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Die Kunst der Statistik

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Redlineerschienen am15.03.2020
Wie viele Bäume gibt es auf der Erde? Wer war der glücklichste Passagier auf der Titanic? Viele Fragen lassen sich mit Hilfe der Statistik beantworten. Und ein grundlegendes Verständnis für die Interpretation von Zahlen ist wichtiger denn je, wenn man Realität und Fiktion verlässlich voneinander unterscheiden will. David Spiegelhalter zeigt verständlich, wie man die Statistik zur Lösung von Problemen einsetzt und hilft den Lesern, wie ein Statistiker zu denken. Er bespricht an realen Beispielen die wesentlichen Prinzipien, um Wissen aus Daten zu gewinnen und die entsprechenden Antworten auch verantwortungsvoll interpretieren zu können.

David Spiegelhalter ist ein britischer Statistiker und Winton-Professor im Statistischen Labor der Universität Cambridge. Er war Gastkolumnist in »The Times«, »Guardian« und »New Scientist«. Spiegelhalter wurde 2014 für seine Verdienste um die Statistik zum Ritter geschlagen.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR24,99

Produkt

KlappentextWie viele Bäume gibt es auf der Erde? Wer war der glücklichste Passagier auf der Titanic? Viele Fragen lassen sich mit Hilfe der Statistik beantworten. Und ein grundlegendes Verständnis für die Interpretation von Zahlen ist wichtiger denn je, wenn man Realität und Fiktion verlässlich voneinander unterscheiden will. David Spiegelhalter zeigt verständlich, wie man die Statistik zur Lösung von Problemen einsetzt und hilft den Lesern, wie ein Statistiker zu denken. Er bespricht an realen Beispielen die wesentlichen Prinzipien, um Wissen aus Daten zu gewinnen und die entsprechenden Antworten auch verantwortungsvoll interpretieren zu können.

David Spiegelhalter ist ein britischer Statistiker und Winton-Professor im Statistischen Labor der Universität Cambridge. Er war Gastkolumnist in »The Times«, »Guardian« und »New Scientist«. Spiegelhalter wurde 2014 für seine Verdienste um die Statistik zum Ritter geschlagen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783962671792
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum15.03.2020
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4188 Kbytes
Artikel-Nr.4971183
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
EINLEITUNG

Die Zahlen sprechen nicht für sich. Wir sprechen für sie. Wir verleihen ihnen einen Sinn.

- Nate Silver, Die Berechnung der Zukunft1
WARUM WIR STATISTIK BRAUCHEN

Kein verurteilter britischer Mörder hatte so viele Menschen auf dem Gewissen wie Harold Shipman, obwohl er nicht das typische Profil eines Serienkillers aufwies. Der freundliche Hausarzt, der in einem Vorort von Manchester praktizierte, injizierte zwischen 1975 und 1998 mindestens 215 seiner zumeist betagten Patienten starke Überdosen an Opiaten. Zuletzt beging er den Fehler, das Testament einer Patientin dahin gehend zu ändern, dass sie ihm einen Teil ihres Vermögens vermachte. Ihre Tochter, eine Rechtsanwältin, schöpfte Verdacht, und die gerichtlich angeordnete Untersuchung seines Computers ergab, dass er Patientenakten nachträglich gefälscht hatte, um seine Patienten kränker erscheinen zu lassen, als sie in Wirklichkeit gewesen waren. Shipman war bekannt für seine Technikbegeisterung, jedoch reichte sein technischer Sachverstand nicht aus, um sich dessen bewusst zu sein, dass jede Änderung, die er vornahm, mit einem Zeitstempel versehen wurde (nebenbei ein gutes Beispiel für Daten, die einen versteckten Sinn enthalten können).

Fünfzehn seiner Patienten, die nicht feuerbestattet worden waren, wurden exhumiert. In ihren Körpern fand man tödliche Mengen an Diamorphin, der medizinischen Variante von Heroin. Als Shipman daraufhin im Jahr 1999 wegen fünfzehnfachen Mordes angeklagt wurde, entschied er sich dafür, auf eine Verteidigung zu verzichten. Während des gesamten Prozesses äußerte er sich nicht einmal. Er wurde für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt. Eine Untersuchung sollte klären, welcher weiteren Verbrechen er sich möglicherweise schuldig gemacht hatte und ob man ihm früher hätte auf die Spur kommen können. Ich gehörte damals zu den Statistikern, die als Gutachter vor den Untersuchungsausschuss geladen wurden, welcher am Ende zu dem Ergebnis kam, dass Whipman mit Sicherheit 215 seiner Patienten und möglicherweise noch weitere 45 ermordet hatte.2

In diesem Buch soll es darum gehen, wie wir mithilfe der Statistik[1] jene Art von Fragen beantworten können, die sich uns stellen, sobald wir versuchen, die Welt besser zu verstehen. Manche dieser Fragen werden wir in grauen Kästen hervorheben. Um Shipmans Verhalten besser zu verstehen, bietet sich als erste Frage beispielsweise diese an:


Was waren das für Menschen, die Shipman tötete, und wann starben sie?


Die öffentliche Untersuchung lieferte Angaben zum Alter, Geschlecht und Sterbedatum der einzelnen Opfer. Abbildung 0.1 ist eine ziemlich anspruchsvolle Visualisierung dieser Daten in Form einer Punktwolke entlang der Achsen für das Sterbealter und das Sterbedatum der Opfer. Der unterschiedliche Schwärzegrad zeigt an, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Die Achsen wurden um Balkendiagramme ergänzt, die die Häufigkeiten der einzelnen Jahres- und Altersangaben (letztere in 5-Jahres-Blöcken) zusammenfassen.

Für manche Schlussfolgerungen reicht ein kurzer Blick auf die Abbildung. Es gibt mehr schwarze als graue Punkte, was bedeutet, dass die Mehrzahl von Shipmans Opfern Frauen waren. Die Balken rechts der Punktwolke zeigen, dass die meisten Opfer zwischen 65 und 90 Jahre alt waren. Aus der Verteilung der Punkte wird dann aber ersichtlich, dass die Opfer zwar anfangs ausschließlich älter waren, dass sich mit den Jahren aber auch jüngere Fälle einschlichen. Die Balken oberhalb der Punktwolke weisen eine deutliche Lücke rund um das Jahr 1992 auf, für das kein Mord belegt ist. Die Erklärung ist, dass Shipman bis dahin in einer Gemeinschaftspraxis mit anderen Ärzten tätig gewesen war, dann aber - möglicherweise, weil er argwöhnte, man könne ihn unter Verdacht haben - eine eigene Praxis für Allgemeinmedizin eröffnete. Anschließend verstärkten sich seine Aktivitäten, wie das obere Balkendiagramm zeigt.

Abbildung 0.1
Eine Punktwolke, die Sterbealter und Todesjahr der 215 bestätigten Opfer Harold Shipmans darlegt. Die Balkendiagramme entlang der Achsen zeigen die entsprechenden Häufigkeitsdichten.

Diese Analyse der von der Untersuchungskommission identifizierten Opfer gibt Anlass zu weiteren Fragen über die Art und Weise, wie er seine Morde durchführte. Statistisch aufschlussreich sind beispielweise die auf den Totenscheinen verzeichneten Tageszeiten, zu denen seine vermutlichen Opfer gestorben sind. Abbildung 0.2 ist ein Kurvendiagramm, das die Verteilung der Tageszeiten vergleicht, zu denen Shipmans Patienten starben und zu denen eine Stichprobe von Patienten anderer Hausärzte aus derselben Gegend starben. Hier lässt sich auch ohne subtile Analyse ein Muster erkennen - eine so gewonnene Erkenntnis wird gelegentlich auch als »interokular« bezeichnet, weil sie den Betrachter »zwischen die Augen« trifft. Shipmans Patienten starben in ihrer überwiegenden Mehrheit am frühen Nachmittag.

Die Daten können uns nicht sagen, warum so viele der Patienten zu dieser Zeit starben, aber eine weitere Untersuchung ergab, dass Shipman seine Hausbesuche nach dem Mittagesssen vornahm, wenn er mit seinen älteren Patienten zumeist allein war. Er bot ihnen dann eine Spritze an, die ihnen, wie er ihnen versicherte, Erleichterung verschaffen würde, die aber in Wahrheit eine tödliche Menge Diamorphin enthielt. Jedes Mal, wenn ein Patient friedlich in seiner Gegenwart gestorben war, änderte er anschließend seine Patientenakte, um es so aussehen zu lassen, als handelte es sich um einen natürlichen Tod, der zu erwarten gewesen war. Die Leiterin der öffentlichen Untersuchung, Dame Janet Smith, sagte später: »Es ist einfach nur entsetzlich und übersteigt jede Vorstellungskraft, wie er da Tag für Tag den wunderbar fürsorglichen Arzt mimte und doch in der Tasche seine tödliche Waffe mit sich führte ..., um sie schließlich herauszuholen, als wäre nichts dabei.«

Shipman ging dabei ein gewisses Risiko ein, denn eine einzige Obduktion hätte genügt, um ihn zu entlarven. Angesichts des Alters seiner Patienten und der scheinbar natürlichen Todesursachen wurde eine solche jedoch niemals durchgeführt. Seine Beweggründe für diese Morde konnten niemals geklärt werden. Weder sagte er während des Prozesses gegen ihn aus, noch sprach er jemals mit einem Familienangehörigen oder jemand anderem über seine Untaten. Im Gefängnis nahm er sich schließlich das Leben - passenderweise zur richtigen Zeit, damit seine Frau seine Pension beziehen konnte.

Wir können uns diese Form des Forschens als »forensische« Statistik vorstellen, und in diesem Fall handelten wir Statistiker ja tatsächlich im gerichtlichen Auftrag. Wir haben es hier mit keiner Mathematik und keiner Theorie zu tun, sondern ausschließlich mit der Suche nach Mustern, die möglicherweise noch mehr interessante Fragen aufwerfen. Während die Details von Shipmans Untaten anhand der jeweiligen fallspezifischen Indizien ermittelt wurden, lieferte diese Form der Datenanalyse zugleich generelle Einblicke in die Art und Weise, wie er seine Verbrechen beging.

Abbildung 0.2
Die Tageszeiten, zu denen Harold Shipmans Patienten starben, verglichen mit den Tageszeiten, zu denen die Patienten anderer Hausärzte aus derselben Gegend starben. Es bedarf keiner großartigen statistischen Analyse, um hier ein Muster zu erkennen.

Später im Buch - im 10. Kapitel - werden wir sehen, ob eine statistische Analyse nach allen Regeln der Kunst hätte helfen können, Shipman früher auf die Schliche zu kommen.[2] Aber auch so zeigt die Geschichte des mörderischen Hausarztes sehr schön, wie Daten helfen können, die Welt besser zu verstehen und bessere Urteile zu fällen. Und genau davon handelt die Wissenschaft der Statistik.
DIE WELT IN DATEN VERWANDELN

Um Harold Shipmans Verbrechen statistisch erfassen zu können, mussten wir uns von der langen Liste individueller Tragödien lösen, für die er verantwortlich war. Wir mussten aus den unverwechselbaren Facetten des Lebens und Sterbens dieser Menschen bestimmte Fakten und Zahlen extrahieren, die wir anschließend zählen und in Graphen visualisieren konnten. Das mag zunächst kalt und unmenschlich erscheinen, aber wenn wir mit Mitteln der Statistik Licht in die Welt bringen wollen, müssen wir das täglich Erlebte in Daten verwandeln, und das ist nur möglich, indem wir Geschehnisse kategorisieren und etikettieren, Messungen dokumentieren, Ergebnisse analysieren und Schlussfolgerungen kommunizieren.

Allein schon der erste Schritt des Kategorisierens und Etikettierens erweist sich mitunter als äußerst schwierig. Betrachten wir die folgende elementare Frage, die jeden interessieren sollte, dem unsere Umwelt am Herzen liegt:


Wie viele Bäume gibt es auf unserem Planeten?


Bevor wir uns darüber Gedanken machen, wie wir eine Antwort auf diese...
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Autor

David Spiegelhalter ist ein britischer Statistiker und Winton-Professor im Statistischen Labor der Universität Cambridge. Er war Gastkolumnist in "The Times", "Guardian" und "New Scientist". Spiegelhalter wurde 2014 für seine Verdienste um die Statistik zum Ritter geschlagen.