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Die Liebenden von Manhattan

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am01.06.2021
Zwei Frauen, zwei Generationen, zwei berührende Liebesgeschichten
Manhattan 1912: Vera Keller, Tochter deutscher Einwanderer, träumt von einer Zukunft an der Seite von Angelo Bellavia. Als dieser ihr aus heiterem Himmel seine Verlobte vorstellt, ist sie am Boden zerstört. Pearl hat alles, was Vera nicht hat: Geld, Lebenserfahrung, politische Überzeugungen. Unerschrocken setzt sie sich für die Rechte der Frauen ein - und vernachlässigt dabei zunehmend ihre eigene Familie. Schließlich sieht Vera ihre Chance gekommen, Angelos Herz doch noch zu erobern. Aber kann sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren?
Eine Generation später steht Veras Tochter Alice vor einer ganz ähnlichen Entscheidung ...

Camille Di Maio hat sich vor Kurzem ihren Lebenstraum erfüllt: Sie hat ihre erfolgreiche Karriere in der Immobilienbranche aufgegeben, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mittlerweile hat sie in den USA mit großem Erfolg vier Romane veröffentlicht. Mit ihrem Mann und ihren vier Kindern lebt sie in Texas und Virginia.
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Produkt

KlappentextZwei Frauen, zwei Generationen, zwei berührende Liebesgeschichten
Manhattan 1912: Vera Keller, Tochter deutscher Einwanderer, träumt von einer Zukunft an der Seite von Angelo Bellavia. Als dieser ihr aus heiterem Himmel seine Verlobte vorstellt, ist sie am Boden zerstört. Pearl hat alles, was Vera nicht hat: Geld, Lebenserfahrung, politische Überzeugungen. Unerschrocken setzt sie sich für die Rechte der Frauen ein - und vernachlässigt dabei zunehmend ihre eigene Familie. Schließlich sieht Vera ihre Chance gekommen, Angelos Herz doch noch zu erobern. Aber kann sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren?
Eine Generation später steht Veras Tochter Alice vor einer ganz ähnlichen Entscheidung ...

Camille Di Maio hat sich vor Kurzem ihren Lebenstraum erfüllt: Sie hat ihre erfolgreiche Karriere in der Immobilienbranche aufgegeben, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mittlerweile hat sie in den USA mit großem Erfolg vier Romane veröffentlicht. Mit ihrem Mann und ihren vier Kindern lebt sie in Texas und Virginia.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641256371
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.06.2021
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2729 Kbytes
Artikel-Nr.4941025
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1. Kapitel

1900

Das Gewirr der Wäscheleinen erinnerte die fünfjährige Vera an das Spinnennetz in einer Ecke über der Matratze in der Einzimmerwohnung, in der sie mit Mutter und Vater lebte.

Nein, nicht Mutter und Vater. Mother and Father. Mom and Dad. Ihr Englisch war gut, aber aus Gewohnheit rutschten ihr manchmal doch noch ein paar deutsche Wörter heraus. Mutter - nein, Mom - hatte ihr erzählt, dass sie bald mit etwas beginnen würde, das Kindergarten hieß. Und zwar in der Zeit, wenn Mom zur Arbeit in eine Hemdenfabrik ging. Wenn sie mit anderen Kindern zusammen wäre, würde Vera noch besser Englisch sprechen lernen.

Warum war es in Ordnung, ein deutsches Wort wie Kindergarten zu benutzen, aber nicht Mutter? New York war verwirrend.

Mom nahm sie früh mit, um Besorgungen zu machen. Sie waren schon am Obst-und-Gemüse-Stand und in der Bäckerei gewesen, die Dads liebsten Pumpernickel verkaufte. Mom ging mit langen Schritten, und Vera musste mit ihren kurzen Beinen rennen, um mitzukommen.

Die grelle Sonne wurde von kreuz und quer gespannten Leinen mit langen Hosen, Unterwäsche und Bettbezügen abgeschirmt, die eine Art Baldachin über den Straßen bildeten. Vera tanzte um die wackelnden Schatten herum, wich Schmutz und Rattenkot aus, um auf Zehenspitzen über die vereinzelten Sonnenflecken zu trippeln.

»Beeil dich«, sagte Mom auf Deutsch, was Vera verstand. Allerdings wunderte sie sich wieder, warum die Erwachsenen es sich erlauben durften, nicht Englisch zu sprechen.

Ihre Mutter war nicht immer so schlecht gelaunt wie in letzter Zeit. Normalerweise war sie lieb, sang Vera Schlaflieder vor und erzählte ihr Geschichten. In den letzten paar Wochen jedoch nicht. Irgendwas war anders, nicht nur mit ihren Eltern, sondern mit allen Erwachsenen, denen sie begegnete.

Sie kamen zur Metzgerei, die immer ihre letzte Station war, damit das Fleisch nicht verdarb. Mom fuhr mit dem Finger über die ans Fenster gehängte Werbung für die Sonderangebote, bis sie gefunden hatte, was am wenigsten kostete.

»Chuck Eye Steak«, sagte sie zu ihrer Tochter. »Ich werde Mr Severino bitten, dass er es durch den Fleischwolf dreht.«

Das bedeutete, sie würde Frikadellen daraus zubereiten, die Vera besonders mit Käse obendrauf mochte. Doch Käse gab es nur zu besonderen Gelegenheiten. Etwa an Veras Geburtstag. Manchmal bedeutete Chuck Eye auch, dass Mom es marinierte, also in Essig und Gewürzen badete.

Die Glocke ertönte, als sie den Laden betraten. Vera hielt die Hand ihrer Mutter fester und sah sich im Laden um. Das hier war die Besorgung, die sie am wenigsten mochte.

Die Decke hing voll mit gehäuteten Gerippen an rostigen Haken. Von marmorartiger Haut umschlossene Knochen und Sehnen. Vera kniff die Augen zu und stellte sich vor, wie Farbspritzer durch die Schwärze hinter ihren Lidern drangen. Aber nichts half gegen den strengen Geruch oder die Stimmen der Frauen und Männer, die lauthals herumstritten, während sie warteten, bis sie bedient wurden.

»Er ist groß. Langer schwarzer Mantel. Braune Haare und eine lange Nase.«

»Nein, er ist kleiner als ich. Schwarzhaarig. Polierte Schuhe.«

Mr Severino kam hinter der Theke hervor. Die lange Schürze spannte extrem über seinem Bauch und war mit frischen roten und älteren bräunlichen Blutspuren verschmiert. Er schwang ein Hackebeil und ließ es auf die Holztheke sausen. Vera presste das Gesicht an die Hüfte ihrer Mutter und verbiss sich einen Schrei. Die Leute sprachen alle sehr schnell, aber sie verstand dennoch das meiste.

»Ihr seid doch eine Bande verdammter Dummköpfe, ihr alle«, rief der Metzger. Keiner wagte, ihm zu widersprechen. »Ja, er ist groß. Aber er hat rote Haare und Sommersprossen. Jesus Christus, ihr habt ja alle Halluzinationen.« Dann wischte er sich mit den Händen über seinen schwitzenden Kahlkopf. »Und es ist sowieso egal, wie er aussieht. Er führt nämlich nichts Gutes im Schilde.«

Seine Frau legte die Rolle mit Wachspapier und die Schnur hin, die sie gerade aus dem Lagerraum geholt hatte, und bekreuzigte sich eilig. Veras Mutter zog ihre Tochter enger an sich und hielt ihr die Ohren zu.

Es kursierte das Gerücht, durch Tenderloin spaziere ein Mann mit »mehr Bargeld als Gott«. Dad hatte Mom erzählt, der Mann kaufe Gebäude, als wären es Süßigkeiten. Geschäfte schlossen, und Mieter wurden hinausgeworfen. Panik machte sich in Midtown breit. Vera verstand nicht, was all diese Wörter bedeuteten, aber sie klangen nicht gut.

»Lass uns gehen, Vera«, sagte ihre Mutter, packte sie am Handgelenk und eilte zur Ladentür.

»Ach, Mrs Keller«, rief der Metzger ihnen nach. »Mi dispiace. Es tut mir leid. Kommen Sie, kommen Sie, kommen Sie.« Er wedelte mit seiner fleischigen Hand durch die Luft. Aber was immer er als Nächstes sagte, wurde vom Geräusch der Glocke übertönt, als die Tür sich hinter ihnen schloss.

Vera war erleichtert, von dort wegzukommen, selbst wenn es bedeutete, dass es zum Abendessen nur Brot und Erbsen geben würde. Mom stand unter der grünen Markise und schaute zu der großen Uhr am Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinauf. Dann sah sie nach links und rechts. Sie erklärte Vera, es bliebe gerade noch genug Zeit für einen kleinen Umweg.

Sie liefen zwei Blocks, zur 34. und 35. Straße, wo Mom meinte, sie dürfe sich im Süßwarenladen eine Leckerei aussuchen. Als sie um die Ecke bogen, lächelte Vera, als ihr Lieblingsschaufenster in Sichtweite lag. Es war mit Türmen aus Gläsern, gefüllt mit Bonbons aller Art, und Tütchen mit Nüssen dekoriert. Die Farben der Bonbons erinnerten sie an die Schachtel mit den zwölf Wachsmalstiften, die sie zum Geburtstag von ihren Eltern bekommen hatte. Schon ein paar Monate später waren davon nur noch kleine Stummel übrig. Dafür hing die Wohnung voller Zeichnungen, die sie aus geliehenen Büchern abgemalt hatte.

Mom holte ein paar Münzen aus ihrer Tasche und runzelte die Stirn, während sie sie zählte. »Nie genug«, murmelte sie. Aber als sie Vera ansah, lächelte sie wieder. »Nur eine Sache heute. Etwas Kleines.«

Hier war es so viel schöner als bei Mr Severino. Es duftete nach Marshmallows, Karamell und Schokolade. Die Dame hinter der Theke war hübsch, allerdings hatte auch sie den nervösen Ausdruck im Gesicht, der sich bei allen Bewohnern der Gegend festgesetzt hatte. Ihre weiße Schürze war sauber und mit Spitze gesäumt. Vera streckte die Hand nach einem großen Lutscher aus, der ein Muster wie eine Zimtschnecke hatte. Doch Mom führte sie zu den dünnen Zuckerstangen neben der Kasse.

Vera kannte zwar die einzelnen Buchstaben, aber nur sehr wenige Kombinationen daraus, die Wörter ergaben. Dafür konnte sie die Geschmacksrichtungen nach den verschiedenen hellen und dunklen Farbtönen unterscheiden.

Dunkelrot war Kirsche, Hellrot Wassermelone. Dunkelgrün schmeckte nach Apfel, Hellgrün nach Limette.

Ihre Mutter las trotzdem vor: »Traube, Limette, Aprikose«, endete sie beim letzten Glas. Dann wartete sie, dass ihre Tochter sich für eine Geschmacksrichtung entschied.

»Erdbeere«, sagte Vera auf Deutsch.

»Auf Englisch«, sagte Mom.

Vera überlegte einen Moment, verwarf die Wörter, die nicht richtig klangen.

»Strawberry«, sagte sie schließlich. Die Verkäuferin nickte.

Mom hielt ihr die Münzen hin. »Versuch, den Penny zu finden«, sagte sie.

Vera betrachtete die Kupfer- und Silbermünzen. Die richtige erkannte sie an dem Lorbeerkranz auf der Rückseite. Sie zeigte darauf und schaute hoch. Ihre Mutter lächelte und legte das Geldstück auf die Theke, bevor sie ihrer Tochter die Zuckerstange gab.

Vera riss das Einwickelpapier auf und genoss schon das Rascheln, als sie es nach unten schob.

Sie traten wieder auf die Straße. Die Sonne begann schon zu sinken, würde aber noch ein paar Stunden zu sehen sein. Mom musste rechtzeitig Abendessen kochen, damit Dad zu der Versammlung gehen konnte. Sie bogen jetzt in eine Straße ein, die sie früher immer gemieden hatten. Mom sagte: »Mach die Augen zu«, aber sie sagte nicht, warum. Dafür hielt sie Veras Hand fester, beschwerte sich nicht darüber, wie klebrig die war, und beschleunigte ihre Schritte.

In der Eile ließ Vera ihre Zuckerstange fallen und schrie auf. Mom bemerkte es, doch das rot-weiße Zuckerzeug war voll mit feuchtem Schmutz. Kaum hatte sie sich gebückt, um es aufzuheben, fuhr sie zurück. Ein Pferdefuhrwerk raste vorbei und zermalmte mit einem Rad die Süßigkeit. »Tut mir leid, Liebling, aber wir können jetzt nicht noch mal zurücklaufen.«

Vera verzog das Gesicht.

»Wie wäre es denn, wenn ich dir zu Hause auf ein Brot ein bisschen Honig streiche?«

Sie spürte den schnellen Herzschlag ihrer Mutter und wollte keinen Streit anfangen. Davon gab es in letzter Zeit in der Nachbarschaft schon genug.

Es kam einem vor, als hielte sich sogar die Sonne von Tenderloin mit seiner hohen Kriminalitätsrate fern, denn der Himmel wirkte auf einmal deutlich bewölkter. Die Straße war von Müll übersät, und Wind, der durch Midtown wehte, verbreitete einen beinahe unerträglichen Gestank nach Abwasser. Die Ziegelwände waren mit Bildern von Frauen beklebt, die fast nichts anhatten. Ein Plakat über dem anderen. Vera fand, dass sie seltsam hübsch aussahen, und bewunderte die rosigen Wangen und ihr üppiges Haar. Sie entdeckte auch viele Schilder,...

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Camille Di Maio hat sich vor Kurzem ihren Lebenstraum erfüllt: Sie hat ihre erfolgreiche Karriere in der Immobilienbranche aufgegeben, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mittlerweile hat sie in den USA mit großem Erfolg vier Romane veröffentlicht. Mit ihrem Mann und ihren vier Kindern lebt sie in Texas und Virginia.