Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Meine Zeit mit Eleanor

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Atlantik Verlagerschienen am01.04.2019
» Großartige Unterhaltung. «   - Elle   Washington, 1932: Die junge Reporterin Lorena Hickok reist in die Hauptstadt, um in der heißen Phase des Wahlkampfs um das Präsidentenamt regelmäßig Einblicke ins Leben des Kandidaten Franklin D. Roosevelt und seiner Frau Eleanor zu liefern. Als Roosevelt wenige Monate später das Rennen für sich entscheidet, zieht 'Hick' ebenfalls ins Weiße Haus ein - und wird zur Geliebten der First Lady.  Eine wahre Geschichte über zwei besondere Frauen mitten im Machtzentrum der USA.

Amy Bloom, geboren 1953, ist Autorin mehrerer Romane und Erzählungen und war bereits für den National Book Award nominiert. Sie schreibt u. a. für den New Yorker, die New York Times und Vogue. Bei Atlantik erschienen von ihr Wir Glücklichen (2015), Zwischen hier und hier (2016) und Meine Zeit mit Eleanor (2019). Mehr Informationen unter: www.amy-bloom.com
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext» Großartige Unterhaltung. «   - Elle   Washington, 1932: Die junge Reporterin Lorena Hickok reist in die Hauptstadt, um in der heißen Phase des Wahlkampfs um das Präsidentenamt regelmäßig Einblicke ins Leben des Kandidaten Franklin D. Roosevelt und seiner Frau Eleanor zu liefern. Als Roosevelt wenige Monate später das Rennen für sich entscheidet, zieht 'Hick' ebenfalls ins Weiße Haus ein - und wird zur Geliebten der First Lady.  Eine wahre Geschichte über zwei besondere Frauen mitten im Machtzentrum der USA.

Amy Bloom, geboren 1953, ist Autorin mehrerer Romane und Erzählungen und war bereits für den National Book Award nominiert. Sie schreibt u. a. für den New Yorker, die New York Times und Vogue. Bei Atlantik erschienen von ihr Wir Glücklichen (2015), Zwischen hier und hier (2016) und Meine Zeit mit Eleanor (2019). Mehr Informationen unter: www.amy-bloom.com
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455005691
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum01.04.2019
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse636 Kbytes
Artikel-Nr.4170769
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverTitelseiteWidmungPrologErster TeilZweiter TeilDritter TeilVierter TeilAnmerkung der AutorinTextnachweisDanksagungBiographieImpressummehr
Leseprobe
Prolog

Freitag, 27. April 1945, am Nachmittag

29 Washington Square West

New York, New York

 

Alte Liebe rostet nicht.

Ich habe die Blumen so schön wie möglich arrangiert. Levkojen und Löwenmäulchen, rosa Rosen und Osterglocken, besorgt beim italienischen Floristen, in jedem Zimmer steht eine Vase davon. Ich habe die vier Zimmer, die bereits sauber und ordentlich waren, auf Vordermann gebracht. Das Radio funktioniert noch. Der Plattenspieler ebenso, irgendjemand hat Alben von Cole Porter und Gershwin dagelassen, und aus den Zeiten, als ich häufiger hier war, ist noch eine zerkratzte Schallplatte von La Bohème mit Lisa Perli da. Ich war zweimal beim Lebensmittelladen an der Ecke (Eier, Milch, Brot, Meerrettichkäse, Sardinen, und dann musste ich noch mal los, weil ich in der Wohnung keinen Büchsenöffner fand) und habe uns ein paar Häuser weiter etwas zum Zwitschern besorgt. Ich hoffe, dass wir heute Nachmittag um fünf bereits unsere Sidecars trinken. Ich habe Zitronen gekauft. Alles, was wir brauchen, soll zur Hand sein. Ich hoffe, wir werden dieses Wochenende nicht einmal den Hausflur zu sehen kriegen.

Ich ziehe mich im Wohnzimmer um. Das Schlafzimmer sollte ich nicht betreten, finde ich, jedenfalls nicht unaufgefordert. Ich gehe davon aus, dass ich auf der Couch schlafen werde. Ich habe meinen marineblauen Sulka-Pyjama mitgebracht, um der alten Zeiten willen.

Der Radiosprecher erhebt die Stimme wie ein Trainer auf dem Spielfeld und meldet, achtzehn große deutsche Städte stünden in Flammen. Die deutsche Infanterie-Division Potsdam ermorde systematisch im Kampf verwundete Amerikaner. Mit munterer Stimme verkündet er, zweitausend amerikanische Flugzeuge bombardierten derzeit Eisenbahnknoten in der Nähe von Berlin sowie Nachschublinien in Süddeutschland. Er sagt: Gute Nacht, meine Damen und Herren, der Sieg ist in Sicht. Ich hoffe, er hat recht.

Ich bin froh, und ich bin müde. Ich werde das Ende des Kriegs auf Long Island feiern, mit ein paar anderen alten Schrullen und unseren Hunden, und wir werden alle auf Franklin Roosevelt anstoßen, der das Kriegsende nun also nicht mehr erleben darf. Meine Nachbarin Gloria und ich werden »Straighten Up and Fly Right« singen. Wir werden alle weinen.

Ich setze mich auf die Wohnzimmercouch und warte. Früher konnte ich, wenn ich Eleanors Gesicht sah, in ihrem Herzen lesen, und ich habe Angst, dass ich das vielleicht nicht mehr kann. Ich rechne damit, dass sie aschgrau vor Roosevelt-Leid sein wird, einem Leid, das nicht nur ertragen, sondern zugleich zur Schau getragen werden muss, und zwar elegant, sodass man ihr Bemühen erkennt, gegenüber der Trauer und demonstrativen Bedürftigkeit aller anderen Geduld zu zeigen. Darunter allerdings quält sie vermutlich, genau wie damals bei ihrem Bruder, ein Widerhaken zorniger Trauer, den sie herausziehen würde, wenn sie es nur könnte. Sie hat mir mal gesagt, nichts sei so schlimm für sie gewesen wie der Tod ihres Kleinen, des ersten Franklin Junior, aber ich war in den langen Tagen, als ihr Bruder Hall starb, bei ihr, und sie hat jede Nacht um ihn geweint - als hätte er nicht allen das Herz gebrochen, als hätte er nicht eines seiner Kinder fast umgebracht und die anderen fünf ruiniert. Sie saß an Halls Bett und sah aus wie diese Grabskulptur, zu der sie mich so oft schleifte, jene Allegorie der Trauer, die Henry Adams anfertigen ließ, nachdem seine Frau sich mit Zyanid das Leben genommen hatte. Damit also rechne ich, aber ich hoffe, dass sich im Durcheinander ihrer Gefühle, der Trauer über Franklins Tod und der Sorge um ihre Kinder und das Land, auch ein bisschen Freude darüber findet, mich zu sehen. Ich möchte, dass sie sich bei mir zu Hause fühlt, so wie früher. Vor acht Jahren hat sie mich weggeschickt, und ich bin gegangen. Vor zwei Tagen hat sie mich gebeten, zu kommen, und ich bin gekommen.

Die Türglocke ertönt, was bedeutet, dass sie die Hände voll hat und nicht an ihren Schlüssel kommt.

Ich öffne, und Eleanor lehnt an der Wand, weiß wie ein Laken.

Ihre schönen blauen Augen sind rot umrändert, und sie sieht aus, als hätte sie noch nie im Leben gelächelt. Ihr staubiger schwarzer Mantel wirkt riesengroß, und ihre Baumwollstrümpfe sind ausgeleiert. Ich will sie küssen, weil ich sie zur Begrüßung immer küsse, wenn wir allein sind und uns gerade vertragen, und sie hält mir die Wange hin und schaut dann weg. Sie reicht mir Handtasche und Koffer. Ich stelle beides ab und lege ihr den Arm um die Taille. Ich versuche ihr Gesicht an meines zu ziehen, aber sie wendet sich ab und stützt sich mit einer Hand auf meine Schulter, um sich die Schuhe auszuziehen.

Sie legt Hut, Mantel und Schal auf den großen Brokatsessel. Sie knöpft ihre graue Bluse auf und lässt sie zu Boden fallen. Sie geht ins Schlafzimmer, öffnet den Reißverschluss ihres Rocks, und ich folge ihr und hebe alles auf. Sie setzt sich auf die Bettkante, in einem zerschlissenen alten Unterkleid, das sie schon vor dem Krieg hätte ausrangieren sollen.

Sie zieht die Haarnadeln aus ihrem grauen Haar und streift die schrecklichen Baumwollstrümpfe ab. Wegen dieser Strümpfe haben wir uns öfter gestritten. Ich sagte, nicht einmal im Krieg müsse die First Lady Mitglieder von Königshäusern in Strickstrümpfen aus weißer Baumwolle empfangen, und sie sagte, doch, genau das müsse die First Lady tun. Ich ziehe die Strümpfe über der Lehne des Klubsessels in Form, und sie zuckt mit den Achseln.

Sie legt sich aufs Bett, das Gesicht zur Wand, und hebt den rechten Arm in meine Richtung. Ohne sich zu mir umzudrehen, winkt sie mich zu sich.

»Na, Ihro Majestät«, sage ich.

Sie lässt den Arm sinken. Das ist nicht meine Eleanor. Ich habe früher oft geweint, wenn sie streng und huldvoll zu mir war, mir meine Verfehlungen erläuterte, bis ich mich zusammenkrümmte wie eine Schnecke auf einem Salzbett. In tragischer Enttäuschung saß sie dann reglos da, eine Stunde und länger, bis ich um Vergebung flehte. So kenne ich mein Schätzchen. Diese wächserne Teilnahmslosigkeit ist neu.

Ich lege ihre Kleider auf den Holzstuhl. Ich stelle ihre schwarzen Schuhe vor das Kaminfeuer. Ich hänge ihren schwarzen Mantel in den Schrank, neben meinen marineblauen, und mein roter Schal fällt über beide. Ich bereue es, dass ich gekommen bin.

Oh, Hick, sagt sie, wenn du mich nicht hältst, sterbe ich.

Ich klettere hinter ihr ins Bett, und sie entkleidet mich mit einer langen weißen Hand, immer noch ohne mich anzusehen. Ich schaue über ihre Schulter nach draußen und sehe zu, wie die Leute ihre Lichter anmachen.

 

Vor zwölf Jahren hatten wir unsere glücklichste Zeit und unseren ersten gemeinsamen Urlaub. Maine und danach, das waren unsere glücklichsten Tage. Hoover war weg vom Fenster. Franklin übernahm. Wir zogen alle ins Weiße Haus, Freunde, Verwandte und ich.

Eleanor und ich hatten uns zu unserem ersten privaten Mittagessen im Weißen Haus getroffen, wo wir wie Teenager grinsend vor den Porträts posierten. Zieh doch auch hier ein, sagte sie. Wir haben so viel Platz.

Ich fragte sie, wie sie das meinte, und sie sagte noch einmal: Wir haben so viel Platz. Ich beugte mich vor, um sie zu küssen, und sie schob mich sachte von sich weg. Wenn du kommen willst, muss ich ein bisschen was organisieren, sagte sie. Hol du doch in der Zwischenzeit deine Sachen.

Ich fuhr zurück nach Brooklyn und gab den Scheck mit der Miete in die Post; es war fast der volle Betrag. Am nächsten Tag transportierte ich meinen blauen Koffer, meine Schreibmaschine - eine Underwood Portable - und eine Kiste mit Büchern nach D.C. Eine der Haushälterinnen führte mich im Weißen Haus die Treppe hinauf zu Eleanors Suite, höflich und mit ausdrucksloser Miene, als hätte sie mich noch nie gesehen, als hätte sie noch nie meine Wäsche gewaschen oder meinen Rock gesäumt, wenn ich übers Wochenende da war, doch als sie die Tür zu meinem Zimmer öffnete, lächelte sie und stellte meine Schreibmaschine auf den Tisch. Mein neues Zimmer lag direkt neben dem von Eleanor, es war ihr bisheriges Wohnzimmer.

Ich hatte einen großen Schreibtisch, ein Bücherregal und einen alten Windsor-Stuhl. Zwei Tischlampen und eine Stehlampe. Ich hatte ein Bett, eine dunkle Samtcouch, die schon bessere Zeiten gesehen hatte und die ich in die Ecke schob, und einen riesigen Kleiderschrank, in dem ich mich hätte verstecken können. Das Einzige, was uns voneinander trennte, war eine von Fotografien bedeckte Wand und eine alte Holztür.

Ich saß ungefähr eine Stunde lang aufrecht auf meinem schmalen Bett, noch mit Hut und Mantel, starrte auf diese Holztür und versuchte durch schiere Willenskraft zu bewirken, dass sie sich öffnete und mich einließ, damit ich in den Rosengarten hinunterschauen und das Fenster zu der großen Magnolie öffnen konnte.

Schließlich kam Eleanor herein und setzte sich neben mich.

»Ich überschütte andere Menschen mit Liebe, weil mir das Freude macht«, sagte sie. »Ich finde es schön, Menschen mit Liebe zu überschütten. Du hast mich ja schon mit meinen Freunden erlebt.«

Das hatte ich. Es machte mich schier verrückt, schon jetzt.

Sie sagte: »Ich möchte, dass du weißt, dass ich neben meinen Freunden auch immer mal wieder einen Schwarm habe. Ich treffe auf irgendjemanden, oft sind es wundervolle Menschen, aber das muss gar nicht unbedingt sein, und bin hingerissen, ob ich will oder nicht. Doktor Freud würde sagen, das liegt an meiner Mutter, wieder einmal. Oder meinem Vater.«

Sie nahm mir lachend den Hut ab. Mir fiel nichts...
mehr

Autor

Amy Bloom, geboren 1953, ist Autorin mehrerer Romane und Erzählungen und war bereits für den National Book Award nominiert. Sie schreibt u. a. für den New Yorker, die New York Times und Vogue. Bei Atlantik erschienen von ihr Wir Glücklichen (2015), Zwischen hier und hier (2016) und Meine Zeit mit Eleanor (2019). Mehr Informationen unter: www.amy-bloom.com