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Die Ambassadorin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am21.07.20201. Auflage
«Die sogenannte Hauptstraße des Ortes, an der auch das Haus meiner Eltern steht, zieht sich durch die Spalte zweier Hu?gel des Leithagebirges, die wie gewaltige Pobacken ihre baumbewachsenen Rundungen in die burgenländische Landschaft recken. Genau zwischen diesen Pobacken, in der Falte, wenn man so will, steht unser Haus.« Der junge Hugo Navratil muss zuru?ck in die österreichische Provinz. Sein Großvater, mit dem ihn die Liebe zur Natur und zu einem kleinen Jagdhund verband, ist gestorben. Das burgenländische -Dorf, der Wald, Freund und Feind, alles scheint Hugo wie immer. Doch auf der Beerdigung fallen ihm zwei Frauen auf. Sie sind auf der Suche nach einer antiken Flinte, und sie glauben, dass Hugo weiß, wo sie ist. Je mehr Hugo es mit ihnen zu tun bekommt, desto besser versteht er, dass der alte Mann viele durchaus schöne Gesichter hatte. Nur was hat es mit dem Verbund auf sich, in dem er und diese Frauen einst zusammenfanden? «Der Debütroman des Musikers Sebastian Janata verbindet derben Humor mit fantastischem Krimi. Schön!» Spiegel

Sebastian Janata, Jahrgang 1988, stammt aus dem östlichsten Teil Österreichs. Seine Gymnasialausbildung brach er ein Jahr vor der Matura ab. Seit 2006 ist er Mitglied bei der Band Ja, Panik. Nach fünf Studioalben veröffentlichten sie im Oktober 2016 das im Kollektiv geschriebene Buch «Futur II» im Verbrecher Verlag. Der Autor lebt und arbeitet in Berlin. «Die Ambassadorin» ist sein Debütroman.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext«Die sogenannte Hauptstraße des Ortes, an der auch das Haus meiner Eltern steht, zieht sich durch die Spalte zweier Hu?gel des Leithagebirges, die wie gewaltige Pobacken ihre baumbewachsenen Rundungen in die burgenländische Landschaft recken. Genau zwischen diesen Pobacken, in der Falte, wenn man so will, steht unser Haus.« Der junge Hugo Navratil muss zuru?ck in die österreichische Provinz. Sein Großvater, mit dem ihn die Liebe zur Natur und zu einem kleinen Jagdhund verband, ist gestorben. Das burgenländische -Dorf, der Wald, Freund und Feind, alles scheint Hugo wie immer. Doch auf der Beerdigung fallen ihm zwei Frauen auf. Sie sind auf der Suche nach einer antiken Flinte, und sie glauben, dass Hugo weiß, wo sie ist. Je mehr Hugo es mit ihnen zu tun bekommt, desto besser versteht er, dass der alte Mann viele durchaus schöne Gesichter hatte. Nur was hat es mit dem Verbund auf sich, in dem er und diese Frauen einst zusammenfanden? «Der Debütroman des Musikers Sebastian Janata verbindet derben Humor mit fantastischem Krimi. Schön!» Spiegel

Sebastian Janata, Jahrgang 1988, stammt aus dem östlichsten Teil Österreichs. Seine Gymnasialausbildung brach er ein Jahr vor der Matura ab. Seit 2006 ist er Mitglied bei der Band Ja, Panik. Nach fünf Studioalben veröffentlichten sie im Oktober 2016 das im Kollektiv geschriebene Buch «Futur II» im Verbrecher Verlag. Der Autor lebt und arbeitet in Berlin. «Die Ambassadorin» ist sein Debütroman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644001886
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum21.07.2020
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2257 Kbytes
Artikel-Nr.4967367
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I
Schweinesonne

Mein Großvater war Jäger, und nachdem ich lange genug gebettelt hatte, nahm er mich irgendwann mit auf die Wildschweinjagd. Ich war gerade einmal fünf Jahre alt, und meine Eltern waren dagegen, aber das Leuchten in meinen Augen machte sie weich, und so gaben sie nach. Als es dämmerte, fuhren wir los. Die Jagdhündin meines Großvaters begleitete uns. Sie war eine Deutsch Kurzhaar und wurde Hexi gerufen. Wir fuhren eine kurze Strecke durch das Dorf und bogen dann in einen Waldweg ein, der den Namen Teufelsgraben trägt. Daneben fließt ein kleiner Wildbach, in dem ich später in meiner Kindheit erste Bekanntschaft mit Blutegeln schließen sollte. Im Schritttempo folgten wir der lehmigen Piste einen guten Kilometer lang. Hexi saß auf dem Boden zwischen meinen Beinen und hatte ihren Kopf in meinen Schoß gelegt. Ein bisschen Sabber lief auf meine Hose. Ich kraulte das liebe Tier hinter den Ohren. An einer Gabelung hielten wir, und mein Großvater stellte den alten Puch am Wegesrand ab. Von hier an mussten wir zu Fuß weiter. Ein paar Minuten gingen wir schweigend nebeneinanderher, Hexi immer dicht hinter uns. Ich fragte meinen Großvater, warum Jäger denn immer Hunde dabeihätten.

«Jagd ohne Hund ist Schund», sagte er mit erhobenem Zeigefinger. Dann blieb er stehen.

Ich sah zu ihm hoch und fragte mich, warum wir anhielten. Mein Großvater ließ seinen Blick durch die Bäume schweifen, zwischen denen, wie Waldgeister, die letzten Lichtstrahlen des Tages schwebten, und sagte folgenden Vers, den ich seither nicht vergessen habe:


Wer will zu den Jägern zählen,

lässt kein Wild sich zu Tode quälen,

jagt allein nicht durch die Weite,

führt den guten Hund zur Seite!


Mein Großvater stellte seine Büchse ab und griff in die Brusttasche, aus der er ein kleines Fläschchen Underberg zog. Er schraubte den Verschluss ab und hielt das braune Elixier hoch, wie ein Pfarrer den Messwein.

«Waidmannsheil», sprach er in Richtung der Baumkronen und trank es in einem Zug leer.

«Waidmannsheil», sagte ich zu Hexi, die zur Antwort mit dem Schwanz wedelte.

Wir marschierten weiter. Es wurde Nacht im Wald. Mein Großvater holte eine Taschenlampe hervor, die statt weißem rotes Licht warf, um das Wild nicht zu verscheuchen. Nach einer Weile erreichten wir einen Trampelpfad, der uns die dichtbewachsene Böschung hinaufführte. Plötzlich leuchteten überall neongrüne Punkte auf, die sich, zauberhaften Waidwesen gleich, ihren Weg durch das Geäst bahnten. Als mein Großvater meine Faszination bemerkte, erklärte er mir, dass dies Glühwürmchen seien und sie deshalb so grün leuchteten, um einander besser finden und kleine Baby-Glühwürmchen machen zu können. Ich verstand nicht ganz, was er meinte. Als ich versuchte, einen dieser geheimnisvollen grünen Punkte mit der Hand einzufangen, erlosch das Leuchten schon, noch bevor ich meinen Arm ausgestreckt hatte. Ich war fasziniert von diesen Kreaturen und bin es heute noch. Der pechschwarze Wald, zusammen mit seinem intensiven Geruch nach feuchtem Laub und schwarzer Erde, wurde zum bloßen Hintergrund für das magische Leuchten Hunderter feenhafter Gestalten.

Wir erreichten den Hochstand. Hexi hörte auf das Kommando lieg und breitete sich hechelnd auf dem Waldboden aus. Ich musste als Erster über die grob gezimmerte Leiter hochklettern, mein Großvater war dicht hinter mir und passte auf, dass ich nicht fiel. Im Inneren des Holzverschlags war eine Art Bank angebracht, auf der wir beide Platz fanden. Durch eine Öffnung konnten wir über die Baumkronen blicken. Der Vollmond schien auf das Blattwerk hinab, und in mittlerer Entfernung war eine Lichtung zu erkennen, in deren Zentrum eine Futterstelle für das Wild aufgestellt war. Mein Großvater hatte sie schon am Nachmittag mit Futtermais gefüllt. Schweinesonne sagen Jäger zum Vollmond, hatte er mir einmal erklärt. Den Grund weiß ich leider nicht mehr.

«So, jetzt müssen wir warten, Wutzlibär», flüsterte er. Wutzlibär, so nannte er mich, bis an sein Lebensende. Ich nannte ihn immer Onkel Beppo. Alle nannten ihn so. Sein richtiger Name war Josef, aber den mochte er nicht.

«Wie lange müssen wir warten, Onkel Beppo?»

«Still, sonst verscheuchen wir die Wildsau.»

Wir warteten also. Während er ein weiteres Fläschchen Underberg köpfte, sah ich gelangweilt aus der Öffnung. Ein leichter Sommerwind streichelte zärtlich das Blätterdach der jungen Eichen, Buchen und Linden unter uns. Ich wagte einen Blick die Holzleiter hinab, um nach Hexi zu sehen, aber schon zupfte mich mein Großvater am Ärmel und zeigte auf die Bank. Ich pflanzte mich hin, sah hoch zum Mond mit seinen dunklen Flecken und fragte mich, was den Typen, der dort wohnte, eigentlich unser Schlaf anging. Ich musste gähnen und blickte wieder zur Futterstelle. In diesem Moment trat aus dem Dickicht rund um die Lichtung ein großer, schwarzer Schatten hervor. Ich tippte aufgeregt auf die Schulter meines Großvaters. Er deutete mir mit einem Nicken, dass er auch sah, was ich sah. Der Schatten machte sich derweil an der hölzernen Futterkrippe zu schaffen. Ich nahm das kleine Fernglas zur Hand, das ich zu meinem fünften Geburtstag bekommen hatte, und blickte hindurch. Der Schein des Mondes war hell genug, um erkennen zu können, dass es sich um einen ausgewachsenen Keiler handelte. Das Tier kaute friedlich grunzend vor sich hin. Ab und zu hob es seine Schnauze, wie um sich zu versichern, dass keine Gefahr drohte. Doch die lauernde Bedrohung, die wir darstellten, blieb ihm verborgen. Als der Keiler sich drehte und uns seine Flanke zuwandte, spannte mein Großvater den ganzen Körper an und atmete tief durch die Nase ein. Als er langsam wieder durch den Mund ausatmete, konnte ich seine Schnapsfahne riechen. Im nächsten Moment drückte er ab, und ich erschrak über den ohrenbetäubenden Knall dermaßen, dass ich mir ein bisschen in die Hosen machte.

Mein Großvater stieß einen ekelhaften Jägerfluch aus und schrie die Holzleiter hinunter: «Hexi, such Verwundt!»

Hexi sprang hoch und schoss in Richtung Futterstelle davon. Mein Großvater hatte den Keiler wohl nicht richtig getroffen, denn das arme Tier versuchte nun, zu fliehen.

«Komm, Wutzlibär, schnell! Beeil dich, wir verlieren sonst die Spur!»

Voran mein Großvater, liefen wir, so schnell es ging, durch das Unterholz. Das Licht der Taschenlampe hatte er auf weiß gewechselt, damit wir besser sehen konnten. Von der Lichtung aus folgten wir den Blutspuren. Ich fürchtete mich und wollte nach Hause.

Plötzlich hielten wir an, und ich flüsterte, was denn los sei.

«Wir haben die Spur verloren.»

Er war außer Atem und rief den Namen der Hündin in den Wald hinein. Wir erhielten ein Bellen zur Antwort. Es war nicht genau auszumachen, aus welcher Richtung es gekommen war, aber wir gingen auf gut Glück los. Mein Großvater wiederholte den Ruf. Erneut kam ein Bellen zur Antwort, dieses Mal war die Richtung klar. Nach ein paar Schritten hörten wir ein lautes Jaulen. Mein Großvater hielt abrupt an.

«Verfluchte Hurenskanaille!»

Dann rannte er los. Ich konnte kaum mithalten mit meinen kurzen Kinderbeinen. Als ich schon befürchtete, ihn verloren zu haben und kurz davor war, laut loszuheulen, fand ich in den Schein seiner Taschenlampe zurück. Er stand vor einer riesigen Stieleiche, die dort, uralt und massiv, inmitten junger, dürrer Bäumchen aufragte. Der Stamm hatte eine seltsam gedrungene Form und muss mindestens zwei Meter dick gewesen sein. In seiner Mitte klaffte ein langer Spalt. Ich hatte noch nie einen so eigentümlichen Baum gesehen. Gruselig. Onkel Beppo starrte auf den Boden. Ich eilte zu ihm. Zu seinen Füßen lag der angeschossene Keiler, alle viere von sich gestreckt, nur mehr das Auf und Ab des Brustkorbs zeigte an, dass noch ein letzter Rest Lebensgeist in dem waidwunden Tier war. Daneben lag Hexi, die Augen weit aufgerissen und ohne Leben. Ihre Eingeweide waren auf dem Waldboden verteilt, in einer Blutlache spiegelte sich der Mond. Der Keiler hatte ihr mit einem letzten Hieb seiner langen Hauer den Bauch aufgeschlitzt. Entsetzt sah ich meinen Großvater an.

«Onkel Beppo, bitte gehen wir nach Hause.»

«Halt dir die Ohren zu.» Seine Stimme war ruhig. Er legte die Büchse an und schoss dem Keiler in den Kopf.

All das Blut, der dunkle Wald, der laute Knall. Es wurde zu viel. Ein derartiges Geheule stürzte aus mir heraus, sodass die ratlosen Jäger der Umgebung für die nächsten Tage kein einziges Wild mehr vor den Lauf bekommen sollten. Ich wusste nicht, welches Tier mir mehr leidtun sollte. Während ich laut greinte, bückte sich mein Großvater und öffnete mit seinem gebogenen Jagdmesser den Bauch des Keilers. Er musste ihn ausnehmen, um wenigstens die Chance zu haben, das bestimmt zweihundert Kilogramm schwere Tier zu transportieren. Dabei verletzte er mit seinen zitternden Fingern den Darm, und ein widerlicher Gestank breitete sich aus. Zornig zerrte er an den Innereien.

«Geh scheißen, was denn noch!»
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Autor

Sebastian Janata, Jahrgang 1988, stammt aus dem östlichsten Teil Österreichs. Seine Gymnasialausbildung brach er ein Jahr vor der Matura ab. Seit 2006 ist er Mitglied bei der Band Ja, Panik. Nach fünf Studioalben veröffentlichten sie im Oktober 2016 das im Kollektiv geschriebene Buch «Futur II» im Verbrecher Verlag. Der Autor lebt und arbeitet in Berlin. «Die Ambassadorin» ist sein Debütroman.
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