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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am24.03.20201. Auflage
Victor Hugo (1802 - 1885), der produktivste und populärste unter den großen Schriftstellern des 19. Jahrhunderts in Frankreich, ist hierzulande vor allem als Autor der Romane «Der Glöckner von Notre Dame» und «Die Elenden» bekannt. Gewiss sind diese Werke Höhepunkte eines Schaffens, das alle literarischen Gattungen umfasst und in dem sich die großen Umwälzungen der Epoche abbilden. Hugo war jedoch nicht nur Literat: Der engagierte Intellektuelle wurde zum Widersacher der Diktatoren seiner Zeit und zum Fürsprecher der Unterdrückten. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Karlheinrich Biermann, Studium der Romanistik, der Philosophie und der Evangelischen Theologie, teilweise auch der Germanistik und der Geschichte, nach Promotion und Habilitation Professor für Romanische Philologie (Literaturwissenschaft) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.Buchveröffentlichungen: «Selbstentfremdung und Mißverständnis in den Tragödien Jean Racines» (1970); «Literarisch-politische Avantgarde in Frankreich 1830 - 1870 (1982); «Mexiko» (1993); Co-Autor der «Französischen Literaturgeschichte», hg. von J. Grimm (1989/1994/2006); «Victor Hugo» (rm 50565, 1998); «Marcel Proust» (rm 50624, 2005); «Antoine de Saint-Exupéry» (rm 50547, 2012). Arbeitsschwerpunkte: neuere französische Literatur, frankophone Literatur außerhalb Frankreichs, spanischsprachige Literatur Lateinamerikas.
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Produkt

KlappentextVictor Hugo (1802 - 1885), der produktivste und populärste unter den großen Schriftstellern des 19. Jahrhunderts in Frankreich, ist hierzulande vor allem als Autor der Romane «Der Glöckner von Notre Dame» und «Die Elenden» bekannt. Gewiss sind diese Werke Höhepunkte eines Schaffens, das alle literarischen Gattungen umfasst und in dem sich die großen Umwälzungen der Epoche abbilden. Hugo war jedoch nicht nur Literat: Der engagierte Intellektuelle wurde zum Widersacher der Diktatoren seiner Zeit und zum Fürsprecher der Unterdrückten. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Karlheinrich Biermann, Studium der Romanistik, der Philosophie und der Evangelischen Theologie, teilweise auch der Germanistik und der Geschichte, nach Promotion und Habilitation Professor für Romanische Philologie (Literaturwissenschaft) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.Buchveröffentlichungen: «Selbstentfremdung und Mißverständnis in den Tragödien Jean Racines» (1970); «Literarisch-politische Avantgarde in Frankreich 1830 - 1870 (1982); «Mexiko» (1993); Co-Autor der «Französischen Literaturgeschichte», hg. von J. Grimm (1989/1994/2006); «Victor Hugo» (rm 50565, 1998); «Marcel Proust» (rm 50624, 2005); «Antoine de Saint-Exupéry» (rm 50547, 2012). Arbeitsschwerpunkte: neuere französische Literatur, frankophone Literatur außerhalb Frankreichs, spanischsprachige Literatur Lateinamerikas.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644005792
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum24.03.2020
Auflage1. Auflage
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5113734
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Ein frühreifes Genie im Dienst der Restauration (1815-1830)

Je veux être Chateaubriand ou rien [Ich will Chateaubriand sein oder nichts]: Diesen Satz soll der vierzehnjährige Victor Hugo 1816 in sein Schulheft der Pension Cordier geschrieben haben. Gewiss darf eine solche Bemerkung als Dokument eines frühen Bewusstseins des einzuschlagenden Weges gewertet werden, als Ausdruck eines jungen Talents, dem die Karriere eines erfolgreichen Autors als Ideal vorschwebt, zugleich enthält sie jedoch schon eine literarische und politisch-ideologische Option. Chateaubriand zählt - neben Germaine de Staël - zu den großen Repräsentanten der frühromantischen Bewegung in Frankreich. Gegen das aufklärerische Denken des 18. Jahrhunderts hat er in seinem 1802 erschienenen epochalen Werk «Le génie du christianisme» («Der Geist des Christentums») die christlich-katholische Tradition als eine Geschichte der Schönheit und des Gefühls rehabilitiert. Die Ästhetisierung und die Emotionalisierung der Religion findet nicht nur in Kreisen der Gebildeten eine erstaunliche Resonanz, sie ebnet auch den nach Neuerungen suchenden Literaten und Künstlern bislang unbeschrittene Wege, die ihnen die noch immer dominierende klassizistische Tradition verschließt.

Gefühle der Trauer um das Verlorene, das heißt das durch die Zerstörung der alten Ordnung Verlorene, gesellschaftliche Isolation und Nutzlosigkeit («le vague à l´âme»), Sehnsucht nach dem «ailleurs», den exotischen Fernen scheinbar unberührter «wilder» Kulturen, die durch die europäische Zivilisation zerstört wurden: All dies sind Motive und Themen Chateaubriands, die sich als Symptome historischer Grunderfahrungen einer durch die Revolution und deren Folgen orientierungslos gewordenen Generation Leitmotiven gleich durch die Literatur der Frühromantik ziehen. Allein die Unterwerfung unter die Normen der Offenbarungsreligion erlaubt dem Individuum die Lösung seiner Konflikte, dies ist die Botschaft Chateaubriands. Aber auch politisch ist dieser Autor eine Symbolfigur. Wurde er zunächst als bretonischer Aristokrat Opfer der sich radikalisierenden Revolution, so befürwortet er schließlich das Bündnis zwischen anpassungsbereitem Adel und der neuen napoleonischen Machtelite, trennt sich jedoch von «Buonaparte», als deutlich wird, dass der Korse auf ein autokratisches Regime zusteuert, das den alten Adel letztlich überflüssig macht. Nach dem Sturz des Kaisers ist er Befürworter einer gemäßigten Restauration, das heißt einer durch die Verfassung gebundenen konstitutionellen Monarchie.

Gewiss wird man nicht unterstellen dürfen, dass dem vierzehnjährigen Hugo all diese Aspekte der Persönlichkeit seines großen Vorbildes bewusst sind. Immerhin begreift er sehr schnell, welche Ideen er vertreten und welche er verwerfen muss, wenn er seinen Weg gehen und sich durchsetzen will. Kaum zu entscheiden ist dabei, wo die Grenze zwischen Opportunismus und Überzeugung liegt. Aus der Mode sind nun die Ideale der Aufklärung und der Revolution, «in» ist das Bekenntnis zur christlichen Tradition und zur Monarchie der Restauration. Seine Mutter, die frühzeitig gegen den Willen des Vaters seine literarischen Ambitionen mit Wohlwollen begleitet, ist über seine literarischen und ideologischen Präferenzen wohl eher befremdet, auch wenn sie das Ende der napoleonischen Herrschaft begrüßt.

Der Vater möchte Victor Hugo, da er eine gewisse Begabung für naturwissenschaftliche Fächer erkennen lässt, auf die École Polytechnique schicken, jene von Napoleon gegründete Elitehochschule, die vor allem der Ausbildung des Offizierskorps dient. Victor setzt sich im Einvernehmen mit seiner Mutter durch: Er schreibt sich an der juristischen Fakultät ein. Sein Interesse gilt jedoch der Literatur.

Schon als Junge soll er - in der Idylle des Feuillantinerinnen-Klosters - Verse verfasst haben. Gedichte schreibt er dann während der Jahre, die er in der Pension Cordier verbringt, dazu ein Melodram und eine Komische Oper sowie Übersetzungen lateinischer Autoren. Erhalten geblieben ist teilweise die Tragödie Irtamène (1816), die in altägyptischer Verkleidung den Sturz Napoleons und die Inthronisierung Ludwigs XVIII. feiert. Sie schließt mit dem Vers Wenn man die Tyrannen haßt, muß man die Könige lieben.

Zum ersten Mal an die Öffentlichkeit tritt Hugo mit einem längeren Gedicht, das er 1817 für den Lyrikwettbewerb der Académie Française einreicht. Es hat zum Thema: Das Glück, das das Studium in allen Situationen des Lebens verschafft. Der Text Hugos bewegt sich ganz und gar im einmal vorgegebenen thematischen Rahmen, überbietet gar noch die Erwartungen der Jury. Als Beispiel für jene, die das Studium auch in ausweglosen Situationen getröstet hat, führt er den eingekerkerten König Ludwig XVI. und den Kronprinzen Ludwig XVII. an, beide Opfer von Henkern, die Frankreich verabscheut und umgeben von hundert finsteren Monstern. Recht altklug heißt es am Ende: Nein, mein Herz ist nicht geschaffen für frivole Ehrungen, der verführten Sterblichen vergängliche Idole.

Um die Bewertung dieses Textes durch die Akademie hat sich später eine Legende gebildet, die zuerst von Edmond Biré als Mystifikation enthüllt worden ist. Die Mitglieder der Akademie, von dem Gedicht begeistert, hätten ihm gern den Ersten Preis zuerkannt, wären sie nicht der Meinung gewesen, sie seien Opfer einer Täuschung, denn ein solches Kunstwerk könne doch kaum von einem Fünfzehnjährigen verfasst worden sein. Man müsse es daher bei einer «lobenden Erwähnung» belassen. In Wirklichkeit hat wohl nie die Prämierung des Gedichts zur Diskussion gestanden, es wurde auf den neunten Platz gesetzt.

Eher als die immer konservative Académie Française steht die Akademie der Blumenspiele von Toulouse in dem Ruf, junge Talente zu fördern. Sie beruft sich auf die alte Tradition der Troubadourlyrik, vergibt symbolische Blumen in Gold und Silber als Preise und veranstaltet Dichterkrönungen in musikalischem Rahmen. Dorthin wenden sich Eugène und Victor Hugo in der Hoffnung auf erste Lorbeeren. 1818 wird ein Gedicht von Eugène prämiert, ein Jahr später erhält Victor Preise für seine Oden Die Jungfrauen von Verdun und Die Wiederherstellung der Statue Heinrichs IV. 1820 wird er zum Meister der Blumenspiele gekürt für sein Gedicht Moses auf dem Nil. Zwar darf er von nun an nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen, doch er hat bereits Beziehungen geknüpft, die für seinen weiteren Werdegang von Bedeutung sind. Zu seinen Förderern zählt nun u.a. Alexandre Soumet, einer der wichtigsten Vermittler zwischen klassizistischer Tradition und romantischer Erneuerungsbewegung.

Der junge Hugo versteht es, in der Pariser Literaturszene auf sich aufmerksam zu machen. Nachdem Chateaubriand im Juli 1819 in seiner Zeitschrift «Le Conservateur» einen apologetischen Artikel über die Aufstände der Vendée veröffentlicht hat, antwortet Hugo mit einer Ode, in der die Aufständischen als Märtyrer im Kampf gegen die Tyrannei glorifiziert werden. Das Gedicht, Chateaubriand gewidmet, hat großen Erfolg im politischen und literarischen Milieu der Restauration. Doch Hugo weiß, dass die Publikation von Gedichten allein noch keine Position in der Öffentlichkeit sichern kann. So gründet er im Dezember 1819 zusammen mit seinem Bruder Abel eine literarische Zeitschrift, deren Name, Le Conservateur littéraire, sich an Chateaubriands Publikationsorgan anlehnt und wie ein Programm anmutet. Victor erlernt hier das Handwerk der journalistischen Literaturkritik, die in den folgenden Jahrzehnten von immer größerer Bedeutung für die Durchsetzung ästhetischer Konzeptionen sein wird.

Hugo fühlt sich als Schüler Chateaubriands, dies ist unverkennbar, und er schätzt die Einheit von Religiosität und Naturempfinden, wie sie in Alphonse de Lamartines «Méditations poétiques» (1820) zum Ausdruck kommt, aber er weiß sich auch den Lyrikern des späten 18. Jahrhunderts verpflichtet, insbesondere André Chénier, dem «Romantiker unter den Klassikern». Eine klare Option für die romantische Erneuerungsbewegung ist indessen noch nicht auszumachen. In einem Punkt allerdings kann es keinen Zweifel geben: Hugo versteht sich als Sänger der Restauration und verwirft alle Autoren, die diesem Vorhaben im Wege stehen. 1821 wird er Mitglied der Société des Bonnes Lettres, deren erklärtes Ziel es ist, «alle Musen zu Royalisten zu machen».

Insbesondere Hugos Oden sind dazu angetan, ein solches Ziel zu verwirklichen. Zu diesem Genre zählten schon die für die beiden Wettbewerbe in Toulouse eingereichten Gedichte. 1820/21 setzt er die Serie fort mit Texten wie Auf den Tod des Herzogs von Berry, Die Geburt des Herzogs von Bordeaux und Die Taufe des Herzogs von Bordeaux. Sie alle glorifizieren das Leiden der königlichen Familie in den Wirren der Revolution und des Empire oder verkünden die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, deren Garanten allein die Bourbonen sein sollen.

Vor allem die Ode auf Ludwig XVII., den Dauphin, der vom emigrierten Adel als Monarch proklamiert wurde, jedoch 1795 spurlos verschwand, soll den König Ludwig XVIII. zutiefst gerührt haben. Andere Texte feiern das Martyrium all jener Franzosen, die sich der revolutionären Tyrannei entgegengestellt haben. Napoleon ist Inbegriff des Usurpators, der das Volk geblendet hat. Als Buch werden die Gedichte zum ersten Mal 1822 publiziert unter dem Titel Odes et poésies diverses. Im Vorwort betont der...
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Autor

Karlheinrich Biermann, Studium der Romanistik, der Philosophie und der Evangelischen Theologie, teilweise auch der Germanistik und der Geschichte, nach Promotion und Habilitation Professor für Romanische Philologie (Literaturwissenschaft) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.Buchveröffentlichungen: «Selbstentfremdung und Mißverständnis in den Tragödien Jean Racines» (1970); «Literarisch-politische Avantgarde in Frankreich 1830 - 1870 (1982); «Mexiko» (1993); Co-Autor der «Französischen Literaturgeschichte», hg. von J. Grimm (1989/1994/2006); «Victor Hugo» (rm 50565, 1998); «Marcel Proust» (rm 50624, 2005); «Antoine de Saint-Exupéry» (rm 50547, 2012). Arbeitsschwerpunkte: neuere französische Literatur, frankophone Literatur außerhalb Frankreichs, spanischsprachige Literatur Lateinamerikas.