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LiES. Das Buch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
176 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am16.03.20201
Ein mutiger Vorstoß: Das erste Buch mit literarischen Geschichten in Einfacher Sprache Gar nicht so leicht, es einfach zu machen. Literatur muss nicht kompliziert, verrätselt oder wortgewaltig sein, um ihre Wirkung zu entfalten. Wie man sich in der Wahl der Mittel beschränken und doch überraschend vielseitig, vielschichtig und abwechslungsreich sein kann, zeigen diese fünfzehn Geschichtenen. Entstanden unter dem Eindruck, dass bestimmte Kreise an die Literatur herangeführt werden müssen, weil sie keinen eigenen Zugang finden, hat Hauke Hückstädt ausgezeichnete Schriftstellerinnen und Schriftsteller eingeladen, einfach zu schreiben und vorzulesen. Als Summe erfolgreicher Veranstaltungen präsentiert er diese Geschichtensammlung, die sich allen und für alles öffnet. Ein abenteuerliches Leseerlebnis!

Hauke Hückstädt, geb. 1969 in Schwedt/Oder, siedelte 1984 nach Hannover über, machte dort eine Lehre zum Tischler und schloss nach Abitur und Zivildienst 1999 das Studium der Germanistik und Geschichte an der Leibniz Universität Hannover ab. Von 1995 bis 2001 war er im Leitungsteam der Veranstaltungsinstitution Literarischer Salon Hannover tätig, schrieb Literaturkritiken für Radio und Zeitungen, veröffentlichte Gedichte, Übersetzungen, Aufsätze, Porträts, Reden und Essays. Im Sommer 2000 war er Assistent der Programmleitung Wörter:Welt im Deutschen Pavillon auf der EXPO 2000. Von Oktober 2000 bis April 2010 war er Geschäftsführer und Programmleiter der Veranstaltungsinstitution Literarisches Zentrum Göttingen e. V. Seit 2004 erhielt er in loser Folge Lehraufträge der Georg-August-Universität Göttingen sowie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main zu Themen der Gegenwartspoesie und Literaturvermittlung. Im September 2008 war er als 1. Artist in Residence an der Universität Nanjing in China tätig. Seit Juli 2010 ist er Leiter des Literaturhaus Frankfurt am Main e. V. Hückstädt lebt in Frankfurt am Main, ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextEin mutiger Vorstoß: Das erste Buch mit literarischen Geschichten in Einfacher Sprache Gar nicht so leicht, es einfach zu machen. Literatur muss nicht kompliziert, verrätselt oder wortgewaltig sein, um ihre Wirkung zu entfalten. Wie man sich in der Wahl der Mittel beschränken und doch überraschend vielseitig, vielschichtig und abwechslungsreich sein kann, zeigen diese fünfzehn Geschichtenen. Entstanden unter dem Eindruck, dass bestimmte Kreise an die Literatur herangeführt werden müssen, weil sie keinen eigenen Zugang finden, hat Hauke Hückstädt ausgezeichnete Schriftstellerinnen und Schriftsteller eingeladen, einfach zu schreiben und vorzulesen. Als Summe erfolgreicher Veranstaltungen präsentiert er diese Geschichtensammlung, die sich allen und für alles öffnet. Ein abenteuerliches Leseerlebnis!

Hauke Hückstädt, geb. 1969 in Schwedt/Oder, siedelte 1984 nach Hannover über, machte dort eine Lehre zum Tischler und schloss nach Abitur und Zivildienst 1999 das Studium der Germanistik und Geschichte an der Leibniz Universität Hannover ab. Von 1995 bis 2001 war er im Leitungsteam der Veranstaltungsinstitution Literarischer Salon Hannover tätig, schrieb Literaturkritiken für Radio und Zeitungen, veröffentlichte Gedichte, Übersetzungen, Aufsätze, Porträts, Reden und Essays. Im Sommer 2000 war er Assistent der Programmleitung Wörter:Welt im Deutschen Pavillon auf der EXPO 2000. Von Oktober 2000 bis April 2010 war er Geschäftsführer und Programmleiter der Veranstaltungsinstitution Literarisches Zentrum Göttingen e. V. Seit 2004 erhielt er in loser Folge Lehraufträge der Georg-August-Universität Göttingen sowie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main zu Themen der Gegenwartspoesie und Literaturvermittlung. Im September 2008 war er als 1. Artist in Residence an der Universität Nanjing in China tätig. Seit Juli 2010 ist er Leiter des Literaturhaus Frankfurt am Main e. V. Hückstädt lebt in Frankfurt am Main, ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492996334
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum16.03.2020
Auflage1
Seiten176 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3896 Kbytes
Artikel-Nr.5075050
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Die billige Wohnung
Von Kristof Magnusson
1

Endlich habe ich eine Wohnung.

Das habe ich mir so lange gewünscht.

Ich habe immer mit anderen Leuten zusammen gewohnt.

Aber das ging irgendwann nicht mehr.

Ich bin schon 25 Jahre alt.

Da will man doch irgendwann mal allein sein.

Außerdem habe ich auf dem Land gewohnt. Da war es sehr langweilig.

 

Ich habe lange nach einer Wohnung gesucht.

Es war schwer, denn ich habe nicht viel Geld.

Auf dem Land sind die Wohnungen billig, aber ich wollte ja in die Stadt.

Und dort, in der Stadt, sind alle Wohnungen teuer.

Nur diese hier nicht. Diese Wohnung ist billig.

Aber es ist trotzdem eine schöne Wohnung, hell, mit großen Fenstern.

Und sie ist direkt in der Innenstadt.

Ich muss nur zwei Minuten laufen, dann bin ich auf der Zeil.

Ich habe zwei Zimmer.

Ein Wohnzimmer mit einem Sofa und ein Schlafzimmer.

Dazu natürlich eine Küche und ein ganz neues Bad.

Da gibt es sogar eine Heizung für die Handtücher!

Und die Heizung im Wohnzimmer ist auch etwas ganz besonderes.

Eine Fußboden-Heizung!

Unter dem Fußboden fließt heißes Wasser.

Im Winter bekommt man nie kalte Füße.

Hat der Vermieter gesagt.

Echter Luxus!!
2

Und doch ist diese Wohnung so billig.

So eine billige Wohnung gibt es sonst in ganz Frankfurt nicht.

Dieses Mal habe ich so richtig Glück gehabt. Endlich mal.

Ich mache so gern meine Tür zu. Die Tür zu meiner Wohnung.

In meiner Wohnung kann ich machen, was ich will.

Ich komme nach Hause, wann ich will.

Und ich gehe aus, wann ich will.

Wenn ich draußen auf der Straße bin, dann fasse ich manchmal in meine Tasche und fühle meinen Schlüssel.

Dann freue ich mich sehr. Mein Schlüssel. Zu meiner eigenen Wohnung!

 

An einem Abend stand ich an meinem Fenster und sah hinaus.

Die Leute auf der Straße waren auf dem Weg nach Hause.

Sie gingen zu ihrer Familie.

Oder zu ihren Freunden.

Dann konnten sie reden. Spaß haben.

Ins Kino gehen.

Doch ich hatte leider niemanden zum Reden. Ich war neu in der Stadt.

Auf der Straße stand eine Gruppe von Menschen. Direkt gegenüber.

Sie sahen mein Haus an.

Offenbar fanden sie das Haus schön.

Die Menschen machten sogar Fotos von meinem Haus.

War mein Haus irgendwie besonders?

Ich müsste mal die Nachbarn fragen.

Aber ich hatte noch nie einen Nachbarn gesehen.

 

Ich öffnete das Fenster und rauchte eine Zigarette.

Dann machte ich das Fenster schnell wieder zu. Es war kalt.

Die Bäume auf der Straße hatten schon ihre Blätter verloren. Es wurde Winter.

Auch in meiner Wohnung war es langsam etwas kalt.

Bald musste ich die tolle Fußboden-Heizung anmachen.

Aber ich wusste gar nicht, wie das geht.

Eine normale Heizung, die dreht man einfach auf.

Aber eine Fußboden-Heizung, wo macht man die an?

Ich wusste es nicht.
3

Jetzt wurde es auch schon dunkel.

Dabei war es erst vier Uhr.

Draußen gingen die Straßenlaternen an.

Da hörte ich ein Geräusch. Es klopfte.

An der Tür. An meiner Tür.

Es hatte noch nie an meiner Tür geklopft.

Vielleicht war es ein Nachbar?

Bestimmt war es ein Nachbar.

Wer sollte denn sonst bei mir klopfen?

Ich öffnete die Tür und sah einen Mann. Einen großen Mann in einem langen Mantel.

Er hatte graue Haare und trug eine dicke Brille, sein Gesicht hatte viele Falten.

»Guten Abend. Ich will mich Ihnen kurz vorstellen, mein Name ist Müller.«

Seine Stimme war sehr dünn.

Herr Müller musste sehr alt sein.

Dann gab er mir seine Hand. Ich nahm sie.

Er drückte meine Hand nur sehr leicht.

Das überraschte mich, bei so einem großen Mann. Doch er war ja auch wirklich sehr alt.

»Guten Abend, Herr Müller«, sagte ich.

Und lächelte ihn an.

Ich freute mich, dass ich endlich einen meiner Nachbarn kennenlernte.

»Darf ich einen Moment rein kommen?«, sagte er.

»Aber gern«, sagte ich.

Er zog seinen Mantel aus. Das dauerte sehr lange.

Dann setzten wir uns auf mein Sofa.
4

»Möchten Sie etwas trinken, Herr Müller? Ich habe Kaffee, Saft und Bier.«

»Nein, danke. Ich wollte Ihnen nur kurz Guten Abend sagen.«

»Das ist nett von Ihnen, ich habe noch niemanden von den Nachbarn kennengelernt.

Wohnen Sie schon lange hier?«, fragte ich.

»Ich wohne gar nicht hier«, sagte Herr Müller.

 

Ich sah ihn an.

»Ich bin nur auf der Straße vorbei gegangen und habe Sie gesehen. An Ihrem Fenster.«

Ich war verwirrt.

Ich hatte keinen Nachbarn in die Wohnung gelassen, sondern einen Fremden.

Herr Müller lächelte.

Dann sagte er: »Ich wollte nur einmal wieder diese Wohnung sehen.«

»Mal wieder?«, fragte ich.

»Ich war früher oft in dieser Wohnung.

Doch das ist sehr lange her. Das war vor 50 Jahren.

Die Wohnung war lange Zeit nicht vermietet.

Das wird Sie sicher nicht überraschen.«

 

»Warum?«, fragte ich.

Herr Müller schwieg.

Was wollte dieser Mann?

Ich hatte zwar keine Angst vor ihm.

Er war wirklich sehr alt.

Aber ich wurde ein bisschen nervös.

Sollte ich ihn fragen, was er wollte?

Aber ich wollte nicht unhöflich sein.

Vielleicht wollte er ja auch einfach nur reden.

Alte Leute waren oft einsam. Oder?

 

»Fühlen Sie sich wohl hier?«, fragte er.

»Aber ja«, antwortete ich.

»Das ist gut. Die Sache ist ja jetzt auch schon lange her. Man muss die Vergangenheit ruhen lassen.«

»Welche Sache meinen Sie denn?«, fragte ich.

Doch er lächelte mich nur an.

Dann rieb er sich die Hände und sagte:

»Es ist etwas kühl bei Ihnen.«

»Ja, ich muss bald die Heizung an machen. Ich habe eine Fußboden-Heizung«, sagte ich stolz.

»Und von dieser Sache wissen Sie wirklich nichts?«, sagte Herr Müller. »Oder war das ein Witz?«

 

Ich sah ihn an.

»Hat man Ihnen das nicht gesagt?

Dass Sie in der Wohnung von Rosi wohnen?«

»Rosi?«, fragte ich.

»Na, die berühmte Rosi«, sagte Herr Müller.

»Eigentlich hatte sie einen anderen Namen.

Aber wir kannten sie alle unter dem Namen Rosi. Sie kennen sie wirklich nicht? Das ist ja verrückt.

Aber Sie sind ja auch sehr jung.«

 

Er redete weiter:

»Na gut, dann erzähle ich Ihnen jetzt die Geschichte von Rosi.

Schließlich war sie einmal die berühmteste Frau von ganz Frankfurt.«

 

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Herr Müller hatte mich nicht gefragt, ob ich die Geschichte hören wollte.

Er fing einfach an zu erzählen und lächelte dabei. Er lächelte viel.

»Es gab mal eine Zeit, da wusste jeder in Frankfurt, wer Rosi war.

Sie kam aus einer armen Familie.

Eigentlich war das kaum eine Familie.

Ihren Vater hatte Rosi nicht gekannt.

Und als sie klein war, kam ihre Mutter ins Gefängnis.

Sie wuchs bei anderen Leuten auf. Und im Heim. In einem Dorf.

Sie war nur wenige Jahre zur Schule gegangen und konnte kaum schreiben.

Aber sie hatte einen starken Willen.

Sie wollte nicht arm sein. Sie wollte Geld.

Also ging sie weg aus dem Dorf. Aus ihrer Heimat.

Nach Frankfurt. Und bald kannte sie jeder.«

 

»Das haben Sie jetzt schon zum dritten Mal gesagt«, sagte ich.

»Warum kannte sie denn jeder?«

Herr Müller sprach jetzt noch leiser als zuvor:

»Sie hat ihr Geld mit Sex verdient.

Sicher, das tun in Frankfurt viele.

Aber sie ist damit reich geworden.

Sie hatte gelernt, eine feine Dame zu sein.

Sie lernte Englisch. Und Französisch.

Und wie man sich in feinen Restaurants benimmt.

Bald waren unter ihren Kunden viele reiche Leute.

Und am Schluss verdiente sie fast genau so viel wie die. Sie wurde selbst reich.

 

Sie hatte eine Putzfrau und bekam jeden Tag von der Bäckerei frische Brötchen vor ihre Tür gelegt.

Aber vor allem: Sie hatte einen nagelneuen Mercedes.

Ein schwarzes Cabrio. Mit roten Sitzen. Und weißen Reifen.

Mit dem fuhr sie durch Frankfurt und suchte Männer. Kunden. Freier.

Sie fuhr langsam neben ihnen her.

Drehte die Musik laut auf. Hupte.

Und die Kunden stiegen zu ihr ins Auto.

Verstehen sie? Es war genau umgekehrt wie am Straßenstrich.

Die Kunden stiegen zu ihr ins Auto! In ihr Auto.

Einer ihrer Kunden, der hatte ganz viele Fabriken. Und Stahlwerke.

Er war in Rosi verliebt. Er hat Gedichte für sie geschrieben und ihr Diamanten geschenkt.

Und einen Werkzeugkasten.«

»Einen Werkzeugkasten?«, fragte ich.

»Ja«, sagte er. »Einen Werkzeugkasten.«

Er zuckte mit den Schultern und sprach weiter:

»Rosi hatte auch sehr gerne aus diesem Fenster raus geschaut. Oder sich einfach nur gesonnt.

Außerdem hatte sie einen ganz weißen Pudel.

Jede Woche ging sie extra in die Metzgerei, um Kalbsleber für ihn zu kaufen.

Joe. So hieß der Pudel. Sie hatte ihn sehr geliebt.

Nur manchmal, wenn Kunden kamen, hatte sie ihn ins Schlafzimmer gesperrt.

Auch ich war einer von diesen Kunden.

Ich hatte Rosi auf der Kaiserstraße kennengelernt.

Da stand sie vor ihrem Mercedes Cabrio und hatte die Motorhaube auf.

Ich dachte, sie hat eine Panne mit dem Auto und wollte helfen.

Doch mit dem Auto war alles in Ordnung.

Sie hatte das nur gemacht, um mit mir zu reden.

Dann fuhren wir zu...
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Autor

Hauke Hückstädt, geb. 1969 in Schwedt/Oder, siedelte 1984 nach Hannover über, machte dort eine Lehre zum Tischler und schloss nach Abitur und Zivildienst 1999 das Studium der Germanistik und Geschichte an der Leibniz Universität Hannover ab. Von 1995 bis 2001 war er im Leitungsteam der Veranstaltungsinstitution Literarischer Salon Hannover tätig, schrieb Literaturkritiken für Radio und Zeitungen, veröffentlichte Gedichte, Übersetzungen, Aufsätze, Porträts, Reden und Essays. Im Sommer 2000 war er Assistent der Programmleitung Wörter:Welt im Deutschen Pavillon auf der EXPO 2000. Von Oktober 2000 bis April 2010 war er Geschäftsführer und Programmleiter der Veranstaltungsinstitution Literarisches Zentrum Göttingen e. V. Seit 2004 erhielt er in loser Folge Lehraufträge der Georg-August-Universität Göttingen sowie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main zu Themen der Gegenwartspoesie und Literaturvermittlung. Im September 2008 war er als 1. Artist in Residence an der Universität Nanjing in China tätig. Seit Juli 2010 ist er Leiter des Literaturhaus Frankfurt am Main e. V.Hückstädt lebt in Frankfurt am Main, ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern.