, geboren und lebt seit 1990 in Berlin. Für ihren Roman »Das Ungeheuer« erhielt sie 2013 den Deutschen Buchpreis. Ihr literarisches Debüt, der Erzählungsband »Seltsame Materie«, wurde mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. Für ihr Gesamtwerk wurde ihr 2018 der Georg-Büchner-Preis zugesprochen. Terézia Mora zählt außerdem zu den renommiertesten Übersetzerinnen aus dem Ungarischen.