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Dreizehn Gäste

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Klett-Cotta Verlagerschienen am16.03.20191. Aufl. 2019
»Kein Beobachter, der sich in Unkenntnis der Situation befand, hätte vermutet, dass der Tod ganz in der Nähe lauerte und nur wenig entfernt vom Funkeln des Tafelsilbers und dem Stimmengewirr zwei Opfer stumm auf dem Boden des Ateliers lagen.« Zwölf Gäste hat Lord Aveling zu einer Party auf sein Landgut Bragley Court geladen. Darunter befinden sich eine Schauspielerin, ein Journalist, eine Krimiautorin sowie die schöne und mysteriöse Witwe Nadine Leveridge. Da diese am örtlichen Bahnhof einen Verletzten aufliest und kurzerhand mit nach Bragley Court nimmt, erhöht sich die Zahl der Anwesenden unvorhergesehen auf die unglückbringende Dreizehn. Und tatsächlich lässt das Verhängnis nicht lange auf sich warten. Als erst ein Gemälde zerstört und dann ein Mann ermordet aufgefunden wird, ruft man die Polizei. Doch kann Kriminalinspektor Kendall ans Licht bringen, welcher der Gäste ein dunkles Geheimnis birgt?

Joseph Jefferson Farjeon (1883-1955) verfasste mehr als sechzig Krimis und Thriller im goldenen Zeitalter der britischen Kriminalliteratur. Für seine Zeitgenossin Dorothy L. Sayers war Farjeon »unübertroffen in der gruseligen Darstellung mysteriöser Abenteuer«. Sein Theaterstück »Number Seventeen« wurde von Alfred Hitchcock unter dem gleichnamigen Titel verfilmt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

Klappentext»Kein Beobachter, der sich in Unkenntnis der Situation befand, hätte vermutet, dass der Tod ganz in der Nähe lauerte und nur wenig entfernt vom Funkeln des Tafelsilbers und dem Stimmengewirr zwei Opfer stumm auf dem Boden des Ateliers lagen.« Zwölf Gäste hat Lord Aveling zu einer Party auf sein Landgut Bragley Court geladen. Darunter befinden sich eine Schauspielerin, ein Journalist, eine Krimiautorin sowie die schöne und mysteriöse Witwe Nadine Leveridge. Da diese am örtlichen Bahnhof einen Verletzten aufliest und kurzerhand mit nach Bragley Court nimmt, erhöht sich die Zahl der Anwesenden unvorhergesehen auf die unglückbringende Dreizehn. Und tatsächlich lässt das Verhängnis nicht lange auf sich warten. Als erst ein Gemälde zerstört und dann ein Mann ermordet aufgefunden wird, ruft man die Polizei. Doch kann Kriminalinspektor Kendall ans Licht bringen, welcher der Gäste ein dunkles Geheimnis birgt?

Joseph Jefferson Farjeon (1883-1955) verfasste mehr als sechzig Krimis und Thriller im goldenen Zeitalter der britischen Kriminalliteratur. Für seine Zeitgenossin Dorothy L. Sayers war Farjeon »unübertroffen in der gruseligen Darstellung mysteriöser Abenteuer«. Sein Theaterstück »Number Seventeen« wurde von Alfred Hitchcock unter dem gleichnamigen Titel verfilmt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783608115628
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum16.03.2019
Auflage1. Aufl. 2019
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4468 Kbytes
Artikel-Nr.4272640
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1
Die Zahl wird komplettiert


Jeder Bahnhof hat seine eigene Stimme. Bei manchen kommt sie vom Kies. Bei manchen vom Sand. Bei manchen sind es die Milchkannen. Bei manchen ist es Stein, gedämpft von Tunnelqualm. Wie die Stimme auch sei, sie spricht nur zu denen, die sie kennen, lässt einen Namen anklingen, ohne ihn auszusprechen. Diejenigen aber, die sie nicht kennen, dösen weiter, denn sie erhalten von ihr keine Botschaft; für sie ist sie nichts als ein Geräusch, von keiner persönlichen Tradition erhellt.

Die Stimme des Bahnhofs Flensham ist rau. Dass sie trotzdem auch seltsam sanft ist, bewirken der Tunnel und die Kurve, die davor kommen. Der Tunnel dröhnt schwarz, die Kurve mahlt metallisch, dann aber folgt Flensham mit einem schotterigen Flüstern, markant wie ein Schrei. Mit noch geschlossenen Augen sieht der damit vertraute Reisende den adretten kleinen Bahnsteig immer näher rücken. Er sieht die Reihe ebenso adretter Büsche, die einer hölzernen Trennwand bei der Scheidung des Bahnsteigs von der Straße assistieren. Ein Hinweisschild, das die Fahrgäste davor warnt, die Gleise zu überschreiten, wenn ein Zug im Bahnhof steht. Ein Signal, dessen Arm nach unten zeigt. Einen korpulenten und schwermütigen Bahnhofsvorsteher, der die Tragödie des Kosmos mit einem Fahrplan bekämpft.

Von den beiden Fahrgästen, die an einem Freitagnachmittag im Herbst dem 15.28 entstiegen, sah nur einer diese Dinge schon im Voraus. Es war eine Dame von ungefähr dreißig Jahren, die Puritaner und Viktorianer zu attraktiv gefunden hätten. Ihr Haar schimmerte bronzen. Ihre Nase erfreute die Gedanken und trotzte Theorien. Ihr Teint war zu vollkommen. Ihre unverhohlen lächerlichen Lippen machten ärgerlich, weil sie nach allen Regeln der Vernunft hätten Abscheu erregen sollen, es aber nicht taten.

Ihr Mann, der nun friedlich in seinem Grab ruhte, hatte sie einst als eines der herrlichsten Risiken des Lebens beschrieben, und dieses Risiko war er bewusst eingegangen, als er sie heiratete. »Soll sie mich doch in Stücke reißen«, sagte er am Tag der Hochzeit. Was sie getan hatte. Sie hatte ihn vom Himmel in die Hölle gestoßen. Und er hatte es ihr nie vorgeworfen. Er hatte sie auch ohne ihr Make-up geliebt, und drei Stunden vor seinem Tod hatte er in einem der seltenen Momente der Reue - selbst die Schlimmsten unter uns werden weich, wenn wir den Sand verrinnen sehen - ihr Bedauern weggewischt. »Wie kann man ändern, was Gott gemacht hat?«, hatte er gesagt. »Einer muss ja leiden.«

Der andere Fahrgast war ein junger Mann. Ihm erzählte die schotterige Musik des Flenshamer Bahnhofs keine Geschichte, weswegen er ihn beinahe übersehen hätte. Die Dame stand schon auf dem Bahnsteig und befragte einen livrierten Chauffeur, als der Mann erst merkte, dass der Zug angehalten hatte.

»Holla - Flensham!«, rief er unvermittelt aus.

Der Zug fuhr schon wieder an. Der junge Mann sprang auf. Im Gepäcknetz über ihm lag ein Koffer. Er packte ihn mit einer Hand, während die andere schon nach dem Türgriff tastete. Gleich darauf flog der Koffer auf den Bahnsteig. Der Anblick amüsierte die Dame, für die jedes Aufsehen die reine Wonne war, den korpulenten und schwermütigen Bahnhofsvorsteher hingegen, für den jedes Aufsehen eine Bedrohung der Routine war, verletzte er.

Schlimmeres folgte. Hinter seiner Habe kam dessen Besitzer herausgeflogen, wobei sich sein Fuß im Türrahmen verfing. Nun wechselte das Amüsement der Dame zu Sorge und die Empörung des Bahnhofsvorstehers zu Bestürzung.

»Rasch! Helfen Sie ihm!«, rief die Dame.

Bahnhofsvorsteher, Chauffeur und ein Gepäckträger rannten hin. Der Zug schnaufte fort. Sein vormaliger Fahrgast saß auf der Erde und hielt sich den Fuß. Schon vorher war er blass gewesen, jetzt war er erheblich blasser.

»Verletzt, Sir?«, fragte der Bahnhofsvorsteher.

»Selbstverständlich bin ich verletzt!«, entgegnete er unnötigerweise. »Warum zeigen Sie den Namen Ihres Bahnhofs denn nicht in großen Lettern an, verdammt?« Dann bemerkte er Nadine und entschuldigte sich.

»Vollkommen unnötig«, erwiderte Nadine nachsichtig. Der junge Mann sah aber auch ungeheuer gut aus. Er hatte ein glattes, jungenhaftes Gesicht, und die Augen, obgleich gerade von Schmerz geweitet, bargen Möglichkeiten. »Fluchen Sie nur so viel, wie es Ihnen guttut - und das ist wahrscheinlich eine Menge.«

Vorübergehend vergaß er das Stechen. Nadine besaß die Schönheit, die betäubt. Auch tröstete ihre beherrschende Gelassenheit; sie löste die Bedrängnisse eines einfallslosen Bahnhofsvorstehers, eines glotzenden Gepäckträgers und eines doch recht überheblichen Chauffeurs in Luft auf.

»Danke - mir geht s gut«, sagte er und fiel in Ohnmacht.

»Oha, der s wech!«, berichtete der Gepäckträger.

»Scheint mir ein Fall für den Arzt zu sein«, brummelte der Bahnhofsvorsteher.

»Eindeutig«, nickte Nadine.

Der Chauffeur blickte sie an und sah in ihren Augen seinen eigenen Gedanken. Ein schwaches grünes Licht glomm darin. Es leuchtete in der Regel bei starkem Interesse. Ihr Mann hatte es abnormerweise das rote Signal genannt.

»Könnten Sie ihn in den Wagen schaffen, Arthur?«, fragte sie.

»Mit Leichtigkeit«, versetzte der Chauffeur.

»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, sollten wir unterwegs noch beim Arzt anhalten.«

»Dr. Pudrow, Madam - derjenige, der auch Mrs. Morris behandelt.« Und an den Gepäckträger gewandt: »Fass doch mal mit an, Bill. Und denk dran, er ist kein Koffer.«

Der Bahnhofsvorsteher erhob Einwände, hatte er doch als Erster einen Arzt ins Spiel gebracht - darüber war er froh -, auch musste ein gewisser Ablauf eingehalten werden. Schließlich war das sein Bahnsteig.

»Warten Sie lieber, bis er zu sich kommt«, sagte er.

»Natürlich«, pflichtete Nadine ihm bei. »Wir wollen ihn ja nicht entführen.«

Nach wenigen Sekunden schlug der junge Mann die Augen auf. Nun kämpfte er neben dem Schmerz auch gegen die Demütigung.

»War ich weggetreten?«, ächzte er, kurzzeitig errötet.

»Wir alle machen törichte Dinge, wenn wir nicht anders können«, lächelte Nadine. »Machen Sie sich nichts draus. Aber ich finde doch, Sie sollten zum Arzt.«

Findet sie, überlegte der Bahnhofsvorsteher. Muss alles bestimmen!

»Da haben Sie wohl recht«, murmelte der junge Mann. »Irgendetwas scheint mit meinem Fuß nicht zu stimmen. Könnten Sie â¦ einen herschicken?«

»Ich bin froh, dass Sie sich Ihren Humor bewahrt haben.«

»Hm?«

»Warum einen herschicken, wenn ich Sie mitnehmen kann?«

»Das ist wirklich schrecklich anständig von Ihnen.«

»Sagen Sie, wann Sie so weit sind.«

»Tja, wenn es nicht zu viele Umstände macht - je früher, desto besser.«

Sie gab dem Chauffeur ein Zeichen und wandte sich dann wieder ihm zu.

»Dann beißen Sie mal die Zähne zusammen. Es könnte nicht schön werden, wenn sie Sie hochheben. Ich weiß, wie das ist - ich jage.«

Er schloss die Augen und hielt sie zwei sehr unangenehme Minuten lang so. Dann sah er sich durch ein Land mit sanften Hügeln und rotbraunen Oktobertönungen gleiten. Der Himmel über ihm war frisch und klar. In seiner Nase hing die Würze des Herbstes. Auch dessen Geräusche erreichten ihn. In der Ferne bellten Hunde. Er erkannte den Klang und stellte sich Rotröcke zwischen ihnen vor. Aus einer entgegengesetzten Richtung erscholl ein Gewehrschuss. Nun stellte er sich einen Fasan vor, wie er aus der blauen Kuppel herabfiel, um sein kurzes, prekäres Leben in Erfüllung seiner Bestimmung zu beschließen. Weit näher waren Zweige, golden wie die Brust des Fasans. Noch näher eine bronzene Locke - auf diese konzentrierten sich seine Augen, als er sie öffnete.

Doch Schmerz drängte heran. Nicht nur Hirsche und Fasane litten.

»Wie geht s Ihnen?«

»Ganz gut.«

»Vermutlich würde ich dasselbe sagen.« Nadines Stimme war verständnisvoll und mitfühlend. »Wir sind gleich beim Arzt.«

Ihm fiel ein, dass er ihr danken sollte, doch als er dazu ansetzte, rückte die bronzene Locke etwas näher zu ihm, und die Dame legte ihm eine Hand auf den Mund. Er rebellierte gegen die Freude dieses flüchtigen Kontakts mit ihren Fingern. Sie waren kühl und wärmten doch zugleich. Er rebellierte, weil er wusste, dass sie um seine Freude wusste, dass sie sie bewusst hervorgerufen hatte. Hingegen wusste er nicht, dass sie auch um seine Rebellion wusste. Sie nahm die Hand weg. Sie zeigte Sportsgeist. Einen Mann, der am Boden lag, bekriegte sie nicht.

»Aber Hirsche und...
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Autor

Joseph Jefferson Farjeon (1883-1955) verfasste mehr als sechzig Krimis und Thriller im goldenen Zeitalter der britischen Kriminalliteratur. Für seine Zeitgenossin Dorothy L. Sayers war Farjeon »unübertroffen in der gruseligen Darstellung mysteriöser Abenteuer«. Sein Theaterstück »Number Seventeen« wurde von Alfred Hitchcock unter dem gleichnamigen Titel verfilmt.