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Kann Gelato Sünde sein?

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am27.04.2020Auflage
Ein kleines Dorf in Kalabrien droht von der Landkarte zu verschwinden: Immer mehr junge Leute ziehen in die Stadt. Um sein schönes Dorf zu erhalten, verbietet der Bürgermeister den Bewohnern kurzerhand das Sterben. Statt Pizza und Gelato gibt es Rohkost und Morgengymnastik. Die älteren Herrschaften sind nicht amüsiert. Doch es naht Rettung, denn ausgerechnet in diesem Dorf will Emilia Bäumle die Italiener von den Vorzügen ihrer Schwarzwälder Kirschtorte überzeugen. Kurz vor der Rente soll der Traum von einer eigenen Konditorei wahr werden. Emilias Tochter Julia, die sich mit einem Agriturismo-Betrieb selbstständig machen will, ist von der Idee allerdings wenig begeistert, der Bürgermeister erst recht nicht. Doch was sich Emilia einmal in den Kopf gesetzt hat, zieht sie auch durch ...

Tessa Hennig schreibt seit vielen Jahren große TV-Unterhaltung und Bestseller-Romane mit Herz und Humor, die auch erfolgreich verfilmt wurden. Wenn sie vom Schreiben eine Auszeit benötigt, reist sie auf der Suche nach neuen Stoffen gern in den Süden.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextEin kleines Dorf in Kalabrien droht von der Landkarte zu verschwinden: Immer mehr junge Leute ziehen in die Stadt. Um sein schönes Dorf zu erhalten, verbietet der Bürgermeister den Bewohnern kurzerhand das Sterben. Statt Pizza und Gelato gibt es Rohkost und Morgengymnastik. Die älteren Herrschaften sind nicht amüsiert. Doch es naht Rettung, denn ausgerechnet in diesem Dorf will Emilia Bäumle die Italiener von den Vorzügen ihrer Schwarzwälder Kirschtorte überzeugen. Kurz vor der Rente soll der Traum von einer eigenen Konditorei wahr werden. Emilias Tochter Julia, die sich mit einem Agriturismo-Betrieb selbstständig machen will, ist von der Idee allerdings wenig begeistert, der Bürgermeister erst recht nicht. Doch was sich Emilia einmal in den Kopf gesetzt hat, zieht sie auch durch ...

Tessa Hennig schreibt seit vielen Jahren große TV-Unterhaltung und Bestseller-Romane mit Herz und Humor, die auch erfolgreich verfilmt wurden. Wenn sie vom Schreiben eine Auszeit benötigt, reist sie auf der Suche nach neuen Stoffen gern in den Süden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843722735
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum27.04.2020
AuflageAuflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3498 Kbytes
Artikel-Nr.4940876
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 1

»Buongiorno. Sono Francesca Lombardi«, rief Emilia bereits zum dritten Mal dem in die Jahre gekommenen Laptop zu. Er stand direkt neben ihr auf der Arbeitsplatte, wo sie gerade den Teig für die Schwarzwälder anrührte. »Lombardi« war natürlich glatt gelogen, denn sie hieß Bäumle, doch ihren richtigen Namen kannte das Online-Lernprogramm für Italienisch naturgemäß nicht. Die Stimme aus dem Laptop wiederholte die Frage. Beim ersten Versuch hatte ihre Aussprache wohl nicht ganz gestimmt, beim zweiten Mal war dem Mikrofon das penetrante Hämmern des Schlagbohrers aus dem Erdgeschoss dazwischengekommen. Bald stand dort unten vermutlich kein Stein mehr auf dem anderen, doch damit war zu rechnen, wenn jemand aus einem ehemaligen Versicherungsbüro einen Fachhandel für Scooter machen wollte. Anscheinend musste man bei diesem Sprachprogramm alles mit süditalienischer Inbrunst aussprechen, damit die Software die Wörter schluckte und das Gesagte mit einem grünen Haken versah. Emilia schmunzelte unwillkürlich, denn das mit der Inbrunst war etwas untertrieben. Offen gestanden, hatte sie sich vorhin vorgestellt, die Loren zu sein, eine Sexbombe, die mit Franco Nero auf Flirtkurs war. Gut, dass das Sprachprogramm beim Vokabeltraining nicht auch noch die Webcam dazuschaltete, denn für eine Fast-Sechzigjährige mit grauem Haar und nicht mehr ganz so straffem Rubenslook kam sie höchstens als Synchronsprecherin für die Loren infrage. Besser als nichts!

»Piacere!« kam als Nächstes dran. Diese Vokabel saß bereits sicher und wurde daher gleich beim ersten Versuch als richtig erkannt. Ein »Vergnügen«, sich auf die bevorstehende Italienreise vorzubereiten, war es aber nicht gerade. Emilia hatte sich am Vorabend das Vokabular von gleich fünf Lektionen auf einmal reinprügeln müssen, um das bereits Erlernte parat zu haben. Das strengte an, war aber nötig. Schließlich war ihr Reiseziel nicht der Gardasee, wo man selbst mit schwäbischem Akzent überall verstanden wurde.

»Prima, weiter so«, spuckte der Bildschirm aus. Neun von zehn richtig. Emilia beschloss daher, sich wieder ihrem Kunstwerk zu widmen. Die Schwarzwälder musste bis heute Nachmittag fertig sein, und ihr Anspruch, sich mit jeder Torte selbst zu übertreffen, entsprang dem Herzen einer wahren Künstlerin. Tortenbacken war eine Kunst. Wer das nicht wusste, hatte noch nie eine von ihr gegessen. Liebe ging durch den Magen, und Emilias ganze Liebe steckte nun mal in ihren Torten. Jeder Bissen musste verzaubern, wohlige Schauder vom Gaumen aus durch den Körper jagen und schlicht und ergreifend rundum glücklich machen. Mit »Backen nach Rezept« war Ekstase dieser Art natürlich nicht möglich. Während Emilia genüsslich den Biskuitteig in die Backform fließen ließ, lief ihr beim Gedanken an die Füllung, die sie bereits vorbereitet hatte, das Wasser im Mund zusammen. In einer Schüssel schwammen Sauerkirschen frisch vom Biobauern in der Nachbarschaft. Das war einer der Vorteile, wenn man in Achern lebte. Bauer Meisner machte nicht nur der Badischen Weinstraße Ehre. Sein Kirschwasser versetzte die Seele nach nur wenigen Schlucken in Schwingung. Der Geist seiner Kirschen durfte in Emilias Schwarzwälder genauso wenig fehlen wie der Birkenzucker. Oft waren es Kleinigkeiten wie diese, die selbst einem Tortenklassiker die besondere Note verliehen. Veredelung nannte sich das. Dazu gehörte auch etwas Weizenkleie, die für eine vortreffliche Konsistenz und Standfestigkeit sorgte, eines ihrer Geheimnisse, die sie nicht einmal ihren besten Freundinnen anvertraute. Zufrieden mit sich, strich Emilia den Teig in einer mit Backpapier ausgelegten Form glatt, schob sie in den vorgeheizten Backofen und beschloss, sich in der Wartezeit wieder dem Italienischen zu widmen.

Sie setzte sich auf den Stuhl neben der Anrichte und klickte auf Fortfahren. Aha, nun kamen die Wörter für Familie, Freunde und die Zahlen dran. Mal sehen, was von gestern noch hängen geblieben war. »Mia figlia ha sette anni«, sagte Emilia laut und deutlich ins Mikrofon. Der grüne Haken blieb aus. Kein Wunder, wenn man unentwegt lügen musste, denn Julia war schließlich schon zweiundzwanzig und keine sieben. Emilia fiel dann aber doch ein, warum sich das Programm beschwerte. Das »g« in »gli« war im Italienischen ja stumm. Der zweite Versuch gelang.

Emilia seufzte und lehnte sich für einen Moment gedankenverloren zurück. Sie vermisste ihre Tochter. Entgegen ihrer Annahme, dass sich dieses furchtbare Verlustgefühl mit der Zeit ein bisschen legen würde, schlug es aus den geringsten Anlässen immer wieder mit voller Wucht zu. Emilia tröstete sich mit dem Gedanken, dass Julia ja nur für ein Auslandsjahr in Italien war und in wenigen Monaten wieder zurück sein würde, um ihr Lehramtsstudium in Freiburg zu beenden. Die vielen Fotos per WhatsApp ließen immerhin darauf schließen, dass Julia ihr Studium in Kalabrien in vollen Zügen genoss. Es sei ihr gegönnt. Außerdem war das Leben da unten an der italienischen Stiefelspitze günstiger. Wenigstens musste Emilia sich keine Sorgen machen, dass das Geld aus dem Sparvertrag und ihre monatlichen Zuwendungen nicht reichten. Julia hätte ja auch auf den verwegenen Gedanken kommen können, in Rom ein Auslandsjahr einzulegen.

Die nächste Vokabel zum Thema »Familie« war dran. Und die sorgte auch nicht für gute Laune. Dass sie seit einem Jahr geschieden sei, wäre zudem die nächste Lüge. Acht Jahre waren es! Vokabeln, die mit Emotionen verbunden waren, konnte man sich aber besser merken. »Sono stato divorziato per un anno« saß deshalb bombensicher. Emilia war trotzdem die Lust am Lernen vergangen. Außerdem meldete sich nun eine Fräse lautstark von unten, ihrem alten Büro. Eigentlich seinem Büro, wenn er nicht so viele Hausbesuche bei attraktiven Damen gemacht hätte. Nicht daran denken! Acht Jahre her! Auch das konnte einen nach so langer Zeit immer noch aufwühlen. Jetzt half wirklich nur noch eines. Finger in die Schüssel tunken und von der magischen Füllung probieren. Himmlisch! Ein kleiner Kirschgeist pur könnte auch nicht schaden. Bis die Torte fertig war und die Freundinnen antanzten, war sie bestimmt wieder nüchtern. Das Schnapsgläschen stand sowieso noch griffbereit auf dem Tisch. Ahhh ... brannte das gut die Kehle aus. Kirschwasser putzte zudem das Hirn frei. Ein Hoch auf Bauer Meisner, und überhaupt. Mir geht es doch gut, sagte sie sich und goss sich gleich noch einen zweiten Seelenputzer ein.

Julia hatte auf der Fahrt nach Pizzo große Mühe, die gefühlt kilometerlange Einkaufsliste zu lesen. Bei der Schaukelei, dem Rütteln und den gelegentlichen Angriffen auf ihre Schädeldecke war das ein Ding der Unmöglichkeit. Das lag im Moment aber eher an den schlechten Straßenverhältnissen und nicht an der guten alten Ape Piaggio von Francescos Großvater, die superpraktisch war, weil man die Einkäufe nach getaner Arbeit einfach auf die Pritsche packen konnte. Außerdem war die Mischung aus Motorroller und Mini-Laster irgendwie süß und gab Geräusche von sich, die an ein lebendiges Wesen erinnerten. Francesco sprach sogar mit ihr, als wäre sie eine gute alte Freundin. Er behandelte das Fahrzeug mit Sorgfalt und fummelte beim geringsten verdächtigen Geräusch so lange am Motor oder Fahrwerk herum, bis sie wieder schnurrte wie ein Kätzchen. Mehr Fürsorge ging nicht. Angeblich hatte sein Großvater das auch so gemacht - der einzige Grund, warum der Schepperkasten aus den Achtzigern überhaupt noch fuhr. Mit den hiesigen Straßenverhältnissen hatte die Ape aber ordentlich zu kämpfen: Pizzagroße Schlaglöcher zierten die Fahrbahn - manche erweckten den Eindruck, als wäre Godzilla über die Straße getrampelt.

Autsch! Es war nicht das erste Mal, dass ihr Kopf gegen die von Haus aus viel zu niedrige Decke der Ape knallte. Sie war für Piccolinos gemacht, also für Menschen mit süditalienischen Genen.

»Mensch, fahr halt drum rum«, maulte Julia nach inzwischen fast halbstündiger Serpentinenfahrt durch das kalabrische Hinterland.

»Wie denn?« Francescos Frage war berechtigt, denn letztlich hatte er nur die Wahl zwischen Pizza- und Godzillalöchern. Da konnte Italia noch so bella sein. Einmal von einer kalabrischen Haupt- oder Landstraße abgebogen, herrschte anscheinend Krieg. Sonne gegen Asphalt. Wer ihn gewann, war angesichts leerer Staatskassen sichtbar.

»Ich fahr langsamer, okay?«, schlug Francesco nun versöhnliche Töne an und fuhr ihr sanft durchs Haar.

»Autsch!« Eine der Beulen auf der Schädeldecke zu streicheln, war unter diesen Umständen keine so gute Idee.

»Tut mir leid, Bella«, sagte er und grinste verwegen. Seinen verliebten Blick hätte er wohl besser nach vorn gerichtet. Die Ape begann nämlich erneut zu rumpeln. Diesmal erwischte es aber seine Hand, die sich unbeabsichtigterweise schützend auf ihren Kopf gelegt hatte.

»Leg die besser wieder ans Steuer«, riet Julia.

Francesco nickte einsichtig, nicht ohne ihr einen weiteren verliebten Blick zuzuwerfen. So ein verrückter Kerl. An sich ja Italiener, aber alle außerhalb seines Heimatdorfs im Hinterland von...
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