Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Das Museum der unerfüllten Versprechen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am31.08.20201
In ihrem neuen Roman erzählt Elizabeth Buchan von einem besonderen Ort voller Wunder und Traurigkeit, Hoffnung und Verlust: »Das Museum der unerfüllten Versprechen«. Auf zwei Zeitebenen und in zwei atmosphärischen Städten - das Paris der Gegenwart und Prag in den 80er-Jahren - entfaltet sich die Geschichte einer zarten und zugleich gefährlichen Liebe und einer bewegenden inneren Reise.   Mitten in Paris befindet sich ein außergewöhnliches Museum, das Museum der unerfüllten Versprechen. Jedes seiner Ausstellungsstücke - eine leere Keksdose, ein Zugticket, ein Babyschuh - steht für einen Moment voller Trauer und Verrat. Doch wer hier einen Gegenstand abgibt, macht sich damit frei von den Dämonen der Vergangenheit. Auch Laure, die Besitzerin des Museums, hofft auf diesen befreienden Effekt. Unter den Exponaten sind Zeugnisse ihrer eigenen Jugend. Sie führen ins Prag des Jahres 1985, wo Laure als Au-pair gearbeitet hat. Als sie sich in einen rebellischen jungen Musiker verliebt, hat das schreckliche Konsequenzen. Denn das Leben hinter dem Eisernen Vorhang ist kompliziert - und Gefahr lauert überall.   »Eine Perle von einem Buch - elegant geschrieben und wunderschön!« Marian Keyes

Elizabeth Buchan lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in London. Sie arbeitete mehrere Jahre in der Verlagsbranche und schrieb eine Beatrix-Potter-Biographie für Kinder sowie bislang neun Romane für Erwachsene. Auf deutsch erschienen zuletzt »Im Zwiespalt des Lebens«, »Ein gewisses Alter« und »Rosen für die zweite Frau«.
mehr

Produkt

KlappentextIn ihrem neuen Roman erzählt Elizabeth Buchan von einem besonderen Ort voller Wunder und Traurigkeit, Hoffnung und Verlust: »Das Museum der unerfüllten Versprechen«. Auf zwei Zeitebenen und in zwei atmosphärischen Städten - das Paris der Gegenwart und Prag in den 80er-Jahren - entfaltet sich die Geschichte einer zarten und zugleich gefährlichen Liebe und einer bewegenden inneren Reise.   Mitten in Paris befindet sich ein außergewöhnliches Museum, das Museum der unerfüllten Versprechen. Jedes seiner Ausstellungsstücke - eine leere Keksdose, ein Zugticket, ein Babyschuh - steht für einen Moment voller Trauer und Verrat. Doch wer hier einen Gegenstand abgibt, macht sich damit frei von den Dämonen der Vergangenheit. Auch Laure, die Besitzerin des Museums, hofft auf diesen befreienden Effekt. Unter den Exponaten sind Zeugnisse ihrer eigenen Jugend. Sie führen ins Prag des Jahres 1985, wo Laure als Au-pair gearbeitet hat. Als sie sich in einen rebellischen jungen Musiker verliebt, hat das schreckliche Konsequenzen. Denn das Leben hinter dem Eisernen Vorhang ist kompliziert - und Gefahr lauert überall.   »Eine Perle von einem Buch - elegant geschrieben und wunderschön!« Marian Keyes

Elizabeth Buchan lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in London. Sie arbeitete mehrere Jahre in der Verlagsbranche und schrieb eine Beatrix-Potter-Biographie für Kinder sowie bislang neun Romane für Erwachsene. Auf deutsch erschienen zuletzt »Im Zwiespalt des Lebens«, »Ein gewisses Alter« und »Rosen für die zweite Frau«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492995405
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum31.08.2020
Auflage1
SpracheDeutsch
Dateigrösse5522 Kbytes
Artikel-Nr.5075081
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Österreich

Ein zwanzigjähriges Mädchen mit einer verbundenen Hand wartet auf dem Bahnsteig, neben sich einen Koffer, in den es einen Rucksack gestopft hat, der ansonsten jedoch leer ist, denn er dient nur dem Schein.

Der Bahnsteig ist grau und so schlecht instand gehalten, dass Pflanzen durch den rissigen Asphalt drängen. Dasselbe gilt für die Schienen, wo das Unkraut fröhlich zwischen den Schwellen hervorsprießt.

Der Blick des Mädchens wandert von rechts nach links, sucht nach einem Informanten. Einem dieser schmuddeligen, manchmal aber so verzweifelten Menschen, die sich damit über Wasser halten, andere anzuschwärzen. Langsam wird sie eine Expertin darin, sie zu erkennen.

Angestrengt sieht sie in die Ferne. Der Bahnhof ist klein und abgeschieden, umgeben von Wald. Eschen, Kiefern und wunderschöne Weißbirken. Durch eine Lücke zwischen den Bäumen entdeckt sie die Ansammlung von roten Dächern des Zentrums, aus der sich die barocke Kirche mit dem Zwiebelturm erhebt. So typisch für Mitteleuropa, denkt sie, und ihr stockt der Atem. Für das freie Europa.

Ein Paar kommt auf den Bahnsteig. Die Frau hat eine Reisetasche bei sich, er einen größeren Koffer, den er abstellt. Die Frau ist schlank, eingehüllt in einen cremefarbenen Mantel. Er ist gedrungener und trägt einen Tirolerhut mit einer Feder im Hutband. Sie sind wohlhabend und selbstgefällig, und das Mädchen hasst sie auf den ersten Blick. Sie können ihre Hintern im Zug platzieren und in aller Ruhe bis Wien sitzen bleiben.

Das Mädchen dreht sich in die Richtung, aus der der Zug auftauchen wird, von der Grenze zwischen der kommunistischen Tschechoslowakei und Österreich, wo das Mädchen gerade wartet. Obwohl die Bahnstrecke zur Blütezeit der Habsburger errichtet und gut geplant wurde, würde es keine einfache Reise sein - aber das war es wohl noch nie.

Sollte der Fahrplan wie vorgesehen eingehalten werden - worauf man in der Tschechoslowakei besser nicht zählte -, dann müsste die tankartige, rußgeschwärzte Lokomotive des Sowjetblocks mit dem roten Stern jetzt in den Grenzbahnhof zwischen der Tschechoslowakei und Österreich einfahren, wo die Lokomotiven gewechselt werden. Da sie eine Woche zuvor die gleiche Reise zwischen Prag und Wien absolvierte, weiß sie, dass es einen Extrabahnsteig gibt, abgetrennt durch eine Mauer und Stacheldraht, auf dem die Beamten der Ausweis- und Zollkontrolle warten.

Sie ist keine Tschechoslowakin. Ihre Reisefreiheit war nicht infrage gestellt worden. Dennoch hatte sie bei der Zugreise bemerkt, dass sie mit dem Erreger der Unterdrückung infiziert war. Schweißnasse Handflächen. Beständiger Harndrang. Kontrollzwang, Überprüfen ihrer Mitreisenden. Paranoia ist verworren. Ihr ist es egal, von welcher Philosophie sie sich nährt.

In Äeské Velenice an der Grenze waren die tschechoslowakischen Grenzrüpel durch die Waggons gestapft, wie sie das wohl auch in diesem Moment tun würden. Mucksmäuschenstill hatten sie und die anderen Reisenden dagesessen. Polizisten mit Hunden waren auf dem Bahnsteig am Fahrwerk des Zuges entlanggelaufen und hatten überprüft, ob es irgendwelche blinden Passagiere gab, die sich unten am Zug festhielten.

Als das Entwarnungssignal ertönt war, hatte sich die tschechoslowakische Lokomotive abgekoppelt, dann ein kurzes Rumpeln, als sie durch die glänzende westliche Lok ersetzt wurde.

Sie weiß noch, wie sie ihren britischen Pass mit der verletzten Hand umklammert und versucht hatte, nicht an die blinden Passagiere zu denken. Wie sie sich stattdessen auf ihn konzentriert hatte - darauf, wie sie sich kennengelernt hatten und wie es zu dem wurde, was es jetzt war.

Dann, genau wie jetzt auch, hatte sie über die Liebe nachgedacht und darüber, von welch außergewöhnlichem, aufrührerischem Wesen sie doch war und wie diese Liebe sie aufzehrte. Darüber, wie sich ihr Leben verändert hatte.

Wenn sie die Augen schließt, kann sie ihn heraufbeschwören. Seine Berührung, seinen Geruch, seinen Körper.

Die einzige Bank auf dem Bahnsteig beim Warteraum ist frei, und sie setzt sich. Das Holz ist knorrig und splittert, ein absoluter Garant für Laufmaschen in Strumpfhosen.

Sie zündet sich eine Zigarette an.

Milos würde den Plan unzählige Male mit Tomas durchgegangen sein. Die Details, darauf kommt es an. Sie erinnert sich, wie Milos ihr von den Fluchtplänen erzählt hatte. Lerne sie auswendig. Der richtige Sitzplatz, der richtige Bahnhof, die richtige Kleidung â¦ Du musst sie davon überzeugen, dass deine Reise normal ist und du die Erlaubnis hast, sie zu unternehmen.

Bestimmt war eine Kiste Champagner zum Wachturm geschickt worden.

Das funktioniert fast immer, hatte Milos gesagt. Mach sie betrunken.

Schritt für Schritt. Das genaue Ausarbeiten und Konzipieren eines Fluchtplans war schrecklich riskant, weil er in Teilen auf Vertrauen basierte.

Ihr Herzschlag beschleunigt sich. Nicht über einen Fehlschlag nachdenken.

Es wäre Wahnsinn, würde man am Grenzpunkt in Gmünd einen Fluchtversuch starten. Selbstmörderisch. Jeder weiß das. Da wählte man besser diesen unauffälligen Bahnhof auf der anderen Seite der Grenze, deshalb ist sie hier.

On arrive, versprach er ihr in schrecklichem Französisch. »Ich komme.«

Der Herbstwind peitscht die Baumwipfel. Ihre Zigarette flammt auf und erlischt. Sie tritt den Stummel mit dem Stiefel aus und erzittert.

Die Informanten. Wer sind sie? Die Antwort: jeder, selbst deine Großmutter. Sobald man verstanden hat, dass eine ältere Frau mit einem Einkaufsnetz voller Gemüse ebenso gefährlich ist wie der Rowdy in der Lederjacke, wird klar, dass jeder jeden manipulieren kann. Sie weiß, dass die Informanten, sehr viel häufiger, als sie gedacht hatte, ebenso ängstlich sind wie die Zielpersonen, die sie ausspionieren.

Warten.

Warten ist eine Kunstform. Diejenigen, die in Osteuropa leben, sind damit sehr vertraut. Die trockenen Lippen. Das pochende Herz.

Sie steckt die kalten Hände in die Taschen ihres Mantels. Mit der Linken umklammert sie das Zugticket, das sie für ihre Flucht benutzte. Prag, Tábor, Gmünd â¦ Sie weigert sich, es wegzuwerfen.

Der ältliche VW, den sie bei einer Werkstatt erstanden hat, steht vor dem Bahnhof. Weiß Gott, in welchem Zustand er ist, Hauptsache, er bringt sie nach England, alles andere ist ihr völlig egal. Auf dem Rücksitz liegen ein Laib Brot, Wurst, Äpfel und Bier.

»Du wirst mich heiraten müssen, wenn du in England bleiben willst.«

»Ach tatsächlich?«

Ihr Magen krampft sich schmerzhaft zusammen, und sie fängt an zu zittern.

Sie weiß, was sie getan hat.

Sie weiß es.

Sie sieht auf die Uhr. In der Welt, aus der sie unlängst geflohen ist, werden viele Witze über Fahrpläne gemacht: Sie seien so dehnbar wie Kaugummi, sagt man. Jetzt lacht sie nicht darüber.

Wieder sieht sie auf die Uhr.

Wenn alles gut geht, dann fährt die frisch angehängte Lokomotive jetzt zur Grenze, wo die Grenzpolizei im Begriff ist, die Betonschranken hochzufahren, damit der Zug passieren und in Richtung Wien an Geschwindigkeit zulegen kann.

Wenn alles gut geht.

Die Instruktionen würden sehr genau sein, das weiß sie. Er würde seine Haare kurz geschnitten und einen Anzug tragen müssen - so gar nicht sein Stil. Außerdem müsste er seinen gefälschten Pass immer griffbereit haben.

»Ich hoffe, dein Name wird nicht Wilhelm sein«, hatte sie ihm gesagt, als sie sich voneinander verabschiedeten. »Ich weigere mich, einen Wilhelm zu lieben. Es sollte Viktor sein, für Victory.«

Auf der Bahnhofsbank betet sie darum, dass er einen Sitzplatz am Gang hat - Gangplätze liegen besser, um einen Fluchtversuch zu starten. In seinem Aktenkoffer müssten sich ein fingierter Ablauf der Geschäftstermine für seinen viertägigen Aufenthalt in Wien und eine gefälschte Hotelbuchung befinden.

Mit zusammengekniffenen Augen späht sie in die Ferne. Ganz weit hinten bewegt sich ein Zug vor der herbstlichen Kulisse. Langsam wird er größer, hält auf den Bahnhof zu; die Räder quietschen beim Bremsen auf den Schienen, als er seine Geschwindigkeit drosselt. Ein Gestank von Anthrazit und billiger Kohle schwebt über dem Bahnhof.

Was ist Liebe? Was ist ihre Liebe? Tief, unendlich, brennend, zart â¦ all diese Worte.

Schuldig?

Ihre Hände ballen sich zu Fäusten.

Steile Tritte führen von den Waggons nach unten, die Fahrgäste steigen aus. Einem Kleinkind wird gut zugeredet. Ein älterer Mann klammert sich am Geländer fest und nimmt allen Mut zusammen.

Das blasierte, wohlhabende Paar wartet etwas weiter vorn am Gleis darauf, einsteigen zu können.

Der Wind dreht sich, treibt ihr Tränen in die Augen. Aus dem dritten Waggon steigt ein Mann in einem Nadelstreifenanzug und schwarzen Budapestern aus. Ein Hut verdeckt sein Gesicht, aber er hat kurze Haare und ein rotes Taschentuch in der Brusttasche stecken.

Ihre Augen tränen inzwischen so sehr, dass sie kaum etwas erkennen kann.

Ihr Herz pocht vor Erleichterung.

Aber dann â¦

Die Gestalt bleibt vor ihr stehen. »Laure.«

Ihre Sicht ist nicht länger verschleiert. O Gott.

Ihr Innerstes löst sich auf, ihre Knie geben nach. Gleich wird sie auf dem grauen Bahnsteig zusammenbrechen.

Petr streckt eine Hand aus.

Ihre hängt reglos neben ihr herunter. »Wo ist Tomas? Sag mir, wo er ist.«

»Das kann ich dir nicht sagen.«

»Lebt er noch?«

»Das kann ich dir nicht sagen.«

Er betrachtet sie mit einer Mischung aus Mitleid und Geringschätzung. In einem kurzen, lichten Moment wird ihr klar, dass Petrs Gefühle für sie nicht so...
mehr

Autor

Elizabeth Buchan lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in London. Sie arbeitete mehrere Jahre in der Verlagsbranche und schrieb eine Beatrix-Potter-Biographie für Kinder sowie bislang neun Romane für Erwachsene. Auf deutsch erschienen zuletzt "Im Zwiespalt des Lebens", "Ein gewisses Alter" und "Rosen für die zweite Frau".