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Die Auslöschung der Mary Shelley

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
320 Seiten
Deutsch
BliNK BOOKSerschienen am08.10.20141. Auflage
Jeden Tag: Krieg,Terror, Mord, Vergewaltigung, Auslöschung von Seelen. Und was machst du, wenn du den Horror nicht mehr erträgst? Als die hochintelligente und sensible Informatikerin Mary Shelley, eine späte Nachfahrin des berühmten Dr. Frankenstein, erleben muss, wie ein kleines Mädchen ermordet wird, beschließt sie zu handeln. Sie erschafft mit ihrem Team eine Maschine, die die Wurzeln der Gewalt im Internet erkennen und auslöschen soll. Ein NSA-Supercomputer, millionenmal leistungsfähiger als alle Rechner, die man bis dahin kennt. Doch damit 'Victor' zum moralischen Gewissen des Internets werden kann, muss Mary ihm das ermöglichen, was ihn menschenähnlich macht: Lernen. Ein fataler Fehler, denn prompt gerät 'Victor' außer Kontrolle. Die vernetzte High-Tech-Gesellschaft wird zum Angriffsziel des Computers, der San Francisco ins Chaos stürzt und zu einem ebenso erbarmungslosen wie unaufhaltsamen Richter mutiert. Als Victor sich dann auch noch gegen seine Schöpferin wendet, beginnt ein blutiger Showdown im Death Valley ...

Marc Buhl, geboren 1967, hat mittlerweile sechs Romane (unter anderem Das Paradies des August Engelhardt sowie 375 und Das Billardzimmer) veröffentlicht, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Er lebt mit seiner Familie in Freiburg im Breisgau.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
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E-BookPDF0 - No protectionE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextJeden Tag: Krieg,Terror, Mord, Vergewaltigung, Auslöschung von Seelen. Und was machst du, wenn du den Horror nicht mehr erträgst? Als die hochintelligente und sensible Informatikerin Mary Shelley, eine späte Nachfahrin des berühmten Dr. Frankenstein, erleben muss, wie ein kleines Mädchen ermordet wird, beschließt sie zu handeln. Sie erschafft mit ihrem Team eine Maschine, die die Wurzeln der Gewalt im Internet erkennen und auslöschen soll. Ein NSA-Supercomputer, millionenmal leistungsfähiger als alle Rechner, die man bis dahin kennt. Doch damit 'Victor' zum moralischen Gewissen des Internets werden kann, muss Mary ihm das ermöglichen, was ihn menschenähnlich macht: Lernen. Ein fataler Fehler, denn prompt gerät 'Victor' außer Kontrolle. Die vernetzte High-Tech-Gesellschaft wird zum Angriffsziel des Computers, der San Francisco ins Chaos stürzt und zu einem ebenso erbarmungslosen wie unaufhaltsamen Richter mutiert. Als Victor sich dann auch noch gegen seine Schöpferin wendet, beginnt ein blutiger Showdown im Death Valley ...

Marc Buhl, geboren 1967, hat mittlerweile sechs Romane (unter anderem Das Paradies des August Engelhardt sowie 375 und Das Billardzimmer) veröffentlicht, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Er lebt mit seiner Familie in Freiburg im Breisgau.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783958370012
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum08.10.2014
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse655 Kbytes
Artikel-Nr.4730142
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
5

Sie erkannte den Mann mit dem rasierten Schädel nicht gleich, obwohl er ihren Tisch direkt ansteuerte.

"Ben?", fragte sie.

"Jeremy", sagte er.

"Sorry. Klar. Jeremy McFarland. Jetzt erinnere ich mich. Wir saßen zusammen in dem Seminar über metaheuristische Optimierungsverfahren. Lange her. Was machst du jetzt?"

"NSA."

Er zuckte mit den Schultern.

Sie sah ihn an. Er wirkte nicht wie der Feind. Blaue Augen und ein Gesicht, das aussah, als wäre er komplett überrascht.

"Klingt nicht geil, ich weiß", sagte er.

Das war nicht das Problem, aber das würde sie ihm nicht sagen können.

"Aber wir haben die besten Computer und die besten Programmierer."

"Und die schlechteste Presse", sagte Frank. "Und das nicht zu unrecht. Und ihr macht euch auf unserer Konferenz breit."

"Hier sind mehr Leute von Microsoft und der NSA als Hacker", sagte Jeremy. "Kein großes Geheimnis. Aber es ist besser, als ihr vermutet. Wenn du deinen Job wechseln willst, ruf mich an."

Er hielt Mary seine Karte hin. "Ich habe ein super Team. Lionel ist auch dabei. Kennst du noch von der Uni. Wir haben viel Spaß und machen nichts Schlechtes."

Sie nickte und schob die Karte in ihr Portemonnaie. Eine Nummer der NSA. Konnte nicht schaden.

Er wirkte nicht so, als hätte man ihn auf sie angesetzt. Da gab es möglicherweise andere, von denen er gar nichts wusste.

"Eine Sekunde", sagte sie zu Frank, nachdem Jeremy sich wieder verabschiedet hatte. "Ich checke gerade mal die Handys im Raum."

Reine Routine.

Frank sah sie skeptisch an, während sie mit der Tastatur spielte. Als er damals seinen ersten Computer und einen Informatikkurs bekommen hatte, hatte er sich in die Verwaltungsseite des Internats gehackt und seine Noten verbessert.

Mary hatte keinen Computer bekommen. Sie war ein Mädchen. Ihr hatte man eine Nähmaschine geschenkt.

Katholische Erziehung eben.

Sie hatte sich heimlich an seinen Computer gesetzt und mithilfe von Büchern aus der Schulbibliothek programmieren gelernt. Als Erstes hatte sie eine Homepage für Tierschützer zusammengebastelt. Und anschließend seinen Computer auseinandergeschraubt. Schließlich war es wichtig zu wissen, wie das Ding funktionierte. Frank hatte ihr das lange nicht verziehen, obwohl sie ihn wieder zusammengebaut hatte. Im Gegensatz zu ihrer Nähmaschine.

Sie schob ihm den Laptop rüber: "Das hier sind die Namen der Besitzer und Nummern der Telefone hier im Café. Hier das Telefonbuch von James Tarman. Wer immer das sein mag. Viel gibt es nicht her, drei unterschiedliche Nummern seiner Mutter, kein Frauenname, jede Menge Geschäftsnummern und ein Bordell. Keine Gefahr also. Der Nächste: Mitch A. Kestner, da habe ich auch die Nummer und das Telefonbuch. Und er benutzt ein Headset."

Keine gute Idee, dachte Mary. Eigentlich müsste zwischen Headset und Handy ein Passwort zwischengeschaltet sein. Ist es aber nicht. Nie. Man muss nur ein Klingelsignal ans Headset schicken, schon geht es an, weil es denkt: Prima, ich werde angerufen. Und man kann mithören. Mitsprechen auch, wenn man Lust dazu hat.

"Ich bin drin", sagte Mary. "Kestner sitzt hier irgendwo im Café und redet sogar mit einem Kumpel. Willst du mithören?"

Sie stöpselte ihre Kopfhörer ein, gab Frank einen davon und stellte lauter:

"... Schau mal, wir bekommen gerade von der Zentrale eine Personenbeschreibung rein: Mary Shelley, eines unserer Zielobjekte, 29 Jahre alt, MIT-Absolventin, schlechter Start ins Leben, ihre Eltern wurden ermordet, als sie vier war."

Sehr schlechter Start, dachte Mary, das kann man wohl sagen. 25 Jahre war das her. Genau gesagt 25 Jahre und zwei Tage. Das Datum war der Grund gewesen, dass sie Franks Einladung zur Fahrt nach Las Vegas gefolgt war. Im Grunde hatte sie keine Zeit dafür, aber sie würden an der Raststätte vorbeifahren, an der es passiert war, hatte er gemeint, kurz nach Barstow. Er sei noch nie dort gewesen und hätte sie gerne an seiner Seite. Dass sei sie damals schließlich auch gewesen, vor einem Vierteljahrhundert, als die Schüsse gefallen waren.

Die letzten Stunden vor Barstow schwiegen sie beide. Die Landschaft eine grauweiße Steinwüste. Reifenfetzen auf dem Seitenstreifen. Dahinter Stacheldraht. Hochspannungsleitungen. Hin und wieder ein Windrad.

Mary erinnerte sich nicht, mit welchen Gefühlen sie die Strecke das letzte Mal gefahren war, vierjährig, vermutlich in einem Wagen ohne Klimaanlage. Es war sicher unerträglich heiß gewesen. Oder hatten damals auch schon alle Autos Aircondition? Sie wusste es nicht. Sie wusste nicht, ob sie die Landschaft auch als Vierjährige schon so bedrückend empfunden hatte wie heute oder faszinierend. Ob sie schlief oder mit ihrem Bruder stritt. Ob Musik lief oder ihre Mutter eine Geschichte erzählte. Sie wusste nichts. Auch die Raststätte hätte sie nicht erkannt.

Frank war rechts abgebogen und sie waren ausgestiegen. Die zwei Zapfsäulen ein verrostetes Mahnmal. Das Gebäude schon dabei, wieder Landschaft zu werden. Das Dach eingestürzt, die Fenster zerschlagen. Wilder Salbei wuchs aus ihnen hinaus. Eine Sanddüne kletterte an der Windseite die Mauer empor. Abgeblätterter Putz an den Holzwänden. Verblichene Graffiti. Seitenwände verkohlt. Zerfetzte Plastikplanen. Ein umgekippter Müllcontainer, in dem es raschelte. Ratten oder Kojoten.

Kein Wind. Kein Schatten. Keine Erinnerung.

Nicht an die Schüsse. Nicht daran, dass sie noch ewig im Wagen saßen. Nicht an die letzten Worte ihrer Mutter oder ihres Vaters. Hatten sie Geld bekommen, um sich ein Eis zu kaufen? Angeblich hatte jeder von ihnen einen Dollar in der Hand gehalten. Stand im Polizeibericht. Ein verkrumpelter Schein voller Tränen und Rotz. Sie suchten den Platz, an dem der Wagen gestanden hatte. Sie hatte rechts gesessen. Keine echte Erinnerung, eher ein Gefühl, aber sie erkannte nichts. Nur den Geruch des Salbeis. Beißend und scharf.

Sie wartete darauf, dass die Trauer sie überrollen würde und sie sich ihr hingeben konnte, aber ihre Augen blieben so trocken wie die Windböe, die Sand in sie wehte. Keine Tränen, nur ein dumpfer Phantomschmerz, der Grundton ihres Lebens, Schmerz und eine Wut, die sie nie würde stillen können. Ein abgemagerter Köter kroch aus dem Müllcontainer, zog das linke hintere Bein hinter sich her und schleppte sich in die Ruine. Frank sah sie von der Seite an, legte eine Hand auf ihre Schulter, wollte etwas sagen, schluckte kurz, zog sie zu sich, umarmte sie und krallte seine Finger in ihren Rücken.

Er weinte lange und laut.

Sie beneidete ihn.

Hinterher war er zu geschwächt gewesen, und hatte auf dem Beifahrersitz geschlafen, während sie bis Las Vegas weiterfuhr. Jetzt saß sie mit ihm im Café und hörte ihre Kurzbiografie aus ihrem Laptop:

"Sie kam ins Waisenhaus. Später Studium der Biologie und der Informatik. Sozialversicherungsnummer 406-30-2648; nicht verheiratet; keine Kinder. Stand zweimal vor Gericht wegen Befreiung von Tieren aus Zuchtfarmen. Wurde immer freigesprochen, weil man ihr nichts nachweisen konnte. Eine linke Terroristin also. Dazu passt der Einsatz beim Peace Corps in Ruanda. Und, hey, das ist interessant: eine Anklage wegen Körperverletzung. Sie hat einen Mann zusammengeschlagen. Zwei gebrochene Rippen, Kieferfraktur. Ausgekugelte Schulter. Angeblich hat er versucht, sie zu vergewaltigen. Allerdings keine Notwehr. Sie hat ihn drei Wochen danach angegriffen. Bekam zwei Jahre auf Bewährung. Später Promotion in Biologie. Eine Arbeit über Ameisen. Dafür war sie ein paar Monate in Mexiko. Was genau dort passiert ist, wissen wir nicht, aber anschließend lag sie einige Wochen in einer Klinik. Arbeitet bei einem unserer Partnerunternehmen. Dort gibt es aktuell Probleme. Deswegen sollen wir vorerst an ihr dranbleiben ..."

Mary hatte sich in ihrem Stuhl ein wenig nach hinten gelehnt, sah durchs Café, winkte mit der rechten Hand, als wollte sie den Kellner rufen, und scannte dabei den Raum nach zwei Männern ab.

Frank starrte sie an.

"Du bist ein Zielobjekt? Warum beobachten sie dich? Die sind hinter dir her. Scheiße."

Sie ignorierte ihn.

Rechts an der Säule aus Marmor saßen zwei Farmer aus Iowa oder Texas, die Hüte tief ins Gesicht gezogen, die Hemden hochgekrempelt, um den Hals Lederkrawatten. Die schieden aus. Dahinter ein hagerer Greis mit seinem Sohn oder Liebhaber; die Hand des älteren auf der Schulter des Jungen wirkte in jedem Fall übergriffig. Neben dem rechten Eingang saßen drei Jungs, der eine noch schwer verkatert oder schon sehr betrunken. Die anderen hielten ihn mühsam aufrecht. In einer Nische ein paar Geschäftsleute, Anzug, Krawatte, Köfferchen, zu auffällig, falls die Verfolger auch auf der Black Hat Konferenz waren, und alles sprach dafür. Links stritten vier Kinder um Kuchenreste, die Eltern daneben gelähmt von depressiver Toleranz. Die junge Frau am Nachbartisch beobachtete sie und überlegte offensichtlich, ob sie auch irgendwann so enden würde. In Richtung des anderen Ausganges, halb verdeckt durch einen Olivenbaum, saßen zwei Männer, beide zwischen 25 und 35 Jahren alt, T-Shirts, breite Schultern, und beugten sich über einen iPad. Den einen hatte sie gestern in einem der Konferenzsäle gesehen, es war um den Data Enscription Standard...
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Marc Buhl, geboren 1967, hat mittlerweile sechs Romane (unter anderem Das Paradies des August Engelhardt sowie 375 und Das Billardzimmer) veröffentlicht, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Er lebt mit seiner Familie in Freiburg im Breisgau.
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