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Mein wasserdichtes Baby

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am09.03.2020
Wissenschaftsjournalist und Bestsellerautor Aeneas Rooch nimmt uns mit auf eine fulminante Reise in die wunderbare Welt der Babys. Witzig, fesselnd und wissenschaftlich fundiert erzählt er von erstaunlichen Erkenntnissen aus dem Alltag mit den Kleinsten.
Besitzen Babys einen Tauchreflex? Ist es gesund, wenn Eltern den Schnuller ablecken? Sind Nüsse für Kinder wirklich gefährlich? Und was ist dran an der Regel, dass man heruntergefallene Lebensmittel, die weniger als fünf Sekunden auf dem Boden lagen, bedenkenlos essen kann? Aeneas Rooch lüftet die Rätsel des Elternalltags. Die perfekte Lektüre für schlaflose Nächte!

Aeneas Rooch, geboren 1983, hat Mathematik und Physik studiert. Er arbeitet in der Softwarebranche und ist als freier Wissenschaftsjournalist tätig. Er spielt gerne Klavier und Badminton (aber selten gleichzeitig).
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Produkt

KlappentextWissenschaftsjournalist und Bestsellerautor Aeneas Rooch nimmt uns mit auf eine fulminante Reise in die wunderbare Welt der Babys. Witzig, fesselnd und wissenschaftlich fundiert erzählt er von erstaunlichen Erkenntnissen aus dem Alltag mit den Kleinsten.
Besitzen Babys einen Tauchreflex? Ist es gesund, wenn Eltern den Schnuller ablecken? Sind Nüsse für Kinder wirklich gefährlich? Und was ist dran an der Regel, dass man heruntergefallene Lebensmittel, die weniger als fünf Sekunden auf dem Boden lagen, bedenkenlos essen kann? Aeneas Rooch lüftet die Rätsel des Elternalltags. Die perfekte Lektüre für schlaflose Nächte!

Aeneas Rooch, geboren 1983, hat Mathematik und Physik studiert. Er arbeitet in der Softwarebranche und ist als freier Wissenschaftsjournalist tätig. Er spielt gerne Klavier und Badminton (aber selten gleichzeitig).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641247003
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum09.03.2020
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse8405 Kbytes
Illustrationendurchg. 2c
Artikel-Nr.4310193
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Wettlauf gegen die Zeit

Wie lange kann man bedenkenlos vom Boden essen?

Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, dass es nach dem Essen unter unserem Küchentisch aussieht wie im Schweinestall (genau genommen sieht es mit Kindern überall in der Wohnung aus wie im Schweinestall, aber nach dem Essen unter dem Küchentisch ganz besonders): Es liegen angebissene Apfelspalten, Bananenstückchen und Weintrauben herum, daneben benagte Gurkenscheiben und Paprikasticks, zerkaute Käsewürfel, vollgespeichelte Wurstfetzen, Reste von Milchbrötchen und Brotkrümel. Für ein kleines Kind ist Essen eben ein permanenter Kampf gegen die Schwerkraft, andauernd rutscht ihm etwas aus der Hand oder fällt ihm etwas aus dem Mund, gern schmeißt es aber auch aus reinem Vergnügen etwas herunter oder spuckt es aus. So landet bei jeder Mahlzeit eine beachtliche Menge Essen auf dem Fußboden. Ich habe noch nie nachgewogen, wie viel genau sich da so ansammelt (vielleicht aus unterbewusster Angst vor dem Ergebnis?), aber es ist auf jeden Fall eine beeindruckende Portion. Manchmal sieht es fast so aus, als liege mehr Essen unter dem Tisch als darauf.

Wenn die heruntergefallenen Häppchen nicht allzu übel besabbert oder zerkaut sind, hebe ich sie meistens wieder auf und gebe sie meinem Kind zurück. Gästen würde ich sie vielleicht nicht mehr anbieten, aber das Kind achtet ganz offensichtlich noch nicht auf Etikette und Benehmen und hat auch noch einen eher weit gefassten Begriff von Appetitlichkeit und Hygiene. Warum also sollte ich Essen wegwerfen, das ihm noch bestens schmeckt? Nur weil es auf dem Boden gelegen hat?

Viele Menschen sehen das ähnlich pragmatisch, achten beim Aufheben aber penibel auf die Zeit. Sie halten sich an eine Maxime, die vor allem unter jungen Eltern weitverbreitet zu sein scheint - die sogenannte »Fünf-Sekunden-Regel« -, die besagt, dass man heruntergefallene Kekse, Apfelstückchen und andere Nahrungsmittel bedenkenlos essen kann, solange sie nur weniger als fünf Sekunden auf dem Boden gelegen haben. Manche Eltern kennen auch die etwas strengere Variante dieser Richtlinie, die »Drei-Sekunden-Regel«.

Die Begründung für die Regel (ob nun mit drei oder fünf Sekunden) ist, dass Bakterien und Krankheitserreger, die sich auf dem Boden tummeln, eine Weile brauchen, bis sie auf den heruntergefallenen Keks geklettert sind; und solange sie das noch nicht getan haben, kann man den Keks ohne Gefahr aufheben und weiter verfüttern. Das klingt plausibel. Aber stimmt es auch? Ist das mit den fünf Sekunden eine vernünftige Faustregel, oder ist es totaler Unsinn? Wie schnell können sich Bakterien überhaupt fortbewegen? Brauchen sie zum Erklimmen eines Kekses Sekunden, Stunden oder gar Tage? Dieses Thema wurde im Geburtsvorbereitungskurs leider nie behandelt. Junge Eltern brauchen also dringend eine handfeste, wissenschaftliche Antwort: Was ist dran an der ominösen Fünf-Sekunden-Regel?

Die Highschool-Schülerin Jillian Clarke ist im Jahr 2003 genau dieser Frage nachgegangen, während sie ein Praktikum bei einer Mikrobiologie-Forschungsgruppe an der University of Illinois absolvierte. Um herauszufinden, ob die Fünf-Sekunden-Regel stimmt, kaufte sie glatte und raue Fußbodenkacheln, sterilisierte sie, besiedelte sie mit typischen Darm-Bakterien und legte anschließend Gummibärchen und Kekse auf ihnen ab.

Meistens verwendet man bei solchen Experimenten Bakterien der Art Escherichia coli, und so war es auch hier. Escherichia-coli-Bakterien kommen im menschlichen Darm vor und spielen bei vielen Infektionskrankheiten eine Hauptrolle, so verursachen sie weltweit jährlich 160 Millionen Durchfallerkrankungen und eine Million Todesfälle. Weil die Bakterien einfach gezüchtet werden können und man an ihnen und mit ihnen eine Menge untersuchen kann, kommen sie in der biologischen und medizinischen Forschung alle naselang vor, und Fachleute nennen sie kurz und liebevoll nur E. coli.

Nachdem sie die Gummibärchen und Kekse auf die bakterienbelasteten Fußbodenkacheln gelegt hatte, wartete Clarke fünf Sekunden, hob die Süßigkeiten wieder hoch und untersuchte sie unter dem Elektronenmikroskop. Sie sah, dass die Bakterien in allen Fällen von den Bodenkacheln auf die Süßigkeiten übergegangen waren, ganz gleich, ob diese auf glatten oder rauen Fußbodenkacheln gelegen hatten. Die Schülerin schloss daraus, dass Lebensmittel, die auf den Fußboden fallen, bereits in fünf Sekunden oder weniger mit Bakterien kontaminiert werden können.

Ist die Fünf-Sekunden-Regel also völliger Unsinn? Das Experiment der Schülerin Jillian Clarke deutet darauf hin, liefert aber noch keine verlässliche Antwort. Denn der Versuch mit den Bodenkacheln ist zwar ein charmantes, unterhaltsames Schülerprojekt und hat der Autorin sogar den Ig-Nobelpreis eingebracht, er ist aber leider keine belastbare wissenschaftliche Arbeit.

Mit dem Ig-Nobelpreis wird kuriose wissenschaftliche Forschung ausgezeichnet. Es ist ein satirischer Preis für »Errungenschaften, die Menschen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen«. Prämiert wurden zum Beispiel Forschungsarbeiten darüber ...

... dass sich Hunde, wenn sie pinkeln oder einen Haufen machen, gern entlang des Erdmagnetfelds ausrichten,

... wie man kleckert, wenn man geht, während man eine Tasse Kaffee in der Hand hält,

... dass Schimpansen ihre Artgenossen auch an Fotos ihres Hinterteils erkennen können,

... ob Spucke als Reinigungsmittel taugt und

... wie man ein gekochtes Ei teilweise wieder »entkochen« kann.

Den Ergebnissen, zu denen Jillian Clarke bei ihrem Bodenkachel-Versuch gelangt ist, kann man wie gesagt leider nicht vertrauen, denn der Versuch wurde weder von anderen Fachleuten überprüft, wie es bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich ist, noch in einem Fachmagazin veröffentlicht - er wurde lediglich von der University of Illinois als Pressemitteilung herausgegeben. (Darin wird übrigens ausführlich beschrieben, dass die Schülerin versucht hat, ihre Studie auf einem echten Fußboden durchzuführen, aber auf dem ganzen Campus kein einziges Stückchen gefunden hat, das eine nennenswerte Menge an Bakterien trug, nicht einmal im Labor, in der Halle, im Wohnheim oder der Cafeteria. »Wir waren geschockt«, wird eine Doktorandin zitiert. Als Schlussfolgerung der Untersuchung wird in der Pressemeldung schließlich - neben den Resultaten über die Kontaminierung von Gummibärchen und Keksen - hervorgehoben: »Universitätsböden sind aus mikrobiologischer Perspektive bemerkenswert sauber.« Lag dem unbekannten Verfasser der Pressemitteilung nur der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn am Herzen, oder verfolgte er beim Schreiben pragmatischere Motive? Allerdings ist es vielleicht gar nicht so erwähnenswert, dass sich auf den Uni-Fußböden kaum Bakterien finden ließen, denn Bakterien mögen es gern feucht und warm, da kann es durchaus sein, dass sie sich auf kalten, trockenen Uni-Böden einfach schlecht vermehren.)

Um die Frage mit Gewissheit beantworten zu können, ob Lebensmittel nach fünf Sekunden auf dem Fußboden mit Bakterien kontaminiert sind, fehlen in der Untersuchung von Jillian Clarke ohnehin Angaben darüber, wie viele Bakterien genau auf die Kekse und Gummibärchen übergegangen sind - Details, die entscheidend sein könnten. Dafür wird aber noch eine Umfrage mitgeliefert, die die Schülerin unter Studenten gemacht hat. Ihr zufolge kennen 70 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer die Fünf-Sekunden-Regel, und die meisten wenden sie auch an, wenn ihnen Essen auf den Boden fällt. Frauen essen außerdem eher etwas Aufgehobenes als Männer, und generell heben Menschen lieber Süßigkeiten vom Boden auf als Blumenkohl und Brokkoli - was wohl niemanden überrascht.

Etwa zehn Jahre später, im Jahr 2014, haben sich Biologiestudenten aus Birmingham ebenfalls mit der Fünf-Sekunden-Regel beschäftigt. Mit Fragebögen haben sie überprüft, wie Menschen zum Thema »Essen vom Boden« stehen (von den rund 500 Befragten gaben 87 Prozent an, sie höben heruntergefallene Nahrungsmittel auf und äßen sie noch; die meisten Frauen darunter verrieten außerdem, sie befolgten dabei die Fünf-Sekunden-Regel). Vor allem haben die Studenten aber in einem Experiment untersucht, wie gut Bakterien vom Fußboden auf Nahrungsmittel übergehen, und sich dafür konkret zwei handelsübliche Bakterienarten vorgenommen: Escherichia coli (die unter Wissenschaftlern berühmten Darmbakterien, mit denen auch schon die amerikanische Schülerin experimentiert hat) und Staphylococcus aureus (Bakterien, die auf unserer Haut leben und auch sonst praktisch überall vorkommen; sie verursachen in der Regel keine Krankheitssymptome, können manchmal aber doch für Furunkel, Lungenentzündungen, Herzentzündungen oder Blutvergiftungen sorgen).

Die Studenten haben die Bakterien auf verschiedene Fußböden geschmiert - auf Teppich, Laminat und Kacheln - und gezählt, wie viele von ihnen es nach drei und nach 30 Sekunden geschafft hatten, auf Toast, Nudeln, Kekse und klebrige Süßigkeiten zu klettern, die zuvor auf dem Fußboden verteilt worden waren. Bei diesen Experimenten zeigte sich, dass es tatsächlich von der Zeit abhängt, wie viele Bakterien vom Fußboden auf Nahrungsmittel übergehen: Nach drei Sekunden waren weniger Bakterien auf dem Essen zu finden als nach 30 Sekunden. Die Studenten haben auch herausgefunden, dass es vor allem eine Frage der Fußbodenart ist, wie viele Bakterien aufs Essen springen: Auf glatten...

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