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Über die öffentliche Gesundheitspflege

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
220 Seiten
Deutsch
heptagonerschienen am23.10.20161. Auflage
Den hier vorliegenden Text Die öffentliche Gesundheitspflege und das Eigenthum publizierte Salomon Neumann im Jahr 1847. Damit mischte er sich ein in damalige Gesundheitsreformdebatte: die 'preußische Medizinalreformdebatte'. Der Staat sei verpflichtet, wirkungsvoll für die Gesundheit seiner Einwohner zu sorgen, postulierte Neumann. Denn wenn das vorherrschende Recht im preußischen Staates das Eigentumsrecht sei, müsse auch er das einzige Eigentum schützen, das die Masse seiner Bevölkerung besitze - die Gesundheit als die Grundlage ihrer Arbeitskraft. Der Virchow-Text ist die Zusammenstellung einer Artikelserie, die zwischen dem 4. August und dem 1. September 1848 erschien.

Salomon Neumann wurde am 22. Oktober 1819 im pommerschen Pyritz als Kind einer jüdischen Kleinhändlerfamilie geboren. 1838 legte er in Berlin das Abitur ab und studierte anschließend Medizin an den Universitäten Berlin und Halle-Wittenberg. Um seine medizinischen Kenntnisse zu erweitern ging Neumann nach der Promotion im Jahr 1842 nach Wien und Paris, den damaligen Zentren der modernen Schulmedizin. 1845 ließ er sich in Berlin als Arzt nieder. Rudolf Virchow erblickte am 13. Oktober 1821 in der pommerschen Kleinstadt Schivelbein das Licht der Welt. Als Stipendiat der Pépinière, einer Militärärzte-Akademie, promovierte er 1843 in Berlin, um anschließend als Prosektor an der Charité zu arbeiten. Wie Neumann engagierte er sich 1848 für die revolutionäre Umgestaltung des Staates in eine Demokratie, doch das Erstarken der reaktionären Kräfte machte es dem Staatsbediensteten Virchow unmöglich, in Preußen zu bleiben. 1849 nahm er einen Ruf an die Universität Würzburg an, wo er die grundlegende Theorie der Zellularpathologie veröffentlichte. 1856 durfte Virchow als inzwischen weltweit bekannter Forscher nach Berlin zurückkehren. Salomon Neumann, der bereits 1858 erfolgreich für die Berliner Stadtverordnetenversammlung kandidiert hatte, überzeugte ihn 1859, dies ebenfalls zu tun. In der Folge vertraten Virchow und Neumann die Berliner Bevölkerung mehr als vier Jahrzehnte lang als gewählte Vertreter im Berliner Stadtparlament.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR5,99
SoftwareCD-ROM
EUR19,90

Produkt

KlappentextDen hier vorliegenden Text Die öffentliche Gesundheitspflege und das Eigenthum publizierte Salomon Neumann im Jahr 1847. Damit mischte er sich ein in damalige Gesundheitsreformdebatte: die 'preußische Medizinalreformdebatte'. Der Staat sei verpflichtet, wirkungsvoll für die Gesundheit seiner Einwohner zu sorgen, postulierte Neumann. Denn wenn das vorherrschende Recht im preußischen Staates das Eigentumsrecht sei, müsse auch er das einzige Eigentum schützen, das die Masse seiner Bevölkerung besitze - die Gesundheit als die Grundlage ihrer Arbeitskraft. Der Virchow-Text ist die Zusammenstellung einer Artikelserie, die zwischen dem 4. August und dem 1. September 1848 erschien.

Salomon Neumann wurde am 22. Oktober 1819 im pommerschen Pyritz als Kind einer jüdischen Kleinhändlerfamilie geboren. 1838 legte er in Berlin das Abitur ab und studierte anschließend Medizin an den Universitäten Berlin und Halle-Wittenberg. Um seine medizinischen Kenntnisse zu erweitern ging Neumann nach der Promotion im Jahr 1842 nach Wien und Paris, den damaligen Zentren der modernen Schulmedizin. 1845 ließ er sich in Berlin als Arzt nieder. Rudolf Virchow erblickte am 13. Oktober 1821 in der pommerschen Kleinstadt Schivelbein das Licht der Welt. Als Stipendiat der Pépinière, einer Militärärzte-Akademie, promovierte er 1843 in Berlin, um anschließend als Prosektor an der Charité zu arbeiten. Wie Neumann engagierte er sich 1848 für die revolutionäre Umgestaltung des Staates in eine Demokratie, doch das Erstarken der reaktionären Kräfte machte es dem Staatsbediensteten Virchow unmöglich, in Preußen zu bleiben. 1849 nahm er einen Ruf an die Universität Würzburg an, wo er die grundlegende Theorie der Zellularpathologie veröffentlichte. 1856 durfte Virchow als inzwischen weltweit bekannter Forscher nach Berlin zurückkehren. Salomon Neumann, der bereits 1858 erfolgreich für die Berliner Stadtverordnetenversammlung kandidiert hatte, überzeugte ihn 1859, dies ebenfalls zu tun. In der Folge vertraten Virchow und Neumann die Berliner Bevölkerung mehr als vier Jahrzehnte lang als gewählte Vertreter im Berliner Stadtparlament.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783934616219
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Verlag
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum23.10.2016
Auflage1. Auflage
Seiten220 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse206 Kbytes
Artikel-Nr.4686742
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
II. Positives.

»Salus populi lex suprema esto.«
Die öffentliche Gesundheitspflege im Staate des Eigenthumsrechts, ihre rechtliche Begründung und zweckmäßige Organisation.
I. Die rechtliche Begründung.

Daß die Gesundheit, die von jedem vernünftigen Menschen als sein höchstes, unveräußerliches Gut geschätzt wird, in der That die wahre Grundlage menschlichen Glückes sei, wird selbst von denjenigen nicht geleugnet werden können, welche das leibliche und geistige Wohl und Weh des Menschen von einander trennen zu müssen vermeinen. Möge man hierüber denken, wie man wolle, die Wahrheit des alten Ausspruchs: »mens sana in corpore sano«, d.h. nur in einem gesunden Körper kann ein gesunder Geist wohnen, drängt sich der alltäglichen Erfahrung eines Jeden als unbestreitbar auf. Wenn aber der vernünftige Zweck jeder gesellschaftlichen Verbindung das möglichst vollkommene Glück aller Gesellschaftsmitglieder sein muß, so leuchtet ein, welch' hohe Bedeutung die Gesundheit der Bürger für den Staat habe. Erwägen wir ferner, daß der Mensch nicht blos deshalb im Staate lebt, um in demselben dasjenige zu erlangen, was er auch vereinzelt erlangen kann, sondern, daß der Zweck des Gesellschaftslebens eben der ist, daß der Mensch, welcher eben so sehr die Pflicht, als das Recht auf die vernunftgemäße Ausbildung der in ihn gelegten geistigen und körperlichen Kräfte hat, in der Gesellschaft seine natürliche Bestimmung erreiche, deren Inhalt in der vollständigen Harmonie seiner Rechtsansprüche und seiner Pflichtleistungen besteht, so ist es klar, daß es die Pflicht der Gesellschaft, d.h. des Staates ist, Leben und Gesundheit der Bürger als Grundbedingung aller Genüsse und Wirksamkeiten zu schützen und wenn sie gefährdet, zu retten. Ist es Pflicht des gesellschaftlichen Menschen auch die Gefahren, welche eben aus der gesellschaftlichen Vereinigung sich entwickeln, bekämpfen und ertragen zu helfen, so ist es auch eben so klar, daß der Staat nicht blos die natürlichen Gefahren, sondern eben so sehr diejenigen, welche aus dem Gesellschaftsleben der Menschen für Leben und Gesundheit entstehen, zu bekämpfen und wo möglich zu vernichten, verpflichtet ist.

Daß der Gesellschaftszustand unserer heutigen Gesellschaft in der That auf eine unnatürliche Weise alterirt ist, daß der größte Theil der Krankheiten, welche entweder den vollen Lebensgenuß stören, oder gar einen beträchtlichen Theil der Menschen vor dem natürlichen Ziel dahinraffen, nicht auf natürlichen, sondern auf künstlich erzeugten, gesellschaftlichen Verhältnissen beruhe, bedarf gar keines Beweises. Wer zwischen dieser Behauptung und der obigen Ansicht, daß der Mensch seine natürliche Bestimmung nur in der Gesellschaft erfüllen kann, einen Widerspruch finden wollte, würde sehr irren; der natürliche Schluß, zu dem die Unnatur unseres Gesundheitszustandes allein berechtigen kann, ist nur der, daß die heutige Organisation der Gesellschaft, der natürlichen Bestimmung des Menschen noch nicht entspreche. Eine weitere Ausführung dieser Frage, welches denn die eigentliche naturgemäße Organisation der menschlichen Gesellschaft sei, wäre in der That keine Ueberschreitung des kompetenten Gebiets einer Frage, die sich mit Leben und Gesundheit der Menschen beschäftigt, denn die medizinische Wissenschaft ist in ihrem innersten Kern und Wesen eine sociale Wissenschaft, und so lange ihr diese Bedeutung in der Wirklichkeit nicht vindicirt sein wird, wird man auch ihre Früchte nicht genießen, sondern sich mit der Schaale und dem Scheine begnügen müssen.

Die sociale Natur der Heilkunst steht so über allem Zweifel, daß dieselbe weder von den Gründern unserer Medizinalverfassung, noch von den späteren Reformatoren derselben, ganz übersehen werden konnte, noch ganz übersehen worden ist. Durch die erste Gründung einer Medizinalverfassung hatte der Staat schon im Allgemeinen ausgesprochen, daß die Gesundheit der Bürger das Interesse des Staates wesentlich berühre. Die Reformatoren im Jahre 1825 hatten dem Polizeiprinzip von 1725 die Staatspflicht hinzugefügt, den Unterthanen die Gelegenheit zu ärztlicher Hilfe darzubieten; die jetzigen Reformatoren haben, trotz der vollständigen Anerkennung des gewerblich-polizeilichen Standpunktes, ausgesprochen, daß es nicht genüge, eine Verpflichtung gelegentlich zu erfüllen, sondern daß man die traurige Illusion in eine reelle Wohlthat verwandeln müsse; »Es habe Jeder im Staat, so sagt man, die gerechtesten Ansprüche auf die vollkommenste und beste ärztliche Hilfe,« ja, obgleich unsere Armenkrankenpflege nichts weiter ist, als ein Versuch, die Consequenzen des gewerblichen Betriebes der Heilkunst zu mildern, hat man dieses Prinzip doch unangetastet gelassen, sich aber nicht gescheut, als oberstes Axiom auszusprechen, »daß ein Unterschied zwischen dem armen Kranken und dem reichen Kranken der göttlichen Weltordnung widerstreite. In der Justiz, so sagt man, giebt es einen eximirten und gemeinen Gerichtsstand, dieses mag ganz in der Ordnung sein, weil in der Sphäre des äußern Besitzes die in der göttlichen Weltordnung begründete Verschiedenheit der Stände nicht abkommen darf und wird. Wenn aber ein Mensch krank ist, oder gar sterben will, ist es unanständig an die Verschiedenheit der Stände zu denken. Entweder ist zur Behandlung eines Typhus, eines Knochenbruchs, einer Augenentzündung Wissenschaft nöthig oder nicht, im ersten Falle ist sie für Stadt und Land nöthig, im zweiten für Stadt und Land überflüssig. Die Geburtshilfe würde die gemeinste aller Künste sein, wenn sie zwischen der placenta praevia einer Edeldame und der placenta praevia eines Bettelweibes einen Unterschied sähe.« (Schmidt in seiner Reformschrift S. 9).

Nach welchen Regeln der Logik es gerade aus der göttlichen Weltordnung, nach welcher alle Menschen gleich nackt und arm geboren werden, deducirt wird, daß die Menschen sich durch Armuth und Reichthum unterscheiden müssen, wissen wir nicht; eben so wenig, warum die göttliche Weltordnung den Unterschied zwischen den Gesunden, weniger unanständig, als den zwischen Kranken findet. Wenn aber der Unterschied zwischen Kranken der göttlichen Ordnung widerstreitet, so darf solcher Unterschied überhaupt in der Hilfe, welche man einem Kranken angedeihen läßt, nicht zulässig sein. Man darf dann dem armen Kranken ebensowenig schlechtere Arznei, schlechtere Kost, schlechtere Pflege, schlechtere Wohnung, als einen schlechteren Arzt bieten. Ein Unterschied in irgend einem dieser wesentlichen Elemente der Krankenpflege ist eben unanständig, ist ein Widerspruch gegen die göttliche Weltordnung! Freilich ist die Anordnung gleich vollkommener und wissenschaftlicher Befähigung aller Aerzte leicht und billig für den Staat, aber alle übrigen Desiderata der göttlichen Weltordnung müssen ebenfalls erfüllt werden, wenn sie auch Geld kosten. Aber weder die distrikt-ärztliche Einrichtung, ob nach berlinischen, ob nach rheinischem Maaßstabe, noch die übrigen Almosen einer geizigen Barmherzigkeit, weit entfernt, den grellen Unterschied in der Pflege armer und reicher Kranken zu mildern, vermögen nicht, die Consequenzen eines falschen und ungerechten Prinzips zu heben, und die Armen aus der allgemein-gefährlichen wie unmenschlichen Hilflosigkeit zu retten. Wäre aber selbst die Entscheidung dieser Appellationsinstanz der Barmherzigkeit nicht so illusorisch und hilflos, wie sie es in der That ist, es wäre darum nicht weniger ein strikter Widerspruch gegen das oberste Prinzip unseres Staates, das Recht heißt, diesem Staate Gesetze zu geben, welche sich nicht auf Recht, sondern auf Barmherzigkeit gründen sollen. Es bedarf zwar hierfür keines Beweises - für Jedermann, für den Verfasser des neuen Reformplans, der das Prinzip der Barmherzigkeit als die natürliche Grundlage jedes Staatsorganismus gegenüber »dem widernatürlichen Prinzip der Volksregierung« proclamirt, wird aber auch eine Hinweisung auf unser Armen- und Bettelgesetz und auf den Umstand genügen, daß auch in unserem Staate seit dem 3. Februar d.J. die widernatürliche Volksregierung grade in die Materie eingeführt ist, die er der Barmherzigkeit vindicirt, in die zarte Materie der Geldsachen. Wie der große Theil der Staatsbürger, der zum Wohlthun kein Geld hat, in seinem Staate, wo nur Gehorsam und Barmherzigkeit die Thätigkeit des Bürgers ausmachen sollen, sich befinden muß, lassen wir dahingestellt.

Nur nach einer sicheren und vollständigen Prüfung dürfen wir ein Prinzip verwerfen, das die Grundlage unsers Staates bildet; diese Grundlage aber ist das Recht. Jede Institution unseres Staates muß auf dieselbe gegründet sein. Wie verhält sich unsere jetzige Medizinalverfassung zu dem Rechtsprinzip unseres Staates? Wird durch dieselbe dem Rechtsansprüche des Einzelnen auf Schutz seiner Gesundheit genügt oder nicht? Bei dem innigen Zusammenhang, welcher zwischen der Gesundheit der Gesellschaft und der Gesundheit der einzelnen Mitglieder stattfindet, ist es leicht begreiflich, daß das Unrecht, das dem Einzelnen widerfährt, sowohl moralisch, als physisch, das allgemeine Wohl gefährdet. Aber abgesehen davon, daß die Gesundheit des Einzelnen eine Frage der allgemeinen Nützlichkeit ist, abgesehen davon, daß das Prinzip einer vernünftigen Medizinalverfassung nothwendig aus dem vernünftigen Begriffe des Staates entwickelt werden muß, und daß nur in Erfüllung bestimmter Voraussetzungen die Unterscheidung zwischen einer medicina publica und einer medicina privata einen wirklichen Sinn, die Wahrscheinlichkeit eines wirksamen Erfolges hat, wollen wir einmal untersuchen, welche Gestaltung der Medizinalverfassung durch die besondere...
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