Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Der Brief für den König

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Julius Beltz GmbHerschienen am11.03.20201. Auflage
Ausgerechnet in der Nacht, bevor Tiuri zum Ritter geschlagen werden soll, ereilt ihn der Hilferuf eines Fremden: Tiuri muss sofort aufbrechen, um eine geheime Botschaft in das sagenhafte Königreich Unauwen zu bringen. Kaum hat Tiuri auf dem Pferd die Stadt verlassen, heften sich Spione und feindliche Ritter an seine Fersen. Tiuris Mut ist gefordert und er gerät in große Gefahr. Wem kann er jetzt noch trauen? Der Klassiker unter den fantastischen Abenteuerromanen - jetzt als Netflix-Serie!

Tonke Dragt (1930 - 2024) wurde in Batavia (dem heutigen Djakarta) in Indonesien geboren. Nach ihrer Internierung während des zweiten Weltkriegs durch die Japaner kam Tonke Dragt nach Holland, wo sie die Akademie für Bildende Künste in Den Haag besuchte und als Zeichenlehrerin tätig war. Sie lebte als freie Schriftstellerin in Den Haag.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextAusgerechnet in der Nacht, bevor Tiuri zum Ritter geschlagen werden soll, ereilt ihn der Hilferuf eines Fremden: Tiuri muss sofort aufbrechen, um eine geheime Botschaft in das sagenhafte Königreich Unauwen zu bringen. Kaum hat Tiuri auf dem Pferd die Stadt verlassen, heften sich Spione und feindliche Ritter an seine Fersen. Tiuris Mut ist gefordert und er gerät in große Gefahr. Wem kann er jetzt noch trauen? Der Klassiker unter den fantastischen Abenteuerromanen - jetzt als Netflix-Serie!

Tonke Dragt (1930 - 2024) wurde in Batavia (dem heutigen Djakarta) in Indonesien geboren. Nach ihrer Internierung während des zweiten Weltkriegs durch die Japaner kam Tonke Dragt nach Holland, wo sie die Akademie für Bildende Künste in Den Haag besuchte und als Zeichenlehrerin tätig war. Sie lebte als freie Schriftstellerin in Den Haag.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783407755919
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum11.03.2020
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse3824 Kbytes
Artikel-Nr.5079613
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


I
DER AUFTRAG



Die Nachtwache in der Kapelle


Tiuri kniete auf dem steinernen Boden der Kapelle und starrte in die bleiche Flamme der Kerze, die vor ihm stand. Wie spät mochte es sein? Er sollte ernsthaft über die Pflichten nachdenken, die ihn erwarteten, wenn er Ritter war, aber seine Gedanken schweiften immer wieder ab. Manchmal dachte er sogar überhaupt nichts. Er fragte sich, ob es seinen Freunden wohl genauso erging.

Er blickte zur Seite, zu Foldo und Arman, zu Wilmo und Jiusipu hinüber. Foldo und Wilmo schauten auf ihre Kerzen, Arman hatte sein Gesicht in den Händen verborgen. Jiusipu saß aufrecht und starrte nach oben; plötzlich jedoch änderte er seine Haltung und blickte Tiuri in die Augen. Sie sahen einander eine Zeit lang an; dann wandte Tiuri sich ab und richtete den Blick wieder auf die Kerze.

Woran mochte Jiusipu wohl denken?

Wilmo bewegte sich und machte mit dem Schuh ein scharrendes Geräusch auf dem Boden. Die anderen schauten alle gleichzeitig in seine Richtung. Wilmo neigte den Kopf, als ob er sich schäme.

Wie still es hier ist, dachte Tiuri kurze Zeit später. So still ist es in meinem Leben noch nie gewesen. Ich höre nur unsere Atemzüge und vielleicht, wenn ich gut hinhöre, das Klopfen meines Herzens ...

Die fünf jungen Leute durften nicht miteinander reden - während der ganzen Nacht durften sie kein einziges Wort sagen. Und sie durften keinerlei Verbindung mit der Außenwelt haben. Sie hatten selbst die Kapellentür abgeschlossen und würden sie erst am nächsten Morgen um sieben Uhr wieder öffnen, wenn die Ritter König Dagonauts kamen, um sie abzuholen.

Morgen früh! Tiuri sah den Festzug vor sich: die Ritter auf ihren Pferden, deren Zaumzeug prächtig geschmückt war, die farbigen Schilde und die wehenden Banner. Auch sich selbst sah er, auf einem feurigen Pferd sitzend, in einen blinkenden Harnisch gehüllt, mit Helm und wehendem Federbusch.

Er schüttelte diese Vision von sich ab. Er durfte nicht an die Äußerlichkeiten der Ritterschaft denken, sondern sollte sich vornehmen, treu und ehrlich, tapfer und hilfsbereit zu sein.

Das Kerzenlicht tat seinen Augen weh. Er schaute zum Altar hinüber, wo die fünf Schwerter bereitlagen. Darüber hingen die Schilde; sie glänzten im flackernden Licht der Kerzen.

Morgen wird es zwei Ritter geben, die das gleiche Wappen tragen, dachte er. Vater und mich. Sein Vater hieß ebenfalls Tiuri; man nannte ihn den »Tapferen«. War er jetzt wohl noch wach und dachte an seinen Sohn? Ich hoffe, dachte Tiuri, dass ich ein genauso guter Ritter werde wie er.

Kurz darauf tauchte ein neuer Gedanke in ihm auf: Stell dir vor, wenn jetzt jemand an die Tür klopfte! Dann dürften wir nicht öffnen. - Er erinnerte sich an eine Geschichte, die Ritter Fartumar, dessen Schildknappe er gewesen war, ihm einmal erzählt hatte. Als der in der Nacht vor seinem Ritterschlag in der Kapelle gewacht hatte, war plötzlich laut gegen die Tür geschlagen worden. Er war damals mit drei Freunden dort gewesen, aber keiner von ihnen hatte die Tür geöffnet. Und das war auch ihr Glück, denn später stellte sich heraus, dass es ein Diener des Königs gewesen war, der sie auf die Probe stellen wollte.

Tiuri blickte wieder zu seinen Gefährten hinüber. Sie saßen immer noch in derselben Haltung. Es war bestimmt schon nach Mitternacht. Seine Kerze war fast ganz niedergebrannt; sie war die kürzeste von den fünfen. Vielleicht lag es daran, dass er am nächsten bei einem der Fenster saß. Es zog hier, er fühlte immer wieder einen kalten Luftzug an sich vorbeifließen.

Wenn meine Kerze ausgebrannt ist, zünde ich keine neue an, dachte er. Es schien ihm angenehmer, im Dunkeln zu sitzen, so dass die anderen ihn nicht sehen konnten. Er hatte keine Angst, dass er einschlafen könnte.

Schlief Wilmo? Nein, er bewegte sich.

Ich wache nicht so, wie es sich gehört, dachte Tiuri.

Er faltete die Hände und richtete seine Augen auf das Schwert, das er nur für eine gute Sache würde benutzen dürfen. Er sprach im Stillen die Worte, die er am folgenden Tag zu König Dagonaut sagen würde: »Ich gelobe, Euch als Ritter treu zu dienen und ebenso all Euren Untertanen und jedem, der meine Hilfe erbittet. Ich gelobe ...«

Da wurde an die Tür geklopft - leise, aber deutlich vernehmbar.

Die fünf jungen Leute hielten den Atem an, aber sie blieben regungslos sitzen.

Es klopfte erneut.

Die jungen Männer schauten einander an, ohne jedoch zu sprechen oder sich zu rühren. Sie hörten, dass der Türknopf gedreht wurde. Danach hörte man das Geräusch von Schritten, die sich langsam entfernten.

Sie seufzten tief auf, alle fünf gleichzeitig.

Jetzt ist es passiert, dachte Tiuri. Es war merkwürdig, aber er hatte das Gefühl, dass er darauf gewartet hatte - während der ganzen Zeit seiner Wache. Sein Herz klopfte so laut, dass ihm schien, als müssten auch die anderen es hören. Komm, bleib ruhig, sagte er zu sich selbst. Vielleicht war es ein Fremder, der nicht wusste, dass wir hier wachen, oder jemand, der uns ärgern wollte oder auf die Probe stellen ...

Trotzdem wartete er gespannt, ob er wieder etwas hören würde. Seine Kerze leuchtete noch einmal besonders hell auf und erlosch dann mit einem leisen Zischen. Jetzt saß er im Dunkeln.

Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er über seinem Kopf ein leises Geräusch hörte. Es war, als ob jemand mit den Fingernägeln am Fenster kratzte!

Und dann hörte er eine Stimme, so leise wie ein Hauch, die sagte: »Im Namen Gottes - mach die Tür auf!«



Die Bitte eines Unbekannten


Tiuri richtete sich auf und schaute zum Fenster empor. Er sah nichts, keinen Schatten, so dass er hätte denken können, er hätte es sich nur eingebildet. Wenn es nur so wäre! Er konnte ja doch nicht tun, was die Stimme von ihm erbeten hatte, auch wenn sie noch so dringend geklungen hatte. Er barg sein Gesicht in den Händen und versuchte alle Gedanken zu verbannen, die in ihm umgingen.

Aber dann hörte er wieder die Stimme, ganz deutlich, obwohl es nicht mehr als ein Flüstern war: »Im Namen Gottes, mach auf!« Es klang fast noch dringender als beim ersten Mal.

Tiuri blickte zu seinen Freunden hinüber, doch die sahen aus, als hätten sie nichts gehört. Aber er hatte es wohl gehört! »Im Namen Gottes, mach auf!«

Was nun? Er durfte die Tür nicht öffnen ... Wenn es nun aber ein Mensch in Not war, ein Flüchtling, der Asyl suchte?

Er horchte. Es war wieder still. Die Stimme klang jedoch in seinen Ohren nach; er würde sie niemals vergessen können. Oh, warum musste dies gerade jetzt passieren? Warum musste ausgerechnet er diesen Hilferuf hören? Er durfte nicht darauf antworten aber er würde auch nicht beruhigt sein, bevor er es getan hatte.

Er zögerte. Dann fasste er einen Entschluss. Er stand leise auf; es machte ihm Mühe, denn er war steif geworden von dem langen Knien auf dem kalten Boden. Er tastete sich an der Wand entlang in Richtung Tür. Ab und zu blickte er sich nach seinen Freunden um. Er glaubte nicht, dass sie etwas gemerkt hatten - oder doch? Arman schaute in seine Richtung, aber Arman würde ihn nie verraten.

Es schien endlos lange zu dauern, bis er die Vorhalle erreichte. Noch einmal warf er einen Blick zurück: auf seine Freunde, auf den Altar und die Schilde darüber, auf das Licht der vier Kerzen und die Schatten zwischen den Säulen und im Deckengewölbe. Dann ging er durch die kleine Vorhalle zur Tür und griff nach dem Schlüssel.

Wenn ich öffne, dachte er, habe ich die Regeln missachtet. Dann darf ich mich morgen nicht zum Ritter schlagen lassen.

Er drehte den Schlüssel um, öffnete die Tür einen Spaltbreit und sah hinaus.

Auf der Schwelle stand ein Mann, in eine weite Kutte gekleidet, die Kapuze über den Kopf gezogen. Tiuri konnte seine Gesichtszüge nicht erkennen; dazu war es zu dunkel. Er machte die Tür ein bisschen weiter auf und wartete schweigend, dass der andere etwas sagen würde.

»Ich danke Euch!«, flüsterte der Unbekannte. Tiuri blieb...

mehr

Autor

Tonke Dragt (1930 - 2024) wurde in Batavia (dem heutigen Djakarta) in Indonesien geboren. Nach ihrer Internierung während des zweiten Weltkriegs durch die Japaner kam Tonke Dragt nach Holland, wo sie die Akademie für Bildende Künste in Den Haag besuchte und als Zeichenlehrerin tätig war. Sie lebte als freie Schriftstellerin in Den Haag.