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Aus jüngst vergangener Zeit

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
174 Seiten
Deutsch
Engelsdorfer Verlagerschienen am09.09.2019
Wir haben 16 Erzählungen über alltägliche Begebenheiten ausgewählt. Wir sind Renate und Dieter. Renate, ehemals Außenhandelskauffrau und Dieter als Lehrer phys./math. haben in lockerer Folge einige Geschichten im Laufe ihrer Ehe aufgeschrieben. Die Auswahl ist vielfältig an Angenehmen, Spannenden und Nachdenklichen: Da ist das unerwünschte Wunschkind, das fast lebenslang einem tragisches Missverständnis ausgesetzt ist. Ein kleines Kind hat ein unerwartet aufregendes Treffen mit einem richtigen aber unheimlich stillen König in Berlin. Sport kann sich mitunter als sehr gefährlich erweisen, wenn man sich nicht an Regeln hält. Eine zarte Liebesgeschichte findet vor dem Hintergrund der Beschreibung des Geburtsortes statt. Ein ehrliches Bekenntnis zur Heimat. Eine hoffnungslos beginnende Weihnachtsgeschichte endet schließlich sehr beglückt. Zwei Erzählungen befassen sich mit den Folgen der unterschiedlichen Prägungen der Menschen in Ost und West und bescheren dem gelernten DDR-Bürger Ernüchterung. Nachdenklich macht dem Leser, wenn er von den Schwierigkeiten mit dem Umgang selbstherrlicher Behörden erfährt, oder von einem leitenden Genossen, wie der sich mittels fieser Säuberungen im Stalinistischen Sinne von einem fähigen aber dem Amt unliebsamen Mitarbeiter trennt. Die Unterschiede der Ämter zwischen Ostdeutschland und der CSSR macht eine harmlose Hochzeit deutlich. Eine Begebenheit beschreibt das Scheitern einer kleinen Familie. Die Erzählung schildert altbürgerliches Leben mit tragischer Folge. Ein Plädoyer für die Gleichberechtigung. Eine andere Schilderung nimmt sich der Erfahrungen mit der bedrohlichen Allmacht der Stasi an. Wer kann sich heute schon noch vorstellen, dass man zum Besuch eines anderen Stadtteils seiner Heimatstadt eine besondere Erlaubnis benötigt? Eine Geschichte erinnert daran. - Die handelnden Personen sind aus dem Leben nachempfunden, wobei sich drei in den meisten Erzählungen immer wieder finden und so der Geschichtenfolge eine gewisse Einheit geben. Ein Band mit 16 Geschichten, die man unabhängig voneinander lesen kann, auf Reisen, im Wartezimmer, abends - kurz, wenn man einfach etwas Zeit hat.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextWir haben 16 Erzählungen über alltägliche Begebenheiten ausgewählt. Wir sind Renate und Dieter. Renate, ehemals Außenhandelskauffrau und Dieter als Lehrer phys./math. haben in lockerer Folge einige Geschichten im Laufe ihrer Ehe aufgeschrieben. Die Auswahl ist vielfältig an Angenehmen, Spannenden und Nachdenklichen: Da ist das unerwünschte Wunschkind, das fast lebenslang einem tragisches Missverständnis ausgesetzt ist. Ein kleines Kind hat ein unerwartet aufregendes Treffen mit einem richtigen aber unheimlich stillen König in Berlin. Sport kann sich mitunter als sehr gefährlich erweisen, wenn man sich nicht an Regeln hält. Eine zarte Liebesgeschichte findet vor dem Hintergrund der Beschreibung des Geburtsortes statt. Ein ehrliches Bekenntnis zur Heimat. Eine hoffnungslos beginnende Weihnachtsgeschichte endet schließlich sehr beglückt. Zwei Erzählungen befassen sich mit den Folgen der unterschiedlichen Prägungen der Menschen in Ost und West und bescheren dem gelernten DDR-Bürger Ernüchterung. Nachdenklich macht dem Leser, wenn er von den Schwierigkeiten mit dem Umgang selbstherrlicher Behörden erfährt, oder von einem leitenden Genossen, wie der sich mittels fieser Säuberungen im Stalinistischen Sinne von einem fähigen aber dem Amt unliebsamen Mitarbeiter trennt. Die Unterschiede der Ämter zwischen Ostdeutschland und der CSSR macht eine harmlose Hochzeit deutlich. Eine Begebenheit beschreibt das Scheitern einer kleinen Familie. Die Erzählung schildert altbürgerliches Leben mit tragischer Folge. Ein Plädoyer für die Gleichberechtigung. Eine andere Schilderung nimmt sich der Erfahrungen mit der bedrohlichen Allmacht der Stasi an. Wer kann sich heute schon noch vorstellen, dass man zum Besuch eines anderen Stadtteils seiner Heimatstadt eine besondere Erlaubnis benötigt? Eine Geschichte erinnert daran. - Die handelnden Personen sind aus dem Leben nachempfunden, wobei sich drei in den meisten Erzählungen immer wieder finden und so der Geschichtenfolge eine gewisse Einheit geben. Ein Band mit 16 Geschichten, die man unabhängig voneinander lesen kann, auf Reisen, im Wartezimmer, abends - kurz, wenn man einfach etwas Zeit hat.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961458264
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum09.09.2019
Seiten174 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse522 Kbytes
Artikel-Nr.4896736
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

DR. WEBER IST NICHT TRAGBAR

Welches ist die Quadratzahl von 14?

Wir standen mit gesenkten Köpfen, um bei unserem Mathelehrer nicht aufzufallen. Die gespielte Harmlosigkeit nützte keinem. Irgendwann kam jeder dran.

Stemmler!

196!

Stemmler hatte, wie immer, gut zu Hause gelernt.

Richtig! Setzen. - Wie viel ist ...

Nun folgte das ganze Einmaleins von elf bis 25.

Mit meinen Antworten war Dr. Weber nicht zufrieden.

Ich stand bis zuletzt.

Meine Leistung wurde mit einer 5 benotet, eine 6 gab es bei uns nicht.

Setzen Sie sich! Filzen Sie weiter!

Ich galt von nun an unter meinem Klassenkameraden als das Opfer der Quadratzahlen .

1967, ganze zehn Jahre später war ich selbst Mathelehrer mit Diplom.

Das konnte ich Dr. Weber nicht mehr mitteilen.

Weshalb? Das kam so:

Dr. Weber galt unter den Eltern von Abiturienten vorhergehender Jahrgänge als guter Lehrer.

So etwas sprach sich herum.

Er war klein von Statur und hatte etwas besonders Gewissenhaftes an sich, das ihn von anderen Lehrern unterschied. Der Hauch eines alten Gymnasiums begleitete ihn.

Schon der Beginn einer Unterrichtsstunde war ein anderer bei ihm. Während andere Lehrer uns mit dem obligatorischen FDJ-Gruß Freundschaft begrüßten - worauf wir mit Freundschaft zu antworten hatten -, sagte Dr. Weber schlicht: Setzen Sie sich.

Er mühte sich redlich mit uns und dem Vermitteln von Funktionen mit und ohne behebbaren Unstetigkeitsstellen.

Bald waren wir für ihn nur noch das kleinere Problem, denn woanders braute sich ein größeres zusammen mit nicht behebbarer Unstetigkeitsstelle.

Was wir nämlich nicht wussten, er war Katholik und tiefgläubig.

Unser Direktor Herr Faust war ebenfalls tiefgläubig, jedoch vom bevorstehenden Kommunismus. Er hatte die Macht, der andere die falsche ideologische Einstellung. Der eine war als aufstrebender Neulehrer1 zum Schulleiter einer Oberschule berufen worden, der andere war Dr. phil., vormals in Tübingen promoviert.

Das wurmte den Genossen Rektor.

Für einen von beiden konnte das nicht gut gehen.

Neben seiner Leitungstätigkeit unterrichtete der Genosse Faust Geschichte.

Geschichte der Arbeiterklasse.

Für den Schulleiter hatte alles seinen Ursprung in der Urgesellschaft. Er dressierte uns Schüler dermaßen, dass wir alsbald unsere Diskussionsbeiträge zur traditionellen Schülervollversammlung mit den Worten einleiteten: Schon in der Urgesellschaft ...

Das erzeugte Wohlwollen beim Genossen Direktor.

Ein trockener Mathematiklehrer mit seiner Arithmetik hatte da geringe Chancen.

Der titellose Vertreter der nunmehr herrschenden Klasse bat den Kollegen zu einem vertraulich ehrlichen Gespräch.

Hans, du weißt, als Pädagoge in unserer Oberschule bist du zur Erziehung allseitig gebildeter sozialistischer Persönlichkeiten für den Aufbau des Sozialismus verantwortlich. Wie stehst du dazu?

Ich verstehe deine Frage nicht.

Erkläre mir bitte, warum dein Sohn keine Jugendweihestunden besucht, die der Vorbereitung auf die sozialistische Jugendweihe2 dienen.

Er will nicht. Er geht zur Kirche. Er ist ein frommer Christ.

Sein Kind auf den Weg der sozialistischen Tugend zu führen, sollte für einen Pädagogen wie dich selbstverständlich sein. Unsere Gesellschaft erwartet, dass du mit deiner Lebensweise Vorbild bist.

Ich werde mit ihm sprechen.

Gut. Ich freue mich. Du hast mich verstanden, mein Lieber.

Das heute harmlos erscheinende Gespräch entbehrte jedoch nicht eines gewissen Zündstoffs. Zwar sicherte die Verfassung der DDR dem Einzelnen Glaubens- und Gewissensfreiheit zu. Aber längst hatte der Staat begonnen, die Kirchen aus dem öffentlichen Leben zu drängen. Junge Gemeinden wurden als illegale Jugendorganisationen angesehen. Tausende christliche Schüler mussten die Oberschule verlassen. Die Einführung der Jugendweihe sollte die junge Generation dem Einfluss der Kirche entziehen.

Dr. Weber merkte, dass sich etwas gegen ihn zusammenbraute.

Sein Sohn weigerte sich beharrlich, die Jugendveranstaltungen der Schule zu besuchen und ging weiter zu den Treffen seiner Kirchengemeinde.

Das nahm der Direktor zum Anlass, ihn zu einer offenen und ehrlichen Diskussion mit dem gesamten Kollegium einzuladen. Dort erklärte Genosse Faust freimütig seine Enttäuschung über das Verhalten Dr. Webers.

Ihm sei zu Ohren gekommen, dass dessen Sohn, entgegen dem Versprechen, den Jugendstunden der FDJ weiterhin ferngeblieben war. Der Schulleiter fühle sich enttäuscht und hintergangen, vermisse bei seinem Kollegen die Einheit zwischen gefordertem Bildungsziel und dessen Leben privat. Wie der Herr Dr. Weber sein Leben gestalte, überzeuge den Lehrkörper nicht. Er sei von der notwendigen Haltung als Lehrer weit entfernt, seine Aussagen empfinde der Direktor als unehrlich.

Das Kollektiv beriet und beschloss einstimmig, dem Mathelehrer die Zusage abzunötigen, seinen Sohn von nun an in die Jugendveranstaltung der FDJ zu schicken. Dieses beteuerte er der Lehrerschaft.

Dr. Weber bewegte nun zu Hause schweren Herzens seinen Sohn zum Besuch der Jugendstunden. Er möge doch seine Feinde lieben und kennen, um sie zu verstehen.

Der junge Mann willigte dem Vater zuliebe folgsam ein und besuchte von nun an Jugendstunden und Gemeindenachmittage.

Der Schuldirektor war zufrieden.

Der Tag der staatlichen Weihe zur Aufnahme in den Kreis der Erwachsenen rückte heran. Die Jugendweihe galt als Bekenntnis zur großen und edlen Sache des Sozialismus.

Der junge Weber jedoch verweigerte die Teilnahme an der Zeremonie: Er habe schon zwei Jahre zuvor die Kommunion erhalten.

Die Vorladung Dr. Webers vor den pädagogischen Rat folgte prompt. Er wusste nicht, dass dies im Rahmen der traditionellen Schülervollversammlung geschah, welche immer sonntags am Vormittag stattfand.

Die Aula war bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Lehrerkollegium saß bereits geschlossen im Präsidium, als Dr. Weber erschien.

Das Tribunal begann.

Der Direktor informierte die Schüler über den Vorgang und begründete damit den Anlass zur Vollversammlung. Er wandte sich direkt an Dr. Weber:

Hans, du hast geheuchelt, hast uns hintergangen und uns mit deinem Verhalten zutiefst enttäuscht. Du stehst nicht hinter unseren Prinzipen der sozialistischen Erziehung der dir anvertrauten jungen Menschen. Du hast unser Vertrauen und das der Arbeiterklasse missbraucht.

Das Forum verlief nach dem Regiebuch des Direktors.

Einzelne Diskussionsbeiträge besonders fortschrittlicher Schüler wurden brav geliefert:

Schon in der Urgesellschaft ...

Zusammenfassend erklärte Direktor Faust seinen Kollegen Dr. Weber für den Schuldienst als nicht mehr tragbar, sprach noch einmal seine Missbilligung aus und bat die verehrten Anwesenden um Abstimmung über die Entlassung des Mathematiklehrers.

Alle Arme des Lehrkörpers wurden hoch gehalten. Das Votum verlief im Sinne des Direktors einstimmig.

Dr. Weber saß klein, blass und einsam vor der grausamen Zusammenkunft.

Der Mann war zutiefst schockiert!

Abschließend forderte ihn Genosse Faust demonstrativ auf, den Saal und die Schule für immer zu verlassen.

Ebenfalls eingeladene Arbeiter des benachbarten Patenbetriebes Joliot Curie schlossen sich dieser mutigen Handlung an, einer erklärte selbstgefällig:

Den müsst mor ma in de Brodugtzschion schickn!

Bestellter Beifall vom Präsidium.

Der Direktor schloss die Versammlung süffisant:

Wenn er glaubt, unsere Republik illegal verlassen zu können, so irrt er gewaltig. Es wurde alles vorbereitet, das zu verhindern.

Manch einer der älteren Anwesenden mag sich während der Veranstaltung an braune Zeiten erinnert haben.

Eine junge Lehrerabsolventin wurde als neue Klassenleiterin eingestellt. Sie kam aus dem Tal der Ahnungslosen, wie man Dresden damals nannte, weil dort das Westfernsehen nicht empfangen werden konnte. Sie konnte zwar keinen Mathematikunterricht abhalten, war aber politisch im Sinne der DDR sehr zuverlässig.

Sie gab Geschichte und Staatsbürgerkunde. Sie nahm die ihr anvertraute Aufgabe sehr ernst, erklärte vor der Klasse, dass der noch immer herrschende schädliche bürgerliche Geist durch einen neuen progressiven der Arbeiterklasse ersetzt werden müsse. Sie appellierte an die Arbeiterkinder im Klassenkollektiv, sie dabei tatkräftig zu unterstützen.

Ihren ehemaligen Klassenlehrer zu besuchen, war den Schülern bei Androhung der Exmatrikulation streng verboten.

Dr. Weber wurde zum Zwecke der Umerziehung durch die Arbeiterklasse eine Tätigkeit in einer Fabrik zugewiesen.

Drei Jahre später erhielt der ehemalige Neulehrer und klassenbewusste Genosse den begehrten Doktortitel. Seine Dissertation lautete: Über den Vergleich als Mittel der Denkerziehung im Geschichtsunterricht unter besonderer Berücksichtigung des Unterrichts in den höheren Klassen , was den geneigten Leser vielleicht an Professor Creys Gerechtigkeit des Lehrers unter besonderer Berücksichtigung der höheren Lehranstalten aus Spoerls Feuerzangenbowle erinnert.

Eine Schülerin besuchte Dr....
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