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Unter den Linden 6

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
545 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am15.06.2020Auflage
Drei Frauen, ein Wunsch: Die Welt entdecken Berlin, 1907: Die junge Wissenschaftlerin Lise kommt nach ihrer Promotion an die Friedrich-Wilhelms-Universität Unter den Linden, um bei Max Planck zu forschen. Dass Frauen in Preußen offiziell noch nicht an Universitäten zugelassen sind, kann sie nicht aufhalten. Schon bald arbeitet sie neben Otto Hahn. Das Schicksal führt sie mit zwei Frauen zusammen: Hedwig musste die Unterschrift ihres Mannes fälschen, um die Uni besuchen zu können - denn ohne die Zustimmung des Ehemannes geht nichts. Anni arbeitet als Dienstmädchen beim berühmten Friedrich Althoff und liest sich heimlich durch dessen Bücherregal. Die drei unterschiedlichen Frauen werden zu engen Verbündeten, die gemeinsam um ihr Glück, die Liebe und das Recht auf Wissen und Bildung kämpfen. Denn die Widerstände in der männlichen dominierten Universitätswelt sind hoch. Die Figur Lise erinnert an Lise Meitner (1878-1968), eine der bekanntesten Physikerinnen des 20. Jahrhunderts. Sie war die erste deutsche Physik-Professorin und entdeckte die Kernspaltung.

Ann-Sophie Kaiser ist in Berlin geboren und lebt auch heute noch hier. Sie hat für ein kurzes Semester Physik an der Humboldt-Universität studiert, bevor sie erkannt hat, dass sie lieber etwas mit Schreiben machen möchte. Sie liebt es, in den Berliner Seen zu schwimmen und sich bei ausgedehnte Stadtspaziergänge durch die Kieze in das historische Berlin zurückzudenken. 'Unter den Linden 6' ist ihr erster historischer Roman.
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Produkt

KlappentextDrei Frauen, ein Wunsch: Die Welt entdecken Berlin, 1907: Die junge Wissenschaftlerin Lise kommt nach ihrer Promotion an die Friedrich-Wilhelms-Universität Unter den Linden, um bei Max Planck zu forschen. Dass Frauen in Preußen offiziell noch nicht an Universitäten zugelassen sind, kann sie nicht aufhalten. Schon bald arbeitet sie neben Otto Hahn. Das Schicksal führt sie mit zwei Frauen zusammen: Hedwig musste die Unterschrift ihres Mannes fälschen, um die Uni besuchen zu können - denn ohne die Zustimmung des Ehemannes geht nichts. Anni arbeitet als Dienstmädchen beim berühmten Friedrich Althoff und liest sich heimlich durch dessen Bücherregal. Die drei unterschiedlichen Frauen werden zu engen Verbündeten, die gemeinsam um ihr Glück, die Liebe und das Recht auf Wissen und Bildung kämpfen. Denn die Widerstände in der männlichen dominierten Universitätswelt sind hoch. Die Figur Lise erinnert an Lise Meitner (1878-1968), eine der bekanntesten Physikerinnen des 20. Jahrhunderts. Sie war die erste deutsche Physik-Professorin und entdeckte die Kernspaltung.

Ann-Sophie Kaiser ist in Berlin geboren und lebt auch heute noch hier. Sie hat für ein kurzes Semester Physik an der Humboldt-Universität studiert, bevor sie erkannt hat, dass sie lieber etwas mit Schreiben machen möchte. Sie liebt es, in den Berliner Seen zu schwimmen und sich bei ausgedehnte Stadtspaziergänge durch die Kieze in das historische Berlin zurückzudenken. 'Unter den Linden 6' ist ihr erster historischer Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843722988
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum15.06.2020
AuflageAuflage
Seiten545 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3365 Kbytes
Artikel-Nr.4942877
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 2: Beharrlichkeit zahlt sich aus
Hedwig

Sie waren alle gekommen. Hätten nicht die mächtigen Vorhänge aus Spitze die hohen Fenster des Salons verschleiert, man hätte sie dort alle als bunt durcheinandergewürfelte Truppe sehen können: die großen Damen der Frauenbewegung, mal extravagant elegant, mal bescheiden gekleidet, gemeinsam in einem prunkvollen, vom Schein zahlreicher Kerzen in ein warmes Licht getauchten Saal, standen sie einträchtig beieinander oder saßen auf den weichen Polstermöbeln. Das war es, was Hedwig an dem Frauensalon so liebte: Hier vereinten sich die verschiedenen Flügel der Frauenbewegung. Hier war alles erlaubt. Je nach Anlass wurde heftig diskutiert oder über gemeinsame Aktionen beraten. Und manchmal traf man sich zu rauschenden Festen. Sie hatte sogar schon einmal einen Salon erlebt, wo Hedwig Dohm und Helene Lange einträchtig gepuzzelt hatten - als würden sich die beiden Koryphäen sonst nicht sofort an die Gurgel gehen, sobald es um die Umsetzung und die Ideale der Frauenbewegung ging.

Hedwig hätte den heutigen Salon vermutlich mehr genießen können, wäre sie nicht so aufgewühlt gewesen. Ihr Besuch an der Universität hatte sie mit einer nie gekannten Energie erfüllt, aber auch dafür gesorgt, dass ein Feuer der Wut in ihr loderte. Es waren wirklich zwei Paar Schuhe, ob man wusste, wie es an der Universität zuging, oder es selbst erlebte. Wie gut hatte sie Lises entsetzten Gesichtsausdruck verstanden, als sie selbst beim Beamten der amtlichen akademischen Anlaufstelle gesessen hatte. Er hatte sie behandelt wie Ungeziefer - allein diese ganzen Nachfragen, wieso August denn zulasse, dass seine Frau die Universität besuche. Sie habe doch schon, anders als fast alle anderen Frauen in Preußen, ein Abitur machen dürfen, hatte der Beamte gesagt und sie dabei angeschaut, als wären ihr Hörner gewachsen. Ob das für eine Frau wie sie nicht genug sei und jetzt nicht - wie hatte er es formuliert? - »andere ehrenvolle Aufgaben« auf sie warten würden?

Darauf war sie natürlich vorbereitet gewesen und hatte ein gefälschtes Schreiben Augusts dabeigehabt, das ihr die Erlaubnis, ein Semester zu studieren, zubilligte. Daran hatte sie nächtelang gefeilt, es sah wirklich echt aus. Der Beamte hatte ihrem Anliegen schließlich zustimmen müssen und ihr die Adressen der Professoren genannt, die sie nun um Erlaubnis bitten musste - natürlich nicht, ohne ihr den Hinweis mitzugeben, eine solche Vielzahl an Interessen sei wohl kaum natürlich und gesund für so eine junge Frau.

Und doch wollte sich das Triumphgefühl seitdem nicht recht einstellen: Sie hatte sich das viel feierlicher vorgestellt, diesen Weg in die Freiheit. Und nicht, als müsse sie sich schämen, so viel zu verlangen. Als wäre sie tatsächlich Ungeziefer, das nur zufällig die Wege der Universität kreuzte - zum Leidwesen all derer, die sich sonst in ihren Korridoren aufhielten. Überhaupt: Sie hatte bei ihren ersten Schritten an der Universität mit allem gerechnet. Aber nicht mit diesem dumpfen Gefühl der Niederlage.

»Na, mein Kind, was ziehst du denn ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter?«

Hedwig Dohm hatte sich zu ihr gesellt. Die ältere Dame stützte sich schwer auf einen Stock, ihre Augen waren tief in dem hageren Gesicht eingesunken. Und trotzdem überkam Hedwig wie jedes Mal Ehrfurcht, wenn sie die Ältere sah. Die »große Hedwig« nannte man sie hier, während ihre gemeinsamen Bekannten Hedwig selbst immer die »kleine Hedwig« nannten. Das allerdings hatte nichts mit ihrer Körpergröße zu tun: Hedwig, die ohnehin von sehr großem Wuchs war, überragte die große Hedwig schließlich um mindestens einen Kopf, vielleicht gar um zwei, seit die große Hedwig so gebrechlich geworden war, dass sie sich auf einen Stock stützen musste. Kein Wunder, die alte Dame feierte diesen Monat ihren sechsundsiebzigsten Geburtstag.

Nein, der Grund, warum die große Hedwig »große Hedwig« hieß, war ihre beachtliche Persönlichkeit und all das, was sie für die Frauenbewegung bereits geleistet hatte. Jede Frau, die etwas auf sich hielt, kannte Hedwig Dohms Schriften - was auch immer man von ihr halten mochte, denn sie war eine durchaus streitbare Person. Den meisten Frauen gingen ihre Forderungen, vor allem ihre Thesen zum Wesen der Frau, zu weit. Für Hedwig war sie jedoch ein großes Vorbild. Sie verschlang jede ihrer Schriften und liebte die Radikalität ihrer Ideen. Es stimmte doch auch. Die Frau war dem Mann in nichts unterlegen und ganz und gar nicht nur zum Kinderkriegen auf der Welt - im Gegenteil: Sie wurde nur kleingehalten in einer von Männern regierten Welt und konnte ihr Potenzial dadurch nicht einmal ansatzweise ausschöpfen. So zumindest sahen die beiden Hedwigs das. Und deswegen war Hedwig umso stolzer, die ältere Dame nun schon seit geraumer Zeit zu kennen, und hatte sie von Anfang an in ihren Plan, die Universität zu besuchen, eingeweiht. Hedwig Dohm hatte sie sehr darin bestärkt, dort nach Augusts Abreise ihr Glück zu versuchen. Wie ernüchternd der heutige Tag für Hedwig dann allerdings tatsächlich gewesen war, wollte sie vor ihrem Vorbild nur ungern zugeben.

»Heute war mein erster Tag an der Universität«, erwiderte Hedwig. »Es war weniger schön, als ich gehofft hatte.«

Die große Hedwig seufzte und nickte. »Meine Liebe, es wird nicht leicht werden. Aber drum ist es so wichtig, dass du es versuchst. Als ich so jung war wie du, durfte man als Frau die Universität nicht einmal betreten. Was mussten wir kämpfen, damit wir zumindest als Gasthörerinnen akzeptiert wurden! Dieser Kampf ist hart, aber bitter nötig - und er wird nie zu Ende sein«, schloss sie und klopfte mit ihrem Stock auf den Boden.

»Meine liebe Hedwig«, rief Ottilie, die gerade zu ihnen hinüberschlenderte und dabei mit der Hand ein Dienstmädchen mit einem Getränketablett zu sich winkte. Die Dienstmädchen huschten bei ihren wöchentlichen Frauensalons stets wie unauffällige gute Geister durch den prunkvollen Salon und versorgten die anwesenden Frauen mit erlesenen Köstlichkeiten. Ottilie herrschte über dieses bunte Treiben wie eine Königin.

»Wohl wahr«, pflichtete sie nun der großen Hedwig bei und nickte ernst. »Wir haben gekämpft wie die Löwinnen - und doch habe ich mehr und mehr das Gefühl, dass wir auf der Stelle treten. Wie wenige Frauen hier haben die Universität je von innen gesehen!« Sie deutete in den Raum hinein, wo sich einige schon zu ihnen umdrehten, um dem Gespräch zu lauschen. »Wann haben wir das Gasthörerinnenrecht erkämpft?«

»1895«, antwortete die große Hedwig wie aus der Pistole geschossen und beinahe gleichzeitig mit Helene Lange, die sich, auf ihre Assistentin Gertrud gestützt, ebenfalls den Weg zu ihnen bahnte. Auch Hedwigs Freundin Ida war bei den beiden, und Hedwigs heute so bedrücktes Herz machte einen kleinen Sprung. Ida würde sie erzählen können, wie ernüchternd der erste Tag wirklich gewesen war - sie würde ihr bestimmt neue Kraft geben.

Ida begrüßte Hedwig ihrerseits mit einer freudigen Umarmung. »Meinst du, die beiden gehen sich gleich wieder an die Gurgel?«, flüsterte sie Hedwig zu und schaute mit leuchtenden Augen zwischen der großen Hedwig und Helene hin und her. Ida liebte jede Form von Streitgespräch, je ärger es zuging, umso besser, das war schon immer so gewesen. So manches Mal hatte sie den Privatlehrer, bei dem Hedwig und sie gemeinsam für das Abitur gelernt hatten, mit ihrer Art zur Weißglut getrieben. Hedwig erinnerte sich an einen Frauensalon, bei dem einmal ein ganzes Teeservice durch die Gegend geflogen war, wobei Ida freudig aufgejauchzt hatte.

Hedwig musste zugeben, dass sie heute ebenfalls nicht übel Lust auf eine lebhafte Diskussion hatte, ob mit oder ohne fliegendem Teeservice - das könnte sie vielleicht aus ihrer trüben Stimmung reißen. Noch aber schien kein großer Streit seinen Anfang zu nehmen, denn die große Hedwig lächelte der etwas jüngeren Helene nur freundlich zu und hob ihr Glas. »1895! Dieses Jahr werden wir zwei wohl nie vergessen, nicht wahr, Helene?«

»Ja, ja«, nickte Helene und kniff die Augen zusammen. Sie konnte kaum noch etwas sehen und umgab sich deswegen stets mit ihrer Assistentin Gertrud. Wobei sich die beiden immer so nah beieinander hielten, dass Hedwig sich oft frage, in was für einem Verhältnis sie eigentlich genau zueinander standen. Auf der Straße hielten sie dabei natürlich einen gebührlichen Abstand - auf gleichgeschlechtliche Liebe stand schließlich Zuchthaus. Ottilies Salon war auch in dieser Hinsicht ein Schutzraum: Hier konnte man Dinge aussprechen, die einen sonst ins Gefängnis gebracht hätten, und Dinge tun, die in den Augen der Gesellschaft bestenfalls als unschicklich, schlimmstenfalls als kriminell galten. Vielleicht lag deswegen Helenes Hand stets sanft auf Gertruds Arm, wenn die beiden den Salon betraten.

»Nun, ich habe jedenfalls das Gefühl, die Sache stagniert«, hob Ottilie erneut an....
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Autor

Ann-Sophie Kaiser ist in Berlin geboren und lebt auch heute noch hier. Sie liebt schwimmen und hat einen unstillbaren Wissensdurst. ((Bitte ergänzen: Warum dieses Buch? Und bitte auch als Vita Urheber eintragen.))
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Kaiser, Ann-Sophie