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Nonverbale Kommunikation mit demenzkranken Menschen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Hogrefe AGerschienen am11.03.20191. Auflage 2019
Sprache ist die Voraussetzung, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und zu interagieren. Im Rahmen schwerer Demenzformen und im 3. Verlaufsstadium einer Demenz gehen die verbalen Kommunikationsfähigkeiten häufig zu großen Teilen oder gänzlich verloren. Das stellt Pflegende und Angehörige vor die Herausforderung: 'Wie kommuniziere ich mit meinem Angehörigen oder Bewohner?' Der von den Autorinnen dieses Praxisbuches entwickelte Ansatz der 'Adaptiven Interaktion' ermöglicht es, nonverbal mit Menschen mit Demenz, die nicht mehr sprechen können, zu kommunizieren. Er baut auf dem individuellen 'Kommunikationsrepertoire' auf, welches aus den Grundelementen der Kommunikation wie Blickkontakt, Gesichtsausdruck oder Bewegungen ermittelt wird. Mithilfe dieses Repertoires kann die jeweilige 'Sprache' der Person mit Demenz erlernt und damit Kontakt zu ihr aufgenommen werden. Neben den theoretischen und wissenschaftlichen Aspekten der Adaptiven Interaktion veranschaulichen die Autorinnen durch verschiedene Fallbeispiele die vielseitigen Möglichkeiten der Kommunikation mit Demenzkranken. Sie zeigen auf, welchen Herausforderungen Menschen mit einer fortschreitenden Demenz gegenüberstehen und wie Pflegende und Angehörige die durch mangelnde kommunikative Fähigkeiten belasteten Beziehungen entspannen und neu mit Interaktion füllen können. Die Autorinnen stellen dazu Assessment-Tools zur kommunikativen Einschätzung bereit, die für die Kommunikation ohne Worte genutzt werden können.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR30,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR25,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR25,99

Produkt

KlappentextSprache ist die Voraussetzung, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und zu interagieren. Im Rahmen schwerer Demenzformen und im 3. Verlaufsstadium einer Demenz gehen die verbalen Kommunikationsfähigkeiten häufig zu großen Teilen oder gänzlich verloren. Das stellt Pflegende und Angehörige vor die Herausforderung: 'Wie kommuniziere ich mit meinem Angehörigen oder Bewohner?' Der von den Autorinnen dieses Praxisbuches entwickelte Ansatz der 'Adaptiven Interaktion' ermöglicht es, nonverbal mit Menschen mit Demenz, die nicht mehr sprechen können, zu kommunizieren. Er baut auf dem individuellen 'Kommunikationsrepertoire' auf, welches aus den Grundelementen der Kommunikation wie Blickkontakt, Gesichtsausdruck oder Bewegungen ermittelt wird. Mithilfe dieses Repertoires kann die jeweilige 'Sprache' der Person mit Demenz erlernt und damit Kontakt zu ihr aufgenommen werden. Neben den theoretischen und wissenschaftlichen Aspekten der Adaptiven Interaktion veranschaulichen die Autorinnen durch verschiedene Fallbeispiele die vielseitigen Möglichkeiten der Kommunikation mit Demenzkranken. Sie zeigen auf, welchen Herausforderungen Menschen mit einer fortschreitenden Demenz gegenüberstehen und wie Pflegende und Angehörige die durch mangelnde kommunikative Fähigkeiten belasteten Beziehungen entspannen und neu mit Interaktion füllen können. Die Autorinnen stellen dazu Assessment-Tools zur kommunikativen Einschätzung bereit, die für die Kommunikation ohne Worte genutzt werden können.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783456759357
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum11.03.2019
Auflage1. Auflage 2019
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3389 Kbytes
Artikel-Nr.4276805
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
|33|2âWe ve Only Just Begun - Die Sprache der Demenz lernen

In diesem Kapitel lernen Sie Frau Arndt, Frau Lehmann und Herrn Böhm näher kennen und Sie erfahren, mit welchen Herausforderungen Menschen wie sie, die an Demenz erkrankt sind und nicht sprechen können, konfrontiert sind. Zudem lernen Sie die Schwierigkeiten von Menschen kennen, die versuchen, mit ihnen zu interagieren. In diesem Zusammenhang zeigen wir auf, welche Bedeutung dem Sprachvermögen in sozialen Interaktionen zukommt und welche Konsequenzen der Verlust dieser Fähigkeit für die Menschen mit Demenz und ihre Interaktionspartner hat.
2.1âDemenz und ihre Auswirkungen auf Beziehungen

Herr Böhm

Herr Böhm, früher ein aktiver Mann und eher ein Einzelgänger, kann nicht mehr gehen und ist von den sozialen Aktivitäten im Sonnenberg-Pflegeheim weitgehend ausgeschlossen. Er spricht nicht mehr und nimmt anscheinend nicht wahr, dass er Gesellschaft hat, wenn seine Nachbarn Frank und Elisabeth Winkler mit seiner Hündin Isa zu Besuch kommen. Er nimmt keinen Blickkontakt zu ihnen auf und gibt keinerlei Geräusche von sich. Er schläft den größten Teil des Tages und wenn er wach ist, starrt er in die Luft. Frank und Elisabeth geht es sehr nahe, Herrn Böhm in diesem Zustand zu sehen und sie besuchen ihn nicht mehr so oft, weil sie nicht wissen, wie sie mit ihm kommunizieren sollen.

Die meisten Schwierigkeiten, die zwischen Menschen mit Demenz und denen, die sich um sie kümmern, auftreten, sind eine direkte Folge der kognitiven Veränderungen, die eine Demenz mit sich bringt. Ein Beispiel: Menschen mit Demenz im Frühstadium haben oft Probleme, sich Dinge zu merken und zu |34|planen, weshalb sie Hilfe bei der Durchführung der Aktivitäten des täglichen Lebens benötigen. Sie brauchen jemanden, der überprüft, ob sie die anfallenden Aktivitäten durchgeführt haben und ob sie ihre Aufgaben oder Aktivitäten des täglichen Lebens im Griff haben. Mit der Zeit brauchen sie in der Regel mehr Orientierung, d.âh. man muss ihnen sagen, wo sie sind, welcher Tag oder welche Zeit es ist, was sie gerade getan haben usw. Die Notwendigkeit, sie ständig zu kontrollieren und zu informieren, belastet sowohl die Menschen mit Demenz als auch diejenigen, die mit ihnen interagieren. Wahrscheinlich ahnen Sie schon, dass solche Schwierigkeiten sich negativ auf ihre Beziehungen auswirken können. Für Familien ist es oft sehr anstrengend, existierende Beziehungen aufrechtzuerhalten und das Pflegepersonal steht vor der Aufgabe, eine Beziehung zu Menschen aufzubauen, die bereits gravierende kognitive Verluste erlitten haben und deren Fähigkeit, effizient zu kommunizieren, sich drastisch verändert hat.

Braucht der Betroffene im Laufe der Zeit mehr Unterstützung, schauen die Betreuungspersonen genauer hin. Anstatt zu überprüfen, ob eine Aufgabe durchgeführt wurde, überwachen sie nun akribisch sämtliche Schritte der Aufgabe, wie z.âB. kochen oder einkaufen. Nehmen die kognitiven Fähigkeiten des Betroffenen weiter ab, müssen die Betreuungspersonen in allen Belangen des täglichen Lebens direkte Hilfe leisten. Ein Beispiel: Wenn der Betroffene sich nicht mehr waschen, ohne fremde Hilfe essen oder laufen kann usw., stellen die Betreuungspersonen fest, dass immer mehr von der Zeit, die sie mit dem Betroffenen verbringen, von diesen Aufgaben beansprucht wird. Hinzu kommt, dass den Partnern oder Kindern des Betroffenen die körperliche Unterstützung, die er braucht, z.âB. Hilfe beim Toilettengang und beim Baden, oft peinlich ist. Abgesehen davon, ist sie auch körperlich anstrengend, was dazu führen kann, dass den Betreuungspersonen weniger Energie für soziale Interaktionen bleibt.

Frau Winkler

Frau Winkler besucht zusammen mit ihrem Mann und Isa immer noch Herrn Böhm, doch ihr setzen die Besuche zu, weil Herr Böhm so isoliert ist. Sie haben gehofft, dass Isa bei ihm irgendetwas auslöst, aber er reagiert nicht mehr auf seine Hündin und dann sitzen die Winklers da, schweigen verlegen oder reden miteinander und warten vergeblich darauf, dass irgendetwas doch noch Herrn Böhms Aufmerksamkeit erregt. Dieser einst so aktive, umtriebige Mann, der täglich stundenlang durch die Landschaft gestreift ist, die er so liebte, ist jetzt nur noch ein Schatten seiner selbst. Es quält Frau Winkler, ihn so zu sehen und |35|sie hat keine Ahnung, wie es ihr gelingen könnte, mit ihm zu interagieren, aber aufgeben will sie auch nicht, weil er sonst niemanden mehr hat. Allerdings fällt es ihr immer schwerer, ins Sonnenberg-Pflegeheim zu gehen, denn es macht sie traurig und ist ihr unangenehm.

Menschen mit Demenz haben nicht nur Probleme mit den Reaktionen anderer, sondern es fällt ihnen bereits ab dem Frühstadium ihrer Krankheit schwer, soziale Situationen einzuschätzen. Soziale Wahrnehmung ist die Wechselwirkung zwischen sozialem Verhalten und den zugrunde liegenden Prozessen, die es steuern. Es verwundert nicht, dass Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen auch Schwierigkeiten haben, Hinweise in sozialen Situationen zu deuten. Die schnelle automatische Verarbeitung grundlegender universeller Emotionen ist fundamentaler Bestandteil der sozialen Kommunikation, mit der wir auf die Welt kommen (Batty & Taylor, 2003). Gesicht und Körper sind nonverbale Indikatoren, die Aufschluss über den inneren Zustand von Menschen geben und deren Gefühlslage verlässlich widerspiegeln. Probleme mit der Wahrnehmung von Hinweisen in sozialen Situationen können somit zu Missverständnissen und unangemessenem Verhalten führen.

Allerdings haben Menschen mit Demenz weniger Probleme, die Emotionen anderer Menschen wahrzunehmen, sondern eher damit, die mit sozialen Situationen einhergehenden komplexen Informationen zu deuten. Ihre Fähigkeiten, grundlegende Emotionen in den Gesichtern auf Fotos zu lesen, bleiben erhalten (Astell, Ellis & Hockey, 2004). Doch wenn sie komplexe soziale Situationen mit einer oder mehreren Personen interpretieren sollen, werden sie weniger Aussagen über die Gefühle und Motivationen der abgebildeten Personen machen und stattdessen in der Szene abgebildete Dinge beschreiben (Astell et al., 2004). Dies hat konkrete Auswirkungen auf normale Interaktionen mit Freunden und Familienangehörigen und ist mit Blick auf ihre Beziehungen zudem eine zusätzliche Quelle für Missverständnisse und verletzte Gefühle.
2.1.1âDie Beziehungen zu Familienangehörigen
In Familien kommt es häufig zu Problemen, wenn Menschen mit Demenz Familienmitglieder und wichtige Personen, Ereignisse und Orte in der Realität oder auf Fotos nicht erkennen. Die Verwandten fühlen sich verletzt und zurückgesetzt, wenn das Familienmitglied mit Demenz sich weder an sie noch an wichti|36|ge Familienereignisse wie Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern erinnert. Weil die Fotos den Familienmitgliedern emotional viel bedeuten, gehen sie davon aus, dass dies bei den Menschen mit Demenz genauso ist oder dass die emotionale Beziehung ihre Erinnerung weckt (Astell, Ellis, Alm, Dye & Gowans, 2010). Doch diese Annahme lässt die Veränderungen im Gehirn der Menschen mit Demenz außer Acht, die es schwierig für die Betroffenen machen, neue Gedächtnisinhalte aufzunehmen und zu speichern. Diese Veränderungen sind der Grund, weshalb sie keine Erinnerung an Menschen, Orte und Ereignisse haben, mit denen sie in Berührung gekommen sind, nachdem in ihrem Gehirn der Abbau von Neuronen und neuronalen Verknüpfungen begonnen hat. Entweder haben sie diese Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit nicht gespeichert oder sie haben keinen Zugang dazu (Shenk, 2001). Dieses Unvermögen, Personen oder Orte zu erkennen, ist für die Familienangehörigen ein Zeichen, dass sie dem Menschen mit Demenz nicht wichtig sind und dies kann sich negativ auf ihr Verhältnis zu dem Betroffenen auswirken.

Nach Orange und Purves (1996) beeinflusst die Art der Beziehung die Qualität der Interaktionen zwischen Menschen mit Demenz und ihren Kommunikationspartnern. Problematisch ist die Situation insbesondere dann, wenn die Betreuungspersonen Familienmitglieder sind, denn sie werden in der Regel so gut wie gar nicht über die Auswirkungen der Demenz informiert und wenig bis überhaupt nicht darüber aufgeklärt, wie ein Mensch mit dieser Krankheit betreut werden muss (Hepburn, Tornatore, Center & Ostwald, 2001). Für Betreuungspersonen, die zur Familie gehören, ist dies eine prekäre Situation, die großen Stress verursachen kann (Zarit & Edwards, 2008). Ist die Betreuungsperson der Ehemann oder die Ehefrau, ist der Wechsel von einer partnerschaftlichen Beziehung zu einer,...
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