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Erwachsen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Querverlagerschienen am01.03.20191. Auflage
Eine Regenbogen-Familiensaga im Almodóvar-Format, schräg, schrill, leidenschaftlich 'Ein Buch, von dem man adoptiert werden möchte!' (Margarete Stokowski) Als sein Ehemann bei einem Autounfall stirbt, stellt Thomas sein ganzes bisheriges Leben infrage. Redet er als Agenturleiter den ganzen Tag bloß dummes Zeug? Hat er mit seinem Vater, dem berühmten Fotokünstler Edgar Edel, in der Kindheit wirklich einen Vampir gesehen? Und war er vielleicht schon immer bisexuell? Zu allem Überfluss muss Thomas' Sohn gerade jetzt von seinen Müttern abhauen - mit der Freundin quer durch die Nacht, ausgerechnet zum Opa, wo noch immer alle untoten Schrecken lauern ... Erwachsen ist eine Regenbogen-Familiensaga im Almodóvar-Format. Humorvoll und emotional erzählt Jasper Nicolaisen von Abschied und Neubeginn, Vätern und Söhnen, echten und eingebildeten Monstern und den vielfältigen Wegen der Liebe.

Jasper Nicolaisen (1979) ist Übersetzer, Autor und arbeitet mit Kindern und deren Eltern. Er mag Boxen, Spiele mit Elfen und Zwergen und Cowboylieder. Mit einem Mann und einem Kind lebt er in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine Regenbogen-Familiensaga im Almodóvar-Format, schräg, schrill, leidenschaftlich 'Ein Buch, von dem man adoptiert werden möchte!' (Margarete Stokowski) Als sein Ehemann bei einem Autounfall stirbt, stellt Thomas sein ganzes bisheriges Leben infrage. Redet er als Agenturleiter den ganzen Tag bloß dummes Zeug? Hat er mit seinem Vater, dem berühmten Fotokünstler Edgar Edel, in der Kindheit wirklich einen Vampir gesehen? Und war er vielleicht schon immer bisexuell? Zu allem Überfluss muss Thomas' Sohn gerade jetzt von seinen Müttern abhauen - mit der Freundin quer durch die Nacht, ausgerechnet zum Opa, wo noch immer alle untoten Schrecken lauern ... Erwachsen ist eine Regenbogen-Familiensaga im Almodóvar-Format. Humorvoll und emotional erzählt Jasper Nicolaisen von Abschied und Neubeginn, Vätern und Söhnen, echten und eingebildeten Monstern und den vielfältigen Wegen der Liebe.

Jasper Nicolaisen (1979) ist Übersetzer, Autor und arbeitet mit Kindern und deren Eltern. Er mag Boxen, Spiele mit Elfen und Zwergen und Cowboylieder. Mit einem Mann und einem Kind lebt er in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783896566591
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum01.03.2019
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4202006
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Thomas stand auf Clemens Beerdigung herum. Katha verbarg das Gesicht in den Händen, während Mau-Mau ihr die Schulter rubbelte. Mit der anderen Hand tippte sie Beat an, der auf sein Handy schielte. Die Parteispitze bildete lose Grüppchen. Der Vorsitzende sah auf die Uhr, dann zu Thomas und hob die Hand zum Gruß. Thomas nickte ihm zu.

Leute aus der Agentur waren gekommen. Vermutlich hatte es eine Rundmail gegeben. Bis hinunter zum Praktikanten trugen alle Schwarz und sahen verkleidet aus. Alle Jungs unterhalb vom Juniorchef trugen Turnschuhe; die Mädels besaßen offenbar durch die Bank dunkle Schuhe mit flachen Absätzen. Im Gegensatz zu den Jungs hatten sie die Gelegenheit genutzt, Accessoires auszuführen, die man nur bei einer Beerdigung tragen konnte: einen Hut, eine Stola, schwere geerbte Ohrclips.

Ein Auto kam den Kiesweg hinauf. Der taubenblaue Mercedes musste fast ein halbes Jahrhundert alt sein, war aber tadellos gepflegt. Thomas schloss die Augen.

Die Sonne scheint ja, dachte er. Er hielt das Gesicht in die Wärme und holte tief Luft.

Im Trauerraum ging die Musik los, die Clemens sich gewünscht hatte.

Morgenlicht weckt meine Seele auf / Ich lebe wieder und bin frei

Hinter den geschlossenen Lidern kamen Thomas jetzt die Tränen. Er schluckte schwer. Das Knirschen der Räder kam näher und verstummte. Der Motor erstarb. Türen knallten. Thomas fuhr zusammen.

Und die Tränen von gestern wird die Sonne trocken / Die Spuren der Verzweiflung wird der Wind verwehen

Na, mein Junge.

Thomas blieb die Luft weg, als Edgar ihn umarmte. Er öffnete die Augen nicht.

Hallo, Papa.

Edgar drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Die Lippen waren nass, und der Bart stachelte. Er roch nach Bier und Lederjacke.

Alles ist wie immer, dachte Thomas. Nichts hat sich geändert. Seit ich ein Kind war, hat sich eigentlich nichts geändert.

Er schluchzte und erschrak selbst darüber.

Ich sehe die Wälder meiner Sehnsucht / Und den weiten sonnengelben Strand

Na, dann wollen wir deinen Mann mal unter die Erde bringen , sagte Edgar und schob sich an ihm vorbei. Und als hätte die ganze Versammlung auf dieses Signal gewartet, war jetzt Räuspern zu vernehmen, Schritte, Kleiderrascheln und Schnäuzen, als die Trauergemeinde an Thomas vorbei nach drinnen ging, der noch immer mit geschlossenen Augen dastand.

Die Musik verstummte.

Wir können dann anfangen , sagte Edgar leise zu irgendjemandem, der anscheinend auf diese Art von Anweisungen wartete.

Thomas wusste selbst nicht, worauf er wartete. Dann fiel es ihm ein: auf Clemens.

Aber Clemens war vor einem Monat bei einem Autounfall gestorben und würde ihn nie wieder an die Hand nehmen und irgendwo hinführen. Dreißig Jahre hatten sie sich gekannt und oft geliebt, und Clemens war immer derjenige gewesen, der Thomas an die Hand genommen hatte. Jetzt stand er alleine und schaffte es nicht, sich umzudrehen.

Die Sonne schien ihm immer noch ins Gesicht, und dass da eine tröstende Wärme war, als streichelte ihn jemand, machte Thomas so froh und traurig zugleich, dass er schon wieder schluchzen musste.

Thomas? Kommst du dann? , rief Edgar.

Thomas hörte Füßescharren, Flüstern und Husten. Die Unruhe galt ihm.

Ja, gleich , wollte er sagen, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken. Er schluckte schwer.

Ein Musikfetzen plärrte los.

Ich ficke deine Mutter ohne Schwanz / Ich rauch dein ganzes Leben in nem Blunt

Beat! , schrie Katha.

Du makst dem jetzt sofurt out! , knurrte Mau-Mau hinterher.

Fick dich, du Hurentochter / Fick dich, du Hurensohn / Ich hab dafür gezahlt, also tanz!

Ja, okay! Ey, ich bin hier auf ner Beerdigung. Ich ruf dich später zurück. Beat traf so haargenau das Register zwischen gelangweilt und aggressiv , wie es nur Teenager können.

Sofurt!

Sorry.

Du machst das jetzt aus!

Ja-ha.

Vereinzelt wurde gekichert.

Edgar räusperte sich vernehmlich.

Jetzt traute man sich zu lachen. Jemand klatschte ein paarmal in die Hände.

Thomas, wir warten hier alle auf dich. Kommst du dann auch?

Es war Edgar deutlich anzuhören, wie sehr er die Situation genoss. Genau so hätte er auch auf einer seiner Vernissagen vor den Kameras stehen können.

Thomas beugte sich vor und kotzte sich auf die Schuhe.

Zum schwarzen Anzug trägt man ausschließlich schwarze Schuhe, dachte er. Das hatte er, wie vieles andere in Stilfragen, von Edgar gelernt. Natürlich hatte er es nie so perfekt umsetzen können wie der weltweit renommierte Fotokünstler Edgar Edel.

Langweilig muss es trotzdem nicht sein. Wir sind ja keine Spießer. Stiefeletten! Er rang nach Luft und kotzte gleich noch mal drauf.

Das , sagte Beat, ist ja echt mal superpeinlich!

Du hörst sofurt auf, dem zu filman!

Nur n Foto.

Sofurt!

Der Junge erkennt halt ein gutes Motiv, wenn er eins sieht , sagte Edgar.

Bänke wurden gerückt. Irgendwas fiel um. Aufgeregtes Geraune. Absätze klackerten näher.

Thomas!

Er öffnete die Augen, blinzelte und wischte sich den Mund ab. Katha riss ihn in ihre Arme.

So eine Riesenscheiße , flüsterte sie.

Aber echt. Über ihre Schulter sah er Edgar, der die Hände in die Hosentaschen gesteckt hatte und ihn mit hochgezogenen Augenbrauen anblickte. Beat stritt sich immer noch mit Mau-Mau um das Handy. Die Agenturleute rutschten in den Bänken herum, weil der Chef auf der Beerdigung von seinem Ehemann gekotzt hatte. Die Parteispitze schaute zum Vorsitzenden. Der hatte den Kopf gesenkt und die Hände gefaltet, um in präsidialer Ruhe abzuwarten, bis der Sturm sich gelegt hatte.

Wir müssen hier nicht bleiben, weißt du? Katha nahm seinen Kopf in die Hände und sah ihm in die Augen. Ihr Make-up war so dramatisch verlaufen, dass sie fast wieder aussah wie damals, als sie sich kennengelernt hatten, vor Clemens und vor Beat. Für einen Moment war die Frau Professorin Katharina Sternheim mit der Eigentumswohnung im Schöneberger Altbau beinahe wieder Katha. Ratten-Katha. Kunstkacke-Katha, LilaLesben-Katha. Wir können einfach gehen, Thomas.

Nee, lass mal. Er hielt sich an ihrem Hals fest. Danke. Aber ich will das jetzt machen.

Sicher?

Sicher.

Okay. Sie hakte sich bei ihm unter, und gemeinsam gingen sie durch die Bankreihen des Trauerraums.

So plötzlich, wie der Aufruhr entstanden war, war er auch wieder verebbt. Jetzt war nichts mehr zu hören als ihre Schritte auf dem Steinboden. Alle starrten sie an, als sie auf die Urne und das Bild von Clemens zuschritten.

Wenn du mich so unterhakst, denken die, du bist meine Pflegerin.

Das denken die eher, weil du noch Kotze auf deinen Schuhen hast.

Ihr Geflüster war in der Stille sehr gut zu hören. Thomas erkannte ein paar lächelnde Gesichter. Jemand von der Agentur zeigte ihm den gereckten Daumen.

Das Bild von Clemens war groß. Er strahlte, wie immer.

Katha senkte ihre Stimme noch weiter. Tut mir leid wegen Beat. Er ist zurzeit einfach ein Arsch.

Er sieht aus wie ich in seinem Alter. So einen Scheiß hätte ich auch gemacht.

Du warst doch viel zu brav.

Nee. Ich musste schließlich irgendwie die Aufmerksamkeit meines Vaters erregen.

Katha tätschelte ihm den Arm. Der ist auch ein Arsch. Das wissen wir doch. Aber du, da steht die Asche von deinem toten Liebsten. Jetzt wollen wir weinen, bis uns die Augen ausfallen.

Ich kann das nicht. Ich kann das nicht, wenn alle zugucken.

Thomas merkte, dass seine Hände zitterten. Er schluckte und schluckte, aber der Kloß im Hals ging nicht weg. Clemens strahlte ihn an.

Die sehen nur unseren Rücken. Ich zähle bis drei.

Katha, das wird nicht funktionieren. Ich versuche das mit dem Heulen, seit der Anruf kam. Es geht nicht.

Eins.

Hinter ihnen schwoll das Rascheln und Räuspern wieder an.

Katha, bitte.

Zwei. Sie hielt ihm ein Taschentuch hin. Ohne nachzudenken, griff er danach.

Ich will das nicht. Ich will hier nicht sein. Ich kenne die alle gar nicht, und die, die ich kenne, die mag ich nicht.

Du kennst mich. Und du kennst den da in der Urne. Es ist gut für dich, und du machst das jetzt.

Auf keinen Fall.

Drei.

Und Katha heulte los. Sie hielt sich nicht mit bebenden Schultern und gepresstem Geschnüffel auf. Sie stieß ein lautes Jammern aus, das eher an Geburtswehen erinnerte. Es gab kein anderes Geräusch mehr auf der Welt. Thomas warf einen Blick über die Schulter. Die gesamte Parteispitze starrte mit geschürzten Lippen zu Boden und zog wie Schutz suchend die Schultern hoch. Die Agenturleute sperrten Mund und Nase auf, als stünden sie für ein Plakat über unglaublich niedrige Preise vor der Kamera. Mau-Maus Miene war versteinert. Edgar hatte die Hände vor der Nase zu einem Zelt gelegt und schien alles für ein zukünftiges Bild abzuspeichern. Beat...

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