Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Der Bananentourist

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
224 Seiten
Deutsch
Hoffmann und Campe Verlagerschienen am04.03.2020
»Ich halte Simenon für den besten Realisten, besser als Zola oder Balzac.« -Anaïs Nin Der junge Oscar Donadieu, Erbe einer einflussreichen Reederdynastie, kehrt seiner Familie den Rücken und macht sich auf den Weg nach Tahiti. Hier will er sein Leben als »Bananentourist« verbringen, wie die Einheimischen Leute wie ihn nennen - im Einklang mit der Natur, fernab von Heimat und Zivilisation. Nach einer anstrengenden Schiffsreise, mit einem Mörder an Bord und allerlei unangenehmen Begegnungen, verbringt er einige Tage unter lauter europäischen »Stammgästen«, dann zieht es ihn in die Wildnis. Doch seine selbst gewählte Einsamkeit wird unverhofft gestört ...  Mit einem Nachwort von Thomas Bockelmann

Georges Simenon, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Lüttich, gestorben am 4. September 1989 in Lausanne, gilt als der »meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, in einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts« (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und mehr als 150 Erzählungen), viele Ortswechsel und unzählige Frauen bestimmten sein Leben. Rastlos bereiste er die Welt, immer auf der Suche nach dem, »was bei allen Menschen gleich ist«. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR21,90
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

Klappentext»Ich halte Simenon für den besten Realisten, besser als Zola oder Balzac.« -Anaïs Nin Der junge Oscar Donadieu, Erbe einer einflussreichen Reederdynastie, kehrt seiner Familie den Rücken und macht sich auf den Weg nach Tahiti. Hier will er sein Leben als »Bananentourist« verbringen, wie die Einheimischen Leute wie ihn nennen - im Einklang mit der Natur, fernab von Heimat und Zivilisation. Nach einer anstrengenden Schiffsreise, mit einem Mörder an Bord und allerlei unangenehmen Begegnungen, verbringt er einige Tage unter lauter europäischen »Stammgästen«, dann zieht es ihn in die Wildnis. Doch seine selbst gewählte Einsamkeit wird unverhofft gestört ...  Mit einem Nachwort von Thomas Bockelmann

Georges Simenon, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Lüttich, gestorben am 4. September 1989 in Lausanne, gilt als der »meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, in einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts« (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und mehr als 150 Erzählungen), viele Ortswechsel und unzählige Frauen bestimmten sein Leben. Rastlos bereiste er die Welt, immer auf der Suche nach dem, »was bei allen Menschen gleich ist«. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455005233
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum04.03.2020
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse826 Kbytes
Artikel-Nr.4956972
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverTitelseite12345678910Das richtige LebenÜber Georges SimenonImpressummehr
Leseprobe

1


Siebenunddreißig Tage waren vergangen, seit die Ile-de-Ré Marseille verlassen hatte; bei der Abfahrt hatte Frost geherrscht, und als man aus Gibraltar auslief, waren bis auf zwei alle Passagiere krank gewesen; nach der Eintönigkeit der Atlantikdünung hatte man sich in die Tanzvergnügen Guadeloupes gestürzt, und selbst der Missionar, der zweiter Klasse reiste, hatte Zivilkleidung angelegt, um die Familie Nicou zu begleiten; in Panama hatten die Damen Parfum gekauft, so billig wie nirgendwo sonst, und beim Durchqueren des Kanals hatte man, wie es die Tradition will, an Deck gespeist; das Schiff näherte sich der südlichen Hemisphäre; man hatte von fern die Galapagosinseln gesehen, hatte Pelikane und Fliegende Fische fotografiert; Muselli, der für die Passagiere der ersten Klasse zuständig war und Hawaiigitarre spielen konnte, hatte einen auf Kinderfaustgröße geschrumpften Indianerkopf gekauft; man war am anderen Ende der Welt, und das Schiff zerschnitt mit dem Surren einer Werkzeugmaschine geduldig die allzu glatte, allzu glitzernde Fläche des Pazifiks, deretwegen alle eine Sonnenbrille tragen mussten; die Linie auf der Karte im Salon wurde jeden Tag ein wenig länger und würde bald die winzigen Punkte der Marquesas-Inseln berühren; seit siebenunddreißig Tagen befand man sich nicht mehr in Frankreich und auch nirgendwo sonst. Und doch war Sonntag!

Ein richtiger Sonntag, ein Sonntag wie jeder andere, und dabei hätte man meinen können, in dem scheinbar unendlichen Raum, in dem die Ile-de-Ré sich bewegte, gleiche jeder Tag dem anderen. Gewiss, um zehn Uhr morgens war ein vietnamesischer Steward, eine kleine Glocke - ähnlich der eines Ministranten - schwingend, über das ganze Schiff gegangen; gewiss, im Speisesaal der ersten Klasse, der den Passagieren der zweiten Klasse zu diesem Anlass ausnahmsweise offenstand, hatte der rothaarige Missionar, der dreißig Jahre auf den Neuen Hebriden zugebracht hatte, eine Messe gelesen.

Wie kam es aber, dass der Tag um drei Uhr nachmittags, um die Zeit der Mittagsruhe also, noch immer sonntäglich wirkte? Warum war es nicht ein Tag wie jeder andere, mit den Mahlzeiten zu festgesetzter Stunde, den Bridgerunden in der ersten und den Beloterunden in der zweiten Klasse, der Schachpartie zwischen dem Missionar und Oscar Donadieu, den herumrennenden Kindern, die ihr Essen vor den Erwachsenen bekamen, die ihrerseits wieder lernten, mit kleinen Scheiben auf ein Ziel zu werfen?

Warum lag ein sonntäglicher Duft in der Luft, ein Leuchten, eine sonntägliche Trägheit? Die Messe bot dafür keine hinreichende Erklärung und auch die kunstvolle Torte nicht, die zu Mittag serviert worden war.

Man war um die halbe Welt gereist, und doch war Sonntag wie überall, ein ausgedehnter, strahlender, träger Sonntag, ein Sonntag, der zugleich an ein ländliches Fest erinnerte.

Denn an diesem Abend sollte ein Fest stattfinden. Drei Tage vor der Ankunft in Tahiti waren die Passagiere der ersten und der zweiten Klasse geladen, gemeinsam zu den Klängen eines Plattenspielers zu tanzen. Die drei jungen Mädchen von der Besatzung hatten sich Schleifen in den Farben der Schifffahrtsgesellschaft an die weißen Kleider geheftet und verkauften Tombolalose. Im Speisesaal hatte Muselli, der Vorsitzende des Festkomitees, zusammen mit dem Oberkellner die von den Passagieren gestifteten Gewinne aufgebaut: Bonbonschachteln, Likörflaschen, Kleinigkeiten, die es beim Friseur zu kaufen gab, Nippsachen, die man in den verschiedenen Häfen erstanden hatte und deren man schon wieder überdrüssig war.

Weil Sonntag war, musste Oscar Donadieu, der nie Mittagsschlaf hielt, auf seine Schachpartie mit dem Missionar verzichten, und so hatte er seinen langen Körper auf dem Vorschiff ausgestreckt, auf den nackten Holzplanken an Deck, wo von Zeit zu Zeit ein Windhauch die Planen bewegte.

Er schlief nicht und dachte an nichts. Zu lange schon lebte man nicht mehr im eigenen Rhythmus, sondern in dem des Schiffes, sodass man zu denken aufgehört hatte, und wenn er die Augen schloss, so tat er es weder um zu dösen noch um die Dinge nicht mehr sehen zu müssen, denn in dem hellen Schein, der durch die Lider drang, sah er sie alle vor sich: Er wusste, dass das Wasser sich hinter den drei glitzernden Linien des Vorstevens ins Unendliche dehnte, er wusste, dass der rotgestreifte Schornstein keinen schwarzen Rauch ausstieß, sondern dass sein Hauch das Graublau des Himmels kaum bewegte.

Zehn Meter weiter, im Speisesaal der ersten Klasse, übte Muselli Note für Note das Gitarrenstück, das er am Abend spielen würde. Er hatte auch ein junges Mädchen ausfindig gemacht, das ihn auf dem Klavier begleitete.

Nicou, der Gendarm aus Surgères, lag gewiss ausgestreckt in seinem Khakianzug auf dem Rücken und machte, mit einer alten Zeitung über dem Gesicht, seinen Mittagsschlaf. Und ebenso gewiss saß seine Frau mit ihrem Nähzeug neben ihm und schob dann und wann die Zeitung, die sein aus dem offenen Mund entweichender Atem verrutschen ließ, an ihren Platz zurück.

Jaubert, der Funker, der Einzige, den Donadieu beneidete, saß oben in seiner Kajüte, in einer Welt für sich, aus der er nur zu den Mahlzeiten herabstieg.

Nur drei Tage noch, aber das schien lang. Es war Sonntag, und die Minuten verrannen noch langsamer, waren noch lastender als an anderen Tagen.

Warum hatte Donadieu plötzlich das Gefühl, sein Puls sei stehen geblieben? Mit einem Mal war eine Leere entstanden, als hätte das Schiff den Kontakt mit dem Meer verloren, und es dauerte eine Weile, bis man merkte, dass es das Stampfen der Maschinen war, das aufgehört hatte.

Alle spürten es, im selben Augenblick, in allen Winkeln des Schiffes. Man empfand keine Beunruhigung, aber doch ein unbehagliches Gefühl, und Nicou, der Gendarm, schob mit hochrotem Kopf seine Zeitung beiseite und fragte seine Frau mit einer Stimme, die noch von weit her zu kommen schien:

»Was ist?«

Es war nichts, und doch war es beeindruckend: An Backbord, so nah, dass man Stimmen an Deck vernahm, war ein Schiff aufgetaucht, das der Oléron aufs Haar glich. Auf dem Schiff drängten sich Passagiere in weißer und khakifarbener Kleidung an der Reling, und einige kamen mit Ferngläsern, die sie aus ihren Kabinen geholt hatten, herbeigeeilt.

Mit einem Schlag waren alle da, die Erster-Klasse-Passagiere auf ihrer Gangway, zu der Reisende der zweiten Klasse keinen Zutritt hatten, die anderen, unter ihnen Donadieu, auf dem Vorderdeck, das ihr Revier war.

Die Matrosen sahen mit unbeteiligter Miene zu dem anderen Schiff hinüber, der Ile-d Oléron, die von den Neuen Hebriden, Neukaledonien und Tahiti kam.

»Was ist los?«, fragte Nicou einen Matrosen.

Doch dieser zuckte nur die Schultern. Er wusste nichts. Es war ihm gleichgültig. Die beiden Schiffe hatten im Abstand einer Kabellänge angehalten, und die Ile-d Oléron ließ ein Boot zu Wasser.

Oscar Donadieu hatte es den anderen gleichgetan: Er war aufgestanden und lehnte nun, die Ellbogen aufgestützt, an der Reling. Mit seiner kurzen Hose und seinem Bürstenhaarschnitt sah er aus wie ein hochaufgeschossener Junge von einer Jugendgruppe oder dem Christlichen Verein Junger Männer.

»Wissen Sie, was hier vor sich geht?«, fragte ihn eine junge Frau aus der zweiten Klasse, eine Lehrerin namens Blanche Lachaux, die zu ihrem Verlobten nach Nouméa reiste, der dort Lehrer war.

»Nein ⦠Ich weiß auch nicht â¦«

Nicht einmal diese Worte konnte er aussprechen, ohne zu erröten, weil er trotz seiner fünfundzwanzig Jahre den Umgang mit Frauen nicht gewohnt war!

»Vielleicht ist jemand krank geworden, und wir müssen ihn nach Papeete zurückbringen?«

»Vielleicht, ja â¦«

Oben in der ersten Klasse waren sie offenbar schon im Bilde, denn die bedeutenderen Passagiere hatten sich um den Zahlmeister versammelt, der große Reden schwang, und Bondon, der Staatsanwalt aus Nouméa, nickte dazu mit dem Kopf. Die Erster-Klasse-Passagiere wussten immer alles, da sie mehr oder weniger mit den Offizieren lebten, das heißt mit dem Kapitän, dem Leitenden Ingenieur, dem Zahlmeister und dem Schiffsarzt. In der zweiten Klasse hatte man nur junge Offiziere, die bei Tisch den Vorsitz führten und ihr Essen hastig hinunterschlangen, um sich dieser lästigen Pflicht rasch zu entledigen.

»Es scheint der Kapitän zu sein, der ins Boot steigt â¦«, sagte Nicou, der sich mit einem gewaltigen Fernglas bewaffnet hatte. »Sehen Sie selbst! ⦠Wie viele Streifen können Sie erkennen? â¦«

Das Verwirrendste aber war noch immer, dass das Brummen des Motors verstummt war und das Schiff sich selbst überlassen schien, bei einem Wellengang, den man noch vor einer Stunde nicht vermutet hätte.

Donadieu stand in unmittelbarer Nähe des Fallreeps. Er sah das Boot, in dem sich in der Tat ein Kapitän und zwei Offiziere befanden, längsseits kommen. Obgleich er von oben hinunterblickte, sah er bei einer Kopfbewegung des Kapitäns dessen Gesicht und erkannte zu seiner Überraschung Lagre, einen früheren Kapitän seines Vaters aus der Zeit, als der alte Donadieu noch gelebt hatte und der größte Reeder in La Rochelle gewesen war.

Lagres Auftauchen allein wäre nicht so ungewöhnlich gewesen. Doch schon zu Beginn der Reise, unmittelbar nach der Abfahrt aus Marseille, war ein sanguinischer Mann, nachdem er die Passagierliste studiert hatte, mit Frau und Tochter verlegen und respektvoll auf ihn zugetreten:

»Entschuldigen Sie ⦠Sind Sie zufällig mit den Donadieus aus La Rochelle verwandt? â¦«

Er hatte bejaht. Der andere war noch mehr ins Stottern geraten, und seine Frau war ganz...
mehr

Autor

Georges Simenon, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Lüttich, gestorben am 4. September 1989 in Lausanne, gilt als der »meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, in einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts« (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und mehr als 150 Erzählungen), viele Ortswechsel und unzählige Frauen bestimmten sein Leben. Rastlos bereiste er die Welt, immer auf der Suche nach dem, »was bei allen Menschen gleich ist«. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.