Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Hör mir zu, auch wenn ich schweige

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am26.02.20201. Auflage
Dies ist die Geschichte einer Liebe, die größer ist, als Worte es sagen könnten Frank hat seit sechs Monaten nicht mehr mit seiner Frau Maggie gesprochen. Sie haben unter demselben Dach im selben Bett geschlafen und zusammen gegessen - schweigend. Maggie kennt den Grund für sein Verstummen nicht. Erst als sich an einem Abend alles auf Leben und Tod zuspitzt, beginnt Frank die Geheimnisse zu enthüllen, die ihn zum Schweigen brachten. »Ein außergewöhnlich starker Erstlingsroman, verläuft anders, als man erwartet. Ich bin sehr gespannt, was sie als Nächstes schreibt.« Jojo Moyes Für die Gestaltung des Covers wurde ein Werk von Flow So Fly ohne dessen Zustimmung bearbeitet und verwendet. Wir bedauern dies und danken für seine nachträgliche Genehmigung.

Abbie Greaves, geboren in Oxford, studierte an der Cambridge University und hat mehrere Jahre in einer Literaturagentur gearbeitet. Ihr Lebenstraum ist es jedoch, Romane zu schreiben, über die Liebe und darüber, wie sie den Funken des Außergewöhnlichen in scheinbar ganz normalen Leben entzündet.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDies ist die Geschichte einer Liebe, die größer ist, als Worte es sagen könnten Frank hat seit sechs Monaten nicht mehr mit seiner Frau Maggie gesprochen. Sie haben unter demselben Dach im selben Bett geschlafen und zusammen gegessen - schweigend. Maggie kennt den Grund für sein Verstummen nicht. Erst als sich an einem Abend alles auf Leben und Tod zuspitzt, beginnt Frank die Geheimnisse zu enthüllen, die ihn zum Schweigen brachten. »Ein außergewöhnlich starker Erstlingsroman, verläuft anders, als man erwartet. Ich bin sehr gespannt, was sie als Nächstes schreibt.« Jojo Moyes Für die Gestaltung des Covers wurde ein Werk von Flow So Fly ohne dessen Zustimmung bearbeitet und verwendet. Wir bedauern dies und danken für seine nachträgliche Genehmigung.

Abbie Greaves, geboren in Oxford, studierte an der Cambridge University und hat mehrere Jahre in einer Literaturagentur gearbeitet. Ihr Lebenstraum ist es jedoch, Romane zu schreiben, über die Liebe und darüber, wie sie den Funken des Außergewöhnlichen in scheinbar ganz normalen Leben entzündet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104911342
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum26.02.2020
Auflage1. Auflage
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1249 Kbytes
Artikel-Nr.4936549
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Ihr Schweigen

1

Es gibt nichts Schlimmeres als den Wartebereich eines Krankenhauses. Die abgewetzten Plastikstühle, das leise Brummen des Getränkeautomaten, das kollektive Luftanhalten, sobald eine Pflegekraft von der Intensivstation mit Neuigkeiten hereinkommt - als wäre jedes Detail nur dazu da, einen an den Rand des Nervenzusammenbruchs zu bringen. Und das alles, bevor man überhaupt realisiert, warum man dort ist.

Maggie sagte immer, Geduld sei meine Stärke, als würden gute Eigenschaften in einer Ehe aufgeteilt - wie der Haushalt. Ich sehe sie förmlich vor mir, wie sie auf dem Sofa sitzt und auf eine SMS oder eine E-Mail wartet, ein Bein wippt rastlos auf und ab, auf dem anderen Knie liegt meine Hand, die sie beruhigen will. So viel Energie in so einem kleinen Menschen. Ich habe mich oft gewundert, dass sie nicht selbst völlig ausbrannte, so wie sie sich um alles und jeden sorgte. Verändern wollte ich sie nie, ich wollte nur sicherstellen, dass diese ganze nervöse Energie sie nicht so zusammenschnürte, dass nicht einmal ich diesen Knoten wieder lösen konnte. Vierzig Jahre lang habe ich damit Erfolg gehabt, und nun das. Dinge können sich auch nach langer Zeit noch ändern.

Die Zeiger der Uhr über meinem Kopf schieben sich mit einem besonders lauten Ticken auf die nächste volle Stunde. Diese lange Wartezeit kann nichts Gutes bedeuten. Maggie weiß das am besten. Sie hat in vier Jahrzehnten als Krankenschwester so viel miterlebt, dass sie sicherlich qualifiziert wäre, um eine Prognose für sich selbst abzugeben. Außerdem hat sie Unmengen an Arztserien gesehen. »Furchtbare Tachykardie«, sagte sie beispielsweise äußerst selbstsicher, als wir eines Samstagabends vor der neuesten Folge nebeneinander auf dem Sofa saßen. Sie griff nach der Fernbedienung und stellte den Fernseher leiser, um die Dialoge zu übertönen. »Aber es ist eine Schande, so ein junger Mann ... Es scheint immer diese Großstadttrottel zu treffen, oder? Viel zu viel Stress und das jeden Tag ...«

»Professor Hobbs?«, fragt der Arzt und streckt mir die Hand entgegen.

»Ja, das bin ich«, antworte ich und stehe langsam auf. Dieser Arzt wirkt sehr effizient, vom geleckten, akkuraten Scheitel bis zu den glänzenden Schuhen. Selbst sein Namensschild ist exakt parallel zur Naht seiner Hemdtasche angesteckt. Mir wird plötzlich mein eigenes Erscheinungsbild bewusst, und ich fahre mir unbeholfen mit der Hand durchs Haar.

»Ich bin Dr. Singh, der behandelnde Arzt Ihrer Frau. Würden Sie bitte mitkommen?«

Ich folge ihm durch die Flügeltüren und stelle mir einen hoffnungsvollen Augenblick lang vor, er würde mich zu Maggie bringen. Stattdessen werde ich in ein kleines Sprechzimmer geführt, und die letzten Reste meines Wunschdenkens verfliegen. Der Doktor setzt sich an seinen Computer und bedeutet mir, auf dem anderen Stuhl Platz zu nehmen, während er den Rechner anschaltet und einige Unterlagen auf dem Schreibtisch durchblättert. Ein freistehender Ventilator hinter ihm kitzelt die Ecken der losen Blätter.

»Tut mir leid. Ein bisschen heiß heute, nicht wahr? Wer weiß, wann es wieder abkühlt.«

Eine glatte Untertreibung, das spüre ich am Schweiß, der sich in meinen Achselhöhlen sammelt. Ich bringe noch nicht einmal eine halbherzige Bemerkung über das Wetter heraus und schaue stattdessen zu Boden.

Sein Computer fährt grummelnd hoch und übertönt meine Unbeholfenheit. Nach etwa einer Minute höre ich, wie der Arzt ausatmet. »Professor Hobbs, ich komme gleich zur Sache. Die Prognose ist nicht gut. Als Ihre Frau gestern Nacht eingeliefert wurde, war ihr zentrales Nervensystem gerade dabei auszusetzen. Glücklicherweise konnten die Sanitäter ihre Atemwege sichern, eine Heldentat, wenn man bedenkt, wie lange sie beim Auffinden vielleicht schon bewusstlos war. Es ist jedoch immer noch zu früh, um die Auswirkungen des Sauerstoffmangels abschätzen zu können. Im Augenblick liegt sie im künstlichen Koma. Sobald wir genauer über das Ausmaß der Schäden Bescheid wissen, können wir alle Optionen durchgehen, da werden wir Sie natürlich mit einbeziehen ...«

Das ist mein Stichwort. Nun muss ich etwas sagen. Ich habe diese Momente im letzten Jahr so häufig verpasst, aber ich erkenne die üblichen Anzeichen noch: die hochgezogene Augenbraue, der geneigte Kopf, das ungeduldige Räuspern. Der Arzt entscheidet sich für Letzteres.

»Ähm, Professor Hobbs, ich weiß, wie schwierig das für Sie sein muss, aber bitte glauben Sie uns, dass wir alles Menschenmögliche für Ihre Frau tun. In der Zwischenzeit stehen Ihnen die Experten unseres psychologischen Dienstes zur Verfügung. Dort bekommen Sie ...«

»Ich brauche keine psychologische Betreuung«, unterbreche ich ihn. Meine Stimme ist heiserer, als ich erwartet hätte - und leiser klingt sie auch.

»Ja, Professor, ich verstehe, das ist nicht jedermanns Sache. Ich sehe in Ihrer Akte, dass Sie schon einmal eine ärztliche Empfehlung für eine psychologische Betreuung hatten? Der Sie nicht nachgekommen sind ...«

Er blickt vom Bildschirm auf, und ich nehme meine Brille ab und wische mit dem Hemdzipfel auf den fleckigen Gläsern herum, was die Sache kaum besser macht. »Vermeidungstaktik«, hat Maggie es immer genannt. Damit hatte sie recht.

»Schauen Sie, ich kann Ihnen nicht vorschreiben, was Sie tun sollen, das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich kann Sie nicht zu einem Gespräch mit unseren Psychologen zwingen. Aber denken Sie einfach daran, dass Ihnen diese Leute rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Wir haben solche Situationen häufiger, als man denkt, und das Team ist speziell dafür ausgebildet ... Am wichtigsten ist, dass Sie wissen: Sie sind nicht allein.«

Wie ironisch. Denn genau so ist es doch. Ich bin allein. Ich war noch nie so allein. Ich war nicht einmal vor Maggie so allein, denn wie kann man wirklich wissen, was Alleinsein bedeutet, bevor man seine andere Hälfte gefunden hat?

»Wie gesagt, wir können in diesem Stadium nicht viel tun, außer Mrs Hobbs´ Fortschritte zu beobachten, deswegen würden wir Ihnen raten, nach Hause zu fahren, zu schlafen und etwas zu essen. Zunächst aber können wir Sie zu Ihrer Frau bringen, falls Sie sie sehen möchten.«

»Ja«, murmele ich, »ja, ja, ich muss sie sehen.«

»Professor, ich bin mir sicher, dass ich es nicht wiederholen muss, aber wir sagen es allen Angehörigen: Ihre Frau befindet sich in einem äußerst kritischen Zustand. Bitte erschrecken Sie nicht über ihr Aussehen, und wenn Sie sich Sorgen machen, sagen Sie mir oder den Schwestern Bescheid. Ihre Frau liegt in einem Einzelzimmer, aber es sind genügend Pflegekräfte in der Nähe, falls es ein Problem gibt.«

Der Arzt steht auf, und ich tue es ihm gleich, weil ich nur zu gut weiß, dass es in letzter Zeit ein wenig länger dauert und ich seine Aufmerksamkeit nicht auf meine siebenundsechzig Jahre lenken will. Geben sie einen früher auf, wenn sie einen für zu alt halten? Wenn nicht genügend trauernde Kinder am Bett stehen? Maggie zuliebe hoffe ich, dass dem nicht so ist.

Ich verlasse das Zimmer mit dem Arzt, wir gehen einen Flur mit ausrangierten Rollstühlen entlang, vorbei an vielen Kranken und an gehetztem, genervtem Personal, das jeden Augenkontakt mit Angehörigen vermeidet. Ich frage mich, welche andere Familie heute ihren schlimmsten Albtraum erlebt. Bald haben wir die mit Vorhängen abgetrennten Bereiche hinter uns gelassen, und der Arzt lässt uns durch den Eingang zur Intensivstation hindurch. Nun stehen wir vor einer Reihe von einzelnen Türen mit Metallklinken.

Hinter einer dieser Türen liegt Maggie. Ich erkenne es daran, dass der Arzt langsamer wird, nach seinem Pager sucht und sich nach links und rechts umschaut. Ich will »Nein« sagen, ihm die Arme an die Seite pressen und ihn festhalten, bis er stocksteif dasteht. Aber was würde das langfristig ändern? Ich kann es nicht ewig vermeiden, mich dem zu stellen, was ich getan habe. Ich stecke mein Hemd, so gut es geht, in die Hose und vergrabe die Hände in den Taschen, damit sie nicht mehr zittern.

Es ertönt ein leises Klicken, während der Arzt mit beiden Händen die Tür aufstößt. Er geht hindurch und hält sie mir auf, nur sind meine Schultern breiter, als er angenommen hat, und es gibt einen seltsamen Moment, wo ich mich zur Seite drehen muss. Dabei beuge ich den Kopf und stoße dennoch oben gegen den Türrahmen. Ich habe mich nie richtig daran gewöhnt, dass ich immer und überall der größte Mensch bin.

In dem Dämmerlicht ist es zunächst schwierig, Maggie zu erkennen. Das Bett ist erhöht und von einem ganzen Arsenal an piepsenden Maschinen umgeben. Es ist schwer zu glauben, dass ihr Leben nun von Maschinen abhängt, die dem Entfeuchter nicht unähnlich sehen, den ich auf Maggies Geheiß jedes Jahr vom Dachboden in den Keller geschleppt habe, damit er seine Winterschicht ableisten konnte. Ich trete näher an sie heran, und als sich meine Augen an das Halbdunkel gewöhnen, merke ich, dass sich ein Atemzug in meiner Kehle verkeilt hat. Er kommt als tiefes Ächzen heraus, das dem Arzt eindeutig Sorgen macht.

»Professor, es tut mir wirklich sehr leid ...«

»Darf ich sie anfassen?« Ich ignoriere seine Mitleidsbekundungen und rücke näher an Maggies Bett.

»Ja, das ist schon in Ordnung. Gleich kommt eine Krankenschwester, die Ihnen mehr über die Abläufe hier auf Station erzählt. Sie wird Ihnen Genaueres zu Mrs Hobbs´ Pflege sagen. Ich lasse Sie nun allein mit Ihrer Frau.«

Eine Sekunde lang fühlt es sich wieder an, als wären wir frisch verheiratet, wie damals, als die Besitzer...

mehr

Autor

Abbie Greaves, geboren in Oxford, studierte an der Cambridge University und hat mehrere Jahre in einer Literaturagentur gearbeitet. Ihr Lebenstraum ist es jedoch, Romane zu schreiben, über die Liebe und darüber, wie sie den Funken des Außergewöhnlichen in scheinbar ganz normalen Leben entzündet.Pauline Kurbasik, geboren 1982 in Landau, studierte Romanistik, Anglistik und Linguistik sowie Literaturübersetzen. Sie übersetzt Bücher aus dem Englischen und Französischen und lebt in Köln.