Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Das Geheimnis meiner Schwestern

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am17.02.2020
Ein verschwundenes Mädchen, ein altes Landgut in Südengland und vier Schwestern, die ein gefährliches Geheimnis eint ...
England 1959. Die vier Schwestern Margot, Dot, Flora und Pam reisen zu ihrer Tante und ihrem Onkel auf das Landgut Applecote Manor, um dort den Sommer zu verbringen. Doch es wird kein unbeschwerter Besuch, denn vor fünf Jahren verschwand ihre Cousine Audrey spurlos. Während das Land von einer Hitzewelle erschüttert wird, machen sich die vier Mädchen auf, das Geheimnis um ihre Cousine zu enthüllen ...
50 Jahre später: Jessie und ihr Mann Will wollen mit ihren beiden Töchtern von London aufs Land ziehen. Als Jessie Applecote Manor zum ersten Mal sieht, ist sie sicher, dass sie hier endlich Ruhe und Frieden finden werden. Doch das Landgut birgt ein altes Geheimnis ...
Dieser Roman ist unter dem Titel »Die Schwestern von Applecote Manor« als Hardcover erschienen.

Eve Chase wollte schon immer über Familien schreiben - solche, die fast untergehen aber irgendwie doch überleben - und über große, alte Häuser, in denen Familiengeheimnisse und nicht erzählte Geschichten in den bröckelnden Steinmauern weiterleben. Eve Chase ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Oxfordshire.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin verschwundenes Mädchen, ein altes Landgut in Südengland und vier Schwestern, die ein gefährliches Geheimnis eint ...
England 1959. Die vier Schwestern Margot, Dot, Flora und Pam reisen zu ihrer Tante und ihrem Onkel auf das Landgut Applecote Manor, um dort den Sommer zu verbringen. Doch es wird kein unbeschwerter Besuch, denn vor fünf Jahren verschwand ihre Cousine Audrey spurlos. Während das Land von einer Hitzewelle erschüttert wird, machen sich die vier Mädchen auf, das Geheimnis um ihre Cousine zu enthüllen ...
50 Jahre später: Jessie und ihr Mann Will wollen mit ihren beiden Töchtern von London aufs Land ziehen. Als Jessie Applecote Manor zum ersten Mal sieht, ist sie sicher, dass sie hier endlich Ruhe und Frieden finden werden. Doch das Landgut birgt ein altes Geheimnis ...
Dieser Roman ist unter dem Titel »Die Schwestern von Applecote Manor« als Hardcover erschienen.

Eve Chase wollte schon immer über Familien schreiben - solche, die fast untergehen aber irgendwie doch überleben - und über große, alte Häuser, in denen Familiengeheimnisse und nicht erzählte Geschichten in den bröckelnden Steinmauern weiterleben. Eve Chase ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Oxfordshire.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641254919
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum17.02.2020
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1765 Kbytes
Artikel-Nr.4310798
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

M

Gut fünfzig Jahre später

Kriminalität. Menschenmassen. Die Art, wie die Großstadt Mädchen zwingt, zu schnell erwachsen zu werden, sie ihrer Unschuld beraubt. Für die Familie ist es Zeit, London zu verlassen, irgendwohin zu ziehen, wo es freundlicher zugeht, harmloser. In den vergangenen drei Monaten haben sie bereits eine Reihe von Häusern besichtigt - der Maklerauftrag lautete: ländlich, geräumig, gern renovierungsbedürftig - , doch bei keinem der Häuser hatte Jessie bisher das Gefühl, dass es ein Zuhause werden könnte. Bis zu diesem Moment: Auf Applecote Manor an einem Nachmittag Ende Januar fühlt sie sich wie von Sonnenlicht erfüllt.

Natürlich ist es ziemlich heruntergekommen. Sonst könnten sie sich solch ein Haus unmöglich leisten. Immergrüne Pflanzen drängen sich eng an die Orangerie, drohen, die Fenster einzudrücken und ihre giftigen Beeren wie Perlen über die hölzerne Fensterbank zu verstreuen. Die Steinplatten am Boden bäumen sich in der Mitte des Raumes auf, als versuche sich irgendein Geschöpf aus der Erde zu erheben. Doch Jessie stellt sich bereits baumelnde Orangen vor, warm und schwer in der Hand, und durch die geöffneten Glastüren dringen die Hochstimmung des Sommers und das helle Tönen wilden Mädchenlachens herein.

Mit weichem Blick folgt sie dem Scheibenmuster der Gewächshausfenster bis zu deren geometrischem Scheitelpunkt, eine meisterhafte viktorianische Konstruktion, die selbst im englischen Klima neben flauschigen Äpfeln der Sorte Cox Orange auch kräftig duftende mediterrane Früchte verspricht. Etwas an diesem Optimismus - Kontrolle durch Begrenzung, eine Art zwanghafte Fürsorge - spricht sie flüsternd an: Versucht sie nicht etwas Ähnliches, bloß mit ihrer Familie?

Jessie wirft einen Blick auf Bella, die auf der Fensterbank hockt und eine Textnachricht in ihr Handy tippt. Mit ihren langen Beinen und den tiefschwarzen Haaren ist ihre Stieftochter das offenkundige Ebenbild ihrer verstorbenen Mutter, der ersten Mrs. Tucker. Sie spürt Jessies fragenden Blick, hebt ihr blasses Adlergesicht, kneift die Augen zusammen und erwidert ihn voll erbitterter Ablehnung.

Jessie ist froh, dass Will ihn nicht mitbekommen hat, diesen Blick. Mit in den Manteltaschen vergrabenen Händen schaut ihr Mann in die düstere angrenzende Küche, und seine rührend gerunzelte Stirn verrät sein Bemühen, den Traum vom Landleben - eine urbane Männerfantasie von Holzhacken und möglicherweise Sex im Freien - mit dem gespenstischen Geräusch flatternder Vögel in höhlenartigen Schornsteinen und dem Gefühl klammen Dunstes in Einklang zu bringen.

Unter dem Wollfutter ihrer Lieblingslammfelljacke im Siebzigerjahre-Stil, der gut zu der rauen Umgebung passt, schlägt Jessies Herz schneller. Zum wiederholten Male schiebt sie ihr herbstrotes Haar hinters Ohr, ordnet ihre Gedanken. Denn sie weiß, dass ein gewaltiger Unterschied besteht zwischen der Besichtigung eines alten Landhauses an einem Winternachmittag - wenn trübes Licht durch Baumskelette dringt, missmutig und fremd wie etwas aus einem Traum - und dem Stress eines Umzugs hunderte von Kilometern weit weg, für den man seine Stadthaut abstoßen muss. Es wäre ein Akt waghalsigen Vertrauens, so wie damals, als sie sich in Will verliebte. Doch das Haus fühlt sich einfach richtig an - so wie Will von Anfang an - und auf eine Art, die sie nicht erklären kann, wie für sie bestimmt.

Und wirklich, die Größe von Applecote Manor ist perfekt. Sie würden sich darin nicht verloren fühlen. Im Vergleich zu ihrer Londoner Doppelhaushälfte ist es zwar riesig, aber dennoch ein Puppenhaus, verglichen mit den richtigen alten Anwesen in der Gegend, und der Zusatz »Manor« ist definitiv übertrieben. Es ist eher rustikal als herrschaftlich mit seinem knorrigen, holzwurmzerfressenen Gebälk, mit all den schiefen Kanten und den bauchigen Wänden, die einem das Gefühl geben, es atme. Ein Pelz aus Efeu bedeckt die Außenwand aus Cotswolds-Kalkstein, so dass das Haus von der Straße aus nicht sofort sichtbar ist. Jessie gefällt das, diese Zurückhaltung, dass Applecote die üppige Umgebung nicht dominiert, sondern sich in sie einfügt wie eine feine ältere Dame, die im hohen Gras vor sich hin döst. Jessie kann sich vorstellen, dass Bella hier ein wenig zur Ruhe kommt, und sieht bereits vor sich, wie ihre eigene Tochter, Romy, erlöst von Spielplätzen mit elastischen Gummiböden, auf echte Bäume klettert.

Romy mit den erdbeerblonden Locken scheint sich schon wie zu Hause zu fühlen und stupst mit ihren knubbeligen Kleinkindfingern gegen den fleischigen Kuss einer Schnecke, die sich auf der anderen Seite des Fensters festgesaugt hat. Jessie ist sich sicher, dass ihr kleines Mädchen, genauso wie sie selbst als Kind, die Freiheit des Landlebens lieben wird, all die verwinkelten Ecken der Kindheit, klitzekleine Welten, für die Augen Erwachsener unsichtbar. Als die Schnecke sich schaumig vorwärts schiebt, kichert Romy und blickt hoch: Jessie sieht die Miniaturversion ihrer eigenen elfenhaften Züge, die türkisgrünen Augen mit den Kupferwimpern ihrer irischen Familie, Wills volle Lippen. Sie grinst zurück, Romys Freude ist ihre. Ihre Verbindung ist noch durchlässig wie eine Nabelschnur, das Gegenteil ihres Verhältnisses zu Bella, die sich hinter einer Mauer, so dick wie die von Applecote, verbarrikadiert zu haben scheint. Hin und wieder kann Jessie einen Blick darüber erhaschen. Nicht oft. Sicher nicht heute.

Es ist nun drei Jahre her, seit Jessie mit ihrem sich unter ihrem Mantel wölbenden Fünfmonatsbauch - der weltglücklichste Unfall - ans andere Ende der Stadt zu Will zog. Zwei Jahre nach Mandys Tod. Da sie sich nicht in sein Leben oder das seiner Tochter drängen wollte, hatte sie so lange wie möglich an ihrer eigenen Unabhängigkeit und ihrer WG in Dalston festgehalten und dem Mann, in den sie sich unsterblich verliebt hatte - »Ich will keine Minute meines Lebens mehr ohne dich vergeuden. Ich brauche dich, wir brauchen dich, Jessie.« - , widerstanden, bis es albern und nicht mehr praktikabel wurde. Damals wollten sie Bella nicht noch zusätzlich mit einem Umzug verunsichern, nicht während ein neues Baby unterwegs war. Und blauäugig hatte Jessie geglaubt, dass sie das scheue Mädchen mit dem gequälten Blick, das an der Hand seines Vaters hing, als wäre er der letzte lebende Mensch auf Erden, letztendlich für sich gewinnen und wie ihr eigenes Kind lieben würde. Sie hatte damals keine Vorstellung davon, dass der Versuch, Bella zu lieben, geschweige denn ihr ein Elternteil zu sein, während Bella sich in einen zornigen Teenager verwandelte, in etwa so aussichtsreich war, als versuche man ein wildes Tier zu umarmen, das einem eigentlich nur seine scharfen Zähne in den Hals bohren will. Dass ihr das Eindringen in Bellas vertraute Welt mit ihrem Vater womöglich niemals verziehen würde und auch nicht die Freude, der Lärm und die Störung, die mit Romy einzogen, Bellas Rivalin um die Zuneigung ihres Vaters und der peinliche Beweis für sein neues Liebesleben. Und wer könnte es der armen Bella auch verdenken?

Kommt Zeit, kommt Rat, heißt es doch immer. Doch die Zeit schien für Bella in London alles nur noch schlimmer zu machen statt besser, wie bei einem empfindlichen Objekt, das in der verschmutzten Stadtluft Schaden nimmt. In den letzten Monaten war es besonders schlimm gewesen, hormonbedingt explosiv, mit einem beunruhigenden Höhepunkt, der sie zum Handeln zwang. Jessie und Will waren sich einig, dass Bella, ob sie wollte oder nicht - natürlich wollte sie nicht - , einen Neustart benötigte.

Sie musste weg von den Kifferpartys und ihrem problematischen Freundeskreis, weg von dem, was sie mit diesem Mädchen gemacht hatte, weg von allem, was geschehen war. Da nützte es nichts, einfach nur in einen anderen Londoner Stadtteil zu ziehen. Wenn sie es schon angingen, dann musste es ein radikaler Schnitt sein, eine vollkommene Neuausrichtung ihres Lebens. Also würden sie die Stadt gegen einen harmloseren, friedlicheren Ort eintauschen. Und welcher Ort könnte unschuldiger sein als Applecote Manor?

Und dennoch.

Das zweigeteilte Spiegelbild in der Fensterscheibe hat eine beängstigende Symbolkraft und erinnert Jessie daran, dass es noch andere, dunklere Gründe gibt, warum Applecote sie lockt: Will, der versucht, einem Bild zu entkommen, dem Bild eines Lasters, der links abbiegt, des zerstörten Körpers seiner wunderschönen Frau auf dem Asphalt. Wie könnte sie Will sagen, dass sie sich nie ganz wohlgefühlt hat im stilsicher eingerichteten Haus seiner toten Frau, in einem häuslichen Leben, das niemals ihres war? Dass sie oftmals gegen das schrecklich kindische Bedürfnis ankämpfen muss, die elegant grauen Wände mit einem Rausch aus Farben zu übermalen? Dass dies zwar seine zweite Ehe ist, okay, aber eben ihre erste, ihre einzige, und sie möchte, dass sie auf ihre Art einzigartig ist. Und dass es vor der wunderbaren Mandy Tucker in deren Londoner Haus kein Entkommen gibt. Erst letzte Woche zog Jessie hinter dem Heizkörper im Flur einen von Mandys Schals heraus. Auf der Treppe sitzend, spürte sie die drängende Last der grauen Wände und fragte sich, was sie nun mit dem roten Seidentuch, das welk in ihren Händen hing und den teuren Duft einer anderen Frau verströmte, tun sollte. Am Ende ließ sie es ratlos wieder hinter dem Heizkörper verschwinden und fühlte sich schrecklich dabei. Jessie wusste einfach, dass Mandy immer in diesem Haus sein und ihre Ehe mit Will beobachten würde.

Auf Applecote Manor wäre das nicht so. Dort lauern keine Geister der Vergangenheit.

»Mir scheint, in Gedanken bist...

mehr

Autor

Eve Chase wollte schon immer über Familien schreiben - solche, die fast untergehen aber irgendwie doch überleben - und über große, alte Häuser, in denen Familiengeheimnisse und nicht erzählte Geschichten in den bröckelnden Steinmauern weiterleben. Eve Chase ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Oxfordshire.