Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Telefonistin - Mrs. Dalton hört mit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.05.2020
USA 1950: Eine Kleinstadt, eine neugierige Telefonistin und ein unerhörtes Gerücht, das ihre ganze Welt verändert
Niemand kennt die Einwohner einer beschaulichen Kleinstadt in Ohio so gut wie Telefonistin Vivian Dalton. Sie verbindet Telefonleitungen und Leben. Zuhören darf sie zwar streng genommen nicht, doch sie tut es trotzdem. Eines Nachts belauscht sie ein Gespräch und erfährt, dass ihr Mann angeblich mit einer weiteren Frau verheiratet sein soll. Empört will Vivian beweisen, dass an diesem Gerücht nichts dran ist - das wäre ja ein Skandal! Schon bald merkt sie aber, dass in einer Kleinstadt immer ein Geheimnis zum nächsten führt ...

Gretchen Berg wurde an der Ostküste der USA geboren und wuchs im Mittleren Westen auf. Sie lehrte Englisch in Südkorea und im Nordirak und bereiste alle sieben Kontinente. Heute lebt sie in Chicago, Illinois. Ihr Debutroman »Die Telefonistin. Mrs. Dalton hört mit« ist inspiriert von der Geschichte ihrer Großmutter, die in den 1950er-Jahren in einer Telefonvermittlung arbeitete.
mehr

Produkt

KlappentextUSA 1950: Eine Kleinstadt, eine neugierige Telefonistin und ein unerhörtes Gerücht, das ihre ganze Welt verändert
Niemand kennt die Einwohner einer beschaulichen Kleinstadt in Ohio so gut wie Telefonistin Vivian Dalton. Sie verbindet Telefonleitungen und Leben. Zuhören darf sie zwar streng genommen nicht, doch sie tut es trotzdem. Eines Nachts belauscht sie ein Gespräch und erfährt, dass ihr Mann angeblich mit einer weiteren Frau verheiratet sein soll. Empört will Vivian beweisen, dass an diesem Gerücht nichts dran ist - das wäre ja ein Skandal! Schon bald merkt sie aber, dass in einer Kleinstadt immer ein Geheimnis zum nächsten führt ...

Gretchen Berg wurde an der Ostküste der USA geboren und wuchs im Mittleren Westen auf. Sie lehrte Englisch in Südkorea und im Nordirak und bereiste alle sieben Kontinente. Heute lebt sie in Chicago, Illinois. Ihr Debutroman »Die Telefonistin. Mrs. Dalton hört mit« ist inspiriert von der Geschichte ihrer Großmutter, die in den 1950er-Jahren in einer Telefonvermittlung arbeitete.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641249755
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum11.05.2020
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1515 Kbytes
Artikel-Nr.4940752
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


KAPITEL 2

Der Glühlampenschrank war bereits seit ein paar Minuten dunkel. Vivian schob die Sprechmuschel ein Stück weg und stützte ihr Kinn auf der Hand ab, während sie sich einen Spionageskandal in Wooster vorstellte. Nicht allzu wahrscheinlich, wenn man sie fragte, aber Wooster hatte durchaus aufregende Zeiten erlebt. Es hatte besondere Ereignisse gegeben. Jene Art von Ereignissen, die sich in das kollektive Gedächtnis der Kleinstadtmenschen einbrannten und ihnen in seltenen, einsamen Momenten zu denken gaben. Ereignisse, die Gesprächsstoff lieferten, auch nachdem sie lange vorbei waren.

Wie die Aufregung vor fünf Jahren um den versuchten Raubüberfall und die Schießerei im William Annat Company-Kaufhaus zu Weihnachten. Eine Schießerei! In Wooster! Wer hätte das je für möglich gehalten, aber da hatten doch tatsächlich drei bewaffnete Männer aus Akron versucht, den Laden auszurauben! Akron, woher auch sonst. Von jemandem aus Wooster würde man nie hören, dass er zu Weihnachten mit einer Pistole in einem Kaufhaus herumballerte, Herrgott noch mal. Wären nicht der beherzte Kaufhausleiter gewesen und jene Verkäuferin, die blitzschnell schaltete und in der Telefonzentrale anrief, um sich zur Polizei durchstellen zu lassen, wer weiß, was dann passiert wäre? Die blitzschnell mitdenkende Verkäuferin war Vivians jüngere Schwester Violet gewesen, und Vivian wäre regelrecht durchgedreht, hätte sie an jenem Abend Dienst gehabt. Stattdessen hatte Ellen Leonhard den Anruf entgegengenommen.

»Grundgütiger!«, hatte Vivian ausgerufen, als ihr Ellen den Tumult in der Bell´schen Telefonzentrale an jenem Abend schilderte. »Jesus Christus, Allmächtiger im Himmel!«, hatte sie zu Violet gesagt. Denn sie wusste zwar, wie man sich in Gesellschaft ausdrückte, bei ihrer eigenen Familie jedoch wollte sie nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen.

Violet hatte kurz darauf bei William Annat gekündigt, da sie bereits einen Ehemann, zwei Kinder und zwei Katzen hatte und nicht noch mehr Scherereien brauchte. Ellen Leonhard war infolge des Krisenabends in der Telefonzentrale nach Cleveland gezogen, um dort für Bell zu arbeiten, da sie sich nun bereit fühlte für eine größere Stadt und größere Herausforderungen. Vivian dachte bei sich, das sollte sie auch besser sein, denn wenn schon Leute aus Akron zu Weihnachten in Kaufhäusern herumballerten, was würde sie dann erst in Cleveland erwarten?

Der versuchte Raubüberfall war die nächsten Jahre Stadtgespräch gewesen. Zumindest bis letzten Juni, als der gerissene Gilbert Ogden 250 000 $ der Wayne-Building-&-Loan-Kreditanstalt in der North Market Street veruntreute, wo er als Kassier arbeitete. Er hatte sich laut Titelblatt des The Daily Record mit dem Geld abgesetzt und war mit der Sekretärin des Bankdirektors durchgebrannt. Auch wenn Vivian die Bedeutung erahnte, hatte sie »veruntreuen« in dem Wörterbuch nachgeschlagen, das sie Charlotte für die Schule gekauft hatte.

Veruntreuen

hinterziehen, in die eigene Tasche stecken, (umgangssprachlich) auf die Seite bringen/schaffen

Beispiel: Gelder veruntreuen

Charlotte ging in die zehnte Klasse der Wooster Highschool. Sie hatte ein Jahr übersprungen, nachdem sie ihre Lehrerin auf ihre fälschliche Verwendung von »wieder« anstelle von »wider« aufmerksam gemacht hatte, und kannte Wörter wie »veruntreuen« und »profund« und »mannigfaltig«. Sie las außerdem gerne Bücher und war dafür bekannt, dass sie jedes Mal die Augen verdrehte, wenn sich ihre Mutter ihrer »guten Menschenkenntnis« rühmte.

Vivian hatte sich tagelang den Kopf zerbrochen, ob sie je ein Telefongespräch zwischen Gilbert Ogden und der Sekretärin mitgehört hatte, bevor sie die Gelder veruntreut hatten. Wie sie sagte, hätte sie schon immer »so eine Ahnung gehabt«, was diesen Gilbert Ogden anging, mit seinem unsteten Blick hinter der runden Nickelbrille, und seiner Krawatte, an der er nervös herumfummelte mit seinen Stummelfingern, an denen er die Nägel bis aufs Fleisch abgeknabbert hatte. »Ein klares Anzeichen für einen Zappelphilipp«, pflegte sie immer über Leute zu sagen, die an den Nägeln kauten; von ihren Äußerungen über Brillenträger ganz zu schweigen.

Insofern, nein, Vivian war keineswegs überrascht, als sie von dem Verdacht der Untreue las. Während für eine Stadt wie Wooster auch eine Unterschlagung von Geldern aufregend war, war das für Vivian wenig aufsehenerregend. Wirklich aufsehenerregend war für sie Gilberts illegitime Beziehung mit der Sekretärin Flora Parker. »Illegitim« war ein Wort, das sie nur zu gut aus ihren Filmzeitschriften kannte.

»Flora Parker, meine Güte! Wer hätte das gedacht?«, hatte sie während einer ruhigen Phase am frühen Nachmittag zu Ruth Craven gesagt. »Obwohl ...« Dann hatte sie mit einem Finger auf den Lippen innegehalten. »War sie nicht aus New York?«

Ruth hatte genickt. »Aus New York. Und ein bisschen älter. Aber hübsch.«

»Hatten sie Kinder, ihr Mann und sie?« Denn das hätte das Ganze noch schlimmer gemacht, und je schlimmer ein Skandal war, desto mehr gab es zu tratschen.

»Glaube nicht.«

Vivian hatte mit den Achseln gezuckt und gedacht: Ein Mops kam in die Küche und stahl dem Koch ein Ei. Damit hatte sie wirklich nicht gerechnet. Wooster hatte nun seine eigene Version von Bonnie und Clyde, und man sollte ja nicht glauben, es wäre ihr nicht verdächtig vorgekommen, dass Bonnie mit Nachnamen ebenfalls Parker hieß. Denn Namen kam weitaus mehr Bedeutung zu, als man gemeinhin annahm.

Vivian hatte immer geglaubt, Flora und Bill Parker seien eines dieser unsäglichen glücklichen Pärchen, so oft hatte sie sie beobachtet, wie sie sich tief in die Augen schauten und Arm in Arm durch die Stadt schlenderten. Zwei Turteltäubchen, wie sie im Buche standen. Aber wer wusste schon, was wirklich hinter geschlossenen Türen vor sich ging? Vivian nahm ihre »gute Menschenkenntnis« überaus ernst, und vor allem nach dem Skandal um Gilbert und Flora machte sie sich schwere Vorwürfe, die Anzeichen nicht eher (bzw. überhaupt) entdeckt zu haben.

Sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass sie Flora Parker zwar gelegentlich über den Weg gelaufen war, jedoch nur ein einziges Mal mit ihr geredet hatte, ein paar Jahre vor dem Raubüberfall. Damals waren sie in der Schlange bei Buehler´s ins Gespräch gekommen.

»Die Kassierer sind heute ganz schön geschwätzig, nicht wahr?«

»Ja, damit halten sie ein wenig den Verkehr auf.«

Dann hatte Flora Parker irgendetwas Interessantes in ihrer Handtasche gefunden, was Vivian signalisierte, dass sie wohl nicht in der Stimmung zum Plaudern war, auch wenn sie noch einiges über die Kassierer zu sagen gehabt hätte. Von den wenigen Worten, die sie miteinander wechselten, hatte Vivian sich kein rechtes Bild von Flora machen können.

Ihr war allerdings die Packung Pflanzenfett in Floras Einkaufswagen aufgefallen, immerhin das. Wäre Flora eine gute Hausfrau gewesen, hätte sie mit Margarine oder Butter gekocht, aber Vivian würde sie nicht nach so etwas beurteilen. Außerdem war sie an jenem Nachmittag in ihre eigenen Gedanken versunken gewesen. Anlässlich ihres zehnten Hochzeitstages hatte sie Edward seinen Lieblingskäse, den Amish Baby Swiss Cheese, besorgt, und während sie noch im Kopf das restliche Abendessen durchgegangen war, hatte sie sich gefragt, was für ein schreckliches Geschenk aus Blech er wohl diesmal für sie bereithielt. Der zehnte Hochzeitstag war die Zinnhochzeit. Was auch immer es sein mochte, bestimmt hatte er es an seiner Werkbank im Keller zusammengeschustert. Hoffentlich nicht schon wieder eine verdammte Gießkanne. Davon hatte sie einmal eine zum Geburtstag bekommen.

Dorothy räusperte sich und holte Vivian wieder in die Gegenwart zurück, wo etliche Lampen vor ihr am Klappenschrank blinkten. Schnaubend stöpselte sie die Verbindungsschnur ein.

»Nummer, bitte«, sagte sie und verband flugs den Anruf, ehe sie den nächsten entgegennahm. Vielleicht wären diesmal die kommunistischen Spione dran.

»Nummer, bitte.«

»Viv, bist du das?«

»Ja, Liebling.«

Nach all den vielen gemeinsamen Ehejahren konnte Edward sie mit nichts mehr überraschen, aber dennoch war Vivian beinahe überrascht, als ihr Mann ihre Stimme am anderen Ende der Leitung erkannte. Edward hatte einen partiellen Hörverlust erlitten, zumindest behauptete er das. Dieser schien jedoch zu kommen und zu gehen. Am stärksten ausgeprägt war der Hörverlust, wenn sie ihn ermahnte, seine Nasenhaare zu trimmen oder seine dreckigen Socken in den Wäschekorb zu legen. Aber sobald sie mit Charlotte über ein neues Kleid oder eine andere nicht unbedingt notwendige Anschaffung sprach, Junge, Junge, da hatte er plötzlich Ohren wie ein Luchs. Ja, er hätte sogar eine Hundepfeife gehört, wenn diese etwas davon tönen würde, sein Geld auszugeben.

»Das Treffen heute Abend wurde abgesagt, ich bin also zu Hause.« Er klang müde wie üblich.

»Okay.« Vivian konnte sich ohnehin nicht vorstellen, was sie bei diesen blöden Treffen dauernd so Wichtiges zu besprechen hatten. Freimaurer. Pah. Erwachsene Männer, die sich heimlich trafen und Gott weiß was besprachen. Klang so, als wollten sie einfach wie früher ihr eigenes Baumhaus haben mit einem »Mädchen verboten«-Schild davor, nur dass sie es jetzt »Gesellschaft« nannten. Dabei hatte Edward mit zwei Jobs bereits genug um die Ohren. Zum Glück hatte sie ohnehin gerne mal das Haus für sich, sonst hätte sie sich geärgert, dass er den Großteil seiner Freizeit lieber mit seinem Männerverein verbrachte anstatt mit seiner...

mehr

Autor

Gretchen Berg wurde an der Ostküste der USA geboren und wuchs im Mittleren Westen auf. Sie lehrte Englisch in Südkorea und im Nordirak und bereiste alle sieben Kontinente. Heute lebt sie in Chicago, Illinois. Ihr Debutroman »Die Telefonistin. Mrs. Dalton hört mit« ist inspiriert von der Geschichte ihrer Großmutter, die in den 1950er-Jahren in einer Telefonvermittlung arbeitete.