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Das Vermächtnis unsrer Väter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Kein + Abererschienen am10.09.20191. Auflage, neue Ausgabe
'Er war sich nicht sicher, wie viele andere um ihn herum die absolut falsche Entscheidung getroffen hatten und dann damit leben mussten. Für immer gebrandmarkt von ihrer eigenen Schuld, von der nur sie wussten.' Auch nach zwanzig Jahren erscheint der kleinen Inselgemeinde in den schottischen Hebriden das grausame Verbrechen unbegreiflich. Als der einzige Zeuge der Tat plötzlich wieder auf der Insel auftaucht, sorgt das für viel Aufregung. Verdrängte Erinnerungen und Schuldgefühle kehren zurück und mit ihnen die Befürchtung, dieser junge Mann könnte noch eine Rechnung offen haben.


Rebecca Wait, 1988 geboren, verbrachte als Kind viel Zeit in den schottischen Highlands und auf den Hebriden. 2010 schloss sie ihr Englischstudium an der Oxford University ab. Heute ist sie Lehrerin in London. Sie hat zahlreiche Preise für ihre Kurzgeschichten und Theaterstücke gewonnen. Ihre Romane 'Kopfüber zurück' und 'Das Vermächtnis unsrer Väter' erschienen ebenfalls bei Kein & Aber.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

Klappentext'Er war sich nicht sicher, wie viele andere um ihn herum die absolut falsche Entscheidung getroffen hatten und dann damit leben mussten. Für immer gebrandmarkt von ihrer eigenen Schuld, von der nur sie wussten.' Auch nach zwanzig Jahren erscheint der kleinen Inselgemeinde in den schottischen Hebriden das grausame Verbrechen unbegreiflich. Als der einzige Zeuge der Tat plötzlich wieder auf der Insel auftaucht, sorgt das für viel Aufregung. Verdrängte Erinnerungen und Schuldgefühle kehren zurück und mit ihnen die Befürchtung, dieser junge Mann könnte noch eine Rechnung offen haben.


Rebecca Wait, 1988 geboren, verbrachte als Kind viel Zeit in den schottischen Highlands und auf den Hebriden. 2010 schloss sie ihr Englischstudium an der Oxford University ab. Heute ist sie Lehrerin in London. Sie hat zahlreiche Preise für ihre Kurzgeschichten und Theaterstücke gewonnen. Ihre Romane 'Kopfüber zurück' und 'Das Vermächtnis unsrer Väter' erschienen ebenfalls bei Kein & Aber.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783036994246
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum10.09.2019
Auflage1. Auflage, neue Ausgabe
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2708 Kbytes
Artikel-Nr.4312416
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


 

 

 

 

 

 

Hätte Katrina überlebt, hätte sie hinterher gesagt, was Menschen in solchen Fällen immer sagen: dass es ein Tag gewesen sei wie jeder andere. Alles ganz normal. Vielleicht hätte sie auch gesagt, wie seltsam es doch war, dass man Normalität immer erst wahrnahm, wenn sie nicht mehr da war, dass es in ihrer Natur lag, unsichtbar zu sein.

Es war März und der Himmel ausgeblichen wie das angeschwemmte Treibholz draußen am Strand. Sie hatte die Jungs losgeschickt, das Holz einzusammeln, damit sie es trocknen und als Feuerholz verwenden konnten, denn manchmal bekam man das Haus nur schwer warm. Der Frühling kam sehr spät nach Litta, und Tage wie heute, eiskalt und farblos, gab es häufig. Hin und wieder setzte ihr die Abgeschiedenheit dieses Orts wirklich zu. Selbst an klaren Tagen konnte man das Festland nicht sehen, das sich dreißig Meilen östlich von der Insel befand. Im Westen erstreckte sich der Atlantik, nichts außer einem Leuchtturm zwischen hier und Kanada. Nach ihrem Umzug hatte Katrina sich anfangs genauso gedämpft gefühlt wie diese Landschaft während der endlosen Winter. Aber John meinte immer, sie würde sich schon noch daran gewöhnen, und das hatte sie wohl auch.

An jenem Dienstag im März war das Meer seit dem frühen Morgen aufgewühlt gewesen, warf sich immer wieder gegen die Felsen, spuckte Schaum empor, zog sich zurück, sammelte Kraft und stürmte wieder vorwärts. Der Wind wehte kräftig, drückte das Gras auf dem Machair flach und rüttelte an den Schafen. Im Laufe des Nachmittags würde der Wind noch zunehmen, aber auf der Insel musste einem schon das Haus um die Ohren fliegen, bevor man das Wort »Sturm« in den Mund nahm.

Die Jungs spielten nach der Schule draußen vor dem Haus. Beth saß in ihrem Laufgitter und war vorerst mit Joe Bear und ihrem Stoffbuch beschäftigt, sodass Katrina Gelegenheit hatte, sich um die Hausarbeit zu kümmern. Sie hatte die Scheuerleisten abgestaubt, weil Johns Bruder und dessen Frau am nächsten Abend zum Essen kommen wollten. Katrina achtete sehr auf Sauberkeit im Haus, aber die Scheuerleisten fielen ihr erst auf, wenn sie mit kritischem Blick durch die einzelnen Räume ging und versuchte, sie mit den Augen eines Gasts zu sehen. Man hätte meinen können, dass John es ein wenig lockerer nahm, wenn Familie zu Besuch kam, aber nein, es war ihm sehr wichtig, dass alles perfekt war für Malcolm und Heather.

Er hatte an diesem Tag zu Hause gearbeitet und war fast die gesamte Zeit in seinem Arbeitszimmer gewesen. Nur gegen elf Uhr war er herausgekommen, um sich wortlos einen Kaffee zu machen, und dann noch mal um eins, um sich das Sandwich zu holen, das Katrina für ihn bereitgestellt hatte. Nach dem Aufwachen hatte sie vom ersten Moment an gewusst, dass sie ihn heute auf keinen Fall stören durfte. Ob es tatsächlich ein schlechter Tag war, konnte sie jedoch noch nicht mit Gewissheit sagen.

Sie wischte also über die Scheuerleisten im Wohnzimmer, staubte mit demselben feuchten Lappen das Klavier und die Fensterbretter ab und ging dann mit dem Staubwedel abermals in die Ecken an der Decke. Sie musste dreimal hintereinander niesen, legte den Staubwedel beiseite und kniete sich neben das Laufgitter.

»Na, Mäuschen?«

Beth ließ Joe Bear los und streckte die kleinen pummeligen Arme nach den Ohrringen ihrer Mutter aus, lange Perlenhänger, die Katrina vor ein paar Jahren von John geschenkt bekommen hatte und nicht sonderlich mochte. Schnell nahm sie sie ab. Sie fing an, ihre Tochter zu kitzeln, die daraufhin sofort entzückt, wenn auch fast noch zahnlos grinste, und in ihr typisches, überraschend kratziges Lachen ausbrach, das wiederum Katrina zum Lachen brachte.

»Spielst du schön, ja?«

»Ba-rat«, antwortete Beth, ein relativ neues Wort von ihr, von dem Katrina noch nicht herausgefunden hatte, was es heißen sollte. »Mama«, fügte Beth noch hinzu und lächelte so strahlend, dass ihre Augen dabei zugingen, als wollte sie alle Gesichtsmuskeln gleichzeitig trainieren.

»Genau, mein Schatz«, stimmte Katrina zu, hob das Mädchen aus dem Laufgitter und seufzte glücklich beim vertrauten Gefühl der Tochter auf ihrem Arm.

Nicky und Tommy entfernten sich wegen des Winds nicht weit vom Haus. In etwa einer Stunde würde die Sonne untergehen. Hier draußen blieb es nie lange hell. Bald würde ihre Mum sie bitten, auf Beth aufzupassen, während sie das Abendbrot machte, also mussten sie die verbleibende Zeit nutzen. Tommy hatte die kalten Hände in den Jackentaschen und dachte bei sich, dass er heute viel lieber drinnen geblieben wäre, aber Nicky hatte ihn nach dem Nachmittagssnack mit einem altklugen »Wir dürfen nicht so laut sein« nach draußen gescheucht. Das hatte ihn genervt, auch wenn Nicky recht hatte. Der dachte immer, er wüsste alles besser, weil er zehn war und Tommy erst acht, und Tommy konnte es nicht ausstehen, wenn Nicky wie ein Erwachsener redete und so tat, als hätte er sich das alles selbst ausgedacht.

Beide besaßen ein ausgeprägtes Gespür für die Stimmung im Haus und wussten genau, wann sie den Erwachsenen besser aus dem Weg gehen sollten.

Tommy wollte Wikinger spielen, weil sie das gerade in der Schule durchnahmen und er die Wikinger mochte, auch wenn Nicky meinte, sie wären ihre Feinde. Aber sie waren so mutig und angriffslustig und reisten unglaublich weit. Er selbst war noch nie richtig weit weg gewesen, nur manchmal nahm ihn seine Mutter mit zum Einkaufen nach Oban. Ansonsten war er im Urlaub in Loch Lomond gewesen, das zählte nicht. Nicht mal in Glasgow oder London oder irgendwo, wo man mit dem Flugzeug hinfliegen musste. Er kannte eigentlich auch niemanden, der schon an irgendeinem interessanten Ort gewesen war. Bis auf Angus, der einzige andere Junge an der Schule außer Nicky und ihm (obwohl die Wilson-Zwillinge eigentlich auch sehr jungenhaft waren). Der war letzten Sommer mit seinen Großeltern aus Dumfries in Portugal gewesen und redete seitdem ununterbrochen davon, wie warm und hell es dort war. Als Nicky ihn bat, doch endlich die Klappe zu halten, hatte er sie beide nur mitleidig angesehen und gemeint, wenn sie Glück hätten, könnten sie vielleicht auch eines Tages dorthin. Tommy war so wütend darüber geworden, dass jemand es wagte, in solch einem Ton mit Nicky zu reden, erst recht jemand, der zwei Jahre jünger war, dass er Angus gegen den Arm boxte. Angus weinte daraufhin sofort los, obwohl es gar nicht so schlimm gewesen war, und Tommy musste sich entschuldigen und durfte in der großen Pause nicht raus zum Spielen. Trotzdem war er zufrieden, das Mächtegleichgewicht wiederhergestellt zu haben. Auch wenn er sich hatte entschuldigen müssen - Angus hatte geweint. Er dachte, Nicky würde sich nach der Schule bei ihm bedanken, aber der sagte nur: »Man darf andere nicht hauen.« Und wieder war Tommy genervt gewesen, weil Nicky sich als Erwachsener aufgespielt hatte.

Als er nun schüchtern vorschlug, Wikinger zu spielen, lehnte Nicky ab. Er meinte, zu zweit würde das nicht gehen, dafür wären sie zu wenig. Was keinen Sinn ergab, weil sie sonst immer alles zu zweit spielten, außer Angus oder die Zwillinge waren zufällig dabei. Man konnte eigentlich alles zu zweit spielen, man dachte sich die anderen Figuren einfach dazu, oder jeder spielte mehrere. Ab und zu holten sie auch Beth dazu, doch die war selten nützlich. Entweder saß sie auf dem Boden und steckte sich alles in den Mund, was sie fand, oder sie kam auf die Beine und versuchte wegzutappen, sodass die Jungs das Spiel unterbrechen und sie wieder einfangen mussten.

»Was willst du denn dann spielen?«, fragte er und gab sich dabei Mühe, enttäuscht genug zu klingen, dass Nicky es merkte, aber auch nicht so enttäuscht, dass er ihn als Baby bezeichnete.

»Star Wars.«

Das spielten sie oft, obwohl Tommy nicht sicher war, ob Nicky es selbst überhaupt mochte. Sie behaupteten beide voreinander, große Star Wars-Fans zu sein, da ihr Dad die Filme liebte. Er besaß alle Filme auf Video und hatte sie sich gemeinsam mit ihnen angesehen, sich dabei zwischen sie auf die Couch gesetzt und den Arm um beide gelegt. Tommy fand die Filme langweilig und verwirrend. Er hatte versucht, sie ernst zu nehmen, aber sie kamen ihm einfach zu unmodern und albern vor. Das würde er seinem Vater gegenüber jedoch nie zugeben, denn der bekam immer gute Laune, wenn er die Filme mit seinen Söhnen sah. »Star Wars hat mein Leben verändert«, hatte er mal zu ihnen gesagt. »Ich hab dadurch verstanden, dass es außerhalb dieser Insel noch eine große weite Welt gibt. Und als eure Mum meinte, dass sie Star Wars mag, wusste ich: Die ist die Richtige für mich. Die meisten Frauen verstehen die Filme nämlich nicht.«

Jung, wie er war, kam Tommy damals dennoch der Gedanke, seine Mutter könnte auch nur so getan haben.

»Ich bin Luke Skywalker, und du kannst Darth Vader sein«, sagte Nicky jetzt.

Tommy stellte sich auf den unvermeidlichen Streit ein. »Ich will nicht Darth Vader sein. Ich bin immer Darth Vader!«

»Musst du aber, sonst funktioniert es nicht.«

»Ich will Han Solo sein.«

Nicky schüttelte nur fassungslos den Kopf. »Du kannst nicht Han Solo sein und mit Luke Skywalker kämpfen. Das ergibt gar keinen Sinn.«

»Dann sei du doch Darth Vader.«

Sein Bruder bedachte ihn mit einem geduldigen Blick. »So funktioniert das Spiel nun mal nicht, Tommy.«

Eigentlich wollte Tommy schon seit einer Weile nicht mehr Tommy genannt werden. Die letzten Monate hatte er alles in seiner Macht Stehende getan, dass man ihn Tom nannte, das klang...

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Autor

Rebecca Wait, 1988 geboren, verbrachte als Kind viel Zeit in den schottischen Highlands und auf den Hebriden. 2010 schloss sie ihr Englischstudium an der Oxford University ab. Heute ist sie Lehrerin in London. Sie hat zahlreiche Preise für ihre Kurzgeschichten und Theaterstücke gewonnen. Ihre Romane "Kopfüber zurück" und "Das Vermächtnis unsrer Väter" erschienen ebenfalls bei Kein & Aber.

Jenny Merling hat für Kein & Aber u. a. Am Ende der Reise von Edward Docx und Bewahren Sie Ruhe von Maile Meloy ins Deutsche übertragen.