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Das Versprechen der Sterne

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am20.01.2020
Annie Talbot liegt im Sterben, doch Angst hat sie keine. Nach sechzig langen Jahren, die sie nun schon allein in dem alten irischen Bauernhaus neben dem Apfelgarten lebt, ist sie bereit, wieder mit ihrem geliebten Mann vereint zu werden. Zunächst muss sie aber ihre Enkelin Holly davor bewahren, sich ins Unglück zu stürzen. Holly hat ihren Verlobten verlassen, nachdem sie mit einer schrecklichen Diagnose konfrontiert wurde. Doch Annie weiß: Liebe zu erfahren, egal wie lange, ist das Einzige, was im Leben zählt ...

Brooke Harris hat Psychologie studiert und liebt es, in die unterschiedlichsten, dramatischen Gefühlswelten einzutauchen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in Kildare, Irland.
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Produkt

KlappentextAnnie Talbot liegt im Sterben, doch Angst hat sie keine. Nach sechzig langen Jahren, die sie nun schon allein in dem alten irischen Bauernhaus neben dem Apfelgarten lebt, ist sie bereit, wieder mit ihrem geliebten Mann vereint zu werden. Zunächst muss sie aber ihre Enkelin Holly davor bewahren, sich ins Unglück zu stürzen. Holly hat ihren Verlobten verlassen, nachdem sie mit einer schrecklichen Diagnose konfrontiert wurde. Doch Annie weiß: Liebe zu erfahren, egal wie lange, ist das Einzige, was im Leben zählt ...

Brooke Harris hat Psychologie studiert und liebt es, in die unterschiedlichsten, dramatischen Gefühlswelten einzutauchen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in Kildare, Irland.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641244583
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum20.01.2020
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1607 Kbytes
Artikel-Nr.4279783
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1.

Holly

Als der Anruf kommt, bin ich nicht besonders überrascht. Schon seit einiger Zeit habe ich damit gerechnet, und dennoch stockt mir der Atem, als ich an das Handy gehe und meinen Bruder leise flüstern höre: »Es ist so weit.«

Meine Arbeit lasse ich stehen und liegen und mache nur eben Halt, um eine kurze Erklärung auf ein gelbes Post-it zu kritzeln; das klebe ich mitten auf Nates Laptopbildschirm, damit er es nach seinem Meeting auch gleich sieht. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich weg sein werde, und ich will es auch gar nicht wissen. Nicht einmal mehr zu meinem Apartment fahre ich, um mir ein paar Sachen einzupacken. Alles, was ich brauche, kann ich mir auch kaufen, wenn ich angekommen bin. Ich muss einfach dort sein, bevor es zu spät ist.

Der Motor macht seltsame Geräusche, als ich das Gaspedal durchtrete. Meine alte Rostlaube ist es nicht gewohnt, so schnell zu fahren. Die Türen klappern, und das Lenkrad vibriert in meinen Händen, um mich davon zu überzeugen, doch langsamer zu werden. Doch ich zwinge meinen Fuß, noch fester auf das Gaspedal zu treten, und schlängele mich durch den Verkehr auf der Autobahn, während ich leise alle langsamen Fahrer verfluche.

Die vertraute zweieinhalbstündige Fahrt von Dublin nach Galway kommt mir unendlich lang vor. Jede Minute, die ich noch nicht bei meiner Familie bin, reißt mir kleine Stücke aus dem Herzen. Ein orangefarbenes Warnlicht leuchtet auf dem Armaturenbrett auf; ich verdrehe die Augen, weil bei meinem kleinen Auto eine Inspektion mehr als überfällig ist, doch dafür habe ich im Augenblick einfach keine Zeit. Eigentlich hatte mir Nate letzten Monat versprochen, den Wagen für mich in die Werkstatt zu bringen, doch das war, bevor unsere Welt zusammengebrochen ist. Bevor ich meinen Verlobten von mir gestoßen habe wegen etwas, das gar nicht sein Fehler ist. Da war eine Autowerkstatt nun wirklich das Letzte, worüber ich mir den Kopf zerbrochen habe. Meine Finger klammern sich fester um das Lenkrad, und ich flehe mein Auto inständig an, noch bis Galway durchzuhalten. Warte auf mich, Nana. Bitte warte auf mich!

Der Verkehr hat ein Nachsehen mit mir, sodass mir schon nach gut zwei Stunden das vertraute Knirschen der kleinen Kieselsteine unter den Autoreifen einen Schauer über den Rücken jagt. Als Kind habe ich dieses Geräusch geliebt. Denn es bedeutete, dass wir die lange, kurvenreiche Auffahrt erreicht hatten, die zum Bauernhaus meiner Großmutter in Athenry im County Galway hinaufführt. Die Anreise von unserem Zuhause vor den Toren Dublins ist immer ermüdend gewesen. Ben und ich stritten die meiste Zeit auf dem Rücksitz miteinander und stellten die Geduld meiner Mutter gewaltig auf die Probe. Sie warnte uns immer wieder, dass sie auf der Stelle kehrtmachen und das Wochenende bei Nana streichen würde, wenn wir uns nicht benehmen. Uns war klar, dass sie nur bluffte; dennoch beendeten wir dann unsere Streitereien.

Das Haus meiner Großmutter verband ich immer mit aufregenden Geschichten, selbstgebackenen Kuchen und Lutschbonbons. Als kleines Mädchen war es für mich der schönste Ort der Welt, doch mittlerweile hat sich dort einiges verändert. Viele Jahre sind vergangen. Ben ist letzten Monat dreißig geworden, und ich bin fast neunundzwanzig. Wir haben viel zu tun, sodass wir längst nicht mehr so oft herkommen, wie wir es uns eigentlich wünschen würden. Ich versuche, wenigstens einen Übernachtungsbesuch pro Monat einzuplanen, doch es scheint immer schwieriger zu werden, sich diese Zeit freizuschaufeln. Ben ist stocksauer, wenn ich ihn damit nerve, doch bitte hinzufahren, weil ich es selbst nicht schaffe. Kaum zu glauben, dass wir einmal die naiven kleinen Kinder waren, die den alten Kasten fast genauso geliebt haben wie die alte Dame. Die Zeit hat uns alle verändert; genau davor hat meine Großmutter mich damals schon immer gewarnt.

»Zeit kannst du nicht aufsparen, Holly. Also nutze sie weise«, hat sie immer gesagt und mit dem Finger zu den Sternen am Himmel hinaufgezeigt. Dabei habe ich mich oft gefragt, ob sie wohl zu etwas oder jemandem da oben sprach.

»Eines Tages wirst du erwachsen sein«, hat sie immer gesagt. »Dann bist du zu groß, um auf meinem Schoß zu sitzen und dir meine Geschichten anzuhören.«

»Ich kann es gar nicht abwarten, groß zu sein«, antwortete ich dann immer ganz aufgeregt.

Als ich sieben war, habe ich das auch wirklich so gemeint. Ich stellte es mir großartig vor, erwachsen zu sein. Und manchmal ist es das auch. Nur eben in letzter Zeit nicht mehr. Ich wünschte, Nana hätte mich davor gewarnt, wie schwer man es als Erwachsene manchmal hat. Ich hätte mir ihren Rat gern zu Herzen genommen. Denn ihre Ratschläge habe ich immer befolgt, und das tue ich auch heute noch.

Als ich mit Schwung die letzte Kurve der Auffahrt nehme und mich der Vorderseite des Hauses nähere, steuere ich den vertrauten, großen Apfelbaum auf dem Rasen im Vorgarten an und beschließe, daneben zu parken. Ich lächele, als ich daran denke, wie sehr Nana diesen starken, alten Baum mit seiner knorrigen Rinde und den ausladenden Ästen und Zweigen liebt. Und ich erinnere mich noch gut an den Nachmittag im Sommer, als ich vom höchsten Ast gefallen bin und mir den linken Arm gebrochen habe. Ich war damals neun, fast zehn Jahre alt. Ich habe so laut geschrien, dass ich danach stundenlang keine Stimme mehr hatte. Nana hat mir zwei Pfund geschenkt und mir versprochen, mit mir zum Laden im Ort hinunterzugehen, um Süßigkeiten zu kaufen, wenn ich wieder aus dem Krankenhaus zurück sei. Ich weiß nicht mehr, ob wir an diesem Nachmittag tatsächlich noch Süßigkeiten gekauft haben, aber ich erinnere mich noch sehr gut an Nanas Arme, die mich umschlungen hielten, während sie mir sagte, dass ich das tapferste Mädchen in ganz Irland sei. Ich wünschte, ich könnte jetzt so tapfer sein wie damals.

Heute erkenne ich Nanas großes Bauernhaus kaum wieder. Aber wenn ich ehrlich bin, erkenne ich mich selbst in letzter Zeit nicht mal wieder. Alles verändert sich so plötzlich, dass es mir Angst macht. Während der letzten Monate hat der Gestank von Desinfektionsmitteln im Bauernhaus meiner Großmutter den Duft von Frischgebackenem abgelöst. Was wir jetzt zu hören bekommen, sind keine Geschichten mehr, die aus Büchern vorgelesen werden, die über und über mit Eselsohren versehen sind; es sind vielmehr ellenlange Erklärungen, die mit medizinischem Fachjargon gespickt sind und aus Krankenhausberichten stammen.

Noch während ich auf die Bremse trete und mein Auto danach unter den müden Zweigen des alten Apfelbaums abstelle, reißt mein Bruder schon die Haustür auf. Ich schlucke ein wenig Magensäure hinunter, die mir die gesamte Fahrt über immer wieder hochgekommen ist, und atme erleichtert auf. Schnell schnappe ich mir meine Handtasche vom Beifahrersitz und bin fast schon aus dem Auto gesprungen, bevor es endgültig zum Stehen gekommen ist. Ich vergesse völlig, mir wieder meine Schuhe anzuziehen, und rutsche stattdessen mit den Schlappen, die ich beim Autofahren immer trage, über den losen Kies. Ich kann gar nicht schnell genug hin zu all den Erinnerungen, die mir am Herzen liegen, obwohl ich auf eine Zukunft zusteuere, die mir Angst macht.

»Habe ich es noch rechtzeitig geschafft?«, schreie ich.

Meine Stimme hallt durch den großen offenen Garten und schallt mir wie ein Schlag ins Gesicht zurück. Dann herrscht Stille. Kein Windhauch raschelt in den Blättern des Baums. Kein einziger Vogel zwitschert in seinem Nest. Mir kommt es vor, als würde die Natur die Luft anhalten und auf die Antwort meines Bruders warten. Ben ruft jedoch nichts zurück. O Gott!

»Bin ich noch rechtzeitig gekommen?«, schreie ich noch lauter, während ich mich der Haustür nähere und in Bens Miene nach Hinweisen suche.

Ben nickt, und erst da wird mir klar, dass ich die Luft angehalten habe.

Erst als ich die klapprige Eingangsstufe erreiche, bremse ich ab. Mir fällt ein, wie sehr sie jedes Mal wackelt, wenn man drauftritt. Jahrelang bin ich unbeholfen darübergeklettert, weil ich nicht diejenige sein wollte, unter der die Stufe nachgibt. Doch heute bleibe ich mitten darauf stehen, und es ist, als ob die alte Betonplatte Mitleid empfindet - sie bewegt sich kein Stück unter meinem Gewicht.

Bens Augen sind ganz verquollen und blutunterlaufen. Er hat ganz offensichtlich geweint. Am liebsten würde ich ihn fest drücken, doch ich habe Angst, dass ich zusammenbreche und in tausend Stücke zerfalle, wenn ich ihn berühre. Mir schnürt es die Kehle zu, und plötzlich wird mir bewusst, wie sehr mir das Herz in der Brust klopft.

»Du hast es rechtzeitig geschafft«, erwidert Ben. Sein steifer Oberkörper gibt nach, und die Mundwinkel heben sich zu einem matten Lächeln. »Du hast es geschafft.«

Erleichtert schlage ich mir die Hand auf die Brust und muss husten. »Gott sei Dank.«

»Komm rein. Nana ist in ihrem Schlafzimmer.« Ben nickt in Richtung der ausladenden Treppe hinter ihm. »Die Krankenschwester ist bei ihr, Mam auch.«

Ben tritt beiseite und macht Platz, damit ich an ihm vorbeigehen kann, doch ich rühre mich nicht von der Stelle. Alle Haare im Nacken stehen mir zu Berge, und mein Rücken buckelt wie der einer aufgeschreckten Katze. Ich glaube, ich habe zu viel Angst davor hineinzugehen. Mit einem Mal komme ich mir wieder wie ein kleines Kind vor. Plötzlich brauche ich jemanden, der mir versichert, dass alles gut wird. Doch ich ahne, wie die Geschichte enden wird. Die Erwachsene in mir weiß, dass es dieses Mal kein Happy End gibt. Vielleicht wird es gar nicht passieren, wenn ich nicht hineingehe, rede ich mir ein. Ich bleibe einfach hier auf...
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Autor

Brooke Harris hat Psychologie studiert und liebt es, in die unterschiedlichsten, dramatischen Gefühlswelten einzutauchen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in Kildare, Irland.