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Bis ich ihn finde

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am09.03.2020
Ein existenzielles Thema, einfühlsam und packend erzählt
Für andere bedeutet der 16. Geburtstag den Mofa-Führerschein oder endlich legal Bier trinken zu dürfen - für Elena bedeutet er die langersehnte Möglichkeit, ihren Vater, den anonymen Samenspender, kennenzulernen. Dass diese Entscheidung nicht nur ihre Mütter in Unruhe versetzt, sondern auch Elenas Leben gehörig durcheinanderwirbelt, war ihr klar - und doch kommt alles anders als gedacht ...
In Deutschland gibt ca. 100.000 durch Samenspende gezeugte Kinder, aber die meisten von ihnen wissen nichts davon. Ähnlich wie adoptierte Kinder haben über 80% der aufgeklärten Spenderkinder ein Bedürfnis, ihren biologischen Vater kennenzulernen. Erst 2017 wurde im Bundestag ein eigenes Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung verabschiedet, das Betroffenen jedoch nicht weit genug geht.

Christine Fehér wurde 1965 in Berlin geboren. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin schreibt sie seit Jahren erfolgreich Kinder- und Jugendbücher und hat sich einen Namen als Autorin besonders authentischer Themenbücher gemacht. Für ihr Jugendbuch »Dann mach ich eben Schluss« wurde sie 2014 mit dem Buxtehuder Bullen ausgezeichnet.
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Produkt

KlappentextEin existenzielles Thema, einfühlsam und packend erzählt
Für andere bedeutet der 16. Geburtstag den Mofa-Führerschein oder endlich legal Bier trinken zu dürfen - für Elena bedeutet er die langersehnte Möglichkeit, ihren Vater, den anonymen Samenspender, kennenzulernen. Dass diese Entscheidung nicht nur ihre Mütter in Unruhe versetzt, sondern auch Elenas Leben gehörig durcheinanderwirbelt, war ihr klar - und doch kommt alles anders als gedacht ...
In Deutschland gibt ca. 100.000 durch Samenspende gezeugte Kinder, aber die meisten von ihnen wissen nichts davon. Ähnlich wie adoptierte Kinder haben über 80% der aufgeklärten Spenderkinder ein Bedürfnis, ihren biologischen Vater kennenzulernen. Erst 2017 wurde im Bundestag ein eigenes Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung verabschiedet, das Betroffenen jedoch nicht weit genug geht.

Christine Fehér wurde 1965 in Berlin geboren. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin schreibt sie seit Jahren erfolgreich Kinder- und Jugendbücher und hat sich einen Namen als Autorin besonders authentischer Themenbücher gemacht. Für ihr Jugendbuch »Dann mach ich eben Schluss« wurde sie 2014 mit dem Buxtehuder Bullen ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641239466
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum09.03.2020
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1997 Kbytes
Artikel-Nr.4282305
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Mama sieht toll aus in ihrem Hochzeitskleid. Der weiße Satin schimmert in der Nachmittagssonne in unserem Berliner Hinterhof. Die Strahlen verfangen sich auch in ihrem Haar und lassen den Sekt in ihrem Glas golden aufleuchten, als sie sich zu mir umdreht und mir zuprostet. Ich weiß nicht, wer von uns beiden glücklicher lächelt - sie als Braut oder ich, weil ich seit heute endlich 16 bin. Unser Dauergrinsen wird höchstens noch von dem meiner Co-Mutter Manu übertroffen, mit der Mama seit zwei Stunden verheiratet ist.

Genau an meinem Geburtstag haben die beiden sich das Jawort gegeben. Für lesbische Paare ist Heiraten noch nicht lange erlaubt. Ich finde es süß von den beiden, dass sie an meinem Geburtstag geheiratet haben. Auf dem Standesamt im Rathaus Schöneberg haben sie ihre Ringe getauscht. Und als Manu als Zeichen unserer Verbundenheit als Familie auch mir einen Ring angesteckt hat, sind uns allen dreien die Tränen gekommen.

Manu, eigentlich Manuela, verkörpert mit ihrem fransigen Kurzhaarschnitt und dem ausrasierten Nacken sowie der eher maskulin wirkenden Kleidung das, was man eine Butch nennt, eine Lesbe, die wenig Wert darauf legt, typisch weibliche äußere Merkmale zu zeigen, sondern sich burschikoser gibt. Jetzt drückt sie einen Kuss auf Mamas Nacken, genau auf den kleinen Leberfleck, den man nur sieht, wenn sie den Kopf neigt und ihr blond gesträhnter, glatter Bob zur Seite fällt. Mama lacht und küsst sie zurück. Sie ist eine Femme, wie man die feminin wirkenden Lesben nennt, die man bezüglich Frisur und Klamotten nicht von einer heterosexuellen Frau unterscheiden kann.

Unsere heile Regenbogenwelt mitten in Berlin - ich hätte es schlechter treffen können. Die wenigsten Hetero-Eltern, die ich kenne, wirken noch so verknallt ineinander wie meine Mütter.

Gut, dass Fabienne da ist, meine beste Freundin, die sich so mit uns freut, aber immer cool bleibt und den Überblick behält. Sie flitzt umher und füllt bei den Gästen Sekt nach, ganz nach Wunsch pur oder mit Orangensaft. Auch ich könnte ein zweites Glas vertragen und bewege mich auf sie zu. Im Kopf spüre ich schon einen leichten Schwips, aber heute darf ich das, man wird nur einmal sechzehn. Alle im Hof sind ausgelassener Stimmung, reden und lachen durcheinander. Sicher hört man die vielen Stimmen bis in die oberen Etagen hinauf.

»Ich beneide dich so, Elena«, sagt Fabienne, die mir mit einem Tablett voller Gläser entgegeneilt. »Wenn meine Eltern Gäste haben, ist es immer so steif. Weiße Tischdecke, das gute Geschirr, gekünstelter Small Talk und eine völlig erschöpfte Mutter, wenn endlich alles vorbei ist. Du hast es so gut, dass es bei euch immer so relaxed ist!«

Deshalb ist Fabienne auch so oft bei uns, wie es geht. Wir kennen uns schon seit der 1. Klasse. Und obwohl ihre Familie vor ein paar Jahren nach Frohnau gezogen ist, einem Nobelbezirk am nördlichen Stadtrand Berlins, besuchen wir dasselbe Gymnasium in Friedenau, weil hier Spanisch als zweite Fremdsprache angeboten wird. Wir finden beide Spanisch viel cooler als Englisch. Ich nehme mir ein Glas, sie stellt das Tablett kurz auf einen der aufgebauten Biertische, dann stoßen wir an.

»Auf dich«, sagt sie und lächelt mir zu. Glücklich lassen wir unsere Blicke über das Brautpaar und die Gäste schweifen. »Was hast du eigentlich zum Geburtstag bekommen?«

»Einen Gutschein für die Renovierung meines Zimmers, mit tatkräftiger Hilfe beim Streichen und Umräumen. Eine größere Freude hätten Mama und Manu mir gar nicht machen können - mein Zimmer ist mir schon lange zu kindlich und zu chaotisch.«

»Wenn du willst, bin ich dabei«, sagt Fabienne. Dann jedoch rammt sie mir ihren Ellbogen in die Seite, so heftig, dass etwas Sekt auf mein Sommerkleid schwappt.

»Was sind denn das für Typen?«, raunt sie mir zu und deutet auf zwei Jungs, die soeben in den Hinterhof spaziert kommen. Sie sind etwas älter als wir. »Kennst du die?«

Ich schüttle den Kopf. Verwunderlich ist es nicht, dass hier auch Fremde auftauchen, denn dass hier gefeiert wird, hört man sicher durch das Tor bis auf die Straße. Außerdem ist bei unseren Hoffesten jeder willkommen, egal was gefeiert wird. Anders geht es auch nicht, wenn wir keinen Stress mit den Nachbarn haben wollen. Auch sie bringen Freunde mit. Meine beiden Mütter wollten gerade an ihrer Hochzeit eine Feier haben, die für jeden offen ist.

Ich liebe unsere Hoffeste, dieses Lockere, Entspannte daran. So ist es immer, wenn wir feiern, egal zu welchem Anlass.

Keiner muss sich aufbrezeln. Man kann kommen, wie man will, egal ob in Schlabberhosen und Korklatschen, schrill und punkig oder frisch aus dem Büro im steifen Kostüm, und ganz gleich welche Hautfarbe man hat oder woher man stammt.

Schwul, lesbisch, bi - bei uns ist alles erlaubt und normal. Fabienne hat recht wenn sie sagt, steif könne jeder und das sei einfach nur anstrengend.

Es helfen auch alle mit. Heute Vormittag, noch vor dem Gang zum Standesamt, haben Manu und ich unsere Balkonmöbel die vier Treppen von unserer Wohnung aus nach unten in den Hof geschleppt. Unten im Hof war Mama unterdessen dabei, Lampions in die Büsche und an den Zaun zu hängen, der den Mülltonnenbereich vom Garten trennt. Sie ist freie Hebamme und war erst heute Nacht von einer langwierigen Hausgeburt zurückgekehrt - zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin der Mutter. Schon eilten Tina und Rashid, die unter uns wohnen herbei, schickten Mama weg und bauten Bierbänke und Tische auf. Mama sollte sich noch etwas ausruhen können. Ihr kleiner Sohn Dhani schrubbte währenddessen mit seinem Bobbycar über die Steinplatten.

Sobald wir nach der Trauung wieder zu Hause waren, kamen unablässig Leute, fast alle stellten etwas zu essen oder Getränke aufs Büfett, genau wie Mama und Manu es sich »statt Geschenken« gewünscht hatten.

Fabienne und ich beobachten die beiden Jungs aus dem Augenwinkel. Bestimmt denkt auch sie, dass es verdammt gut aussehende Typen sind. Doch deshalb sollen sie sich bloß nichts einbilden. Wir werden nicht gleich anfangen zu sabbern. Der eine fällt mir besonders auf: Seine Größe, bestimmt fast 1,90 Meter. Seine dunklen, etwas zu langen Haare, denen die schräg stehenden Sonnenstrahlen einen leichten Rotschimmer verleihen. Er fährt dauernd mit der Hand durch seine Locken und zerzaust sie dabei immer mehr. Seine leicht gebräunte Haut schon jetzt im Mai, die schön geschwungenen Lippen. Vor allem aber sein wilder, zorniger Blick aus dunkelgrauen Augen. Ein weites, schwarzes Shirt und verwaschene, am Knie eingerissene Jeans. Ein Junge wie ein hungriger Löwe, denke ich.

Fabienne scheint mehr den anderen zu fixieren. Mein Typ ist er nicht. Er trägt die Haare rasiert, nur am Oberkopf hat er seine dunkelblonden Locken stehen lassen und trägt weiße Jeans, dazu ein T-Shirt mit einem italienischen Protzlabel drauf. Viel zu gelackt für meinen Geschmack. In Sachen Jungs haben wir zum Glück schon immer unterschiedlich getickt.

Die beiden wirken wie Fremdkörper unter den anderen Leuten. Die meisten sind schon älter, viel alternatives Volk mit kleinen Kindern, Frauen in bunten Klamotten aus fernen Ländern, andere Lesben, Schwule, ein paar Flüchtlinge sowie Türken, die seit Generationen hier zu Hause sind, und das Hauswart-Ehepaar. Eine bunte Mischung, eine Mini-Abbildung der Gegend hier mitten in Berlin-Schöneberg, fast schon Kreuzberg. Die Jungs blicken sich um wie zwei Aliens, die mit einem Meteoriten in diese Szene gekracht sind. Aber so, wie sie sich gleich darauf zwei Bierflaschen schnappen und sich dann über das Büfett und den Grill hermachen, sehen sie nicht so aus, als ob sie gleich wieder gehen wollten.

Inzwischen beginnt es zu dämmern, fast alle haben schon ein wenig getrunken. Auch Fabienne und ich sitzen auf einer Bierbank und halten jede ein Glas Sommerbowle in der Hand. Malte, der Freund der Studentin aus der kleinen Wohnung neben uns, spielt Gitarre und singt »Galway Girl« von Ed Sheeran. Wer den Song kennt, singt mit, einschließlich mir. Einige Mütter und Väter tanzen mit ihren Kindern dazu im Kreis.

Der Junge, den ich insgeheim den Löwen nenne, setzt sich neben mich. Seine Haut duftet nach einem sportlichen Duschgel, doch mir entgeht nicht die Bierfahne aus seinem Mund. Also rücke ich ein Stück von ihm ab. Genauso macht es Fabienne bei dem anderen Typen, der sich neben sie gepflanzt hat.

»Was ist denn das für ein Öko-Fest?«, fragt der Löwe. »Habt ihr keine richtige Musik?«

»Du spinnst wohl«, kontert Fabienne. »Malte ist so ein toller Sänger.«

»Live-Musik ist richtige Musik«, sage ich. »Wenn ihr schlecht drauf seid, geht einfach wieder.«

»Ich hab nichts gesagt«, verteidigt sich der Junge neben Fabienne.

»Schon gut.« Der Löwe fährt sich mit den Fingern wieder durchs Haar. »Ein bisschen bleiben wir noch. Wenigstens sind nicht nur Hippies hier, sondern auch zwei hübsche Mädchen.«

»Ich fühle mich geehrt«, spotte ich und streiche meine Augenbrauen glatt, eine blöde Angewohnheit von mir. »Aber wir haben auch noch andere Eigenschaften.«

»War nur Spaß«, gibt er zurück. »Seid ihr schon lange hier?«

»Seit genau 16 Jahren«, antworte ich und sehe richtig, wie es in seinem Hirn rattert. Fabienne und ich sehen uns an und kichern. Meine Güte, steht der Typ auf dem Schlauch - und ist total schräg. Wie gehetzt er sich umsieht, als würde er gejagt oder gleich um sich schlagen. Dann wieder taucht er in meine Augen ein, als suche er etwas darin, voller Sehnsucht oder Verzweiflung. Das Gespräch zwischen...

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Autor

Christine Fehér wurde 1965 in Berlin geboren. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin schreibt sie seit Jahren erfolgreich Kinder- und Jugendbücher und hat sich einen Namen als Autorin besonders authentischer Themenbücher gemacht. Für ihr Jugendbuch »Dann mach ich eben Schluss« wurde sie 2014 mit dem Buxtehuder Bullen ausgezeichnet.