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Echt wahr?

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am20.01.2020
Wir alle tun es mehrmals täglich: Wir flunkern, streuen Gerüchte und tischen anderen genauso faustdicke Lügen auf wie uns selbst. In seinem neuen Buch räumt Tom Phillips mit dem Irrglauben auf, dass Fake News, notorisch lügende Staatsoberhäupter und ungebremst verbreiteter Bullshit eine Erfindung der Neuzeit sind. In einem wilden Ritt durch die Jahrhunderte spießt er die größten Lügen und den irrwitzigsten Quatsch auf, den smarte Strategen, gewissenlose Scharlatane und gelangweilte Entertainer ihren Zeitgenossen erfolgreich als Wahrheit andrehen konnten.

Tom Phillips ist Journalist und arbeitet als Factchecker bei »Full Fact« in London. Der ehemalige Chefredakteur von BuzzFeed UK studierte Anthropologie, Geschichte und Philosophie in Cambridge, war Mitglied einer kurz gefeierten Comedytruppe, er arbeitete fürs Fernsehen und im Parlament und gründete auch mal eine Zeitung.
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Produkt

KlappentextWir alle tun es mehrmals täglich: Wir flunkern, streuen Gerüchte und tischen anderen genauso faustdicke Lügen auf wie uns selbst. In seinem neuen Buch räumt Tom Phillips mit dem Irrglauben auf, dass Fake News, notorisch lügende Staatsoberhäupter und ungebremst verbreiteter Bullshit eine Erfindung der Neuzeit sind. In einem wilden Ritt durch die Jahrhunderte spießt er die größten Lügen und den irrwitzigsten Quatsch auf, den smarte Strategen, gewissenlose Scharlatane und gelangweilte Entertainer ihren Zeitgenossen erfolgreich als Wahrheit andrehen konnten.

Tom Phillips ist Journalist und arbeitet als Factchecker bei »Full Fact« in London. Der ehemalige Chefredakteur von BuzzFeed UK studierte Anthropologie, Geschichte und Philosophie in Cambridge, war Mitglied einer kurz gefeierten Comedytruppe, er arbeitete fürs Fernsehen und im Parlament und gründete auch mal eine Zeitung.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641251987
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum20.01.2020
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2684 Kbytes
Artikel-Nr.4279681
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Sie labern nichts als Müll.

Halt! Gehen Sie nicht. Das war eine schreckliche Art, ein Buch zu beginnen, tut mir leid.

Es geht auch gar nicht gegen Sie, den Leser. Vor allem nicht, wenn Sie in einem Laden stehen, dieses Buch durchblättern und überlegen, ob Sie es kaufen sollen. Sollten Sie! Sie sind ein kluger Kopf! Witzig auch und gutaussehend. Um eins klarzustellen: Sie haben nichts an sich, was Ihre Person in besonderer Weise als ungewöhnlich wenig vertrauenswürdig brandmarken würde oder als besonders anfällig für Unwahrheiten. (Es sei denn, nehme ich an, Sie sind zufällig ein professioneller Hochstapler. In diesem Falle: Willkommen, Kapitel fünf wird Ihnen womöglich gefallen.)

Trotzdem sind Sie von Kopf bis Fuß nichts anderes als ein Lügner und Dummschwätzer und liegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf hunderterlei mehr oder weniger folgenreiche Weise falsch mit Ihren Ansichten über die Welt, in der Sie leben. Sie brauchen sich deshalb allerdings nicht zu schämen, denn hier kommt das eigentlich Wichtige - jeder andere um Sie herum steht Ihnen in nichts nach. Und, um der Ehrlichkeit Genüge zu tun, ich auch nicht.

Was ich sagen will, ist schlicht, dass wir Menschen unser gesamtes Alltagsleben in einem Meer der Ungereimtheiten, Halbwahrheiten und ausgemachten Unwahrheiten paddeln. Wir lügen und werden belogen. Unser Umgang miteinander fußt auf einem steten Strom an kleinen frommen Lügen und harmlosen, sozial verträglichen Notlügen, auch »weiße« Lügen genannt. Wir werden mit schöner Regelmäßigkeit von Politikern, Marketingleuten, den Medien und anderen Leuten verladen, und das eigentliche Problem an alledem ist: Es funktioniert. Wir alle sind Trottel, die auf jede gut gemachte Lüge hereinfallen, wobei die vielleicht überzeugendsten Lügen womöglich die sind, die wir uns selbst auftischen.

Im Augenblick fallen Ihnen, wo immer Sie hinschauen, allüberall düstere Warnungen ins Auge, die verkünden, wir lebten in einem »postfaktischen« Zeitalter. Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat 2016 »postfaktisch« zum Wort des Jahres gekürt (»post-truth« wurde übrigens auch das Wort des Jahres bei der Wörterbuch-Sammlung Oxford Dictionaries). 2017 erschienen im Vereinigten Königreich an ein und demselben Tag nicht weniger als drei Bücher mit dem Titel »Post-Truth« (zu Deutsch: »Postfaktisch«). Politiker scheinen mit stetig zunehmender Unverfrorenheit die Wahrheit zu verzerren und zu verdrehen, ja zu lügen. Die Öffentlichkeit, so erzählt man uns selbstgewiss, habe »genug von Experten«. Das Internet hat unser soziales Miteinander in ein Schlachtfeld der Fehlinformationen verwandelt, auf dem man sich immer weniger sicher sein kann, ob Onkel Jeff ein Mensch aus Fleisch und Blut ist oder ein russischer Bot.

Der Fairness halber sei gesagt, dass ziemlich leicht nachzuvollziehen ist, warum Menschen glauben, dass wir in einer faktenresistenten Zeit leben, die ihresgleichen sucht. Um nur ein recht augenfälliges Beispiel zu nennen: Die Vereinigten Staaten werden gegenwärtig von einem Präsidenten regiert, der tagtäglich Lügen erzählt - oder vielleicht sind es gar keine. Vielleicht weiß er einfach nicht, was wahr ist und was nicht, und es ist ihm auch egal. Das Ergebnis ist ungefähr dasselbe. Laut dem Faktencheck-Team der Washington Post, hat Präsident Trump zum Zeitpunkt, da ich dies schreibe, in den 869 Tagen seit seinem Amtsantritt über 10 796 »falsche oder irreführende Behauptungen«1 aufgestellt, und das nach einem Jahr, das er als »ein Jahr von nie da gewesener Unehrlichkeit« bezeichnete.2

Das entspricht einem Durchschnitt von mehr als zehn Unwahrheiten an jedem einzelnen Tag, und die Häufigkeit, mit der er solche von sich gibt, hat im Laufe der Zeit beträchtlich zugenommen. Am 7. September 2018 riss er dank eines besonders intensiven Schwalls an bodenlosem Bockmist, in dessen Verlauf er (wiederum der Post zufolge3) in einer Zeitspanne von nur 120 Minuten nicht weniger als 125 falsche oder irreführende Behauptungen unterbrachte, die 5 000er-Marke. Das ist mehr als eine Lüge pro Minute. Und das war nicht einmal sein unehrlichster Tag - diese zweifelhafte Ehre gebührt dem 5. November 2018, dem Abend der Zwischenwahlen, an dem die Post über einen Zeitraum von drei Wahlkampfkundgebungen 139 unzutreffende Behauptungen registrierte.

Das ist, so kann man mit Fug und Recht sagen, alles andere als normal. Aber heißt das, wir lebten im postfaktischen Zeitalter? Ich bin hier, um zu sagen: mitnichten.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich trete hier keineswegs an, um Sie davon zu überzeugen, dass unsere Gegenwart nicht bis zum Anschlag vor hunderttausend Geschmacksrichtungen von Bockmist strotzt - das tut sie fürwahr! Es ist nur so, dass ich ein Problem mit der Behauptung habe, wir lebten in einem »postfaktischen« Zeitalter, und das besteht darin, dass solches bedeuten würde, es habe an irgendeinem Punkt ein »faktisches Zeitalter« gegeben, das wir hätten hinter uns lassen können.

Leider sind die Belege für ein solches Zeitalter ... ääähm, lückenhaft, um es milde auszudrücken. Die Vorstellung, dass wir kürzlich irgendeine Art Goldenes Zeitalter von kompromissloser Ehrlichkeit und der leidenschaftlichen Hingabe an Sorgfalt und schlagende Beweise hinter uns gelassen haben, ist, rundheraus gesagt, kompletter Unfug.

Jawohl, es wird dieser Tage ein Haufen Unfug verzapft. Wir alle tragen in der einen oder anderen Weise im Kleinen oder Großen dazu bei. Wir alle haben schon mal ein haltloses Gerücht weitererzählt, und wir alle haben irgendwann schon mal den »Teilen«- oder »Retweet«-Button gedrückt, ohne uns der Richtigkeit des Gesagten versichert zu haben, weil das, was drinstand, unserer persönlichen Haltung entgegenkam.

Und ungeachtet dessen, was man Ihnen vielleicht erzählt hat, wir sind schon sehr, sehr lange so.

Genau darum soll es in diesem Buch gehen: die Wahrheit und all die fantasievollen Klimmzüge, mit denen es die Menschheit ihre Geschichte hindurch verstanden hat, sie zu umgehen. Denn nichts davon ist neu. Donald Trump ist weit davon entfernt, der erste Politiker zu sein, der in alle Richtungen Lügen spuckt wie ein gottverdammter Rasensprenger. Wir hätten Facebook nicht gebraucht, um unbelegte und dubiose Gerüchte von einer Person zur nächsten zu verbreiten. Denn solange es einen schnellen Taler zu machen gab und leichtgläubige Menschen, denen man ihn aus der Tasche leiern konnte, gab es jemanden, der bereit war, kreativ mit Tatsachen umzugehen, um Leute um ihre Kohle zu prellen.

Natürlich war es noch nie ganz so einfach zu definieren, was genau die Wahrheit ist und was nicht, wie manche Menschen vielleicht annehmen würden. Dann sind da noch die anderen Fragen wie: Woher kommt das Lügen? Liegt Unehrlichkeit in der Natur des Menschen und menschlicher Gesellschaften? Sind Menschen die einzigen Geschöpfe, die lügen? Das wollen wir im ersten Kapitel, Der Ursprung der Unart, genauer ergründen. Wir werden die feinen Unterschiede zwischen »Lügen« und »Bullshit« untersuchen, mit der unerwarteten Tatsache konfrontiert werden, dass Lügen außer aus Not und Mitleid noch aus vielen verschiedenen anderen Gründen entstehen können - dass sie also außer Weiß noch verschiedene andere Farben haben können, und über die erschreckende Wirklichkeit nachgrübeln, dass es unendlich mehr Möglichkeiten gibt, unrecht als recht zu haben.

Etliche Jahrhunderte hindurch war die Nachrichtenindustrie eine unserer Hauptquellen für unser Wissen über die Welt. Der Journalismus, so heißt es, liefert die erste Fassung von Geschichte - aber wie wir sehen werden, war dies sehr häufig eine schauderhafte Fassung von der Sorte, bei der Lektoren sich die Haare ausraufen. In Kapitel zwei, Alte Fake News, werden wir uns mit den Wurzeln unserer unersättlichen Gier nach Nachrichten beschäftigen, auf einen Toten treffen, der gar nicht tot war, und entdecken, dass unsere modernen Sorgen in Bezug auf wenig vertrauenswürdige Nachrichtenquellen und eine Überfrachtung mit Informationen vielleicht gar nicht so neuartig sind, wie wir dachten.

Mag das Nachrichtengeschäft bescheiden angefangen haben, es ist nicht lange so geblieben, sondern hat sich alsbald zu einer Industrie gemausert, die unsere Gesellschaft und unseren Blick auf die Welt in tiefgreifender Weise geformt hat. Das heißt allerdings nicht, dass es dadurch verlässlicher geworden ist. Vom großen Mondschwindel des Jahres 1835 (bei dem die New York Sun eine Serie komplett erfundener Artikel veröffentlichte, denen zufolge der große Astronom John Herschel auf dem Mond eine komplexe Zivilisation entdeckt hatte) über ein paar total idiotische Fake News über Badewannen, die Hitlertagebücher und den berüchtigten Serienmörder von Croydon war eine Menge von dem, was wir über die Welt zu lesen bekommen haben, kompletter Blödsinn. Mit diesen Dingen werden wir uns in Kapitel drei, Das Fehlinformationszeitalter, befassen.

Wir irren nicht nur in Bezug auf das, was in der Welt passiert, wir haben auch eine denkbar schlechte Bilanz, wenn es darum geht, Gegebenheiten an der und über die Welt auf die Reihe zu kriegen. In Kapitel vier, Lügen über Land und Leute, begeben wir uns auf eine Reise durch mehrere Jahrhunderte der, na ja, sagen wir, »kreativen Geografie«. Ob es sich um riesige Bergregionen handelt, die es nie gegeben hat, um unglaubwürdige Erzählungen über sagenumwobene Länder oder...

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Autor

Tom Phillips ist Journalist und arbeitet als Factchecker bei »Full Fact« in London. Der ehemalige Chefredakteur von BuzzFeed UK studierte Anthropologie, Geschichte und Philosophie in Cambridge, war Mitglied einer kurz gefeierten Comedytruppe, er arbeitete fürs Fernsehen und im Parlament und gründete auch mal eine Zeitung.