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Quichotte

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.10.2019
Salman Rushdie erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 »für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert.« (Aus der Begründung der Jury)
Ismael Smile ist ein Reisender, der besessen ist von der »unwirklichen Wirklichkeit« des Fernsehens. Er will das Herz der Königin aller Talkshows erobern und begibt sich auf eine Reise quer durch Amerika, um sich ihrer als würdig zu erweisen. Auf dem Beifahrersitz, Sancho, der Sohn, den er sich immer gewünscht hat, aber niemals bekam.
Auf grandiose versetzt Bestsellerautor Salman Rushdie die Abenteuer des klassischen tragischen Helden Quichotte in unser Zeitalter des »Alles ist möglich«.
»Mit Cervantes durch die USA von heute: eine witzige und scharfsinnige Road-Novel.« DIE ZEIT

Salman Rushdie, 1947 in Bombay geboren, ging mit vierzehn Jahren nach England und studierte später in Cambridge Geschichte. Mit seinem Roman »Mitternachtskinder«, für den er den Booker Prize erhielt, wurde er weltberühmt. 1996 wurde ihm der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt. 2007 schlug ihn Königin Elizabeth II. zum Ritter. 2022 ernannte ihn das deutsche PEN-Zentrum zum Ehrenmitglied. 2023 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextSalman Rushdie erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 »für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert.« (Aus der Begründung der Jury)
Ismael Smile ist ein Reisender, der besessen ist von der »unwirklichen Wirklichkeit« des Fernsehens. Er will das Herz der Königin aller Talkshows erobern und begibt sich auf eine Reise quer durch Amerika, um sich ihrer als würdig zu erweisen. Auf dem Beifahrersitz, Sancho, der Sohn, den er sich immer gewünscht hat, aber niemals bekam.
Auf grandiose versetzt Bestsellerautor Salman Rushdie die Abenteuer des klassischen tragischen Helden Quichotte in unser Zeitalter des »Alles ist möglich«.
»Mit Cervantes durch die USA von heute: eine witzige und scharfsinnige Road-Novel.« DIE ZEIT

Salman Rushdie, 1947 in Bombay geboren, ging mit vierzehn Jahren nach England und studierte später in Cambridge Geschichte. Mit seinem Roman »Mitternachtskinder«, für den er den Booker Prize erhielt, wurde er weltberühmt. 1996 wurde ihm der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt. 2007 schlug ihn Königin Elizabeth II. zum Ritter. 2022 ernannte ihn das deutsche PEN-Zentrum zum Ehrenmitglied. 2023 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641255756
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum14.10.2019
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2026 Kbytes
Artikel-Nr.4727321
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel

Quichotte, ein alter Mann, verliebt sich, begibt sich auf die Quest & wird Vater

Einst lebte an verschiedenen Adressen quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika ein Reisender indischen Ursprungs, fortgeschrittenen Alters und mit schwindenden geistigen Kräften, der angesichts seiner Liebe zum geistlosen Fernsehen viel zu viel Lebenszeit im gelben Licht von geschmacklosen Motelzimmern verbracht hatte, wo er es bis zum Exzess schaute, und der als Folge eine absonderliche Form des Hirnschadens davongetragen hatte. Er verschlang Morgenshows, Mittagsshows, Late-­Night-Talkshows, Soaps, Stand-up-Comedys, ­Lebenslinien, Kran­kenhausdramen, Polizeiserien, Vampir- und Zombie-Serien, die Dramen der Hausfrauen von Atlanta, New Jersey, Beverly Hills und New York, die Liebesgeschichten und Streitigkeiten von vermögenden-Hotel-Prinzessinnen und selbst ernannten Schahs, das Herumgetolle von Individuen, die durch unbeschwerte Nacktheit berühmt wurden, die fünfzehn Minuten des Ruhms, der den jungen Leuten mit vielen Followern in den Social Media zuteilwurde, aufgrund ihrer Plastischen-Chirurgie-Errungenschaft einer dritten Brust oder ihrer Post-Rippenentfernungs-Figur, die die unmögliche Gestalt der Barbie-Puppe der Mattel Company nachahmte, oder sogar, einfacher, ihre Fähigkeit, einen gigantischen Karpfen in pittoresker Landschaft zu fangen, während sie nur den winzigsten String-Bikini anhatten; ebenso wie Gesangswettbewerbe, Kochwettbewerbe, Wettbewerbe für Geschäftsideen, Wettbewerbe um Lehrstellen, Wettbewerbe zwischen ferngesteuerten Monsterfahrzeugen, Modewettbewerbe, Wettbewerbe um Zuneigung von Bachelors und Bacheloretten, Baseballspiele, Basketballspiele, Fußballspiele, Wrestlingkämpfe, Kickboxkämpfe, Extremsportprogramme und natürlich Schönheitswettbewerbe. (»Hockey« schaute er sich nicht an. Für Menschen seiner Ethnie und mit tropischer Jugend war Hockey, das in Amerika in »Feldhockey« umbenannt wurde, ein Rasenspiel. Feldhockey auf Eis zu spielen war seiner Meinung nach das absurde Äquivalent von Schlittschuhlaufen auf einer Wiese.)

Als Konsequenz seiner nahezu totalen Beschäftigung mit dem Material, in früheren Zeiten ihm von Kathodenstrahl-Röhren dargeboten und heute von Flachbildschirmen, von Flüssigkristall-, Plasma- und organischen lichtemittierenden Diodenbildschirmen, wurde er zum Opfer dieser zunehmend vorherrschenden psychischen Erkrankung, bei der die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge scheckig wurde und verschwamm, sodass er manches Mal unfähig war, das eine vom anderen zu unterscheiden, die Realität von der »Realität«, und sich selbst als einen natürlichen Bürger (und potenziellen Bewohner) dieser imaginierten Welt hinter dem Bildschirm empfand, der er so zugetan war und die, wie er glaubte, ihm und somit jedem die moralischen, sozialen und praktischen Richtlinien vermittelte, mit denen alle Männer und Frauen leben sollten.

Als die Zeit verging und er immer tiefer im Treibsand dessen versank, was man das ­unreale Reale nennen könnte, fühlte er sich emotional mit vielen Bewohnern dieser anderen, helleren Welt verbunden, eine Mitgliedschaft, auf die er von Rechts wegen Anspruch erhob, wie eine moderne Dorothy, die ein dauerhaftes Leben in Oz erwägt; und zu einem unbekannten Zeitpunkt entwickelte er eine ungesunde, weil gänzlich einseitige Passion für eine gewisse Fernsehpersönlichkeit, für die schöne, geistreiche, bewunderte Miss Salma R., eine Vernarrtheit, die er recht irrig als Liebe bezeichnete. Im Namen dieser sogenannten Liebe beschloss er eilfertig, seiner »Liebsten« nachzusetzen, direkt durch den Fernsehbildschirm in die wie auch immer gehobene High-Definition-Realität, die sie und ihresgleichen bewohnten, und durch Taten als auch durch Charme ihr Herz zu gewinnen.

Er sprach langsam, bewegte sich langsam und zog sein rechtes Bein beim Gehen ein wenig nach - die anhaltende Folge eines dramatischen Inneren Geschehnisses viele Jahre zuvor, das auch sein Gedächtnis beeinträchtigt hatte, sodass, während Begebenheiten aus der fernen Vergangenheit lebendig blieben, seine Erinnerungen an die mittlere Phase seines Lebens sich nur aufs Geratewohl einstellten, mit großen Lücken und anderen Klüften, die - als gäbe es einen achtlosen, eiligen Baumeister - mit falschen Erinnerungen aufgefüllt wurden, die er vielleicht im Fernsehen gesehen hatte. Ansonsten schien er für einen Mann seines Alters recht gut in Form zu sein. Er war ein großer, man könnte sogar sagen, ein hochgewachsener Mann, von der Art, wie man sie auf den kargen Gemälden von El Greco und bei den hageren Skulpturen von Alberto Giacometti antrifft, und obgleich derartige Männer (zum Großteil) ein melancholisches Gemüt haben, war er mit einem freundlichen Lächeln und der charmanten Art eines Gentleman alter Schule gesegnet, beides wertvolle Vorzüge für einen Handelsreisenden, zu dem er in diesen seinen goldenen Jahren für sehr lange Zeit wurde. Zudem war schon sein Name freundlich: Er hieß Smile. Mr. Ismael Smile, Verkaufsleiter, Smile Pharmaceuticals Inc., Atlanta, GA., so stand es auf seiner Visitenkarte. Als Handelsvertreter war er immer stolz gewesen, dass sein Name mit dem des Unternehmens, das er repräsentierte, identisch war. Sein Familienname. Es verlieh ihm eine gewisse gravitas, oder zumindest glaubte er es. Dies war allerdings nicht der Name, unter dem er bei seinem letzten, närrischsten Abenteuer bekannt werden wollte.

(Der unübliche Nachname »Smile« war übrigens die amerikanisierte Version von »Ismael«, somit war der alte Handelsreisende eigentlich Mr. Ismael Ismael oder alternativ Mr. Smile Smile. Er war ein braunhäutiger Mann in Amerika, der sich nach einer braunhäutigen Frau sehnte, aber er sah seine Geschichte nicht unter ethnischen Gesichtspunkten. Er hatte sich, so könnte man sagen, von seiner Haut losgelöst. Dies war eines der vielen Dinge, die seine Quest infrage stellen und ändern würde.)

Je mehr er über die Frau nachdachte, die zu lieben er ­beteuerte, umso klarer wurde ihm, dass eine so herrliche Person nicht einfach vor Freude bei der ersten Erklärung der amour fou von einem ihr völlig Fremden umfallen würde. (So verrückt war er nicht.) Deshalb wäre es notwendig, dass er sich ihrer würdig erwiese, und die Vorkehrungen für solche Beweise würden fortan sein einziges Interesse sein. Ja! Er würde seinen Wert reichlich unter Beweis stellen! Es würde notwendig sein, wenn er seine Quest aufnähme, das Objekt seiner Zuneigung gänzlich über seine Taten zu informieren, und daher beabsichtigte er, eine Korrespondenz mit ihr aufzunehmen, eine Reihe von Briefen zu schreiben, die seine Aufrichtigkeit, die Tiefe seiner Zuneigung enthüllen würden, und wie weit er bereit wäre zu gehen, um ihr Herz zu gewinnen. An diesem Punkt seiner Überlegungen überwältigte ihn eine Art Scheu. Würde er ihr enthüllen, wie bescheiden seine Stellung im Leben wirklich war, könnte sie seinen Brief mit einem hübschen Lachen in den Müll werfen und wäre mit ihm für immer fertig. Würde er sein Alter offenbaren oder ihr Einzelheiten seines Äußeren schildern, könnte sie mit einer Mischung aus Erheiterung und Entsetzen vor der Information zurückschrecken. Würde er ihr seinen Namen anvertrauen, den zugegebenermaßen erhabenen Namen Smile, einen Namen, an dem großes Geld hing, könnte sie in einem Anflug schlechter Laune die Behörden alarmieren, und auf Geheiß des Objekts seiner Verehrung wie ein Hund gehetzt zu werden würde ihm das Herz brechen, und er würde sicherlich sterben. Deshalb würde er ihr für den Augenblick seine wahre Identität verheimlichen und sie erst offenlegen, wenn seine Briefe und die Taten, die darin beschrieben wären, ihre Haltung ihm gegenüber erweicht hätten und sie für seine Avancen empfänglich sein würde. Wie würde er wissen, wann dieser Augenblick gekommen wäre? Diese Frage würde später beantwortet werden. Wichtig war es, jetzt zu beginnen. Und eines Tages fiel ihm der richtige Name ein, den er benutzen könnte, die beste aller Identitäten, die er annehmen könnte, in diesem Augenblick zwischen Wachen und Schlafen, wenn die imaginierte Welt hinter unseren Augenlidern ihre Magie in die Welt hineintröpfelt, die wir sehen, wenn wir die Augen öffnen.

An diesem Morgen schien er sich in einem Traum zu sehen, der zu sich im wachen Zustand sprach. »Sieh dich an«, murmelte sein halb schlafendes Ich zu seinem halb wachen Ich. »So groß, so mager, so alt, und doch kannst du nichts besser kultivieren als den wucherndsten aller Bärte, als wärest du ein Teenager mit Pickeln. Und ja, gib es zu, vielleicht ein bisschen angeknackst im Kopf, einer dieser Kopf-in-den-Wolken-Kerle, der fälschlicherweise Kumulus- oder Kumulonimbus- oder sogar Zirrostratus-Formationen für festen Boden hält. Denk einfach zurück an das Musikstück, das dir als Junge am liebsten war! Ich weiß, derzeit ziehst du das Getriller vor, das du bei American Idol oder The Voice hörst. Aber damals mochtest du, was dein künstlerischer Vater mochte, du hast dir seinen Musikgeschmack zu eigen gemacht. Erinnerst du dich an seine liebste Platte?« Woraufhin der halb träumende Smile mit schwungvoller Gebärde eine Vinyl-LP hervorzog, die der halb wache Smile sofort...

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Autor

Salman Rushdie, 1947 in Bombay geboren, ging mit vierzehn Jahren nach England und studierte später in Cambridge Geschichte. Mit seinem Roman »Mitternachtskinder«, für den er den Booker Prize erhielt, wurde er weltberühmt. 1996 wurde ihm der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt. 2007 schlug ihn Königin Elizabeth II. zum Ritter. 2022 ernannte ihn das deutsche PEN-Zentrum zum Ehrenmitglied. 2023 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.