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Picknick an der Grenze

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
182 Seiten
Deutsch
Spielberg Verlagerschienen am03.10.20191. Auflage
August 1989: Sängerin Kitty wird überraschend für einen Gig am Eisernen Vorhang in Ungarn engagiert - ausgerechnet von ihrer Ex-Band, mit der sie sich drei Wochen zuvor uferlos zerstritten hat. Ihr verhasster Konkurrent Grizzly steht bereits als neuer Sänger fest, ist aber momentan auf Reisen und nicht erreichbar. Kitty muss auf die Schnelle einen brandaktuellen Song schreiben, der ihren Platz am Mikro sichern und der Band zum Durchbruch verhelfen soll. Was aber am Tag des Paneuropa-Picknicks wirklich passieren würde, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch niemand...

Angela Kreuz, geboren 1969 in Ingolstadt. Studium der Philosophie und Psychologie in Konstanz. 2007 erschien ihr erster Roman Warunee, gefolgt von WAAhnsinnszeiten (2009) und California Dreaming (2013). Dazwischen kam ihr zweisprachiger Gedichtband Train Rides and Tides - Ebbe, Flut und zurück heraus, mit Übersetzungen von Barbara Yurtdas. Ihre jüngsten Publikationen waren 2017 der Roman Straßenbahnträumer und 2018 Das surrealistische Büro. Kein Roman. Angela Kreuz erhielt bislang mehrere Auszeichnungen, u.a. den Kulturförderpreis der Stadt Regensburg 2012.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextAugust 1989: Sängerin Kitty wird überraschend für einen Gig am Eisernen Vorhang in Ungarn engagiert - ausgerechnet von ihrer Ex-Band, mit der sie sich drei Wochen zuvor uferlos zerstritten hat. Ihr verhasster Konkurrent Grizzly steht bereits als neuer Sänger fest, ist aber momentan auf Reisen und nicht erreichbar. Kitty muss auf die Schnelle einen brandaktuellen Song schreiben, der ihren Platz am Mikro sichern und der Band zum Durchbruch verhelfen soll. Was aber am Tag des Paneuropa-Picknicks wirklich passieren würde, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch niemand...

Angela Kreuz, geboren 1969 in Ingolstadt. Studium der Philosophie und Psychologie in Konstanz. 2007 erschien ihr erster Roman Warunee, gefolgt von WAAhnsinnszeiten (2009) und California Dreaming (2013). Dazwischen kam ihr zweisprachiger Gedichtband Train Rides and Tides - Ebbe, Flut und zurück heraus, mit Übersetzungen von Barbara Yurtdas. Ihre jüngsten Publikationen waren 2017 der Roman Straßenbahnträumer und 2018 Das surrealistische Büro. Kein Roman. Angela Kreuz erhielt bislang mehrere Auszeichnungen, u.a. den Kulturförderpreis der Stadt Regensburg 2012.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783954521012
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum03.10.2019
Auflage1. Auflage
Seiten182 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse518 Kbytes
Artikel-Nr.4896743
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



PICKNICK AN DER GRENZE 

 

»Wir hätten unsere Reunion-Tour letztes Jahr machen sollen«, Hias griff sich an die Stirn. »Fünfundzwanzig Jahre Europa-Picknick, hallo? Alle Konzerte wären Monate im Voraus ausverkauft gewesen, aber doch nicht nach sechsundzwanzig Jahren. Da kommt nicht mal das Regionalfernsehen.«

Im Nörgeln war Hias Weltmeister, ihm war prinzipiell nichts gut genug; er schlug sogar Speedy um Längen.

»Jetzt fang nicht wieder damit an.« Sepp saß wie angegossen im Sessel; seit ihrem letzten Treffen hatte er gut zehn Kilo zugelegt. Er zog genervt sein Handy aus der Tasche.

»Fünfundzwanzig kann jeder«, sagte Bob, »sechsundzwanzig ist schon was anderes. Ich finde das originell.« Er hielt ein Tablet hoch und fotografierte in die Runde. »Cheese.« Abgesehen von den grauen Schläfen hatte er sich nicht groß verändert. Die Aknenarben lagen wie ein Schatten auf seinen Wangen.

»Das stellst du jetzt aber nicht auf Facebook«, warnte ihn Hias.

»Doch«, sagte Bob. »Und wer hat´s letztes Jahr vergeigt?«

Kitty war diese Diskussion leid, sie hatte mit den Jungs bereits im letzten Jahr stundenlang am Telefon gestritten, weil alle angeblich zu beschäftigt waren, um sich zu treffen. Speedy blätterte in der SPEX und sah über den Rand seiner Lesebrille auf. »Was schaut ihr mich alle so an?«

»Du hättest deinen Urlaub echt verschieben können«, sagte sie. »In Hawaii wäre es jetzt garantiert wärmer als hier.«

»Ich hatte keine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen, sorry.« Mit den gestylten Haaren sah Speedy aus wie ein gealterter Teeny. »Habe ich das noch nicht erzählt?« Sein linkes Bein wippte nervös.

»Reiserücktrittsversicherung.« Kitty starrte durch die getönte Scheibe. »Wenn dir dein Flug wichtiger war als unsere Tournee.«

Max schaltete den Scheibenwischer an und fuhr wieder auf die Autobahn. Der Tourbus schnurrte vor sich hin.

»Okay, wenn ihr´s unbedingt wissen wollt«, Speedy nahm seine Brille ab, »meine Ex hat ein Kind bekommen, und ich wollte bei der Geburt dabei sein.«

Kitty spürte einen Stich in der Brust, davon hatte er am Telefon kein Wort erwähnt, er hatte sich nur verdächtig bedeckt gehalten, warum er unbedingt nach Hawaii wollte.

Zum Glück war sie damals nicht schwanger geworden. Er war immer noch hübsch, Gitarrespielen hielt einfach jung, vor allem, wenn man sich mit nichts anderem beschäftigte.

»Mädchen oder Junge?« Sie versuchte sich ihn im Kreißsaal vorzustellen, wie er die Hand einer Frau hielt und sie gemeinsam atmeten; aber es gelang ihr beim besten Willen nicht. Speedy gab es einfach nur single.

»Blöde Frage«, sagte Sepp, »ist das wichtig? Wir haben bei unseren Kindern nicht mal einen Ultraschall machen lassen.«

»Wenn´s mich halt interessiert«, entgegnete Kitty.

»Eine Anuhea«, sagte Speedy.

»Ist die Mutter aus Hawaii?«

»Ja.«

»Hast du noch Kontakt zu den beiden?«, fragte Hias skeptisch.

»Schwierig.«

»Dir ist echt nicht zu helfen.« Kitty blies sich eine Strähne aus der Stirn. Wie es wohl ihrer eigenen Tochter gerade im Praktikum ging? Jenny hatte es sich partout nicht ausreden lassen, in den Semesterferien bei dieser NGO mitzuhelfen; ausgerechnet bei der Seenot-Rettung musste sie die Heldin spielen. Auf einem Fischkutter. Als ob sie nicht schon genug eigene Probleme hätte. Wenn sie wenigstens ans Handy ginge, doch Jenny reagierte prinzipiell nicht auf das Klingelzeichen ihrer Mutter. Als sie noch bei ihr gewohnt hatte, war sie oft tagelang nicht nach Hause gekommen. No news is good news, Mama. Kitty sah ihr trotziges Gesicht vor sich. Ob ihre Kollegen dort mit ihren Wutausbrüchen zurecht kamen?

»Was hast du eigentlich aus Hawaii mitgebracht«, fragte Bob, »ich meine musikmäßig?«

»Fusion«, sagte Speedy.

»Wie Fusion?«

»Fusion eben.«

»Alles klar.« Kitty quälte ein pochender Kopfschmerz auf der linken Seite. Hoffentlich fing jetzt ihre Migräne nicht an; das konnte sie momentan überhaupt nicht brauchen. Sie wühlte in ihrer Handtasche nach einer Schmerztablette.

»Wir sollten mal wieder experimentieren, nicht immer den alten Scheiß spielen«, sagte Speedy.

»Immer?«, entgegnete Bob. »Wann haben wir denn zum letzten Mal den alten Scheiß gespielt.«

Speedy zuckte mit den Schultern. Hias untersuchte die Minibar und nahm eine Flasche heraus; der Alkohol hatte deutliche Spuren in seinem Gesicht hinterlassen.

»Frühstücksbierchen?«, bemerkte Sepp.

»Noch ´n Toast, noch ´n Ei, noch´n Kaffee, noch´n Brei«, trällerte Bob. Speedy und Sepp stimmten mit ein.

Hias ignorierte die Spitze.

»Jedenfalls soll´s heute Abend saukalt werden«, sagte Kitty, »und das im August.«

»Wie viele Leute passen da eigentlich rein?«

»Gut 750.« Max verstellte den Rückspiegel, ihre Blicke kreuzten sich. Kitty betrachtete die lichter werdende Stelle an seinem Hinterkopf - er wurde auch nicht jünger. Wenn er die Band damals nicht gepusht hätte, wären sie sangund klanglos untergegangen, und Kitty hätte sich mit Gagen auf Hochzeiten durchbringen müssen - ein Albtraum.

»Und wie viele Karten hast du verkauft?«

»Moment - bis jetzt sind es -«

Ein vorbeirastender Porsche hupte. »Sonntagsfahrer«, schimpfte Max.

»Pass doch auf den Verkehr auf!«, rief Kitty erschrocken.

»Du kannst doch jetzt nicht mit dem Handy rummachen.«

»Und du schrei bitte nicht so rum. Also, aktuell sind es 557.«

»Oh Mann«, sagte Hias, »wenn das mal nicht leer ausschaut. Toller Start.«

»Die Eventmanagerin hat mir gesagt, dass noch was an der Abendkasse geht«, beschwichtigte Max. »Die Ungarn sind da eher spontan.«

»Wer glaubt, ist nie allein, sagt der Papst.«

»Ex-Papst«, sagte Sepp.

»Ausverkauft wird´s wohl nicht.« Hoffentlich lief der Vorverkauf in Budapest besser. An Wien, München und Berlin mochte Kitty noch gar nicht denken.

»Übrigens eine super Idee, gleich am Anreisetag aufzutreten.« Sepp spielte mit seinem Handy. »Was ist, wenn irgendwas mit dem Equipment nicht funktioniert?«

»Keine Sorge, das regle ich vor Ort«, sagte Max. Das Getriebe knirschte. »Sorry, ich bin zurzeit völlig ausgebucht. Ich war bis um halb vier mit einer anderen Band unterwegs.«

»Schon okay«, murmelte Sepp. Ein alberner Pfeifton setzte ein, er antwortete postwendend auf eine Nachricht.

Hias war dabei, neue Saiten auf seinen Bass zu ziehen. Er zwickte ein überstehendes Ende ab und strich über sein Zappabärtchen.

»Wohnst du immer noch in Sinzing neben dem Golfplatz?«, fragte Sepp.

»Was?« Hias kurbelte.

»Ob du immer noch in Sinzing wohnst«, rief Sepp.

Bob lachte. »Würde mich wundern, wenn er umgezogen wäre.«

»Sag mal, bist du schwerhörig?«

Hias klemmte das Stimmgerät an die Kopfplatte.

»Ich habe mein Wohnmobil erst letztes Jahr renoviert, das hat mich eine Stange Geld gekostet.«

»Hast du den Schimmel vom Blümchenzelt abgekratzt«, stichelte Sepp, doch Hias war mit der Saite beschäftigt und sparte sich die Antwort. Er würde den Camper seiner Zwillingsschwester nie verschrotten. Kitty hatte noch zu Schulzeiten das Drama in ihrer Nachbarschaft mitbekommen. Die Zwillinge hatten damit quer durch Europa fahren wollen, waren aber gerade mal bis Wien gekommen, als dieser frustrierte Vollidiot einen Pflasterstein von der Autobahnbrücke geworfen hatte. Hias´ Schwester war bis zu ihrem Tod wochenlang im Koma gelegen.

Max nahm die nächste Ausfahrt. Auf dem Monitor über dem Tisch lief ein Clip von KITTY & THE CATS aus den 90ern. Hias griff nach der Fernbedienung und stellte den Ton ab.

»Was für abartige Klamotten«, bemerkte Kitty, mit den Plateauschuhen hatte sie sogar Speedy überragt.

»Ich finde sie immer noch scharf.« Bob schmatzte.

Insgeheim gab sie ihm recht, zumindest hatte sie sich zu jener Zeit vor Verehrern kaum retten können. Unwillkürlich summte sie den Refrain von Stone Bridge Archway.

Gate of Eternity, who knows what´s behind.

Kitty schaute in den beleuchteten Schminkspiegel und betrachtete ihre Fältchen - sie würde sich nie liften lassen oder Botox spritzen und wie ein Zombie mit einer Gesichtslähmung herumlaufen. Seit ein paar Jahren färbte sie sich ihre Locken; schließlich wollte sie nicht als Oldie vor dem Mikro stehen. Sie zog ihre Lippen nach.

»Was habt ihr eigentlich die letzten Jahre so gemacht?«, fragte sie in die Runde. »Ich meine, außer eure Mails zu checken.«

»Soll das jetzt eine Gruppentherapie werden oder was?« Hias verschränkte die Arme.

»Wieso, redest du nicht so gern über deine Probleme?« Bob legte die Beine hoch.

»Warst du wieder auf Entzug?«, fragte Speedy. »Man hat ja in der letzten Zeit gar nichts mehr gehört von dir.«

Sepp tippte aufs Handy. »Stimmt, jetzt wo du´s sagst - er war komplett von der Bildfläche verschwunden.«

Kitty war mit ihrem Lidstrich beschäftigt und sagte nichts dazu. Hias war noch nie in der Lage gewesen, sich mit sich selbst auseinanderzusetzten, und würde es wohl nie sein. Er brummelte übellaunig vor sich hin und slappte das Bass-Solo von Danube River.

»Lass mich raten, dir ist deine Minderjährige abgehauen«, bohrte Sepp grinsend nach.

»Wenn ihr mich nicht sofort in Ruhe lasst, steig...

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