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Im Wald

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
DuMont Buchverlag GmbHerschienen am18.02.20201. Auflage
Vier Jahre lang bewirtschaftet John Lewis-Stempel ein Waldstück im Südwesten Herefordshires nach dem Vorbild unserer Vorfahren - wie es in den Zeiten vor der Industrialisierung üblich war. In dem gerade einmal dreieinhalb Hektar großen Mischwald geht der Autor auf die Jagd, beschneidet Bäume und siedelt Schweine und Kühe an. Dies ist das Tagebuch des letzten Jahres. John Lewis-Stempel ist der Wald vertraut geworden. Er kennt ihn vom Grund der Buchenwurzeln bis zu den Kronen der Eichen und sämtliche Tiere, die dort leben: die Füchsin, die Fasane, die Waldmäuse und Waldkäuze. Für viele der Tier- und Pflanzenarten sind Wälder wie der Cockshutt Wood die letzte Zuflucht. Und auch der Autor findet hier seine Heimat. >Im WaldEin Stück LandMein Jahr als Jäger und Sammler< (2019) erschienen. Mit seiner Frau und seinen zwei Kindern lebt er in England und Frankreich.mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextVier Jahre lang bewirtschaftet John Lewis-Stempel ein Waldstück im Südwesten Herefordshires nach dem Vorbild unserer Vorfahren - wie es in den Zeiten vor der Industrialisierung üblich war. In dem gerade einmal dreieinhalb Hektar großen Mischwald geht der Autor auf die Jagd, beschneidet Bäume und siedelt Schweine und Kühe an. Dies ist das Tagebuch des letzten Jahres. John Lewis-Stempel ist der Wald vertraut geworden. Er kennt ihn vom Grund der Buchenwurzeln bis zu den Kronen der Eichen und sämtliche Tiere, die dort leben: die Füchsin, die Fasane, die Waldmäuse und Waldkäuze. Für viele der Tier- und Pflanzenarten sind Wälder wie der Cockshutt Wood die letzte Zuflucht. Und auch der Autor findet hier seine Heimat. >Im WaldEin Stück LandMein Jahr als Jäger und Sammler< (2019) erschienen. Mit seiner Frau und seinen zwei Kindern lebt er in England und Frankreich.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783832170080
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum18.02.2020
Auflage1. Auflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4982333
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

DEZEMBER

Ein Spaziergang im Wald

Ein Spaziergang ans hintere Ende von Cockshutt - mein waldloses Leben - Waldschnepfen - die Füchsin bellt - Judasohren - in den winterlichen Ruinen der Eichen - »Agroforstwirtschaft« - Old Brown, der Waldkauz - Was steckt im Namen eines Waldes? - Stechpalme - Rinderhaltung im Wald - »Cold Song« - Weihnachtsscheit - »Für die Briten war die Eiche so etwas wie der Büffel für die Sioux«

1. DEZEMBER: In den Wald.

Über den Zaunübertritt, auf den Weg, der an der ganzen Westseite von Cockshutt entlangläuft. An der Esskastanie vorbei; ein vergnügter Gruß mit den Fingerspitzen an die Riesenbuche mit ihrer Rinde aus kaltem Schiefer. Zu meiner Linken liegt die Waldlichtung, die wir geschaffen haben, indem wir Brombeeren und Bergahorn weghackten, zu meiner Rechten die enge Schlucht, in der im März die Sumpfdotterblumen gelb blühen und im November alle Nebel dieser Welt produziert werden. Ein riesiger Ahornbaum ist übrig geblieben; er nagelt den flatterigen Waldrand fest.

Es ist ungefähr drei Uhr nachmittags, und die Saatkrähen fliegen heim nach St. Weonards; nicht der übliche zerfranste Flug, sondern ein stilles, entschlossenes Rudern. Schnurgerade, wie Rabenkrähen.

Ich passiere eine schlummernde Esche mit einem Kaninchenbau darunter, am Eingang liegen harte Köttel. Unten in der Schlucht, die parallel zum Weg verläuft, hängt der violette Schimmer von Erlenkätzchen.

An der Rückseite der Schlucht steht eine Gruppe ausgewachsener Eschen, eine davon in Efeu verpackt; als Wohnort von Baumläufer, Waldkauz und - im Dachgeschoss - Ringeltaube ist sie ein Vogelhochhaus. Jenseits der Esche sind die Überreste des grasbewachsenen alten Reitpfads zu erkennen, dahinter die steinernen Scheunen, die sich einst in den Wald hineinfraßen, inzwischen aber selbst tot sind. Hinter den Ruinen noch mehr Eschen.

Schneller jetzt, um der früh einbrechenden Dunkelheit zuvorzukommen. Wie dürr, wie düster der Eichhörnchenkobel in der Wildkirsche aussieht.

Die Umrisse der kahlen Bäume vor dem leeren Winterhimmel: eine Art Schriftzeichen. Oder ein sich schließendes Netz.

Der Wald erklimmt langsam eine Böschung. Unten in der Schlucht liegen die Wracks gefallener Stämme und Äste. Dazwischen stehen Erlen mit ihren entblößten Rattenschwanz-Wurzeln.

Jetzt bin ich im Herzen des Waldes, der länger als breit ist, angekommen - am Teich mit seinem Kranz aus Schilf. Es ist grau, verkrüppelt; der ganze Tag ist grau. Ein V wandert durchs matte Wasser: die Bugwelle des Teichhuhns, das wendet und sein weißes Rücklicht warnend aufblitzen lässt.

Ich liebe Teichhühner. Jeder Teich sollte ein Teichhuhn haben, das müsste gesetzlich vorgeschrieben sein. In der Mitte der Wasserfläche, die sich über ungefähr tausend Quadratmeter erstreckt, liegt eine Insel mit fünf Erlen, wie aus einem Abenteuerroman für Kinder. In diesem späten, flachen Licht ist sie ein Schiff auf hoher See.

Sandbirken säumen das Westufer des Teiches; am hinteren Ende wachsen Haselsträucher, Erlen und Salweiden.

Weiter, weiter. Mein persönliches Gesetz der Schwerkraft lautet: Je schneller man geht, desto leichter die Last. (Wenn Isaac Newton weniger Zeit damit verbracht hätte, unter Apfelbäumen herumzulungern, hätte er das vielleicht auch entdeckt.) Auf meiner Schulter ruht ein Ballen Heu.

Durch den Fichtenhain; eine grimmige Parade disziplinierter nordischer Wachsoldaten, gefangen in ihrem eigenen, ewig säuerlichen Zwielicht. (Nordische Fichten, auf unserer Insel fremd, wurden aufgrund irgendeines unausgegorenen Subventionsplans in den 1970ern angepflanzt und erstickten sämtliche Blumen unter sich.)

Die ersterbende Wintersonne, weiß und atomar, tastet sich durch die Lärchen, an denen ich vorübergehe.

Kein Vogelgesang ist zu hören - außer dem eines überdrehten Rotkehlchens in einer jungen Buche, die mit verkrumpeltem kupferrotem Laub behängt ist. Diese eine Buche ist der einzige Baum im ganzen Wald, der noch sein Blätterkleid trägt.

Der Dezember, wenn die Bäume in ihrer nackten Wahrheit herumstehen, ist die richtige Zeit, um einen Wald zu besichtigen und zu bewerten.

Das Rotkehlchen gibt seine Melodie auf und beginnt dann von Neuem, als hätte mein Vorbeigehen es an seine Absicht erinnert.

Tiefer in den Wald: Ich folge dem schwachen Tuschestrich des Lehmpfads, der sich an meinen Lieblingsbäumen entlangschlängelt, der gegabelten Wünschelruteneiche und dem riesigen Küstenmammutbaum (»Hallo, Big Boy!«). Welcher Traum, welche Hoffnung brachte wohl vor einem Jahrhundert einen Farmer dazu, hier, an dieser äußersten Grenze Englands, wo es unsichtbar in Wales übergeht, einen Mammutbaum zu pflanzen?

Inzwischen ist es fast dunkel: Der Viertelmond schafft es nicht, die Wolke zu durchdringen, die am westlichen Himmel heranzieht. Ich habe beinahe die Gruppe königlicher Eichen erreicht, die alle anderen Bäume des Waldes überragen, außer dem Mammutbaum.

Der Charakter von Bäumen hängt von der Jahreszeit ab: Im Frühling beobachten sie einen. Zu Beginn des Winters, in der Einsamkeit unter großen, leeren Himmeln, enthalten sie nicht mehr Botanik als ein Stein.

Heute Abend sind die sieben Eichen die Tempelsäulen einer untergegangenen Kultur.

An der Weggabelung zaudere ich nicht, sondern halte mich links, auf das Jahr 1 nach Christus zu, oder so ungefähr, und komme an dem Horst aus drei Elsbeerbäumen vorbei. Das Trio aus Sorbus torminalis ist ein Überbleibsel des ursprünglichen Urwalds. Cockshutt existierte schon, als Wilhelm der Eroberer einfiel, sogar schon, als die Römer in Richtung Hereford marschierten.

Die rechte Gabelung führt quer durch die schmale Seite des Waldes, durch die Brombeeren zu den Stechpalmen und zur Salweide - und zu den Knäueln aus Geißblattranken, die aussehen, als würden sie den ganzen Wald herunterreißen, wenn man daran zöge. Dort liegt auch der Fuchsbau.

Das Ziel meiner Reise: Die vier Red-Poll-Kühe, Rote Hornlose, liegen in einem krummen Kreis auf der letzten Lichtung, wo sie Ausschau nach den Säbelzahntigern böser Rinderträume halten.

Ich werfe den Ballen in ihren Metalltrog. Hinter der Heuraufe liegt eine letzte Baumgruppe aus Fichten und Lärchen.

Das ist der Cockshutt Wood: ein Wäldchen im wogenden Hügelland, hauptsächlich aus Eschen, Eichen und Salweiden bestehend, in einem Archipel ähnlicher Wäldchen in Herefordshire. Von oben gesehen hat er wohl die Form eines Weidenblatts, dessen Spitze nach Norden zeigt. Rings um Cockshutt liegen Viehweiden und ein kleines Getreidefeld, das in meiner Obhut ist. Am westlichen Waldrand erstreckt sich ein langes Feld - nicht von mir bewirtschaftet -, das einem eintönigen Zyklus aus Weizen und Raps unterworfen wird. Dahinter kann man die Wanderfalkenbuckel der Black Mountains erspähen. Um Cockshutt von der Landstraße aus zu erreichen, wo ich parke, muss ich immer eine Koppel überqueren, die wir unseren Schweinen überlassen haben.

Ich gehe den Pfad entlang zurück. Inzwischen ist es dunkel, aber das macht nichts. Ich bin diesen Weg in den letzten drei Jahren so oft gegangen, dass ich ihn in schwärzester Nacht beschreiten kann.

Ich habe Wälder spät entdeckt. Eigentlich bin ich kein Waldmensch, obwohl mein Urgroßvater väterlicherseits der »Vogt« (eine wunderlich altmodische Bezeichnung) oder Verwalter eines Waldgebiets im Besitz des Barts Hospital in Aconbury war, gleich hinter dem Berg. Aber dann kam der Erste Weltkrieg, und die Familie wurde entwurzelt.

Ich wurde in die Landwirtschaft hineingeboren, was eine waldlose Kindheit bedeutete, bis auf das kreisförmige Wäldchen auf einem Hügel bei Westhide. Wie viele verstreute Waldstücke inmitten von Ackerland diente es dem Zweck, Unterschlupf für Federwild zu bieten. Meine Freunde und ich kickten uns durch das Laub am Boden, auf der Suche nach glänzenden gebrauchten Schrotpatronen, bunt wie exotische Vögel (bis auf die orangefarbenen Eley-Patronen, die keiner wollte). Im Herefordshire der 1970er-Jahre ging das Sammeln von Schrotpatronen als Hobby durch.

Alle anderen Walderlebnisse meiner Kindheit sind nur Fragmente, abgesplitterte Rindenstücke des Gedächtnisses:

1.) Auf dem Dachboden lag die Abschlussarbeit meiner Stiefmutter für ihr Pädagogikstudium - über die Laubbäume von Haugh Wood, mit Beispielknospen, die mit durchsichtiger PVC-Klebefolie auf den Seiten befestigt waren, einem ebenso sicheren Anzeichen für die 1970er wie Schwarzwälder Kirschtorte und Hüpfbälle.

2.) Wir pflückten Hasenglöckchen in Haugh Wood und wilde Narzissen in Bent Orchard.

3.) Es gab aber auch Bäume: die jahrhundertealten Steineichen im Park von New Court in Lugwardine, wo ich reiten lernte; den Birnbaum im Vorgarten mit dem daran hängenden Baumläufer; unsere Apfelbäume; das Sammeln von Kastanien, mit ihrer wie Teakholz polierten Haut und ihrem säuerlichen Hefeduft; die Tricks beim Conkers-Spielen, wie die an Schnüre gebundenen Kastanien vor dem Gegeneinanderschlagen in Essig einzuweichen oder im Ofen zu backen.

In einem kleinen, aber meiner Meinung nach ehrenhaften Protestakt gegen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften habe ich meinen Sohn auf eine Schule geschickt, an der das Conkers-Spielen Pflicht war.

2. DEZEMBER: An den schattigen Stellen hält sich der Raureif den ganzen Vormittag über.

Was steckt in einem Namen? Manchmal ist eine ganze...
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Autor

John Lewis-Stempel ist Farmer und Autor zahlreicher hochgelobter Bücher. Er ist zweifacher Preisträger des renommierten Wainwright Prize for Nature Writing. Bei DuMont sind bisher >Ein Stück LandMein Jahr als Jäger und Sammler